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Unsere Themen heute:
Mit einer Sicherheitskonferenz in Ramstein setzen sich die USA demonstrativ an die Spitze der Unterstützergruppe für die Ukraine. Wir kennen Details.
Wir haben mit Estlands Regierungschefin Kaja Kallas gesprochen. Sie fordert eine langfristige politische Isolation Russlands und von Deutschland mehr Militärhilfe.
Die Union zeigt sich offen für einen gemeinsamen Bundestags-Antrag für die Lieferung von schweren Waffen, wie uns Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte.
Unsere Chefreporterin Alev Doğan diskutierte mit den Publizisten Sascha und Jule Lobo, der Medienwissenschaftlerin Maren Urner und Tagesschau-Chef Helge Fuhst über die Zukunft des Journalismus. Ein Best-of gibt es hier im Video.
Das Signal aus Ramstein
Die internationale Politik blickt heute in die deutsche Provinz.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat rund 40 Amtskolleginnen und -kollegen aus Nato- und Partnerstaaten zu einer Ukraine-Konferenz auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein eingeladen.
Bis zuletzt war unklar, wie viele der kurzfristigen Einladung des Amerikaners folgen werden. Mehr als 20 dürften es sein - darunter Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Sie wird mit einer kleinen Delegation in die Pfalz reisen.
Wie unsere Kollegin Marina Kormbaki aus US-Kreisen erfuhr, wird das Treffen aus drei thematischen Blöcken bestehen:
Das konkrete Kriegsgeschehen in der Ukraine,
Fähigkeiten und Bedarf der ukrainischen Armee sowie die aktuell geleistete Unterstützung,
langfristige Militärhilfe - inklusive Ausbildung an Waffensystemen und deren Wartung.
Auch über eine Stärkung der weltweiten Rüstungsindustrie will Austin mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen sowie hochrangigen Militärs reden.
Ziel sei eine bessere internationale Koordinierung der internationalen Waffenlieferungen und die Sicherstellung des steten Zustroms militärischen Geräts in die Ukraine.
Die Amerikaner stellen sich auf einen langen Krieg ein.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (v.l.n.r.), der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und US-Außenminister Antony Blinken am Sonntag in Kiew. © ImagoBei seinem Besuch am Sonntag in Kiew hatte Austin auch den ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow um seine Teilnahme gebeten. Wie wir erfuhren, reist auch er an.
Mit der Konferenz in Ramstein setzen sich die USA demonstrativ an die Spitze der Unterstützergruppe für die Ukraine.
„Die USA senden damit das klare Signal an Russland: Wir sind in Europa“, sagte uns Sara Nanni, Obfrau der Grünen im Verteidigungsausschuss.
Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni. © ImagoIm Auswärtigen Amt blickt man wohlwollend auf die US-Initiative. Die Militärhilfe für die Ukraine müsse besser koordiniert werden - und angesichts ihrer eigenen Fähigkeiten seien die USA dazu am besten in der Lage, heißt es.
Im Verteidigungsministerium gibt man sich schmallippig. Man sei ja selbst nur Gast der Konferenz, hieß es.
Die Nato kommt für die koordinierende Rolle nicht infrage: Erstens erfolgen Waffenlieferungen in die Ukraine bilateral. Zweitens besteht bei den Alliierten die Sorge, dass eine Initiative der Nato den Ukraine-Konflikt in einen Konflikt zwischen der Nato und Russland verwandeln könnte. Ein Szenario, das unbedingt vermieden werden soll.
Dem Koordinierungstreffen in Ramstein könnten weitere folgen. Deutschland, so sieht es aus, wird wieder zu einem Schauplatz der Konfrontation zwischen Ost und West.
Union offen für Waffen-Antrag mit Ampel
Die Unionsfraktion zeigt sich offen für einen interfraktionellen Bundestags-Antrag zur Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine.
"Es geht nicht um Parteitaktik, sondern schlichtweg um die bestmögliche Unterstützung der Ukraine", sagte uns Fraktions-Geschäftsführer Thorsten Frei.
"Wir brauchen jetzt ein klares Signal des Bundestages, dass Deutschland bereit ist, wie viele andere Nato-Länder, schwere Waffen wie Artilleriegeschütze zu liefern. Wenn die Ampel-Koalition auf dieser Basis mit uns einen interfraktionellen Antrag einbringen will, sind wir dazu bereit", so Frei.
Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion. © imagoDie Unionsfraktion könne am Donnerstagmorgen einen gemeinsamen Antrag mit SPD, FDP und Grünen beschließen, wenn die Koalition zu der Lieferung bereit wäre, die in anderen Ländern längst Konsens sei.
"Wichtig ist, dass es diese Woche einen Beschluss gibt. Die Ukraine kann nicht warten.“
Habeck stoppt Übernahme von deutschem Hersteller durch Konzern aus China
Robert Habeck bei der Vorstellung seines "Osterpakets" © ImagoDie Bundesregierung will die Übernahme des deutschen Medizintechnik-Herstellers Heyer Medical AG durch den chinesischen Aeonmed-Konzern stoppen. Das geht aus einer Kabinettsvorlage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hervor, die unser Kollege Rasmus Buchsteiner erhalten hat und die an diesem Mittwoch beschlossen werden soll.
Demnach ist die Regierung im Zuge einer Investitionsprüfung zu dem Schluss gekommen, dass eine Übernahme „die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ beeinträchtigen könne.
„Der Erwerb von HEYER durch Aeonmed gefährdet die Versorgungssicherheit mit Beatmungsgeräten und damit die Gesundheitsversorgung in Deutschland“, heißt es in dem Dokument. Denn Aeonmed erhalte erstmals Zugang zum deutschen Markt.
Das Unternehmen trete „mit sehr aggressiven Preisen auf, die 30 - 60 % unterhalb des Marktpreises liegen“. Deutschen Unternehmen drohe durch diese Konkurrenz die Verdrängung und der Verlust von Herstellungskapazitäten.
Heyer-Messestand 2021 in Düsseldorf © ImagoAeonmed profitiere von Unterstützungsmaßnahmen durch den chinesischen Staat. „China zögert nicht, Abhängigkeiten anderer Staaten von chinesischen Gütern, nicht zuletzt Medizinprodukten, zum Zweck der politischen Einflussnahme zu nutzen“, argumentiert die Regierung.
Heyer hat seinen Hauptsitz in Bad Ems in Rheinland-Pfalz. Das Unternehmen mit derzeit rund 35 Beschäftigten produziert unter anderem Beatmungsgeräte. Nach einer Insolvenz im Jahr 2018 war der Jahresumsatz angesichts erhöhter Nachfrage wegen der Pandemie auf 42 Millionen Euro gestiegen. Auf Anfrage äußerte sich Heyer nicht zur anstehenden Entscheidung der Regierung.
Der chinesische Konzern Aeonmed - ein Unternehmen mit rund 100 Millionen Euro Jahresumsatz und etwa 1.200 Mitarbeitern - hatte Heyer 2019 aus der Insolvenz heraus erworben. Der symbolische Kaufpreis lag damals bei einem Euro.
Estlands Regierungschefin fordert mehr Waffen für Ukraine
Estlands Premierministerin Kaja Kallas hat die Bundesregierung aufgefordert, der Ukraine mehr militärische Hilfe zu geben und schweres Gerät zu liefern.
“Die beste humanitäre Hilfe ist jetzt militärische Hilfe”, sagte uns Kallas bei einem Gespräch in der estnischen Botschaft gestern Vormittag. Später traf sie Bundeskanzler Olaf Scholz.
Dabei gehe es vor allem um schwere Waffen. Die 44-Jährige Regierungschefin machte vor ihrem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz im Kanzleramt deutlich, dass aus ihrer Sicht die militärische Hilfe der einzige Weg sei, um Putin zu stoppen.
Kaja Kallas, Premierministerin von Estland. © imago“Wenn Russland mit den Kämpfen aufhört, gibt es Frieden. Wenn die Ukraine aufhört, wird es keine Ukraine mehr geben.”
In der Ukraine werde auch die Freiheit Europas verteidigt, deshalb könne es nur eine Reaktion des Westens geben - maximale Unterstützung für das angegriffene Land.
"Die Probleme der Nachbarn sind morgen unsere Probleme."
Was die estnische Ministerpräsidentin vom Nato-Gipfel im Juni in Madrid erwartet, und wie ein Wiederaufbau der Ukraine finanziert werden könnte, lesen Sie hier.
Rentenversicherung: Rechnungshof warnt vor Milliarden-Risiken
© imagoDer Bundesrechnungshof warnt vor Milliarden-Risiken bei der gesetzlichen Alterssicherung. „Es besteht die Gefahr, dass der Bund wegen der Zahlungsverpflichtung an die gesetzliche Rentenversicherung übermäßig belastet wird“, heißt es in einem Bericht der Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages, der uns vorliegt.
Hintergrund der Vorwürfe ist die vorerst noch bis 2025 geltende Deckelung des Renten-Beitragssatzes auf maximal 20 Prozent. Um dies finanziell abzusichern, war zuletzt eine Sonderzahlung an die Rentenkasse von insgesamt zwei Milliarden Euro vorgesehen.
Bislang geht die Regierung laut Bericht davon aus, dass der Renten-Beitragssatz bis 2025 von derzeit 18,6 Prozent auf 19,7 Prozent steigen muss. Die 20-Prozent-Grenze würde demnach nicht überschritten.
Der Rechnungshof argumentiert, bei geringerem Lohnwachstum und schlechterer Beschäftigungsentwicklung könnte der Bund gezwungen sein, weiteres Steuergeld zuzuschießen: 1,4 Milliarden Euro für das Jahr 2024, 3,8 Milliarden Euro dann für das Jahr 2025.
Neue Familienministerin Paus will für mehr Geld gegen Kinderarmut kämpfen
© ImagoDie neue Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will für mehr Geld gegen Kinderarmut kämpfen.
Ihr sei wichtig, die Kindergrundsicherung umzusetzen, die sie als Finanzpolitikerin im Bundestag mit entwickelt habe, sagte Paus nach Teilnehmerangaben in einer internen Rede an Ministeriumsmitarbeiter am späten Montagnachmittag.
Paus, die nun die Nachfolge ihrer vor Ostern zurückgetretenen Parteifreundin Anne Spiegel antritt, hatte zuvor ihre Ernennungsurkunde erhalten. An diesem Mittwoch soll sie im Bundestag vereidigt werden.
„Ich empfinde es als Privileg, das Ministerium für die Belange nahezu aller Menschen leiten zu dürfen“, sagte die Grünen-Politikerin.
Sie räumte jedoch ein, dass sie bei der geplanten Kindergrundsicherung „auf der Finanzierungsseite noch vor Herausforderungen“ stehe: „Es gibt auch Gegenwind.“ Sie wolle sich jedoch „mit aller Kraft“ dafür einsetzen, „dass wir hier gemeinsam vorankommen“.
Margarete van Ackeren wechselt zum Immobilienausschuss
Die frühere Focus-Korrespondentin und ehemalige Sprecherin von NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner, Margarete van Ackeren, wird neue Abteilungsleiterin für Strategie und Kommunikation beim Zentralverband Immobilienausschuss (ZIA). Sie berichtet an Hauptgeschäftsführer Oliver Wittke.
Margarete van Ackeren, neue Kommunikationschefin beim ZIA. © PrivatDer Verband repräsentiert die Immobilienwirtschaft mit mehr als 837.000 Unternehmen und rund 3,3 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.
Der bisherige Kommunikationschef des ZIA, Jens Teschke, früher Sprecher des CSU-Landesgruppenchefs und Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich, wird Senior Adviser bei der Beratungsagentur SMK Consultants und berichtet an Managing Partner Carsten Deuster.
Nordrhein-Westfalens SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty kann im Landtagswahlkampf Kanzler Olaf Scholz zu einem zusätzlichen Termin begrüßen. Neben dem Wahlkampffinale am 13. Mai in Köln wird Scholz auch am 1. Mai in Düsseldorf auftreten und Kutschaty im Kopf-an-Kopf-Rennen mit CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst unterstützen. Dort ist eine Veranstaltung zum Tag der Arbeit geplant.
Die bislang geltenden Corona-Regeln für die Einreise nach Deutschland sollen noch einmal verlängert werden - und zwar bis zum 31. August 2022.
Das geht aus einem Verordnungsentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hervor, der uns vorliegt und an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Die bisherige Regelung läuft am Donnerstag, 28. April 2022, aus.
Die Pläne sehen keine substanziellen Änderungen vor. Wer nach Deutschland einreist, ist weiterhin verpflichtet, einen Impf-, Test- oder Genesenen-Nachweis vorzulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob man sich vorher in einem Hochrisiko- oder einem Virusvariantengebiet aufgehalten hat. Kinder unter 12 Jahren müssen keinen 3G-Nachweis vorlegen.
Auf - Lisa Paus. Plötzlich Ministerin. Die langjährige Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion für Finanzfragen ist seit Montag Bundesfamilienministerin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergab der Berlinerin ihre Ernennungsurkunde - und ihrer glücklosen Vorgängerin Anne Spiegel die Entlassungsurkunde. Paus gilt als Miterfinderin der Kindergrundsicherung - des sozialpolitischen Herzensprojekts der Grünen. Nun hat die Parteilinke die Chance, das Versprechen vom sozialen Aufstieg mit den Mitteln der Familienpolitik umzusetzen - und nebenbei das sozialpolitische Profil der Grünen zu schärfen. Aufsteigerin.
Ab - Erwin Sellering. Der frühere mecklenburgische Ministerpräsident zeigte sich in einer Pressekonferenz von der besonders überheblichen Seite. Berechtigte Fragen der Journalisten nach den Kosten und einem Gutachten für die umstrittene Klima-Stiftung für Nord Stream 2 kanzelte er brüsk ab. Wer das Gutachten für die Stiftung, die an den Sanktionen vorbei Nord Stream 2 möglich machen sollte, bezahlt habe, wollte der SPD-Politiker nicht sagen. Das gehe die Öffentlichkeit nichts an, bemerkte er patzig. Das dürfte die Öffentlichkeit anders bewerten. Absteiger!
Die kommende Phase des Ukraine-Krieges könnte die wichtigste für Europa sein, schreibt der britische Economist in seinem Leitartikel und fordert von Europas Staatschefs schnelle und größere Waffenlieferungen. "Wladimir Putin will sich den Rest des Donbass und andere Teile der Süd- und Ostukraine unter den Nagel reißen. Das klingt vielleicht nicht so wichtig wie die Belagerung von Kiew, aber die Folgen eines russischen Sieges wären fast genauso schlimm", heißt es in dem Text. Wenn der jüngste Vorstoß in der Ost-Ukraine Erfolg habe, "kann sich der russische Diktator bestätigt fühlen, während die Ukraine gespalten und entmutigt zurückbleiben wird", analysiert das Blatt. Hier lesen!
„Der Fremde“ heißt der Kommentar von Nico Fried über das durch und durch problematische Verhältnis von Altkanzler Gerhard Schröder und seiner Partei. „Ausgerechnet im Versuch, sich von Schröder zu trennen, wird die SPD damit noch lange mit ihm verbunden bleiben“, schreibt der Kollege. Und sagt voraus, es werde „wohl zu einem Ausschlussverfahren kommen, das Monate, vielleicht Jahre dauern kann“. Lesenswert!
Wie ist die Zukunft des Journalismus?
Zu einem besonderen Diskussionsabend hat unsere Chefreporterin Alev Doğan vergangene Woche auf die Pioneer One geladen.
Wie wird die Zukunft des Journalismus aussehen und welche Rolle spielen die Sozialen Medien bei unserer Informationsverarbeitung? Brauchen wir einen konstruktiven Journalismus?
Unter anderem um diese Fragen ging es bei der Live-Aufzeichnung des Podcasts Der 8. Tag mit Jule und Sascha Lobo (Publizisten und Podcaster, Feel the News), Maren Urner (Professorin für Medienpsychologie) und Helge Fuhst (Zweiter Chefredakteur Tagesschau & Tagesthemen).
Hier geht es zum Best-of-Video des Abends.
Heute gratulieren wir herzlich:
Leni Breymaier, SPD-Bundestagsabgeordnete, 62
Kurt Bodewig, ehemaliger Bundesverkehrsminister, SPD, 67
Sabine am Orde, Korrespondentin taz, 56
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre