Die Wahlperiode in Zahlen und Fakten

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt – direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • 864 Gesetzesvorhaben sind in dieser Wahlperiode eingereicht worden, 524 Gesetze hat das Parlament bis Mai beschlossen. Die Bilanz einer Legislaturperiode.

  • Die Tätigkeiten deutscher Spezialkräfte im In- und Ausland werden zum Fall für Finanzprüfer des Bundesrechnungshofs. Wir sagen, was passiert.

  • Die junge digitale Wirtschaft wird immer wichtiger für den Standort Deutschland - zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Roland Berger.

Die Wahlperiode in Zahlen und Fakten

Heute ist der letzte Plenartag der letzten regulären Sitzungswoche des Deutschen Bundestages in der 19. Wahlperiode.

Es war die erste Legislatur in der Geschichte, die bestimmt worden ist von einer Pandemie. Die dritte schwarz-rote Koalition seit 2005 neigt sich dem Ende zu, genauso die Kanzlerschaft von Angela Merkel.

Es lohnt auch ein Blick zurück. Und dabei helfen Zahlen.

ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hat für uns den Legislaturperioden-Check gemacht und sich in Statistiken vertieft.

Die Beschlüsse

864 Gesetzesvorhaben sind in dieser Wahlperiode eingereicht worden, nicht nur von Regierung und Koalitionsfraktionen, sondern auch von Opposition und aus dem Bundesrat.

524 Gesetze hat das Parlament in dieser Wahlperiode bis zum 18. Mai beschlossen. Hinzu kommen noch die zahlreichen, in dieser Woche verabschiedeten Vorlagen - zum Beispiel das neue Klimaschutzgesetz.

Eine Infografik mit dem Titel: Entscheidungen im Bundestag

Namentliche Abstimmungen und beschlossene Gesetze

Die Abstimmungen

Eine vorläufige Auswertung für diese Wahlperiode zeigt, dass im Plenum wieder häufiger namentlich abgestimmt worden ist. In dieser Wahlperiode wurden 236 namentliche Abstimmungen gezählt, zwischen 2013 und 2017 waren es 213, zu Zeiten der schwarz-gelben Regierung zwischen 2009 und 2013 dagegen 275. Der Bundestag produziert immer mehr Dokumente. Die Zahl der Parlamentsdrucksachen stieg von 13.705 in der vorherigen Wahlperiode auf 30.832 in dieser.

Rügen und Ordnungsrufe

Wer die Protokolle der zurückliegenden 235 Parlamentssitzungen dieser Wahlperiode durchblättert, stößt auf zahlreiche Fälle, in denen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) oder seine Stellvertreter eingreifen mussten. Bis zum 19. Mai gab es 34 Ordnungsrufe und Rügen wegen unparlamentarischer Äußerungen oder unparlamentarischen Verhaltens. 21 davon gingen an AfD-Abgeordnete, zehn an Linken-Politiker, zwei an Grünen-Politiker und einer an einen SPD-Abgeordneten.

Zum Vergleich: In der Wahlperiode davor ging es im Plenarsaal deutlich weniger hitzig zur Sache. Für die Zeit zwischen 2013 und 2017 weist die Statistik keine einzige Rüge und nur zwei Ordnungsrufe aus.

Die Kosten

In diesem Jahr sind im Bundeshaushalt für den Bundestag Ausgaben in Höhe von 1,06 Milliarden Euro vorgesehen: Unter anderem für Mieten, Baukosten, Personalausgaben, Investitionen, die Verwaltung und die Diäten der Abgeordneten. Wer dazu die tatsächlichen Ausgaben des Bundestages für die Jahre 2018, 2019 und 2020 addiert, kommt auf eine stattliche Summe: 3,8 Milliarden Euro.

Der Bundestag ist mit nunmehr 709 Abgeordneten zwar das größte frei gewählte Parlament der Welt. Von einem unkontrollierten Wachstum der Ausgaben für das Parlament kann jedoch keine Rede sein: Der Anteil des Bundestagsetats am Bundesetat war 2020 sogar knapp unterhalb des Wertes von 2006, dem ersten vollen Regierungsjahr von Angela Merkel.

Abschiede und Todesfälle

35 Abgeordnete haben den Bundestag vorzeitig verlassen - nach Affären, erzwungenen Rücktritten von Parteiämtern oder weil sie in andere Ämter wechselten. So legte Ursula von der Leyen ihr Mandat nieder, als sie Kommissionspräsidentin in Brüssel wurde. Vier Abgeordnete starben während der Wahlperiode, der prominenteste von ihnen war Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann.

Die Viel-Redner

Das Parlament lebt vom Streit um die Sache, von der guten Debatte. Und deshalb sind die Geschäftsführer der Fraktionen auf erfahrene Redner angewiesen, die auch mal zu Themen außerhalb ihrer Zuständigkeit als Fachpolitiker sprechen können. Niemand hat in der zurückliegenden Wahlperiode so viele Reden gehalten wie der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich aus Augsburg. Es waren 162.

Eine Infografik mit dem Titel: Viel-Redner im Bundestag

Die Abgeordneten mit den meisten Bundestagsreden

Der Club der parlamentarischen Viel-Redner ist kein Club der Top-Promis der Berliner Republik. Und vor allem ist er - leider - immer noch ein Männer-Club. Die erste Frau im Ranking derer mit den meisten Auftritten am Rednerpult ist Linken-Politikerin Gesine Lötzsch auf Platz 11.

1. Bundesrechnungshof wird KSK-Vergaben prüfen

Die Tätigkeiten deutscher Spezialkräfte im In- und Ausland werden zum Fall für Finanzprüfer des Bundesrechnungshofs.

Nach Informationen unseres Investigativ-Reporters Christian Schweppe kommen nun gleich Dutzende zweifelhafte Vergaben des Kommandos Spezialkräfte (KSK), um das es hier vor allem geht, auf den Prüfstand.

Bundesrechnungshof prüft teure KSK-Deals

Nach unkontrollierten Millionengeschäften: Das Kommando Spezialkräfte wird zum Fall für Finanzprüfer

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Veröffentlicht von Christian Schweppe.

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Auch in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses war das Prüfvorhaben schon Thema. Bei den Beschaffungen des KSK handelt es sich um einen eigenen Strang in der Gesamtaffäre um das Kommando, das anfangs mit rechtsextremistischen Umtrieben in die Kritik geriet und bald darauf wegen eklatanter Mängel im Umgang mit Munition und Sprengstoff.

Dass auch geschäftliche Missstände weiter aufgeklärt werden müssen, hat das Ministerium zuletzt eingeräumt: Die eigene interne Ermittlung sowie fachaufsichtliche Prüfung von KSK-Verträgen wird noch mindestens bis Oktober dauern. Für Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wird es damit schwieriger, einen Schlussstrich unter die Affäre KSK zu setzen. Wir hatten zuletzt ausführlich über zweifelhafte Methoden und Kosten einer kleinen Logistikfirma aus Franken berichtet: Ferox.

2. Start-ups könnten 3 Millionen neue Jobs schaffen

Die junge digitale Wirtschaft wird immer wichtiger für den Standort Deutschland. Laut der aktuellen Studie „Für ein Wirtschaftswunder 2.0 – Wie Startups und Scaleups den deutschen Arbeitsmarkt beflügeln“, die die Unternehmensberatung Roland Berger zusammen mit der Internet Economy Foundation (IEF), dem Bundesverband Deutsche Startups und der Deutschen Börse erarbeitet hat, arbeiten inzwischen mehr als 415.000 Menschen in Start-Ups.

Rund 1,6 Millionen Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt durch sie gesichert.

Das Job-Potenzial ist den Autoren der Studie zufolge hoch. So könnten die direkt Beschäftigten in der Branche der jungen, digitalen Unternehmen auf 974.000 bis zum Jahr 2030 wachsen.

Wenn es gelänge, den Anteil der Mitarbeitenden von Start-Ups an der Gesamtbevölkerung auf ein Niveau von Nationen wie den USA zu bringen, bedeutet das die Schaffung von mehr als drei Millionen neuen Arbeitsplätzen in Deutschland.

3. Hauptstadt Podcast: Ole von Beust zu Schwarz-Grün

Im neuen Hauptstadt Podcast gehen wir diese Woche auf Abschiedsreise. Wir blicken zurück auf 16 Jahre Kanzlerin Angela Merkel und wir reden darüber, was von der Ära Merkel bleiben könnte und sollte und welche Defizite offenbar wurden.

Im Interview der Woche reden wir mit einem Mann, der als erster Politiker eine schwarz-grüne Koalition auf Länderebene schmiedete: dem früheren Hamburger Ersten Bürgermeister Ole von Beust.

Der ehemalige Bürgermeister Hamburgs, Ole von Beust.  © imago

Außerdem:

  • In What's Left geht es um eine Europakonferenz der SPD und was das mit dem Wahlkampf von Olaf Scholz zu tun haben könnte.

  • In What's Right geht es um die Wahlkampftaktik der CDU und wie sehr Kanzlerkandidat Armin Laschet dabei auf Angela Merkel setzen will. Unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hat dazu mit dem Berliner Statthalter der Serviceplan Gruppe und für den CDU-Wahlkampf zuständigen Werber Christoph Kahlert gesprochen.

Christoph Kahlert  © Serviceplan
  • Im kürzesten Interview der Berliner Republik, Ein Satz zu ..., erklärt die Kölner Schauspielerin Annette Frier, was sie von der Bundeskanzlerin hält und wie die Kulturszene nach der Pandemie einen Neustart plant.

Annette Frier © dpa

Hier können Sie die aktuelle Ausgabe des Podcasts hören:

Klick aufs Bild führt zum Hauptstadt-Podcast © ThePioneerSchreiben Bundesnetzagentur © ThePioneer

In einem Schreiben an den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD), zugleich Vorsitzender des Beirats der Bundesnetzagentur, hat der Präsident der Bonner Behörde, Jochen Homann, erläutert, wie Investitionen in Strom und Gasversorgung in Deutschland sichergestellt werden.

Dies funktioniere über die Festlegung von Zinssätzen, mit denen Netzinhaber die Nutzung finanzierbar machen können, so Homann.

"Das Ziel der Bundesnetzagentur ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbrau-cherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas", schreibt er an Lies. "Dies schließt ein, dass Investitionen in die Infrastruktur getätigt werden müssen, vor allem angesichts der Herausforderungen der Energiewende."

Gleichzeitig dürfe die kalkulatorische Vergütung des Eigenkapitals nicht so hoch sein, dass die Netznutzer unangemessen hohe Renditen der Netzbetreiber finanzieren.

Aktuell werde die Netzagentur ihre Anreizsysteme nicht verändern, so Homann, und lehnte eine Erhöhung zugunsten der Betreiber ab: "Es gibt keine Anhaltspunkte für Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung. Höhere Renditen waren und sind also in der gegenwärtig noch laufenden Regulierungsperiode sachlich nicht angemessen."

Mal ein anderer Wechsel aus der Welt des Militärs: Einer der höchstrangigsten deutschen Generäle der Raumfahrt tritt in den Ruhestand - der deutsche Brigadegeneral Thomas Reiter. Er war von 1992 bis 2007 ESA-Astronaut und der achte Deutsche im All überhaupt.

In der russischen Raumstation Mir absolvierte er 1995/96 den ersten ESA-Langzeitflug. Dabei unternahm er als erster Deutscher einen Weltraumausstieg. Zuletzt war Reiter ESA-Koordinator internationale Agenturen und Berater des Generaldirektors.

Am 26. September ist Bundestagswahl. Der alte Bundestag kann allerdings auch dann noch tagen und Entscheidungen treffen, wenn der neue bereits gewählt ist.

Die bisherigen Abgeordneten sind von ihren Fraktionsführungen gebeten worden, sich auch im Oktober noch für mögliche Plenarsitzungen bereitzuhalten. Ein mögliches Szenario: Es könnte sich kurzfristig Entscheidungsbedarf mit Blick auf die Pandemie-Lage ergeben.

Das Grundgesetz setzt allerdings eine präzise Frist für den Übergang. „Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen“, heißt es in Artikel 39 Absatz 2 des Grundgesetzes. Konstituierende Sitzung wäre demnach spätestens am 26. Oktober 2021. Die Phase bis dahin zählt noch zur alten Wahlperiode.

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Auf - Es ist die Woche der Abschiede im Deutschen Bundestag - und auch für SPD-Politiker Christoph Matschie war der Zeitpunkt der letzten Rede im Plenum gekommen. Der ehemalige Thüringer Wirtschaftsminister wählte einen persönlichen Abschied und erinnerte sich an seine Anfangszeit im Parlament nach der Wende. "In einer Gesellschaft zu leben nach demokratischen Regeln und sich frei entfalten zu können, das war für mich lange nur ein Traum", sagte Matschie, sichtlich gerührt. Es war ein Statement für die Demokratie und gegen die Geschichtsvergessenheit. Unser Aufsteiger.

Ab - Und noch einmal Plenum. Wissenschaftsministerin Anja Karliczek (CDU) hat bemerkenswert schwache Jahre in der Regierung hinter sich - und am Ende noch einmal die Wut der Studierenden und Universitätsmitarbeiter auf sich gezogen. Auf die Frage nach der Corona-Bilanz der Pandemie-Zeit sagte Karliczek, diese könne man gar nicht richtig ziehen, es habe ja nichts stattgefunden. In dieser Woche entlud sich die Wut vieler Studierender und Wissenschaftler auf die Ministerin - schließlich hätten die Semester sehr wohl stattgefunden - unter erschwerten Bedingungen. Karliczek hat sich insgesamt nicht empfohlen. Unsere Absteigerin.

Welt-Vizechef Robin Alexander schaut zurück auf Angela Merkels letzte Regierungserklärung im Bundestag. "Andere Politiker hätten die Gelegenheit genutzt, um Vorschläge für den eigenen Eintrag ins Geschichtsbuch abzugeben oder wenigstens auf die langen Linien ihrer Politik zu verweisen", schreibt Alexander. "Nicht so Merkel: Sie bleibt wie immer radikal geschäftsmäßig und referiert die Tagespolitik in Spiegelstrichen." Von den drei Kanzlerkandidaten, die am Donnerstag nach Merkel das Wort ergriffen, sei ausgerechnet SPD-Vizekanzler um demonstrative Nähe zu Merkel bemüht gewesen: "Er inszeniert sich von allen drei am radikalsten als Erbe Merkels." Lesenswert!

Moritz Koch und Thomas Sigmund schauen im Handelsblatt voraus auf Angela Merkels letzten EU-Gipfel und fragen nach dem europapolitischen Erbe der Kanzlerin: "In Merkels langen Kanzlerjahren hat Europa viele Erschütterungen erlebt. Vor der Flüchtlingskrise kam die Finanz- und die Schuldenkrise, zuletzt die Pandemie. Sie hat Europa zusammengehalten in schweren Zeiten, so dürfte es später einmal anerkennend in den Geschichtsbüchern stehen. Merkel, die Krisenmanagerin." Impulse für die Erneuerung Europas aber habe die Kanzlerin nicht gegeben. "Auf die große Reformrede, die Emmanuel Macron als frisch gewählter französischer Präsident 2017 an der Sorbonne-Universität hielt, reagierte Berlin mit einem Schweigen, das bis heute anhält", schreiben Koch und Sigmund. Spannende Bilanz!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Metin Hakverdi, SPD-Bundestagsabgeordneter, 52

Patrick Sensburg, CDU-Bundestagsabgeordneter, 50

Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, 62

Am Samstag gratulieren wir:

Karin Prien, CDU-Politikerin und Kultusministerin von Schleswig-Holstein, 56

Und am Sonntag beglückwünschen wir:

Katja Pähle, Mitglied im SPD-Präsidium, 44

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Die kulturpolitische Sprecherin der Unionsbundestagsfraktion, Elisabeth Motschmann, hat sich kritisch zu den Plänen des Berliner Senats für den Standort des Einheits- und Freiheitsdenkmals geäußert. Unmittelbar neben dem Denkmal, das an die deutsche Freiheit- und Einheitsgeschiche erinnern soll, soll ein Aufzugsturm entstehen sowie eine große Freitreppe, die später einmal in ein Flussbad führen soll.

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