Die Trump-Strategie der Bundesregierung

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Die Bundesregierung bereitet sich auf eine neue Trump-Ära vor – über Umwege.

  • In der Werteunion eskaliert ein Richtungsstreit um das Verhältnis zu Russland.

  • Der Fachärzteverband befürchtet Wartezeiten für Facharzttermine von einem Jahr.

  • Die größte Produktionsanlage für E-Fuels in Chile verzögert sich bis 2026.

  • Das Verkehrsministerium streitet mit dem Haushaltsausschuss über die DB InfraGO AG.

  • Mehr als 25 Millionen Euro investieren die Parteien in den Europawahlkampf.

Die Trump-Strategie der Bundesregierung

New Hampshire hat gewählt – und die Kandidatur von Donald Trump zur Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 ist dem Republikaner kaum noch zu nehmen. Aber was, wenn der Ex-Präsident dann wieder gewinnt?

Die Bundesregierung bevorzuge „einen vertraulichen Prozess mit Blick auf die US-Wahl“, heißt es aus Regierungskreisen.

Direkte Gesprächskanäle zu Trump sind verschlossen. Das Auswärtige Amt aktiviert nun indirekte Kanäle: etwa zu republikanischen Senatoren und konservativen Think-Tanks.

Die zentrale Frage: Wo gibt es Interessensüberschneidungen mit Republikanern aus dem Trump-Lager, die möglicherweise auf den Präsidenten einwirken könnten?

Viele Senatoren und Gouverneure stehen zwar zu Trump, aber sie vertreten auch die wirtschaftlichen Interessen ihrer Bundesstaaten. Mitunter produzieren dort wichtige Dax-Konzerne für den amerikanischen und internationalen Markt.

Der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit, Michael Link (FDP), war deswegen schon in Georgia und Mississippi und reist in diesem Jahr nach South und North Carolina, erfuhren wir. Die Senatoren könnten wichtige Kontakte sein.

Michael Link  © Imago

North Carolina (NC):

Senator Thom Tillis ist ein Hardcore-Republikaner: Er ist gegen die Abtreibung, für die Todesstrafe, aber er ist auch wirtschaftsnah. Er unterstützt Trump, aber er brachte gemeinsam mit Demokraten schon mal einen Gesetzentwurf ein, der gegen Trump gerichtet war.

NC hat 2022 Waren im Wert von 4,5 Milliarden Dollar aus Deutschland importiert. Viele deutsche Firmen haben sich in seinem Bundesstaat angesiedelt: etwa Siemens Energy, Daimler (Busse und Trucks) und Bosch.

Thom Tillis © Imago

South Carolina (SC):

Senator Lindsey Graham aus SC war während seiner Zeit in der Army in Deutschland stationiert und war zuletzt 2022 in Deutschland. Wie wir hören, soll sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf ihrer Reise in die USA im September mit ihm getroffen haben.

Graham spricht sich für Waffenlieferungen an die Ukraine aus – von deutscher, aber auch von amerikanischer Seite. Und er hat sich mittlerweile mit Trump abgefunden, ihm sich angenähert.

In Spartanburg, SC, beschäftigt BMW rund 11.000 Mitarbeiter. Das Werk allein produzierte 2022 einen Gesamtexportwert von fast 9,6 Milliarden Dollar. Damit ist BMW der größte Autoexporteur der USA. Der Draht zu Deutschland besteht also.

Mississippi:

Der republikanische Senator Roger Wicker ist ein langjähriger Trump-Unterstützer. Er kritisiert Deutschlands Nähe zu Russland scharf. Aber er glaubt an die Nato. Und er befürwortet als Co-Vorsitzender der Ukraine-Arbeitsgruppe die Hilfen für das angegriffene Land.

Die niedrigen Lohnkosten sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil für den US-Bundesstaat. Daimler Truck will mit Partnern bald ein Werk zur Produktion von Batteriezellen bauen. Dort sollen 2000 neue Arbeitsplätze entstehen.

Roger Wicker © Imago

Think-Tanks:

Konservative Denkfabriken wie die Heritage Foundation gelten als Brutstätten für die künftige Außen-, Wirtschafts- und Sicherheitspolitik der USA. Die Strategie der Bundesregierung: lesen, was in den Papers steht – und Kontakte zu den Autoren knüpfen.

So kursiert seit Kurzem etwa das Konzept der „schlafenden Nato“ des Center for Renewing America. Europa würde demnach selbst für die eigene Verteidigung aufkommen. Das Engagement der USA beschränke sich ausschließlich „auf den Krisenfall“.

Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, macht sich keine Illusionen: Eine zweite Trump-Regierung werde „sicher noch radikaler als in der ersten Amtszeit ihre Interessen durchsetzen“. Deutsche Ratschläge würde die US-Administration nicht annehmen, geschweige denn anhören.

Fazit: Trump als US-Präsident wäre eine erneute Belastung für das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland. Die Bundesregierung will vorbereitet sein – zumindest ein bisschen.

Donald Trump in New Hampshire. © AP

Werteunion: Richtungsstreit um Verhältnis zu Russland

Mehrere Mitglieder der Werteunion berichten über heftige Diskussionen im Vorfeld der für den 17. Februar geplanten Gründung der neuen Partei.

Der Grund dafür seien Meinungsverschiedenheiten über die außenpolitische Ausrichtung. Vor allem geht es um die Frage, wie es die Mitglieder mit Russland und den USA hielten, erfuhr unser Kollege Jan Schroeder. Insider berichten, dass die Partei zudem kleiner sei als offiziell behauptet: eher 2000 statt 4000 Mitglieder.

Hans-Georg Maaßen © Imago

In der außenpolitischen Auseinandersetzung treffen Transatlantiker auf russlandnahe Rechtspopulisten, die ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine fordern und durchaus Sympathien für Russlands Präsidenten Wladimir Putin, den Präsidenten der Türkei Recep Tayyip Erdoğan und bisweilen sogar das Mullah-Regime in Teheran hätten.

Auch Hans-Georg Maaßen schrieb auf X über das Mitgliedertreffen:

Politische Agenden wurden umrissen. Manchmal ging es heiß her.

Ein Programm für die neue Partei gibt es nicht. Auf der Homepage des Vereins sind lediglich programmatische Eckpunkte umrissen. Außenpolitische Positionen fehlen.

In der Vergangenheit habe der Streit etwa um die Position im Ukrainekrieg innerhalb des Vereins zu so heftigen Verwerfungen geführt, dass sich der Vorsitzende Maaßen, der sich zu den Transatlantikern zählt, zu einem Machtwort genötigt fühlte. Daraufhin sei das Thema länger tabu gewesen, hören wir.

Fachärzte befürchten ein Jahr Wartezeit für Arzttermin

Der Präsident des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands, Dirk Heinrich, befürchtet, dass Fachärzte in Zukunft ihren Betrieb weiter herunterfahren müssen. Das sagt er unserer Kollegin Phillipka von Kleist.

Verändere sich nichts an der Bezahlung von Fachärzten, würden weitere Aufnahmestopps von Patienten drohen. Hinzu käme, dass mehr und mehr ältere Kollegen vorzeitig in Rente gehen würden. Heinrich sagt uns:

Dann bekommen wir ein gigantisches Versorgungsloch. Ich halte Wartezeiten von einem Jahr durchaus für realistisch.

Konkret kritisiert Heinrich, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Budgetierung, also die Honorar-Obergrenzen für ärztliche Leistungen, nur für Hausärzte beenden will. Mit der Reform werden nach seinen Angaben Kosten in einem dreistelligen Millionenbereich anfallen.

Dirk Heinrich © dpa

Heinrich fordert diese Entbudgetierung auch für die Fachärzte. Eine Aufhebung für alle Arztgruppen dürfte um ein Vielfaches teurer werden.

Fabrik für E-Fuels in Chile kommt erst 2026

Eine der größten geplanten Anlagen für die Massenproduktion von synthetischen Kraftstoffen verzögert sich um Jahre. Die Genehmigungen für die erste kommerzielle E-Fuels-Fabrik und den dazugehörigen Windpark in Chile stehen weiterhin aus. Das teilte die Entwicklerfirma HIF Global unserer Kollegin Claudia Scholz mit.

Die Firma HIF Global plant weltweit Anlagen für strombasierte Kraftstoffe. Der deutsche Autohersteller Porsche hält einen Anteil von 12,5 Prozent. Die VW-Tochter hat 75 Millionen Euro investiert.

HIF Global sagt, die Baudauer nach Erteilung der Genehmigung betrage rund zwei Jahre. Das bedeutet, dass frühestens 2026 E-Fuels für den kommerziellen Gebrauch produziert werden könnten – gesetzt den Fall, die Behörden genehmigen die Anlage noch in diesem Jahr. Die Entwickler rechnen mit einer Kapazität von 173.600 Tonnen E-Fuels pro Jahr. Das wären über 200 Millionen Liter Kraftstoff.

Pilotanlage für E-Fuels von Porsche und Siemens in Chile © dpa

Ursprünglich gingen Porsche und HIF von der Inbetriebnahme eines Windparks mit 64 Windturbinen und der E-Fuels-Anlage im Jahr 2024 aus. Schleppende Genehmigungsverfahren seien der Grund für die Verzögerung, heißt es.

In Chile steht bereits eine Pilotanlage namens Haru Oni, die 130.000 Liter E-Fuels herstellt. Porsche ist der alleinige Abnehmer. Durch das Projekt wollte Porsche zeigen, „dass die Technologie zur Herstellung von E-Fuels vorhanden ist und funktioniert“ und einen „Impuls zum Hochlauf der Industrialisierung“ auslösen.

Die E-Fuels landen in firmeneigenen Autos der Rennserie Porsche Mobil 1 Supercup oder in Porsche-Oldtimern.

Zoff um Bahn-Aufsichtsrat

Das Verkehrsministerium (BMDV) streitet mit dem Haushaltsausschuss über die Besetzung des Aufsichtsrats der gemeinnützigen DB InfraGO AG. Drei Plätze sind dem Haushaltsausschuss vorbehalten – Volker Wissing (FDP) will das kippen.

Hintergrund ist ein Maßgabebeschluss von November 2023. Der Haushaltsausschuss hat darin beschlossen, drei Haushälter in das Kontrollgremium der Bahn-Tochter zu schicken. Das BMDV wolle diesen Beschluss „am liebsten wegkriegen“, erfuhr unser Kollege Christian Schlesiger aus Regierungskreisen. Man befürchte Interessenkonflikte, etwa bei Investitionsentscheidungen.

Volker Wissing auf der Pioneer One © Anne Hufnagl

Stattdessen will die Regierung eigene Mitglieder bestimmen, so wie auch schon heute die Ministerien Verkehr, Finanzen und Wirtschaft Vertreter in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn entsenden. Unterm Strich wünscht sich der Bund fünf Mitglieder im Kontrollgremium der DB InfraGO. Namen kursieren noch nicht.

Der Haushaltsausschuss, der den Verkehrsetat des Bundes freigibt, hält dagegen. „Ich gehe davon aus, dass das Verkehrsministerium und die Deutsche Bahn sich an die Vorgabe des Haushaltsausschusses halten werden“, sagt uns Frank Schäffler (FDP), Berichterstatter seiner Fraktion im Haushaltsausschuss für den Verkehrshaushalt.

Frank Schäffler © Imago

Europawahlkampf: CDU investiert am meisten

Mehr als 25 Millionen Euro investieren die deutschen Parteien in den Wahlkampf für die Europawahl am 6. Juni. Das hat unsere Kollegin Paolina Longk recherchiert.

EU-Flagge in Brüssel © dpa

Das Budget der einzelnen Parteien:

  • Die CDU plant mit 10 Millionen Euro, genauso viel wie schon bei der Europawahl 2019, aber die Hälfte des Budgets des Bundestagswahlkampfs 2021 (20 Mio. Euro).

  • Die FDP will 3,3 Millionen Euro in den Wahlkampf investieren. Das entspricht ebenfalls der Hälfte des Bundestagswahl-Budgets.

  • Die Grünen haben ihr Budget mit rund 7,6 Millionen Euro im Vergleich zum Europawahlkampf 2019 mehr als verdoppelt.

  • Die AfD investiert vier Millionen Euro in die Europawahl und die Kommunalwahlen.

  • Rund eine Million Euro plant auch das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ein.

  • SPD und CSU wollten sich auf Anfrage nicht äußern. Dort werden Wahlkampf-Budgets als „Interna“ eingeordnet.

Seit diesem Jahr ist die Ausstellung von E-Rezepten verschreibungspflichtiger Medikamente für Ärzte verpflichtend. Nicht in allen Praxen funktioniert das reibungslos, aber fast jedes zweite Rezept wird derzeit schon elektronisch ausgestellt. Insgesamt sind das 22 Millionen Rezepte in diesem Jahr, wie der „E-Health-Monitor“ der Beratungsgesellschaft McKinsey zeigt.

Eine Infografik mit dem Titel: Verbreitung von E-Rezepten steigt

Anzahl eingelöster E-Rezepte, in Prozent

Trotz des starken Starts des E-Rezepts kommt es oft noch zu technischen Problemen in den Praxen.

Eine Infografik mit dem Titel: Deutschlands Weg in die digitale Gesundheitsversorgung

Fakten zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, in Prozent

Das war am Tag und in der Nacht außerdem los:

  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat Fehler in der Arbeit der Ampel-Koalition eingeräumt. Der SPD-Politiker sagte der Zeit, als Bundeskanzler trage er die Verantwortung für die Regierung. Es wäre nach seinen Worten verfehlt zu sagen, dass er mit dem aktuellen Erscheinungsbild der Koalition nichts zu tun habe.

  • Das Bundeskabinett hat gestern ein Gesetz gegen die sogenannte Gehsteigbelästigung gebilligt. Damit sollen künftig Protestaktionen vor Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, verboten werden. Außerdem können Gehsteigbelästigungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 5.000 Euro.

  • Nach der Zustimmung des türkischen Parlaments zum Nato-Beitritt Schwedens gibt offenbar auch Ungarn seinen Widerstand auf. Ministerpräsident Viktor Orbán will sich nach eigener Aussage für einen Beitritt einsetzen.

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Robert Habeck (Die Grünen) fährt am Donnerstag nach Rheinland-Pfalz und am Freitag ins Saarland. Zunächst trifft er sich zu Gesprächen mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) in Mainz. Am Freitag folgt dann ein Treffen mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) in Saarbrücken.

  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sind gestern in Vietnam eingetroffen. Dort wollen sie um Arbeitskräfte werben. Heute trifft sich Steinmeier zu Gesprächen mit Thailands König Rama X. und Ministerpräsident Srettha Thavisin in Bangkok.

Text-zu-Bild KIs wie Dall-E und Midjourney werden auf Millionen von Daten trainiert. Dabei landen auch Dateien im Trainingsmaterial, die urheberrechtlich geschützt sind. Das wirft Fragen auf: Dürfen KI-Unternehmen ihre Modelle einfach mit allem trainieren, was sich im Internet findet, auch mit geschützten Werken? Und: Wer hält die Rechte an den KI-generierten Bildern?

Der EU AI Act, der Anfang der Woche auf X geleakt wurde, bringt auch keine Klarheit. Sven Doelle, Head of Innovation und Technology von Adobe, warnt im Tech Briefing:

Klick aufs Bild führt zur Podcast-Folge! 

Auf - Mario Voigt. Der CDU-Chef von Thüringen will den AfD-Chef in seinem Land, Björn Höcke, in einem Streitgespräch inhaltlich stellen. Gestern sagte Voigt im Landtag: „Die AfD ist eine rechtsextreme Truppe. Aber es hilft nicht, nur die Nazi-Keule zu schwingen. Deshalb wird es dieses Duell geben, wenn Höcke nicht in den Sack haut.“ Um das Format will er sich kümmern. Es gebe bereits Angebote von TV-Sendern und anderen Medien. Mut zur Entlarvung!

Ab - Annalena Baerbock. Der Außenministerin wird das Fliegen wieder zum Verhängnis: Die Regierungsmaschine, mit der die Grüne unterwegs war, musste kurz vor ihrem Ziel Dschibuti (am Horn von Afrika) abdrehen, weil keine Überfluggenehmigung für Eritrea vorlag. Bereits im August war die Ministerin auf halbem Weg nach Australien in Dubai gestrandet – damals wegen kaputter Landeklappen. Ausgebremst.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, 46

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung, 56

Marcel Falk, SPD-Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern, 47

Antje Grotheer, Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft (Grüne), 57

Sahhanim Görgü-Philipp, Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft (Grüne), 54

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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