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Unsere Themen heute:
Die SPD will die Position zu Russland klären - für Parteichef Lars Klingbeil steckt darin auch eine Chance.
Die geplante Teil-Impfpflicht für Kliniken und Heime hat Tücken. Das zeigt eine Umfrage, die wir in den Gesundheitsministerien der Länder gemacht haben.
Die Ampel geht die Reform von Hartz IV an. Wir wissen, mit welchem Zeitplan.
Kaum im Amt stehen die neuen Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour unter Bewährungsdruck. Wir sagen, worum es geht.
Bundespräsident oder Bundespräsidentin kann nur werden, wer das 40. Lebensjahr vollendet hat. Die Schüler Union will eine Absenkung der Altersgrenze auf 18 Jahre.
Klingbeils Russlandfrage
Wenn SPD-Chef Lars Klingbeil heute Nachmittag im Willy-Brandt-Haus mit einigen Spitzen-Genossen zusammentrifft, dann geht es vor allem um eins: den Eindruck zu verwischen, die SPD und damit die führende Partei der Regierung sei in der brenzligsten Krise des Kontinents ein unsicherer Kantonist.
Denn von Washington bis Berlin ist bei manchem Kritiker zuletzt der Eindruck entstanden, die SPD sei dem russischen Präsidenten in der Ukraine-Krise gegenüber zu weich eingestellt. Andere sagen, die SPD vertrete zu viele unterschiedliche Meinungen: Die Bandbreite reiche von den Russland-Verstehern bis zu denen, die deutlicher mit Sanktionen drohen wollen.
Lars Klingbeil © dpaDabei hatte sich das SPD-Präsidium bereits vor zwei Wochen auf einen Kurs geeinigt: Eine Eskalation Russlands in der Ukraine würde man eindeutig beantworten, hieß es da. Waffenlieferungen befürworte man nicht.
Von dieser Linie wichen seitdem vor allem SPD-Politiker ab, die außerhalb des Geschäfts stehen: Altkanzler Gerhard Schröder und Ex-Parteichef Matthias Platzek mit bekannten pro-russischen Positionen sowie Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, der eine offene Debatte über Waffenlieferungen an die Ukraine forderte.
Für Unmut bei manchem sorgte zuletzt der Außenausschuss-Vorsitzende Michael Roth, der im Spiegel ein entschlosseneres Vorgehen gegenüber Russland forderte und die Gaspipeline Nord Stream 2 deutlich zur Disposition stellte.
Andererseits gilt Roth mit seiner Position bei manchem außerhalb der SPD als Hoffnungsträger eines "neuen Realismus". Er sei "ein Modernisierer der Außenpolitik", sagte uns ein Ampel-Koalitionär.
Michael Roth © ImagoAn Parteichef Klingbeil wird es nun liegen, den Eindruck zu verwischen, die SPD sei uneins. Das heißt vor allem: die Kakophonie begrenzen. Mehr Disziplin in den Äußerungen - angefangen vom eigenen Generalsekretär Kevin Kühnert, der ebenfalls zu den Irritationen beitrug.
"Wir hätten da disziplinierter sein müssen", sagt ein SPD-Bundestagsabgeordneter.
Immerhin: Für Parteichef Klingbeil liegt im Treffen auch eine Chance: Als früherer Verteidigungspolitiker war von vielen auch als Minister gehandelt worden. Er ist in der Parteispitze für internationale Themen zuständig. Nun kann er sich in diesem Bereich ein Profil aufbauen.
Nebenbei kann er sich - wenn es gut läuft - vom lästigen Klischee befreien, er sei in der Außenpolitik voll auf der Linie von Altkanzler Gerhard Schröder, mit dem er verbunden ist, seit er einst für ihn arbeitete.
Länder sehen massive Probleme bei Impfpflicht in der Pflege
© ThePioneerDie Länder beklagen massive Probleme bei der Umsetzung der Teil-Impfpflicht für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner in den Gesundheitsministerien der Länder.
Die einrichtungsbezogene Impflicht soll ab dem 15. März 2022 greifen. Die Gesundheitsämter müssen jeden Einzelfall prüfen. Impfunwillige riskieren ein Tätigkeitsverbot und eine Freistellung durch den Arbeitgeber, ohne Lohnfortzahlung.
Übersicht für die Gesundheitsministerkonferenz © ThePioneerDie Impfquoten in den Heimen sind sehr unterschiedlich, wie eine Übersicht der Gesundheitsministerkonferenz zeigt.
Auf unsere Anfrage hin lieferten einige Länder aktualisierte Zahlen. So ist die Impfquote bei Pflege-Beschäftigten in Rheinland-Pfalz mittlerweile auf 92 Prozent gestiegen, in Nordrhein-Westfalen auf knapp 94 Prozent. In Sachsen-Anhalt beträgt die Impfquote des Pflegepersonals in manchen Kreisen 67 Prozent. In Thüringen sind es 75 bis 90 Prozent.
Die Unzufriedenheit bei den Zuständigen in den Ländern ist erheblich. Einige werfen dem Bund vor, relevante Fragen unbeantwortet gelassen zu haben.
Aus dem Gesundheitsministerium in Mecklenburg-Vorpommern heißt es:
Es sind eine Vielzahl an Punkten abzustimmen, beispielsweise die Prüfung von Nachweisen und Ausnahmetatbeständen, die rechtssichere Einbindung der Arbeitgeber, die Art und Geltungsdauer der Sanktionen sowie die Frage einheitlicher Kontrollen.
Nach unseren Informationen hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) jedoch am Zeitplan fest und will offene Fragen zügig in einer Arbeitsgruppe mit den Ländern klären.
Bayern sieht dagegen Vorteile in einer Verschiebung der Teil-Impfpflicht. Dann hätten Einrichtungen mehr Zeit, erforderliche Nachweise einzufordern und gegebenenfalls ihre Personalplanungen anzupassen, heißt es aus München.
Alexander Schweitzer (SPD), Sozialminister in Rheinland-Pfalz, verteidigt die Teil-Impfpflicht: „Wer in der Pflege arbeitet, trägt Verantwortung. Geimpft oder nicht geimpft, ist da keine Privatsache.“
Der Deutsche Landkreistag erinnert daran, dass die Gesundheitsämter durchaus Ermessensspielraum haben. Und zwar dann, wenn Versorgungsengpässe drohen, sollten Ungeimpfte in größerer Zahl freigestellt werden. Vize-Hauptgeschäftsführer Kay Ruge: „In Einzelfällen ist es möglich, ein Ausdünnen von Pflegepersonal oder beim Rettungsdienst zu verhindern.“
Grüne Jugend: Lang und Nouripour dürfen nicht Ampel-Regierungssprecher sein
Die Grüne Jugend fordert von den neuen Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour die Bereitschaft zum Konflikt mit der Bundesregierung.
Grüne-Jugend-Chefin Sarah-Lee Heinrich sagte uns:
Grüne-Jugend-Chefin Sarah-Lee Heinrich. © dpaWir brauchen keine Parteivorsitzenden, die nur Regierungssprecher der Ampel sind und erklären, warum Kompromisse notwendig sind.
Heinrich rief Lang und Nouripour dazu auf, das Profil der Grünen als soziale und linke Partei zu schärfen. "Es muss neben den grünen Ministerinnen und Ministern eine starke, eigenständige Partei geben, die keine Angst davor hat, Konflikte mit den Koalitionspartnern auch öffentlich auszutragen“, so die Co-Chefin der Parteijungend.
Lang und Nouripour wurden auf dem Digitalparteitag am Samstag zur neuen Doppelspitze gewählt; das Ergebnis muss noch per Brief bestätigt werden.
Unsere Kollegin Marina Kormbaki war vor Ort im Berliner Velodrom, wo der Grünen-Gipfel organisiert wurde. Hier lesen Sie ihre Analyse.
Bürgergeld statt Hartz IV: Ampel will Reform bald angehen
Frank Bsirske © ImagoDie Ampel-Koalition plant, die Sanktionen bei Hartz IV für einige Zeit auszusetzen. „Wir haben ein zwölfmonatiges Sanktionsmoratorium vereinbart“, sagte uns Frank Bsirske, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. „Es sollte möglichst schnell auf den Weg gebracht werden.“
Dem Gesetz müsste auch der Bundesrat zustimmen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Sanktionspraxis 2019 für teilweise grundgesetzwidrig erklärt.
Bis Ende 2022 sollen nun die Mitwirkungspflichten von Langzeitarbeitslosen neu gefasst werden - mit Regeln für so genannte Teilhabevereinbarungen. Das sei ein erster Schritt auf dem Weg zum Bürgergeld, „mit dem wir Hartz IV überwinden wollen“, so Bsirske weiter.
Schüler Union will niedrigeres Mindestalter bei Wahl zum Bundespräsidenten
Adrian Klant © dpaDie Schüler Union fordert eine Absenkung des Ministeralters für die Wahl zum Bundespräsidenten von 40 auf 18 Jahre. „Es ist das besondere Vorrecht der Jugend, alles und jeden in Frage zu stellen“, sagte uns Adrian Klant, der Chef der Schüler Union. „Deutschland kann nicht nur die Wahl zwischen Kandidaten extremistischer Parteien und einem 66-jährigen SPD- Amtsinhaber haben.“
Laut Grundgesetz kann jeder Deutsche zum Bundespräsidenten gewählt werden, der das 40. Lebensjahr vollendet hat. Die Bundesversammlung findet am übernächsten Sonntag statt. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier (66) kandidiert erneut. Für die Linkspartei stellt sich der Sozialmediziner Gerhard Trabert (65) zur Wahl, für die AfD Max Otte (57).
„Das Amt des Bundespräsidenten braucht dringend eine Reform und darf nicht länger Opfer parteitaktischer Spielchen zum Beispiel der AfD werden“, so Klant weiter. Der Verzicht auf einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin aus dem bürgerlichen Lager sei „ein Fehler“. Es ermögliche Extremisten, „das klare Bekenntnis der CDU/CSU für bürgerliche und freiheitliche Werte zu untergraben“.
Bundeswehr erwartet mehr Russen in Mali
Bundeswehr in Mali © dpaDie Bundeswehr erwartet für die Zukunft eine gesteigerte Präsenz russischer Sicherheitskräfte in Mali. Dies geht aus einem aktuellen Einsatzbericht der Bundeswehr hervor, in den wir Einblick nehmen konnten. Seit dem Jahreswechsel befindet sich demnach eine "mittlere dreistelligen Stärke an verschiedenen Standorten in Mali".
Die russischen Kräfte unterstützten dort unter anderem auf Initiative der malischen Regierung "vermutlich im Bereich Ausbildung, Einsatzbegleitung (Partnering) und Antiterrorkampf", heißt es.
Die Perspektive für die kommenden Monate laut Bericht:
Ein weiterer Aufwuchs der im Land befindlichen russischen Kräfte erscheint wahrscheinlich.
Hecken: Gesundheitsreform notwendig
Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschuss, Josef Hecken, hat eine umfassende Reform des Gesundheitssektors gefordert, damit dieser für die Folgen des demografischen Wandels gewappnet ist.
© dpaVersorgungsstrukturen müssten optimiert, Fehlanreize für medizinisch nicht notwendige Leistungserbringungen beseitigt werden, "um eine gute Gesundheitsversorgung und Pflege auch in Zukunft zu gewährleisten", schreibt Hecken in einem Positionspapier, das uns vorliegt.
Hecken sieht insbesondere bei der regionalen Gesundheitsversorgung, bei Qualitätsfragen und der Finanzierung Herausforderungen. Reformen müssten gerade hierauf ausgerichtet sein, fordert er.
Dr. Rudolf Gridl, bisher CIO und IT-Unterabteilungsleiter im Bundesdigital- und verkehrsministerium, ist von Minister Volker Wissing zum neuen Abteilungsleiter Z und damit Verantwortlichen für Haushalt und Personal befördert worden. Damit setzt Wissing auch ein Zeichen für die Digitalisierung des Hauses.
Scholz fährt nach Washington
US-Präsident Joe Biden, Kanzler Olaf ScholzBundeskanzler Olaf Scholz wird Ende der Woche für einen Kurzbesuch in die USA reisen und dort mit US-Präsident Joe Biden zusammentreffen. Auf dem Programm steht unter anderem ein Besuch im Weißen Haus.
Vorrangiges Thema wird das weitere Vorgehen im Ukraine-Konflikt sein. Scholz wird bereits am kommenden Montag zurück in Berlin erwartet.
Auf - Weil die Ampel in den Koalitionverhandlungen diverse Beauftragtenpositionen nicht vorab geklärt hat, sind sie bis heute noch immer nicht neu besetzt. Einer der Profiteure ist der weiter amtierende Transatlantikkoordinator Peter Beyer - von der CDU. Inmitten größter außenpolitischer Spannungen ist er noch immer geschäftsführend der Vertreter Deutschlands - und nutzt seine Spielräume mit Gastbeiträgen in eigener Sache aus. Aufsteiger!
Ab - RKI-Chef Lothar Wieler hat zu Beginn der Pandemie die Bedeutung des Corona-Virus unterschätzt, zu Beginn der Omikron-Welle "maximale" Kontaktbeschränkungen (gegen die Regierungslinie) vertreten - und ist jetzt zweifelhafter Vertreter der Verkürzung des Genesenen-Status. Eine unglückliche Figur. Mal wieder. Unser Absteiger.
T-Online-Redakteur Jonas Mueller-Töwe geht der Frage nach, mit welchen Mitteln Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig die Vollendung der umstrittenen Pipeline Nord-Stream 2 vorangetrieben hat – und wer ihr dabei half. Müller-Towe äußert den Verdacht, „Schwesigs Landesregierung verschleiere recht systematisch ihre Zusammenarbeit mit den russischen Gashändlern bei der Fertigstellung der Pipeline“. Spannende Recherche!
Als eine mögliche Sanktion gegen Russland im Ukraine-Konflikt wird der Ausschluss vom internationalen Zahlungssystem Swift erwogen. Doch das hätte auch für den Westen schwerwiegende Folgen, schreibt Lorenz Hemicker in der FAZ. So würden nicht nur russische Banken und Unternehmen Probleme bekommen, sondern auch die Wirtschaft in Europa. Erhellender Text!
Heute gratulieren wir herzlich:
Sarah Ryglewski, SPD-Politikerin und Staatsministerin im Bundeskanzleramt, 39
Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke sprach im aktuellen Hauptstadt Podcast mit unserer politischen Reporterin Marina Kormbaki über Artensterben, Atomkraftstreit und die Zukunft der Grünen in der Regierung. Hier geht es zu der Folge.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre