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Unsere Themen heute:
Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft verändert - nun verzögern sich auch die Rüstungsprojekte. Uns liegt ein interner Bundeswehr-Bericht vor.
Ob das dem früheren SPD-Arbeitsminister gefällt? Die Riester-Rente soll nicht mehr Riester heißen. Union und SPD arbeiten an einer Reform. Wir kennen Details.
Die Nachfrage nach Corona-Überbrückungshilfen für Kleinunternehmen verläuft schleppend. Von 25 Milliarden Euro ist erst knapp eine ausgegeben.
Ein Virus greift die Landesverteidigung an
Krankenhausbetten, Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum: Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft in vielen Punkten herausgefordert. Ein als "VS-Nur für den Dienstgebrauch" eingestufter Bericht aus dem Verteidigungsministerium zeigt nun, dass die Corona-Pandemie auch in einem weiteren Bereich spürbare Folgen hat: bei der Landesverteidigung.
Denn zahlreiche große Rüstungsprojekte erleiden teils monatelange Verzögerungen durch die Folgen der Corona-Krise. "Nach heutigem Stand sind in acht großen Beschaffungsvorhaben coronabedingte Verzögerungen aufgetreten", schreiben die Ministerialbeamten in dem Bericht, den der Grünen-Haushälter Tobias Lindner angefordert hatte.
Dabei sind die Streitkräfte Marine, Heer und Luftwaffe betroffen:
Das Schiff drei der Fregatte Klasse 125 verzögert sich um etwa drei Monate.
Die militärische Sattelzugmaschine 70t verzögert sich um etwa einen Monat.
Die nächste Tranche des Panzer GTK Boxer wird drei Monate später geliefert, die Verbesserung auf die modernisierte Version A2 verzögert sich um sechs Monate.
Sonderwerkzeuge für den Schützenpanzer PUMA werden erst ein Jahr später geliefert.
Der Vertrag für die Aus- und Weiterbildung der Hubschrauber-Führeroffiziere
kommt drei Monate später.
Das unbemannte Aufklärungssystem HUSAR verzögert sich um sechs Monate.
Beim Satellitensystem SARah muss die Truppe drei Monate länger warten.
Beim Truppentransporter A400M wird es fünf Monate länger dauern, den Full-Flight Simulator abzunehmen, dazu kommen allgemeine Verzögerungen bei der Fertigung in der Endmontagelinie.
Das Verteidigungsministerium tut sich schwer, die genauen Kosten und weitere Folgen der verlangsamten Prozesse zu beziffern. "Lediglich im Projekt SARah hat der Auftragnehmer Mehrausgaben aufgrund von Verzögerungen in Höhe von 26,3 Mio. Euro zzgl. Umsatzsteuer aufgrund der Corona-Pandemie angezeigt", heißt es. In den anderen genannten Projekten seien die Kosten "nach derzeitiger Bewertung" nicht eindeutig zu benennen.
Auch Fragen nach den Konsequenzen für die Schlagkräftigkeit der Bundeswehr können nicht eindeutig beantwortet werden. In Zukunft könnten, gibt der Bericht zu, negative Auswirkungen "beispielsweise durch fehlendes Sonderwerkzeug oder verzögerte Ablösung stark genutzten Geräts, nicht ausgeschlossen werden".
1. Riester-Rente soll nicht mehr Riester heißen
Union und SPD prüfen eine mögliche Reform der staatlich geförderten, privaten Altersvorsorge. Das wurde uns in Koalitionskreisen bestätigt. In der kommenden Woche soll es demnach Gespräche dazu innerhalb der Bundesregierung geben.
Kurz vorher präsentieren die Finanz- und die Sozialpolitiker der Unionsfraktion ihre Reformvorstellungen in einem Papier, das uns vorliegt. Es müsse gelingen, Rahmenbedingungen und Anreize für eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge so klar und einfach zu setzen, „dass jeder Rentner mit einem auskömmlichen Einkommen im Alter rechnen kann“.
Bezeichnung Riester soll weg
„Die Bezeichnung ‚Riester-Rente‘ entfällt zu Gunsten der Bezeichnung ‚Zulagen-Rente’“, heißt es in dem Papier. Wer mehr als 437,50 Euro jährlich an Eigenbeträgen erbringe, solle künftig mit einer Zulage von 40 Prozent gefördert werden. Maximal wären in diesem Modell Eigenbeiträge von 2.400 Euro pro förderfähig.
Der ehemalige Sozialminister Walter Riester und Ex-Kanzler Gerhard Schröder. © dpaDie Experten der Union plädieren darüber hinaus für eine einheitliche Kinderzulage von 300 Euro. Staatliche Zulagen sollen künftig nicht mehr kompliziert beantragt werden müssen. Geht es nach der Union, würde das Finanzamt über die jeweilige Förderhöhe informieren.
Die SPD ist skeptisch, was eine mögliche Riester-Reform angeht. Viele in der Partei halten das Modell ohnehin für gescheitert, wollen mit dem Geld lieber die gesetzliche Rentenversicherung stärken.
2. 143 Ideen für "neue Normalität" mit Corona
Heute präsentieren Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU), Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Ergebnisse des ersten Hackathon der Bundesregierung. Bei der digitalen Brainstorming-Veranstaltung unter dem Motto #WirvsVirus machten 28.000 Bürger mit und brachten Ideen und Konzepte ein, wie eine neue Normalität zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in Pandemie-Zeiten aussehen kann. Schirmherrin war Bundeskanzlerin Angela Merkel.
143 konkrete Ideen sind herausgekommen, darunter Gratis-Tools zur Nachverfolgung der Infektionsketten bei den Gesundheitsämtern, KI-Ideen für die Anträge zur Kurzarbeit, eine Fördergelder-Suchmaschine für Solo-Selbstständige und kleine und mittlere Unternehmen oder ein Krisenkommunikationssoftware, das alle staatlichen Ebenen miteinander vernetzt, sind nur einige Beispiele. Heute um 10 Uhr werden die Ideen präsentiert, im Live-Stream hier.
Wir brauchen eine neue Nähe zwischen Bürger und Staat.
Zwei der Initiatoren, der Innovationsbeauftragte des Saarlands, Ammar Alkassar (44), und der Co-Geschäftsführer der gemeinnützigen Innovationsplattform ProjectTogether, Philipp van der Wippel (23), haben sich Gedanken darüber gemacht, wie Staat und Zivilgesellschaft die neue digitale Offenheit aus der Pandemie in den Alltag retten können und wie sich das Verhältnis zwischen Bürger und Staat verbessern kann. Ihren Beitrag lesen Sie hier.
Übersicht des Bundeswirtschaftsministeriums zu den Corona-Überbrückungshilfen © ThePioneerDie Nachfrage nach den Corona-Überbrückungshilfen für kleinere und mittlere Unternehmen steigt langsam, bleibt aber insgesamt hinter den Erwartungen zurück.
Von den 25 Milliarden Euro, die bereitstehen, sind bislang lediglich 870,8 Millionen Euro abgeflossen. Das geht aus einer Übersicht des Bundeswirtschaftsministeriums hervor.
Das Volumen der Anträge summiert sich mittlerweile auf knapp 1,35 Milliarden Euro. Je Unternehmen, das Hilfen beantragt, sind es im Schnitt 13.400 Euro. Die Regierung hatte die Vorgaben für die Überbrückungshilfen kürzlich gelockert.
Der Streit um die Vernehmung von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) an diesem Donnerstag im Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss könnte Folgen haben. Gegen die Stimmen der Opposition wollen Union und SPD die Zeugenliste verändern und vor Scheuer noch dessen früheren Staatssekretär, den heutigen Toll-Collect-Chef Gerhard Schulz, ins Kreuzverhör nehmen. Folge: Scheuers Vernehmung könnte sich weit in den Abend verzögern - und damit medial weniger im Fokus stehen.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf der Pioneer One mit Michael Bröcker und Rasmus Buchsteiner. © Anne Hufnagl„Wir finden das nicht in Ordnung”, sagte uns FDP-Obmann Christian Jung. „Das bedeutet, dass die bisher einvernehmliche Zusammenarbeit im Ausschuss nicht mehr fortgesetzt werden kann.”
Folge: Der Zeugenplan, der bereits zwischen den Fraktionen abgestimmt war, wäre Makulatur. Auf der Liste war für den 5. November die Vernehmung der früheren EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc vorgesehen. Am 19. und 26. November sollten aktuelle und ehemalige Spitzenbeamte des Bundesverkehrsministeriums gehört werden. Nun will die Opposition aber erst einmal Scheuer umfassend befragen - notfalls in mehreren Sitzungen.
© ThePioneerAuf - Detlef Scheele ist für ein paar Tage im Urlaub. Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit hat ihn verdient. Seine Behörde ist in der Corona-Krise zur wichtigsten Behörde der Republik geworden und musste innerhalb kürzester Zeit Millionen Kurzarbeiter versorgen, während in den Agenturen der Publikumsverkehr und das Vermittlungsgeschäft zum Erliegen kam. Der frühere SPD-Politiker Scheele wird die Arbeitslosenzahlen aus dem September - erstmals in dieser Krise sind sie gesunken - nun mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Für den BA-Chef geht es deshalb aufwärts.
Ab - Jörg Meuthen will nicht in den Bundestag, sondern auch 2021 in Brüssel als EU-Parlamentarier arbeiten. Manch einer seiner Gegner in der Partei freut sich, dass der AfD-Vorsitzende nicht an der Spitze des Bundestagswahlkamps marschieren will. Doch warum Meuthen in Brüssel weiter wirken will, wo er die EU doch so vehement ablehnt, erscheint paradox. In seinem Rundschreiben an die Mitglieder warnt er wortreich vor der EU. Diese arbeite heimlich an einem neuen Migrationspakt und steuere in Wahrheit die nationalen Hauptstädte, die zu "Befehlsempfängern" Brüssels degradiert würden, so Meuthen. Die EU-Institutionen, von der sich Meuthen mit monatlich brutto etwa 9000 Euro (plus Reisegeld, Krankenkassenzuschlag und Tagegelder) bezahlen lässt, würden sich über alle Maßen in das Leben der Menschen einmischen. Für so viel Heuchelei geht es bei uns bergab.
Es war der einflussreichsten Demokratie der Welt nicht würdig. Die US-Präsidentschaftsdebatte zwischen Herausforderer Joe Biden und Präsident Donald Trump wurde von Kommentatoren als "Farce", "Skandal" oder "Desaster" bezeichnet. Wer sich die Mühe machte und zuhörte, hörte Anschuldigungen und Vorwürfe, die kaum zu überprüfen waren. Die New York Times hat sich die Mühe gemacht und die Debatte einem Faktencheck unterworfen. Lesenswert!
"Merkel greift zu ihrem vielleicht letzten Mittel", schreibt Stefan Braun in der Süddeutschen Zeitung über den Kanzlerinnen-Auftritt in der Generaldebatte des Bundestages. In all den Jahren ihrer Kanzlerschaft habe Merkel sehr darauf geachtet, ihre Geschichte und ihre Gefühle nicht in den Vordergrund zu rücken. "Emotionen, so ihr Credo, seien kein guter Ratgeber", schreibt der Kollege. "Eindringlich redete sie über die Ängste der Leute, über Sehnsucht nach Nähe, Kontakt, Berührung - und fing dann an, von sich selbst zu erzählen." Ein Text, der das Ungewöhnliche an diesem Auftritt herausarbeitet. Stark!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Imke Mentzendorff, Geschäftsführerin Ostsee-Zeitung, 48
Klaus Wowereit, SPD-Politiker und früher Regierender Bürgermeister von Berlin, 67
Marc Hujer, Reporter, Der Spiegel, 52
Laura Himmelreich, stellv. Chefredakteurin Digital, Funke Mediengruppe, 37
Nico Fried, Leiter der Parlamentsredaktion der Süddeutschen Zeitung, 55
NRW-Ministerpräsident und CDU-Vize Armin Laschet trifft heute den Papst in Rom zur Audienz. Doch der für seine Ambitionen auf die Kanzlerschaft wichtigere Termin fand gestern im "Meistersaal" in Berlin-Mitte statt. CSU-Chef Markus Söder, zwischenzeitlich innerparteilicher Widersacher in der Corona-Politik und potentieller Unions-Kanzlerkandidat, stellte die neue Biografie über Laschet vor.
Und lobte dabei den Amtskollegen aus Düsseldorf als "humorvoll, ernsthaft, heimatbewusst und lebensfroh". Das sei ja "schon mal nicht schlecht", so Söder.
Markus Söder stellt die Biografie von Armin Laschet am 30. September in Berlin vor. © dpaBei der Wahl um den Vorsitz in der CDU gehe es im Dezember auch um eine "Frage des Stils", nicht nur um Inhalte, erklärte Söder. Manch ein Beobachter sah das als Spitze gegen den rauflustig und wenig sensibel auftretenden Kandidaten Friedrich Merz. Gut sei auch, so scherzte Söder, dass die Autoren Tobias Blasius (WAZ) und Moritz Küpper (Deutschlandfunk) trotz intensiver Recherche bei Laschet auch keinen Skandal hätten ausfindig machen können. Ob Laschet Kanzler kann? "Warten wir es mal ab. In einem Jahr kann so viel passieren." Sein Platz, so betonte Söder erneut, sei in Bayern.
Rückspiel übrigens in vier Wochen. Dann stellt Armin Laschet die überarbeitete Biografie von Markus Söder (Der Schattenkanzler) in Berlin vor. Autoren sind die SZ-Korrespondenten Roman Deininger und Uwe Ritzer.
Und was macht Friedrich Merz? Der hat auch ein Buch geschrieben, das er ebenfalls Anfang November auf den Markt bringen und vorstellen will. Ein Präsentator wird noch gesucht. Wenn Laschet das Söder-Buch vorstellt, könnte ja Söder das Merz-Buch vorstellen oder so. Söder bot gestern jedenfalls an, dass er dies auch für Merz und Norbert Röttgen tun würde. Na dann.
Neue Biografie über Markus Söder. "Der Schattenkanzler. © ThePioneer© ThePioneerAm 4. Dezember wählt die CDU Deutschland in Stuttgart einen Nachfolger für die bisherige Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Am 14. März wählt Baden-Württemberg einen neuen Landtag. Damit die Debatte über die K-Frage ihren Wahlkampf nicht überschattet, verlangt die Spitzenkandidatin der baden-württembergischen CDU, Susanne Eisenmann, eine Klärung noch in diesem Jahr.
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