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Unsere Themen heute:
Die Bundesregierung wollte gegen die steigenden Energiepreise schnell entlasten - nun dauert es. Wir kennen Details.
Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs führen zu mehr Kurzarbeit hier bei uns. Die Bundesagentur für Arbeit hat jetzt ein Problem. Wir sagen, welches.
Bald soll es im Bundestag wieder Besuchergruppen wie in der Vor-Corona-Zeit geben. Wir wissen mehr.
Bei der Besetzung von zentralen Botschafterposten kam es zu Unstimmigkeiten in der Ampel. Wir sagen, worum es ging.
Die verschobene Entlastung
Die Ampel-Parteichefs: Lars Klingbeil, Ricarda Lang, Christian Lindner © ImagoDie Ampel-Parteichefs schienen zufrieden zu sein – mit sich und mit ihrem Entlastungspaket. Die Koalition setze „ein wichtiges Zeichen“, sagte Lars Klingbeil für die SPD. Die Menschen und die Wirtschaft müssten „kurzfristig und befristet“ vor den Folgen der steigenden Energiepreise geschützt werden, erklärte Christian Lindner für die FDP. Das war vor gut einer Woche.
Vereinbart wurden unter anderem:
Eine Energiepreispauschale von 300 Euro
Ein 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn
Die auf drei Monate begrenzte Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe – um 30 Cent je Liter bei Benzin und 14 Cent bei Diesel
Eine zusätzliche Einmalzahlung von 100 Euro etwa für Hartz-IV-Bezieher
Nur: Von einer kurzfristigen Entlastung kann keine Rede sein. Am Donnerstag lagen noch keine Gesetzentwürfe vor.
U-Bahnhof Bundestag in Berlin © ImagoWie wir hören, verlaufen die Vorbereitungen zur Umsetzung zäh. Bei den verbilligten Nahverkehrstickets soll Verkehrsminister Volker Wissing intern zwar den 1. Mai 2022 als möglichen Zeitpunkt für den Start genannt haben. Dieser Termin wird jedoch kaum mehr für realistisch gehalten.
Nun wird der 1. Juni angepeilt. Viele offene Fragen seien noch zu klären, heißt es.
Ein großer Streitpunkt war die Frage, wie man mit den Kunden umgeht, die bereits ein Ticket haben. Sollen sie auch eine Entlastung erhalten? Am Donnerstag berieten die Verkehrsminister der Länder über eine Lösung.
Die könnte nun lauten: Das 9-Euro-Ticket wird bundesweit gelten und ausgestellt.
Es würde also auch für diejenigen einen Mehrwert bedeuten, die bereits eine Monatskarte besitzen. Andererseits würden bestehende Tickets nicht vergünstigt.
Der ganze Vorgang sei "bürokratischer Murks", hieß es aus Länderkreisen.
Die Grünen sollen im Übrigen darauf bestehen, dass die angekündigte Steuersenkung für Kraftstoffe auf keinen Fall kommt, bevor die Tickets für Bus und Bahn überall erhältlich sind. Aus dem Bundesfinanzministerium vernehmen wir hier ebenfalls den 1. Juni als frühestes Datum.
Das jedoch würde – angesichts der geplanten Befristung – bedeuten, dass die Steuer auf Benzin und Diesel Anfang September wieder steigt. Und damit ausgerechnet dann, wenn im Autoland Niedersachsen die heiße Phase im Landtagswahlkampf beginnt.
Außerdem ist in Regierungskreisen zu hören, dass die Energiepreispauschale womöglich erst in der zweiten Jahreshälfte umgesetzt wird. Am schnellsten wäre wohl die Einmalzahlung für Bezieher von Transferleistungen umzusetzen.
Österreichs Kanzler rechnet mit neuen Sanktionen
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer rechnet mit neuen Sanktionen gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin, lehnt ein Gas-Embargo gegen das Land aber weiterhin ab.
“Wir müssen intelligenter werden in den Sanktionen", sagte Nehammer bei einem Besuch unseres Redaktionsschiffs gestern in Berlin. Er wurde von der österreichischen Migrationsministerin begleitet.
"Es wurde durch Beutewaffen von der ukrainischen Armee gegenüber Russlands Truppen festgestellt, dass elektronische Bauteile aus dem Westen notwendig sind, damit die Waffen funktionieren. Kann man verhindern, dass diese elektronischen Bauteile in die russische Föderation kommen? Denn sind sie nicht dort, fliegt die Drohne nicht und fährt der Panzer nicht.”
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer und Pioneer-Chefredakteur Michael Bröcker. © Anne HUfnaglOb es ein schnelles Ende des Krieges gebe, hänge von den Kriegszielen Putins ab, so Nehammer. "Was man sieht, ist, dass er im Osten der Ukraine offensichtlich nachhaltig die Absicherung der Krim anstrebt.”
Dass Österreich kein Nato-Mitglied sei und auf seine Neutralität poche, verteidigte der Kanzler.
"Die österreichische Neutralität hat sich bewährt, weil es eine solidarische Solidarität ist." Der Weg Finnlands Richtung Nato sei für Österreich "keine Option".
Integrationsministerin Susanne Raab, Kanzler Karl Nehammer, Michael Bröcker und Pioneer-CEO Ingo Rieper. © Anne HufnaglRückblickend kritisierte Nehammer indes die enge Bande der Politik zu Russland. "Ja wir haben ihn unterschätzt." Es habe eine neue "Ideologisierung" bei Putin gegeben.
"Er möchte offensichtlich wieder Teile der alten Sowjetunion wiederherstellen."
Hier geht es zu der Sonderfolge des Hauptstadt-Podcasts mit dem österreichischen Bundeskanzler.
Streit um Flüchtlingskosten
Bei den Diskussionen über die Aufteilung der Kosten, die durch die Ukraine-Flüchtlinge entstehen, gibt es aktuell keine Annäherung zwischen Bund und Ländern. Auch SPD- und Unionsgeführte Länder sind sich zum Teil uneins.
Der Bund hatte Montag einen Vorschlag übermittelt, der insbesondere für die B-Länder nicht akzeptabel ist, weil der Bund im Bereich der Integrationskosten zu wenig übernehmen will.
Ukrainische Flüchtlinge auf dem Gelände des früheren Berliner Flughafens Tegel. © ImagoStreitpunkt ist auch noch immer, ob die Flüchtlinge über das SGB II Finanzmittel erhalten sollen oder nicht. Die A-Länder wollen dies. Gerade Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst favorisiert nach unseren Informationen eine Lösung über das Asylbewerberleistungsgesetz und arbeitet an einem Alternativmodell.
Am heutigen Freitag verhandeln unter anderem Wüst und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) über das Paket. Spätestens bis zur Ministerpräsidentenkonferenz am 7. April soll eine Einigung erzielt werden.
Bundesagentur benötigt 2022 erneut Milliarden vom Bund
Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) © dpaDie Bundesagentur für Arbeit benötigt in diesem Jahr erneut Milliarden-Unterstützung aus dem Bundesetat. Das wurde uns am Donnerstag in Koalitionskreisen bestätigt.
Gerechnet wird mit einem Fehlbetrag von circa 4,4 Milliarden Euro - drei Milliarden Euro mehr als bislang angenommen. Der Hintergrund sind absehbar höhere Ausgaben für die Kurzarbeit. Im Gespräch ist, den Fehlbetrag durch einen Zuschuss auszugleichen, damit die Bundesagentur schuldenfrei ins Jahr 2023 gehen kann.
Noch im Herbst war davon ausgegangen worden, dass 2022 im Jahresdurchschnitt knapp 290.000 Beschäftigte in Kurzarbeit sein würden. Inzwischen wird mit dem Doppelten gerechnet.
Über die Finanzlage der Bundesagentur gab es am Donnerstag Gespräche in Berlin, unter anderem mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Behördenchef Detlef Scheele und Haushaltspolitikern der Fraktionen.
Nach unseren Informationen hat die Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr bereits 1,7 Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld ausgegeben. Bis zu 2,3 Milliarden Euro waren eingeplant – fürs gesamte Jahr wohlgemerkt.
Lesen Sie hier eine Analyse von Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner.
Verteidigungsausschuss will Raketenabwehr beraten
Die mögliche Beschaffung der Bundesregierung des amerikanisch-israelischen Luftverteidigungssystems Arrow 3 zur Raketenabwehr soll in der kommenden Woche Thema im Verteidigungsausschuss des Bundestags werden. Das geht aus der Tagesordnung vor, die uns vorliegt (TOP 15, Sitzung 6. April).
Unser Reporter Christian Schweppe hatte schon vor Wochen über die Schwächen im aktuellen Abwehrsystem berichtet, nun wird die Schließung der Fähigkeitslücke konkreter.
Abschussbasis des verwandten Systems Arrow 2 © The PioneerIn dieser Woche war bereits eine privat organisierte Reisegruppe von Verteidigungspolitikern in Israel und holte Informationen über das System ein, das ballistische Raketen abwehren soll, die aus dem Weltraum in den Luftraum eindringen.
NRW-Agrarministerin will mehr Ackerflächen
Aufgrund der drohenden Lebensmittelknappheit bei einigen Importprodukten aus Russland und der Ukraine sowie den dramatisch gestiegenen Preisen schlägt NRW-Agrarministerin Ursula Heinen-Esser eine Ausweitung der Nutzflächen in Deutschland vor.
Die Ukraine zähle zu den Top-5-Exporteuren bei Weizen, Gerste, Mais, sagte uns die CDU-Politikerin.
"Die internationalen Preissteigerungen etwa bei Weizen und bei den Energiekosten wirken sich schon kurzfristig in höheren Verbraucherpreisen aus. Um dagegen zu steuern, muss es das Ziel sein, die Flächenverfügbarkeit deutlich zu erhöhen", so Heinen-Esser. Deshalb müssten auch die von der EU als ökologische Vorrangflächen vorgesehenen Ackerflächen nun bewirtschaftet werden dürfen. Die ab 2023 geltende Stillegungsflächen von 4 Prozent müsste verschoben werden.
Ursula Heinen-Esser © dpa"In der aktuellen Lage setze ich mich dafür ein, dies pragmatisch aufzuschieben", sagte die Ministerin, die auch für Umwelt und Verbraucherschutz zuständig ist. Durch diese Maßnahmen könnten alleine in NRW rund 40.000 Hektar zum Anbau von Nahrungsmitteln genutzt werden.
Bald wieder größere Besuchergruppen im Bundestag
Vor Corona: Eine Besuchergruppe im Bundestag © ImagoDer Bundestag ist bald wieder wie vor der Corona-Pandemie für größere Besuchergruppen zugänglich. Das wurde uns in Parlamentskreisen bestätigt. Der Ältestenrat habe sich zuletzt für die Wiederaufnahme des Besucherverkehrs ausgesprochen.
„Danach können ab dem 9. Mai 2022 auch wieder Besuchergruppen auf der Besuchertribüne an Plenarsitzungen oder Informationsvorträgen teilnehmen“, heißt es in einem Brief von Bundestagsdirektor Lorenz Müller an alle Abgeordneten.
Bis zum 8. Mai ist die Teilnahme an Plenarsitzungen lediglich für Gruppen mit maximal 20 Besuchern möglich. Für Vorträge liegt das Limit aktuell noch bei 30 Gästen.
Deutsche Lebensmittelkonzerne spenden an die Ukraine
Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium eingerichtete Koordinierungsstelle für Lebensmittelhilfen der deutschen Ernährungswirtschaft in die Ukraine hat bislang 129 LKW-Ladungen mit 4011 Paletten an den Entladungs-Hubs in Polen angeliefert.
Dies entspreche einem Durchschnittswert von 4,4 LKW-Anlieferungen pro Tag, hören wir aus dem Haus von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne).
Die Aktion lief am 2. März an. Ukrainische Partner holen die Waren an den polnischen Hubs ab und verteilen sie in der Ukraine – auch in den schwer umkämpften Kriegsgebieten im Osten des Landes.
Das Gesamtvolumen der zugesagten Lebensmittelspenden beläuft sich auf 163 LKW-Ladungen mit 4933 Paletten. Insgesamt beteiligen sich 21 Spender-Unternehmen an der Initiative. Geliefert werden Grundnahrungsmittel, Wasser, Saft, Babynahrung sowie Fisch-, Fleisch und Dosenkonserven.
Streit um Lambsdorff
Bei der Rotation der Botschafterposten im Auswärtigen Amt ist es nach unseren Informationen zu einem Streit zwischen der FDP-Spitze und dem von Annalena Baerbock geführten Außenministerium gekommen. Grund war die ungeklärte Rolle des FDP-Außenexperten Alexander Graf Lambsdorff.
FDP-Chef Lindner, Außenpolitiker Lambsdorff © dpaLambsdorff, der selbst beruflich aus dem Diplomatischen Dienst stammt, hatte Interesse an der Nachfolge Emily Habers an der Spitze der Botschaft in Washington angemeldet. Baerbock hingegen favorisierte ihren Abteilungsleiter Philipp Ackermann für den Posten. Eine Blockade des Personaltableaus im Kabinett wurde durch einen Kniff verhindert: Mit Botschafterin Haber, die hohes Ansehen in der Regierung genießt, wurde der Vertrag trotz erreichter Altersgrenze noch einmal verlängert. Weder Ackermann noch Lambsdorff wechseln nun nach Washington.
Ackermann wird nun im Sommer Botschafter in Dehli. In der Folge wurde nahezu das gesamte Personalpaket noch einmal neu sortiert. Auch Ex-Regierungssprecher Steffen Seibert landet infolge verschiedener Rotationen nun auf einem anderen Posten als zunächst angepeilt. Er wird im Sommer Botschafter in Israel.
Das Kabinett dürfte in der kommenden Woche beschließen.
Am 11. und 12. April kommt die Grünen-Spitze zur Klausur im schleswig-holsteinischen Husum zusammen. Der Bundesvorstand um die Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour berät über die inhaltliche Neuausrichtung der Partei unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges und über die anstehenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Mit dabei sind auch die schleswig-holsteinischen Spitzenkandidatinnen Monika Heinold und Aminata Touré.
Ab diesem Freitag gilt die Maskenpflicht in Berlin nur noch in Bus und Bahn, Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Und – nicht zu vergessen – im Bundestag.
Die Parlamentsverwaltung erinnert am Donnerstag noch einmal in einer Mail an alle Abgeordneten-Büros daran. Demnach bleibt es bei der am 10. März 2022 erlassenen Allgemeinverfügung – wahrscheinlich noch bis zum 30. April 2022.
„Damit bleiben unter anderem die Maskenpflicht, aber auch die 3G-Regeln für Plenar- und Ausschusssitzungen sowie Veranstaltungen des Deutschen Bundestages in der kommenden Sitzungswoche bestehen“, heißt es in der Mail.
Auf - Jens Spahn. Der Ex-Gesundheitsminister hatte sich nach der herben Wahlniederlage der Union und vielen persönlichen Anfeindungen eine Auszeit genommen, auch medial. Doch jetzt positioniert sich Spahn als Vizechef der Unionsfraktion und zuständiger Fachpolitiker für Energie und Wirtschaft als Gegenspieler von Robert Habeck, sammelt Medienauftritte und spricht Klartext. Bei einer USA-Reise traf er nun in Washington D.C. Senatoren, die IWF-Chefin und diskutierte politische Strategien an der Harvard Kennedy School. Da will einer wieder angreifen. Aufsteiger!
Ab - Karl Lauterbach war als Hoffnungsträger in sein Amt gestartet. Nach mehr als 100 Tagen hat der Gesundheitsminister schon einige Rückschläge hinter sich: Von der FDP ließ er sich Lockerungen beim Infektionsschutz abhandeln, die er scharf verurteilt hätte, wäre er nicht Minister. Nun musste er auch noch einsehen, dass er Zugeständnisse machen muss, weil seine Pläne für eine allgemeine Corona-Impfpflicht keine Mehrheit im Parlament haben. Unser Absteiger!
„Liebling, jetzt geht’s rund“, heißt der Text in der aktuellen Ausgabe der Zeit von einem Autorenkollektiv um Peter Dausend und Tina Hildebrandt, das sich den neuen Bissigkeiten in der Ampel-Koalition und der Seelenlager ihrer führenden Protagonisten widmet. Das Stück liefert die Erklärung, warum sich die FDP als „mittige Mitte“ wahrgenommen wissen will. Betrachtet wird auch die neue Rolle, die der grüne Vizekanzler spätestens mit Beginn des Ukraine-Kriegs für sich beansprucht, und auch beanspruchen kann, weil der Kanzler ihm den Raum dafür lässt. „Mit jedem Wort, das Olaf Scholz nicht sagt, gewinnen die Worte von Robert Habeck an Bedeutung“, schreiben die Kollegen. Spannende Beobachtungen, nachzulesen hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Kathrin Henneberger, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 35
Erik von Malottki, SPD-Bundestagsabgeordneter, 36
Bruno Hönel, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 26
Stephan Stracke, CSU-Bundestagsabgeordneter, 48
Robin Mesarosch, SPD-Bundestagsabgeordneter, 31
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre