Die Mini-Erhards mucken auf

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Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One. Schön, dass Sie wieder dabei sind!

Unsere Themen heute:

  • Ein schnelles Ende für den Soli und weniger Mindestlohn - 17 Wirtschaftspolitiker der Union wollen ein schnelles Programm für mehr Wachstum.

  • Die Bundesagentur für Arbeit rechnet für das laufende Jahr mit einem Defizit von 30,5 Milliarden Euro. Der Bund soll helfen.

  • Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung Thomas Bareiß fordert flexiblere Arbeitszeiten in der Gastronomie.

Wirtschaftsreformen gegen die Krise

Der Wirtschaftsflügel der Union begehrt gegen die milliardenschweren Ideen für ein Konjunkturpaket auf. Unionsabgeordnete aus der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie haben in einem Positionspapier ihre Forderungen für ein Wachstumsprogramm notiert. Ihr Ziel: "Es darf bis zum Ende der Krise kein Gesetz in Kraft treten, das zusätzliche bürokratische oder finanzielle Belastungen für einzelne Branchen oder die Wirtschaft als Ganzes bedeuten." Sofern entsprechende Gesetze bereits beschlossen worden seien, müsse die Koalition die Umsetzung soweit möglich aussetzen. Es ist eine unmissverständliche Spitze gegen die Grundrente.

In der Arbeitsgruppe sind 17 Unionsabgeordnete vertreten, ihr Sprecher ist der baden-württembergische Energieexperte Joachim Pfeiffer. Die Wirtschaftspolitiker fordern ein Wachstumsprogramm für die Wirtschaft, das "sowohl den Arbeitsmarkt, den Gütermarkt als auch den Finanzmarkt adressiert". Sie schreiben:

Deutschland und die EU müssen aus dem Krisenmodus in den Wachstumsmodus umschalten.

AG Wirtschaft und Energie der Unionsfraktion

Konkret geht es den Abgeordneten um diese Punkte:

  • Die Lohnnebenkosten sollen verbindlich und langfristig bei maximal 40 Prozent gedeckelt werden. Steigende Ausgaben und fehlende Einnahmen bei den Sozialversicherungen müssen durch Einsparungen insbesondere versicherungsfremder Leistungen oder durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ausgeglichen werden.

  • Unternehmen sollen eine höhere steuerliche Verrechnung der Gewinne (von 2017 bis 2021) mit aktuellen und künftigen Verlusten geltend machen können.

  • Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags soll auf den 1. Juli vorgezogen werden und für alle Einkommensgruppen gelten.

  • Degressive Abschreibungsmöglichkeiten sollten zeitlich begrenzt werden für Digitalinvestitionen, Maschinen und Anlagen.

Joachim Pfeifer  © dpa

Eine alte Forderung aus der Wirtschaft wird ebenfalls aufgenommen, die bessere Abschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter, etwa Maschinenwerkzeuge.

  • Die Grenze für die Sofortabschreibung dieser Wirtschaftsgüter soll von 800 Euro auf 1.000 Euro angehoben werden.

  • Die Bonpflicht für Kassen muss sofort ausgesetzt werden.

  • Zur Förderung von Innovation soll die steuerliche Forschungsförderung verbessert werden.

Für den Arbeitsmarkt sollen neue Flexibilisierungen gelten:

  • An die Stelle einer täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden treten, die in tarifgebundenen wie in tarifungebundenen Unternehmen gilt.

  • Die in der Coronakrise für systemrelevante Branchen ermöglichten Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz, sollen sofort auf alle kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ausgeweitet werden.

  • Die Grenze für die sozialversicherungsfreien Mini-Jobs soll von 450 Euro auf 550 Euro angehoben werden.

  • Der Mindestlohn dürfe nicht politisch festgesetzt werden. Die Mindestlohnkommission soll den wirtschaftlichen Einbruch und die sinkenden Einkommen bei der Festlegung des Mindestlohnes berücksichtigen und den Mindestlohn absenken, mindestens aber eine Erhöhung für 2021 aussetzen.

Das Geld darf nicht versickern.

Carsten Linnemann in der Bundesvorstandssitzung

Auch im Bundesvorstand der CDU waren die Corona-Hilfspakete Gesprächsthema. Bundeskanzlerin Angela Merkel warb in der Videokonferenz unter großer Zustimmung für den europäischen Wiederaufbaufonds, den sie mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche vorgestellt hatte, berichteten uns mehrere Teilnehmer der Runde. Vor allem der Zeitpunkt sei jetzt gut für eine europäische Solidaritätsaktion. Sie betonte, dass ihr Vorschlag kein Eurobonds und keine Vergemeinschaftung der Schulden bedeute. Die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte zuvor in der Präsidiumssitzung bereits davon gesprochen, dass es nun darum gehe, Europa zusammenzuhalten. "Wir leben in einer historischen Zeit." Der Vorschlag von Merkel und Macron zur Unterstützung der europäischen Wirtschaft sei sehr wichtig.

In der Vorstandskonferenz meldete sich nur Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsunion, mit leichter Skepsis zu Wort. Der Wiederaufbau-Fonds müsse eine Befristung der Maßnahmen und einen europäischen Mehrwert mit sich bringen. Das Geld dürfe nicht versickern, sondern müsse da ankommen, wo es auch hin soll, sagte Linnemann. Kein Widerspruch von der Kanzlerin und der Parteivorsitzenden wurde notiert.

1. Bundesagentur rechnet mit 30,5-Milliarden-Defizit

Die Bundesagentur für Arbeit rechnet für das laufende Jahr mit einem Defizit von 30,5 Milliarden Euro. Das geht aus einem Bericht der Nürnberger Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, in den wir vorab Einblick erhalten konnten. Von dem Defizit könnten mindestens 17 Milliarden Euro aus den im Jahr 2020 vorhandenen Mitteln der Rücklage, der Bundesagentur, gedeckt werden.

Im Bundeshaushalt wären entsprechende Mittel bereitzustellen

Bundesagentur für Arbeit

„Von der Ende 2019 bestehenden allgemeinen Rücklage in Höhe von 25,8 Milliarden Euro sind mit Stand 13. Mai 2020 rund 9,1 Milliarden Euro erst im Jahr 2022 verfügbar, da die Mittel überwiegend in terminierten Tages- und Kündigungsgeldern angelegt sind”, heißt es in dem Bericht.

Die Bundesagentur rechnet in diesem Jahr mit einem Anstieg der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit auf 2,61 Millionen, heißt es weiter. Im vergangenen Jahren waren es noch 2,26 Millionen.

2. Tourismusbeauftragter will flexibleres Arbeiten in der Gastronomie

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), fordert flexiblere Arbeitszeiten in der Gastronomie. "Es wird zunehmend schwieriger, Feierlichkeiten auszurichten, weil das Personal an strenge Feierabend-Vorgaben gebunden ist", sagte Bareiß uns. "Ich halte viel von der Idee, in der Gastronomie eine Wochenarbeitszeit einzuführen. Die Branche braucht mehr Flexibilität, auch um aus der Corona-Krise herauszukommen." Das vollständige Interview über die Lage in Tourismusbranche und Gastgewerbe lesen Sie hier.

3. Abschiebungen scheitern an hausgemachten Problemen

Rückführungen aus Deutschland in Heimatländer scheitern überwiegend an hausgemachten Problemen und selten am Widerstand der betroffenen Migranten. Dies ist das Ergebnis einer Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), die am Dienstag erscheint und in die wir vorab Einblick erhalten haben. Laut der Untersuchung ist nur in etwa fünf Prozent der Fälle Widerstand oder gar Selbstverletzung der Migranten der Grund für eine nicht erfolgte Abschiebung - anders als es oft dargestellt wird. In neun von zehn Fällen scheitert eine Abschiebung, weil sie von staatlicher Stelle storniert wurde oder die Rückführung nicht erfolgte. Der Grund dafür liegt bei den staatlichen Stellen in In- und Ausland - nicht bei den Migranten selbst. Die DGAP empfiehlt eine klarere Bündelung der Kompetenzen zwischen Ländern und Bund sowie ein besseres Training der Vollzugsbeamten. Auch sollten Daten harmonisiert und die Zahl der geduldeten Personen reduziert werden.

Lagebild Covid 19  © Bundesministerium für Gesundheit

Die Ausstattung der Arztpraxen, Pflegeheime und privaten Haushalte mit Masken hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Bundesländer haben mit Stand 15. Mai rund 210 Millionen Masken ausgeliefert, darunter alleine 150 Millionen OP-Masken und 60 Millionen FFP2-Atemschutzmasken. Das geht aus dem vertraulichen Lagebild des gemeinsamen Krisenstabs des Bundesgesundheits- und des Bundesinnenministeriums hervor.

Die Versorgung des im medizinischen und pflegerischen Bereich eingesetzten Personals mit persönlicher Schutzausrüstung habe Priorität, heißt es. Die fehlenden Produktionskapazitäten und die Defizite bei den Lagerbeständen galt als großer Kritikpunkt. Inzwischen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Kauf der Masken aus der Zuständigkeit des Beschaffungsamtes der Bundeswehr in sein Ministerium geholt und die Kapazitäten enorm steigern können.

Eine allgemeine Maskenpflicht für alle Bürger wäre indes kaum umsetzbar. Nach einer früheren Aussage des Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) bräuchte man zwischen acht und 12 Milliarden Masken.

Das Infektionsgeschehen im Land hat sich dem aktuellen Lagebericht vom 24. Mai zufolge in manchen Regionen leicht erhöht. Die Reproduktionszahl, also die Zahl, wie viele Menschen ein Infizierter während seiner Erkrankung mit dem Erreger ansteckt, ist innerhalb von zehn Tagen von 0,75 auf 0,9 angestiegen. Zu den Infektionsherden gehören etwa 23 Corona-Infektionen in einem Pflegeheim im Düsseldorfer Stadtteil Benrath, auch im bayerischen Lichtenfels und im thüringischen Sonneberg gab es Ausbrüche in Altenheimen. In Frankfurt haben sich in einem Baptisten-Gottesdienst 107 Menschen infiziert.

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Auf - „We're just having a bit of an earthquake here“ - Hätte sie es nicht selbst in einem Nebensatz erwähnt und hätten nicht die Wände im Hintergrund gewackelt, hätte man es ihr nicht angesehen. Während eines Live-Interviews im nationalen Fernsehen erschütterte ein Erdbeben plötzlich Neuseeland - unerschüttert zeigte sich Premierministerin Jacinda Ardern. Das Beben nahe der Hauptstadt Wellington hatte eine Stärke von 5,8. Die 39-jährige Regierungschefin beruhigte die Zuschauer und setzte das Interview fort. Wir ziehen den Hut vor entspannter Professionalität.

Ab - Ein Zusammenprall der Fronten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Christian Drosten und die Bild-Zeitung. Der Chef-Virologe der Berliner Charité warf der Bild tendenziöse Berichterstattung vor. Die Boulevard-Zeitung hatte dem Virologen Zitate von kritischen Wissenschaftlern zu einer Drosten-Studie vorgehalten und ihm für eine Stellungnahme nur eine Stunde Zeit gegeben - das ist in der Tat ziemlich frech. Den einen Schritt zu weit gegangen ist aber Christian Drosten, der sich via Twitter über die Bild-Anfrage echauffierte und mit einem Screenshot der Mail die Kontaktdaten des anfragenden Journalisten veröffentlichte. Das ist nicht in Ordnung.

Morgen steht CSU-Entwicklungshilfeminister Gerd Müller den Abgeordneten des Bundestages Rede und Antwort - in der traditionellen Fragestunde des Parlaments. Der Entwicklungsminister hat seine Etatplanungen umgestellt, er will globale Corona-Folgen mit einem Drei-Milliarden-Euro-Programm abfedern. Klarheit, was den Bundeshaushalt angeht, hat der CSU-Politiker jedoch erst nach der Sommerpause. Dann bringt das Bundeskabinett den Etatentwurf für 2021 auf den Weg.

Unsere Leseempfehlungen für heute:

In der FAZ analysieren die Autoren John Komlos und Hermann Schubert den Aufstieg Donald Trumps zum US-Präsidenten als späte Konsequenz der Politik Ronald Reagans in den Achtzigerjahren. Dessen als "Reaganomics" bekannt gewordene Wirtschaftspolitik sei vor allem für die Bestverdiener förderlich gewesen - während für die Mittelschicht der langsame Abstieg begann. Eine kontroverse These. Hier lesen Sie den Text.

In einer Analyse für die Financial Times bewertet Jens Nordvig den Merkel-Macron-Deal als einen historischen Schritt in der Entwicklung des Euro. Und doch habe der Impuls der Regierungschefs der beiden größten europäischen Staaten außerhalb der EU kaum Aufmerksamkeit bekommen. „Perhaps it is because coronavirus has taken over everybody’s brains. Perhaps it was because the press conference was in French and German“, schreibt der Autor und erklärt, warum der 500 Milliarden schwere Wiederaufbaufonds - sollte er umgesetzt werden - Auswirkungen über die europäischen Grenzen hinaus haben werde. Ein lesenswerte Außensicht!

Wir gratulieren herzlich zum Geburtstag:

Frederik von Dänemark, Kronprinz von Dänemark, 52

Sabine Weiss, Bundestagsabgeordnete (CDU), 62

Ruprecht Polenz, CDU-Politiker und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, 74

Hannes Schwarz, bisher Unterabteilungsleiter "Internationales" im Bundesarbeitsministerium, wechselt im Sommer als Sozialreferent an die Deutsche Botschaft nach Stockholm. Schwarz war unter anderem Sprecher von Frank-Walter Steinmeier in dessen Zeit als Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag.

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