Die schmale Bilanz der Einheit

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© ThePioneer / Henning Schmitter

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • 30 Jahre Deutsche Einheit, doch der wirtschaftliche Gleichstand zwischen Ost und West lässt auf sich warten. Exklusive Details aus dem Einheitsbericht.

  • Wir blicken nach vorne auf den ersten Koalitionsausschuss nach der Sommerpause und auf die strittigen Themen, die Union und SPD klären wollen.

  • Und wir schauen mit ein paar Bildern zurück auf unseren kleinen Hauptstadt-Empfang gestern an Bord der Pioneer One.

Die Lücke bleibt - der Osten holt ökonomisch nur langsam auf

30 Jahre nach der Deutschen Einheit ist die Wirtschaftskraft Ostdeutschlands noch deutlich schwächer als im Westen der Republik. „Auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer hat noch kein ostdeutsches Flächenland das Niveau des westdeutschen Landes mit der niedrigsten Wirtschaftskraft erreicht“, heißt es im Entwurf für den Jahresbericht Deutsche Einheit 2020, der ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt und voraussichtlich am 16. September vom Kabinett beraten werden soll. „Selbst unter Hinzurechnung der Wirtschaft Berlins und damit der Hauptstadtregion ist dies nicht der Fall.“ Zu den West-Bundesländern mit der größten Wirtschaftsschwäche zählt das Saarland.

Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 in Berlin.  © dpa

Laut Bericht verfügen die wirtschaftlichen Zentren der ostdeutschen Länder, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner und dem Lohnniveau, nur über eine Wirtschaftskraft auf dem Niveau strukturschwacher städtischer Regionen Westdeutschlands.

„Die durchschnittliche Wirtschaftskraft der neuen Bundesländer einschließlich Berlin erreichte gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Einwohner 2019 ein Niveau von 79,1 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts. Damit verkürzte sich der Abstand um 0,9 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.“

Die Regierung betont, dass sich die Wirtschaftskraft je Einwohner im Osten seit der Wiedervereinigung mehr als verdreifacht, in den neuen Ländern ohne Berlin sogar vervierfacht habe. Dies sei „eine beachtliche Entwicklung“, heißt es in dem Entwurf. Für eine Bewertung sei das niedrige Ausgangsniveau von 43 Prozent im Jahr 1990 relevant.

Sachsen macht die größten Fortschritte

Der Abstand werde stetig geringer, „wenn auch in kleinen Schritten“. Sachsen habe zuletzt bei der Angleichung die größten Fortschritte gemacht, dagegen falle Mecklenburg-Vorpommern etwas zurück. Die Aufbauleistungen und Fördermaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte seien umfangreich gewesen und hätten "zu einer insgesamt positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern beigetragen“. Die stärker ländliche Prägung der ostdeutschen Länder erschwere eine vollständige Angleichung der Wirtschaftskraft.

Mehr zu dem Einheitsbericht lesen Sie hier.

Die Jubiläumsfeierlichkeiten finden dieses Jahr in der "Metropolis Halle" Potsdam statt. Allerdings dürfen wegen der Corona-Beschränkungen kaum Gäste kommen, auch auf ausländische Staatschefs verzichtet das gastgebende Land Brandenburg.

Das Bürgerfest fällt aus. Entlang einer Meile sollen gläserne Cubes für die jeweiligen Verfassungsorgane aufgebaut werden, die den Weg der Einheit künstlerisch nachempfinden sollen. Dabei sein werden die Repräsentanten der demokratischen Verfassungsorgane: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerin Angela Merkel, Verfassungsgerichts-Präsident Stephan Harbarth, der amtierende Bundesratspräsident, Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.

1. Weniger befristete Jobs in Bundesministerien

Die Zahl der befristet Beschäftigten in den Bundesministerien ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsabgeordneten Matthias Nölke hervor, die uns vorliegt.

Demnach hatten im vergangenen Jahr 15.615 Ministeriumsmitarbeiter einen befristeten Job. 2018 waren es noch 18.395 gewesen. Das entspricht einem Rückgang um rund 15 Prozent.

Den Angaben zufolge hat die Regierung bislang 212 Anträge von Ministeriumsmitarbeitern auf die so genannte Brückenteilzeit bewilligt. Dabei handelt es sich um zeitlich befristete Teilzeit. Diese Option gibt es seit Anfang 2019.

Laut Bundesregierung führt deren Nutzung durch Ministeriumsmitarbeiter in der Praxis jedoch zu Schwierigkeiten: „Teilweise gibt es insbesondere bei hochspezialisierten Fachkräften Probleme bei der befristeten Nachbesetzung, sodass durch Verlagerung der Tätigkeiten auf andere Dienstposten - auch zu Lasten andere Beschäftigter -, der Arbeitsausfall kompensiert werden muss.“

2. Zahl der Fahrraddiebstähle in Deutschland deutlich gesunken

Die Zahl der Fahrraddiebstähle in Deutschland ist zuletzt deutlich zurückgegangen. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage des FDP-Verkehrsexperten Christian Jung hervor, die uns vorliegt. Demnach sind im vergangenen Jahr 277.874 Räder entwendet worden. 2015 waren es noch 335.174 gewesen.

Angaben aufgeschlüsselt nach Fahrradtypen hat die Regierung allerdings nicht. „Wichtig ist, dass vor allem für Pendler bundesweit noch mehr Fahrrad-Parkhäuser und abschließbare Boxen an wichtigen ÖPNV-Haltestellen und Bahnhöfen gefördert und gebaut werden müssen“, sagte FDP-Politiker Jung.

3. Hauptstadt-Empfang auf der Spree

Diese Ausgabe des Hauptstadt-Newsletters ist bereits die 61. Und wenn kommende Woche die große Politik langsam wieder den Weg zurück in die Hauptstadt findet, werden wir Ihnen auch wieder regelmäßig Nachrichten und Hintergründe aus der Berliner Republik liefern.

Gestern Abend haben wir einigen Protagonisten aus der politischen Welt unser Medienschiff gezeigt. Corona-bedingt konnten nur wenige Gäste an Bord, der Empfang fand auf dem Freideck und mit Abstand statt. Die Pandemie war auch in den Gesprächen beherrschendes Thema, doch das Bedürfnis, sich auch wieder persönlich zu treffen, war ausgeprägt. Hier ein kleiner Einblick in den Abend.

Bahn-Vorstand Sigrid Nikutta und Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer. © ThePioneerVize-Chefredakteur Gordon Repinski, CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, rechts Herausgeber Gabor Steingart und hinten Diana Kinnert (CDU) und Chefreporterin Alev Dogan.. © ThePioneerPodcaster und Comedian Micky Beisenherz, Bundestagsabgeordneter Thomas Heilmann (CDU), Publizist und Kolumnist Sascha Lobo, Michael Bröcker und Laura Hofmann (Grüne).Sascha Lobo  © ThePioneerDie Publizistin Düzen Tekkal und die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder.  © T>hePioneer

Wenn Sie mal an Bord kommen wollen, melden Sie sich gerne für eine unserer nächsten Veranstaltungen an. Demnächst beispielsweise auf dem Programm: Politische Stadtrundfahrten, ein Talk-Format mit dem früheren Verfassungsrichter Udo di Fabio, ein Gespräch mit dem Kabarettisten Dieter Nuhr oder eine Veranstaltung mit Chelsea Spieker zur US-Wahl. Hier können sie alles nachlesen und den Boarding Pass buchen.

Übersicht der Bundeswehr-Soldaten im Auslandseinsatz © The Pioneer

Aktuell befinden sich 2.620 deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Das ist rund ein Viertel des Höchststandes aus dem Jahr 2002, als mehr als 10.000 Bundeswehr-Angehörige im Einsatz stationiert waren.

Dies geht aus einer internen Unterrichtung des Parlaments (UDP) vom 10. August hervor. Der größte Einsatz bleibt aktuell die Mission "Resolute Support" in Afghanistan mit aktuell 1.002 Soldatinnen und Soldaten. Danach folgt "Minusma", der Einsatz zu Stabilisierung von Mali in Westafrika. Im Kosovo, einst der größte deutsche Einsatz mit über 6.000 Personen, sind derzeit noch 67 stationiert. Knapp 10 Prozent der eingesetzten Personen sind aktuell Frauen.

Am Dienstagabend kommen im Kanzleramt zum ersten Mal nach der Sommerpause wieder die Kanzlerin Angelas Merkel und ihr Vizekanzler Olaf Scholz, sowie die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Norbert Walter-Borjans, Saskia Esken (beide SPD), Markus Söder (CSU) und die Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Rolf Mützenich (SPD) zusammen.

Auf der Agenda steht die Neuregelung der Werkverträge und der Leiharbeit in der Fleischindustrie, das Lieferketten-Gesetz, das moralische Standards entlang der Wertschöpfungsketten garantieren soll, und die Reform des Wahlrechts.

Die Union will die Aufblähung des 709 Abgeordnete umfassenden Bundestages durch eine Reduzierung der 299 Wahlkreise auf 280 verhindern, die SPD schlägt eine Deckelung des Parlaments und eine Nicht-Zuteilung von Mandaten vor. Die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer drängt auf einen Durchbruch am Dienstag, ein mögliches Gesetz, das schon 2021 wirkt, müsste im September verabschiedet werden.

© ThePioneer

Auf Die eine geht, Bettina Stark-Watzinger kommt. Weil sich die geschasste FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg nicht auf einen Deal mit FDP-Chef Christian Lindner einlassen und die frei werdende Stelle im Präsidium der Partei annehmen wollte, hat nun die Fraktionsgeschäftsführerin aus Bad Soden im Taunus beste Chancen auf den Spitzenposten. "Aus voller Überzeugung Politikerin, mit ganzem Herzen Mutter", ist das Motto der Volkswirtin auf ihrer Homepage. In der Bundestagsfraktion, wo die hessische Abgeordnete für Personal zuständig ist, gilt sie als inhaltlich kompetent und "menschlich 1A", wie ein Kollege erzählt. Bei Twitter legte sich die designierte Landesvorsitzende in Hessen charmant und selbstbewusst mit jenen an, die sie nur als Quotenfrau diskreditierten. Chapeau!

Ab Der Fall Belarus macht es der deutschen und europäischen Politik schwer. Zu viel Einmischung und Parteinahme darf nicht sein, sonst provoziert man womöglich eine Situation wie einst in der Ukraine, als Russland einen Nachbarstaat gen Westen verloren sah. Zu wenig dagegen ignoriert den tapferen Kampf der weißrussischen Bevölkerung für freie Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit. Außenminister Heiko Maas (SPD) ist in diesem Konflikt kaum als Stimme wahrnehmbar, dabei ist Minsk von Berlin so weit entfernt wie Paris. Es ist CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak, der mit der Opposition in Litauen spricht. Maas schwimmt bestenfalls mit. Das reicht nicht.

Wie ist der Generationenkonflikt zwischen den sogenannten Millennials und den Babyboomern aufzulösen? Nicht so, wie führende Akteure der jungen Generation es derzeit tun, glaubt Yasmina M’Barek. Die 21-jährige freie Journalistin schreibt in ihrem Leitartikel für die Zeit: „Als der Begriff ‚Boomer' im November 2019 zur amtlichen Beleidigung für alle Älteren wurde, beging die Generation Fridays for Future damit deshalb einen großen Fehler: Sie verbaute sich die Option für die denkbar progressivste Koalition.“ Sie fordert eine Große Koalition zwischen Alt und Jung - und richtet ihre Worte in erster Linie an ihre eigene Generation. Lesenswert!

"Wie viel Luft nach unten ist noch für die SPD?", fragt Reiner Burger, der Nordrhein-Westfalen-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland ist am 13. September Kommunalwahl. Verlieren die Genossen wichtige Städte wie Düsseldorf, Dortmund oder Bochum? Welche Chancen haben die Grünen? In welchen Städten kommt die CDU zum Zuge, für deren Landeschef Armin Laschet die Wahl ein wichtiger Test ist? Ein guter Überblick, nachzulesen hier.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Oliver Grundmann, CDU-Bundestagsabgeordneter, 49

Tamara Zieschang, Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, 50

Stefan Kaufmann, CDU-Bundestagsabgeordneter, 51

Antje Homburger, stv. Chefredakteurin, dpa, 57

Und am Samstag gratulieren wir:

Niema Movassat, Linken-Bundestagsabgeordneter, 36

Peter Tauber, CDU-Politiker und Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, 46

Martin Schäfer, deutscher Botschafter in Südafrika, 53

Am Sonntag gratulieren wir:

Torsten Herbst, FDP-Bundestagsabgeordneter, 47

Mechthild Heil, CDU-Bundestagsabgeordnete, 59

Das letzte Wort Uwe Schummer © ThePioneer

Der Chef der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion, Uwe Schummer, ist als Abgeordneter aus Viersen am Niederrhein eigentlich ein Unterstützer seines NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet. Doch die integrative Parteiarbeit von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer imponiert ihm, auch im Amt als Verteidigungsministerin sei sie angekommen, sagt Schummer. Kramp-Karrenbauer hatte im Frühjahr angekündigt, ihr Amt als Parteivorsitzende aufzugeben.

Ihre Informationen für uns © Media Pioneer

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Starten Sie gut in den Tag!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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