Die Merkel-Macron-Achse

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Guten Tag,

herzlich Willkommen zur zweiten Ausgabe von Hauptstadt - Das Briefing direkt aus dem Newsroom der Pioneer One. Wir freuen uns, dass Sie dabei sind!

Unsere Themen von heute:

  • Angela Merkel und Emmanuel Macron haben sich am Montagabend in einem Telefonat auf einen gemeinsamen Weg bei Lockerungen im deutsch-französischen Grenzverkehr verständigt. Nur Horst Seehofer zögert.

  • Die Deutsche Bahn blickt wegen der Einnahmeausfälle durch Corona in den Abgrund. Nun sollen Vorstände auf Boni verzichten und Mitarbeiter Urlaub abbauen.

  • Volker Wissing war FDP-Bundestagsabgeordneter und ist nun Vize-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Jetzt will er zurück nach Berlin. Wir sagen, warum.

Bonsoir, chère Angela! Am gestrigen Montagabend hat sich der französische Präsident Emmanuel Macron telefonisch mit Kanzlerin Merkel verbinden lassen, um über eine Lockerung im deutsch-französischen Grenzverkehr zu beraten. Merkel und Macron streben nach Informationen von Hauptstadt - Das Briefing eine Lösung an, die für Staatsbürger beider Länder gleichermaßen gilt, bestenfalls sogar darüber hinaus. Nach einigen Krisen und Spannungen soll eine neue deutsch-französische Achse gebaut werden - die der Grenzöffnungen.

Noch in dieser Woche muss die Bundesregierung entscheiden. Bis zum 15. Mai gelten die Beschränkungen. Formal ist die Frage, wie es danach weitergeht, Sache der Innenminister. Doch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zeigt sich störrisch. Er will die bisherigen Regeln am liebsten in ähnlicher Form verlängern. Seehofer sieht die Verringerung der Corona-Neuinfektionen auch als Ergebnis der rigiden Abschottung. Er habe "schon mehr als eine Pandemie" erlebt, lässt er intern durchblicken. Das stimmt: Als Landwirtschaftsminister kämpfte er 2007 mit der Vogelgrippe.

Die Große Koalition will Grenzen öffnen - Seehofer ist isoliert

Dennoch steht der CSU-Mann zunehmend isoliert da - in der Union und in der großen Koalition. In der Telefonschalte des CDU-Präsidiums am Montagabend ist das Votum eindeutig: Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans klagt über die Belastungen im eigenen Bundesland, in dem manch einer diesseits der Grenze wohnt und jenseits arbeitet. Nordrhein-Westfalens Armin Laschet plädiert ohnehin für eine Öffnung. Gesundheitsminister Jens Spahn beklagt die fehlenden Pflegekräfte durch die rigide Schließung der Grenzen. Und bei Koalitionspartner SPD arbeitet Außenminister Heiko Maas mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian ebenfalls an der baldigen Öffnung der Grenzen.

Am Ende wird Seehofer nachgeben müssen. Gesucht wird nach einer gesichtswahrenden Lösung, heißt es in Regierungskreisen. So müssten die Grenzen nicht in einem Schritt geöffnet werden oder stichprobenartige Kontrollen könnten zunächst bestehen bleiben, heißt es. Das Ergebnis wird dennoch sein: Europa macht die Grenzen im Schengenraum schrittweise wieder auf.

1. Gastronomen dürfen weniger Steuern zahlen

Während des Corona-Lockdowns waren die Restaurants geschlossen - abgesehen vom Außer-Haus-Verkauf. Den Betrieben will die Bundesregierung nun mit steuerliche Anreizen helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Die Mehrwertsteuer für „erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen“ soll befristet bis Ende Juni 2021 von 19 auf sieben Prozent gesenkt werden, hatte das Bundeskabinett beschlossen.

Ein Detail ist bisher aber untergegangen. Der Steuerrabatt gilt nicht für alles, was Gastronomen und Caterer servieren: Getränke sind ausgenommen. Die steuerliche Erleichterung wird nach der Erwartung der Bundesregierung bei Bund, Ländern und Gemeinden zu Mindereinnahmen von 2,7 Milliarden Euro führen. Der Bundesrat berät am kommenden Freitag. Für den 25. Mai ist eine Sachverständigen-Anhörung im Bundestag geplant. Drei Tage später folgt die zweite und dritte Lesung. Für den 5. Juni ist die abschließende Befassung im Bundesrat vorgesehen.

2. Der Streit um die Milliarden-Lücke bei der Bahn

Selbst in Stoßzeiten kein Gedränge, nahezu leere ICE-Züge, der Fahrplan nur minimal ausgedünnt - das ist die „neue Normalität“ bei der Bahn in der Corona-Zeit. Jetzt liegt dem Aufsichtsrat des Staatskonzerns, der am Freitag zusammenkommt, eine erste Zwischenbilanz vor. Wir konnten sie vorab lesen. Demnach gingen die Fahrgastzahlen im April gegenüber dem Vorjahresmonat um 90 Prozent zurück, im Regionalverkehr belief sich das Minus auf 80 Prozent, im Cargo-Bereich waren es 40 Prozent. Die Folge: weniger Umsatz, hohe Verluste. Bis zum Jahr 2024 tut sich damit in der Bahn-Bilanz eine Lücke von elf bis 13 Milliarden Euro auf.

Margarete Vestager © dpa

Regierung, Koalition und Konzern haben sich nun auf Grundzüge eines neuen Finanzkonzepts geeinigt. Vorbereitet wird eine Eigenkapital-Spritze von zunächst 4,5 Milliarden Euro. Allerdings muss diese von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager abgesegnet werden. In der Koalition gibt es die Sorge, die selbstbewusste Dänin könnte bei den Finanzhilfen ebenso hart auftreten wie zuletzt, als es um die Genehmigung der Corona-Schnellkredite für Kleinunternehmen in Deutschland ging.

Unabhängig davon sollen der Bahn-Vorstand und die Ebenen darunter ebenfalls einen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. „Beim Personalaufwand der Führungskräfte wird der Konzernvorstand für das Jahr 2020 keine variable Vergütung (Bonus) erhalten“, heißt es im Konzeptpapier, das Hauptstadt - Das Briefing vorliegt. So sollen in diesem Jahr 150 bis 180 Millionen Euro eingespart werden.

Zudem sollen alte Urlaubstage abgebaut, Arbeitsbedingungen flexibilisiert und Personalplanungen überprüft werden. Klaus-Dieter Hommel, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft EVG, sagt: „Einschnitte bei den Beschäftigten und bei den Investitionen werden wir nicht hinnehmen.“

3. Nahles-Personalie stößt auf Kritik

Der neue Posten für die frühere SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles stößt auf Kritik. Die 49-Jährige soll ab August neue Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation in Bonn werden, wie Hauptstadt - Das Briefing gestern meldete. Der gut dotierte Posten an der Spitze der Behörde mit 1400 Beschäftigten sorgte in der Hauptstadt für Gesprächsstoff. FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke kritisierte die Planungen. „So sehr ich Andrea Nahles als führungsstarke Persönlichkeit kennengelernt habe, so sehr habe ich das Gefühl, dass diese Entscheidung nach dem Wehrbeauftragten ein weiteres sozialdemokratisches Rettungspaket ist“, sagte Fricke dem Tagesspiegel.

Die Bonner Behörde ist dem Bundesministerium der Finanzen unterstellt. Dessen Chef, SPD-Mann Olaf Scholz, war viele Jahre ein enger Vertrauter Nahles’ und hatte der Nominierung zugestimmt. Der Verwaltungsrat soll die Personalie nun bereits Mitte Juni billigen. Bei dem Posten handelt es sich um eine Stelle der Besoldungsstufe B6, was sich inklusive Zulagen auf rund 150.000 Euro im Jahr belaufen könnte. Der bisherige Präsident Andreas Hermes soll nach seiner Amtszeit zur Generalzolldirektion Potsdam wechseln. Er war früher Referent von Bundeskanzler Helmut Kohl.

Für die deutschen Soldaten im Afrika-Einsatz im Niger sorgt die Corona-Pandemie für Ärger der besonderen Art: Sie dürfen nicht mehr in der Truppenküche bei den französischen Kollegen essen. Nun müssen die Bundeswehr-Soldaten sich auf eigene Faust versorgen. Immerhin: Bald soll es eine Containerküche geben.

Ausschnitt aus der "Unterrichtung des Parlaments" 19/2020 des Verteidigungsministeriums © Media Pioneer

Auf - Seit 2013 ist er im Bundestag, nun rückt er in der SPD-Fraktion auf: Dirk Wiese, Sozialdemokrat aus dem Sauerland, ins Parlament eingezogen über die Landesliste in NRW. Heute soll der Sprecher des Seeheimer Kreises, der bislang auch als Russland-Beauftragter der Bundesregierung fungierte, zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt werden - als Nachfolger von Eva Högl, die vergangene Woche zur Wehrbeauftragten des Parlaments gewählt worden war.

Ab - Grünen-Chef Robert Habeck kennt die alte Politiker-Weisheit: Krisen sind die Stunde der Exekutive. Der Obergrüne laviert sich mühsam durch die Corona-Pandemie. Mal gibt er sich staatstragend und hält sich mit Kritik zurück. Nun gab er angesichts von Angela Merkels Diskussionen mit den Ministerpräsidenten zu Protokoll, er hätte sich nicht vorstellen können, „dass die Autorität der Bundeskanzlerin in dem Maße erodiert“. Prognose: Geht der Grünen-Sinkflug in den Umfragen so weiter, muss Habeck um seine Autorität fürchten.

Die Zahl der Forscher und Entwickler in Deutschland ist zuletzt stark gestiegen. „Fast 708.000 Personen waren 2018 in Forschung und Entwicklung beschäftigt”, heißt es in einem Bericht des Bundesforschungsministeriums, der an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beraten wird und Hauptstadt - Das Briefing vorliegt. Dies entspricht einer Steigerung um 45 Prozent gegenüber 2006.

Deutschland sei im globalen Vergleich die Volkswirtschaft mit den vierthöchsten Investitionen in Forschung und Entwicklung. „2018 investierten Staat und Wirtschaft 105 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung”, so das Ministerium. Zum Vergleich: Das waren 3,13 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Man sei „auf einem guten Weg“ zum Ziel, im Jahr 2025 rund 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Innovation zu investieren.

Zwei Texte möchten wir Ihnen besonders ans Herz legen:

Chinas Wolfskrieger“ heißt eine Analyse von Lea Deubner, Peking-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung, über die Social-Media-Offensive der Führung des Landes, die damit von eigenen Fehlern und Versäumnissen in der Corona-Bekämpfung ablenken möchte. „Wolf Warrior“ - das ist der Titel eines Blockbusters aus dem Reich der Mitte, eine Art "Rambo auf Chinesisch". Das ist übrigens auch der Spitzname von Zhao Lijian, der auf Twitter dem US-Militär die Verantwortung für die Ausbreitung der Seuche zuwies. Ein spannender Text über ein Land in der Krise.

Dass manche Fehlgeleitete Microsoft-Gründer Bill Gates und seine Frau Melinda als geheime Verursacher der Corona-Pandemie vermuten, lässt Melinda Gates offensichtlich kalt. Sie widmet sich derweil in einem kraftvollen Text den US-amerikanischen Frauen in der Krise. In der Washington Post plädiert sie für mehr staatliche Unterstützung bei der Kinderbetreuung. „Es ist kein Geheimnis, wer den größten Teil der Last tragen wird. Frauen. Es sind immer die Frauen.“ In dem Text lobt sie auch Deutschland als Vorbild. Prädikat: lesenswert!

Bettina Stark-Watzinger, Bundestagsabgeordnete (FDP), 52

Ferdinand von Schirach, Jurist und Schriftsteller, 56

Andreas Cichowicz, NDR-Journalist, 59

Hans Leyendecker, Journalist, 71

Aufstiegschance für den Chef der Jungen Union, Tilman Kuban. Der 32-jährige Leiter der Abteilung Recht und Nachhaltigkeit bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen könnte in seiner Heimat in Barsinghausen bei Hannover für den Bundestag antreten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium, Maria Flachsbarth (CDU), verzichtet auf eine erneute Kandidatur. Damit wäre der Weg frei für den JU-Chef. Der Christdemokrat soll bereits mit den Chefs der Ortsverbände im Gespräch sein.

Tilman Kuban  © Media Pioneer

Auch in Rheinland-Pfalz läuft sich einer für den Einzug in das Berliner Parlament warm. Der stellvertretende Ministerpräsident und Landesminister für Wirtschaft und Verkehr, Volker Wissing, 50, hat intern Interesse an einer erneuten Bundestagskandidatur 2021 angemeldet, wie Hauptstadt - Das Briefing aus FDP-Kreisen in Mainz erfahren hat. Wissing war von 2004 bis 2009 als oppositioneller Finanzexperte in der damaligen regierenden großen Koalition gefürchtet. Kaum einer piesackte die Regierung mit so vielen Anfragen. Dass er in die Bundespolitik zurückkehren wolle, hatte Wissing schon 2013 beim Abschied der FDP aus dem Bundestag angekündigt.

Als Parteichef in Rheinland-Pfalz führte Wissing die FDP 2016 in die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen. Die Partner regieren seither geräuschlos. Ein Signal für eine Neuauflage der Ampel-Koalition in Mainz ist der geplante Wechsel des liberalen Spitzenmannes in die Bundespolitik indes eher nicht - die nächste Landtagswahl findet bereits im März 2021 statt.

Volker Wissing © dpaIhre Informationen für uns © Media Pioneer

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