Olaf Scholz

Die Reise nach Kiew

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Guten Morgen,

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Unsere Themen heute:

  • Nach langen Debatten will Olaf Scholz noch diese Woche in die Ukraine reisen. Wir kennen Details der politischen Debatten.

  • Die Grünen ändern in letzter Minute noch einmal ihr Personaltableau für den Bahn-Aufsichtsrat. Dabei gibt es einen Verlierer und eine Gewinnerin. Wir sagen, um wen es sich handelt.

  • Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will einige Sonderregelungen zur Kurzarbeit auslaufen lassen, andere nicht. Wir haben die Details.

  • Überall in der Altenpflege sollten ab September 2022 eigentlich Tariflöhne gezahlt werden. Daraus wird nun nichts. Wir erklären, warum.

  • Grünen-Europapolitikerin Hannah Neumann fordert, einen Teil des Sondervermögens für die Bundeswehr gemeinsam mit EU-Partnern zu investieren, um keine Konkurrenz innerhalb von Nato und EU aufkommen zu lassen. Wir beleuchten die Initiative.

  • Die CDU hadert mit einem alten Beschluss zur Frauenquote. Der Widerstand wächst.

Scholz reist nach Kiew

Die Frage nach der Reise sorgte in den vergangenen Wochen zunehmend für Augenroller beim Kanzler. Er fahre nach Kiew, wenn er etwas mitbringen könne, nicht nur für Fototermine. Diese Woche scheint es so weit zu sein - Scholz will gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dem Italienischen Premierminister Mario Draghi nach Kiew fahren.

Zu den Umständen der Reise schweigt sich das Kanzleramt aus. Dazu könne man nicht viel sagen, heißt es nur. Wir erfuhren: In der zweiten Wochenhälfte dürfte es so weit sein.

Doch was bringt Scholz mit? Denn nicht nur er will nicht mit leeren Händen kommen - auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk fordert weitere Waffenlieferungen.

© dpa

Unsere Kollegin Marina Kormbaki hat sich im Verteidigungsministerium nach dem Stand der Umsetzung von Scholz’ bisherigen Ankündigungen umgehört:

Panzerhaubitze 2000: Die Ausbildung der rund 95 ukrainischen Soldaten an dem Artilleriegeschütz soll Mitte dieser Woche abgeschlossen sein, Ende Juni sollen die ersten der sieben aus Deutschland zugesagten Geräte ausgeliefert werden.

Gepard: Mitte Juli will die Industrie die ersten 15 Flugabwehrpanzer ausliefern, weitere 15 sollen im September folgen. Offen ist, was nach dem Verbrauch der zugesagten 59.000 Schuss Munition passiert.

Iris-T SLM: Scholz kündigte Anfang Juni die Lieferung des in Deutschland entwickelten, eigentlich für Ägypten vorgesehenen Flugabwehrsystems an - damit ist jedoch eher im November zu rechen.

Mars II: Heikel ist auch die Lieferung des zugesagten Mehrfachraketenwerfers: Das deutsche System ist nicht kompatibel mit ähnlichen US- und britischen Systemen. Es mangelt auch hier an Munition. Zudem wird das System nicht mehr hergestellt, es gibt keine Ersatzteile. Die Bundeswehr müsste eigene Bestände ausschlachten, um der Ukraine Ersatzteile bereitzustellen.

Flugabwehrpanzer Gepard  © dpa

Tausch mit Griechenland: Die Griechen wollen alte, bislang eher der symbolischen Abschreckung gegenüber der Türkei dienende Sowjet-Panzer erst dann abgeben, wenn deutsche Marder einsatzbereit in Griechenland eintreffen. Das kann dauern. Auch die Bereitstellung von Leopard-Panzern für Polen zieht sich.

Tausch mit Spanien: Intern ist nur noch von 10 von zunächst 40 Leopard-Panzern die Rede, die Spanien liefern könnte - allerdings nur mit deutscher Genehmigung. Im Kanzleramt ist man bislang nicht bereit, grünes Licht zu geben.

Fazit: Scholz’ Ankündigungen harren ihrer Umsetzung - auch unmittelbar vor der Fahrt nach Kiew.

Heil will Sonderregelung zur Kurzarbeit verlängern

Hubertus Heil © Imago

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Regelungen zum erleichterten Zugang zur Kurzarbeit noch einmal um drei Monate verlängern - bis Ende September. Das geht aus einem Papier des Arbeitsministeriums hervor, das unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt.

Demnach kann Kurzarbeitergeld bereits gezahlt werden, sobald mindestens zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bis zum Beginn der Pandemie hatte die Schwelle bei einem Drittel gelegen.

Das Ministerium beziffert die Mehrausgaben bis Ende Oktober auf 60 Millionen Euro. Kurzfristige Lieferketten-Störungen in Folge des Ukraine-Kriegs könnten zu schwankenden Auslastungen führen, so die Begründung. Die Pläne werden nun regierungsintern abgestimmt.

© dpa

Nicht verlängert werden sollen dagegen andere Sonderregelungen, die in Zusammenhang mit der Pandemie eingeführt worden waren. Dazu zählen die höheren Sätze von bis zu 87 Prozent des entfallenen Nettoentgelts und die auf bis zu 28 Monate verlängerte Bezugsdauer. Ab Anfang Juli sollen Leiharbeiter keinen Anspruch mehr auf Kurzarbeitergeld haben.

Eine Verschärfung der Corona-Situation sei derzeit nicht zu erwarten, heißt es in dem Papier aus dem Arbeitsministerium. Der Bedarf für die weitreichenden Sonderregelungen sei entfallen.

Altenpflege: Erhebliche Probleme bei Tariftreue-Pflicht

So werben Einrichtungen um Fachkräfte © Imago

Bei der Umsetzung der Tariftreue-Pflicht, die ab September für die rund 1,2 Millionen Beschäftigten in der Altenpflege greifen soll, gibt es erhebliche Probleme.

Frühestens in ein, zwei Jahren dürfte es möglich sein, Anbietern, die weiter nicht nach Tarif zahlen, Mittel aus der Pflegeversicherung zu streichen. Erst dann werde es eine solide Datengrundlage geben, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, in der vergangenen Woche.

Unser Kollege Rasmus Buchsteiner ist der Sache nachgegangen und hat mit Verantwortlichen aus Regierung, Verbänden und Gewerkschaft gesprochen. Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler sagte ihm, die gesetzliche Regelung zur Tariflohnpflicht sei „ein Etikettenschwindel“.

Lesen Sie hier alle Hintergründe zum Thema.

Das gebrochene Pflege-Versprechen

Tariflohn für alle in der Pflege ab September 2022 - das war das Ziel. Daraus wird nichts mehr.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Sondervermögen: Grüne warnen vor Kollateralschaden für Europa

Die Grünen warnen vor den Folgen einer rein national geführten Debatte um Investitionen aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr.

„Jetzt, da die 100 Milliarden Euro für Ausrüstung ausgegeben werden müssen, läuft Deutschland Gefahr, mit seiner großen Marktmacht EU-Partner - die ja auch mehr in Verteidigung investieren - beiseite zu drängen“, sagte uns die Europa-Abgeordnete Hannah Neumann.

Die Sicherheitsexpertin mahnt:

Wenn wir jetzt einfach egoistisch unsere nationale Bedarfsliste abarbeiten, richten wir großen europäischen Kollateralschaden an.

Deutschland sei der größte Mitgliedsstaat und hat den größten Geldberg. „Die Art, wie wir beschaffen, ist stilbildend und marktbestimmend“, so Neumann.

Grünen-Europapolitikerin Hannah Neumann © Imago

Um Konkurrenz innerhalb von Nato und EU zu vermeiden, plädiert sie für gemeinsame Investitionen: „Richtig wäre es, zum Beispiel einen signifikanten Teil der nationalen Gelder für Rüstung in einen gemeinsamen Topf zu geben. Aus dem wird dann gemeinsam das gekauft, was aktuell europäisch dringend gebraucht wird, etwa Munition, und dorthin verteilt, wo es am dringendsten gebraucht wird.“

Deutschland müsse seine Verteidigungsfähigkeit europäisch denken, fordert Neumann.

Basis macht Druck gegen Frauenquote

In der CDU gibt es eine wachsende Bewegung gegen eine schrittweise Einführung einer Frauenquote von zunächst 30 Prozent, später 50 Prozent in den Führungsgremien.

„Wir haben kein Gerechtigkeitsproblem, sondern vielmehr ein Attraktivitätsproblem“, sagte CDU-Vize Carsten Linnemann. „Wie werden wir attraktiver für junge Menschen, Frauen und Zugewanderte? Das sind die Fragen, die in den Mittelpunkt der Debatte gehören. Die Paritätsdebatte trifft den Kern des Kerns nicht. Im Gegenteil.“

Bei einer Mitgliederversammlung des CDU Kreisverbandes Hannover-Land am Freitag hat sich eine Mehrheit gegen den eigenen Vorsitzenden und früheren Kanzleramtsminister Hendrik Hoppenstedt gestellt, der sich für eine Quote ausgesprochen hatte.

Einem Antrag der Jungen Union wurde mit 92 zu 29 Stimmen stattgegeben. Der CDU-Bundesvorstand soll eine Mitgliederbefragung zu dem Thema beschließen.

SPD-Gliederungen wenden sich von Ampel-Finanzpolitik ab

In der SPD wächst der Widerstand gegen die Finanzpolitik der Ampel-Regierung. Am Wochenende hat mit dem Bezirk Hessen Süd die erste einflussreiche Parteigliederung die Abkehr von der Schuldenbremse und eine weitgehendere Besteuerung von Vermögen als politisches Ziel beschlossen.

„Nicht alle sind in der Krise gleich belastet. Und die ganze Debatte um das Sondervermögen Bundeswehr zeigt, warum die Schuldenbremse ein Hindernis für notwendige Investitionen ist", sagte uns Kaweh Mansoori, der Vorsitzende des Bezirks. "Die Schuldenbremse muss weg. Für eine Entlastung der Mitte müssen hohe Vermögen und Kriegsgewinne besteuert werden.“

Grüne schicken Anja Hajduk in Bahn-Aufsichtsrat

Entgegen seiner ursprünglichen Absicht entsendet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz doch nicht den parlamentarischen Staatssekretär Michael Kellner in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, sondern Staatssekretärin Anja Hajduk (beide Grüne).

Wirtschaftsstaatssekretärin Anja Hajduk.  © Imago

Hajduk soll neben dem verkehrspolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar, für die Grünen ins oberste Kontrollgremium des Konzerns.

Nach Informationen unserer Kollegin Marina Kormbaki reagieren die Grünen mit der Entscheidung gegen Kellner und für Hajduk auf den Vorwurf, die Frauenquote zu missachten. In der Partei gab es zuletzt intensive Debatten darüber, dass mit Gelbhaar und Kellner zwei Männer für den einflussreichen Posten nominiert waren.

Das FDP-geführte Finanzministerium wird durch Staatssekretär Werner Gatzer vertreten sein, das ebenfalls FDP-geführte Verkehrsressort durch Staatssekretärin Susanne Henkel. Zudem ziehen die verkehrspolitischen Sprecher Dorothee Martin (SPD) und Bernd Reuther (FDP) in das Gremium.

Das Kabinett muss die Aufsichtsrats-Personalien noch bestätigen. Am 22. Juni soll der neue Aufsichtsrat der Bahn erstmals zusammenkommen.

Michael Theurer, Vorsitzender der FDP Baden-Württemberg © dpa

Das Bundesverkehrsministerium bereitet für den 29. Juni 2022 die Auftaktsitzung der so genannten Beschleunigungskommission Schiene vor. „Gemeinsam mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Administration und Politik werden wir uns hier um ganz konkrete Anliegen kümmern, mit denen wir den Schienenverkehr kurz und mittelfristig attraktiver machen“, sagte uns Michael Theurer (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär und Bahn-Beauftragter des Ministeriums. Ziel sei es, bis Ende des Jahres „ein erstes Maßnahmenpaket" auf den Weg zu bringen.

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Auf - Frank-Walter Steinmeier. Der Bundespräsident mischt sich normalerweise nicht in die tagesaktuelle Politik ein, dieses Mal tut er es schon. Und er hat recht, wenn er den Tankrabatt kritisiert, der offenbar vor allem Mineralölkonzernen gefällt, aber bei den Autofahrern nicht wirklich ankommt. Die Ampel sollte das Projekt schleunigst beenden und sich zielgerichtete Maßnahmen überlegen. Der Bundespräsident ist heute unser Aufsteiger.

Ab - Ricarda Lang. Die Grünen-Chefin sieht keine Fehler bei der EZB und dürfte mit dieser Meinung ziemlich alleine dastehen. Vor allem bei jenen, die sich mit der Materie tatsächlich auskennen - den Ökonomen in diesem Land. Die EZB hat frühzeitig Inflationssorgen abmoderiert und nun die Zinsen erst sehr spät angehoben. Das Dreieck von hoher Inflation, Wirtschaftseinbußen und womöglich auch einer neuen Arbeitslosigkeit ist auch ihr Verdienst. Lang sollte sich die ökonomischen Zusammenhänge genauer anschauen. Absteigerin.

Die "neue Wehrhaftigkeit" bedeutet nicht nur bessere Strukturen und mehr Geld für die Bundeswehr, sondern auch ein den neuen Realitäten gerecht werdendes Mindset, schreibt der Bundeswehr-Experte Hans-Peter Bartels in seiner neuesten Kolumne Situation Room. Inwiefern die neue Soldatengeneration angesichts des Krieges umdenken muss, lesen Sie hier.

Keine Phrase mehr: "Tapfer verteidigen!“

Wirksame Abschreckung beginnt mit dem Willen, sich zu verteidigen. Von Hans-Peter Bartels.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Hans-Peter Bartels.

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„Vom Spitzen-Öko zum Cheflobbyisten“, heißt der Text von Heike Jahberg im Tagesspiegel über Thomas Dosch. Der frühere Bioland-Boss, Sohn eines Bauern in Hohenlohe, leitet nun das Hauptstadt-Büro des Fleischkonzerns von Clemens Tönnies. Das spannende Porträt des Grenzgängers mit den vielen Kontakten zu Spitzen-Grünen lässt sich hier nachlesen.

Heute gratulieren wir herzlich:

Annette Widmann-Mauz, CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Frauen-Union, 56

Ulrike Harzer, FDP-Bundestagsabgeordnete, 54

Frank Müller-Rosentritt, FDP-Bundestagsabgeordneter, 40

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg will im Konflikt um die Neumitgliedschaft von Finnland und Schweden auf die Türkei zugehen.

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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