Die Xi-Orbán-Achse

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Bis Freitag ist Xi Jinping in Ungarn. Was das für die EU bedeutet.

  • Christian Lindner zieht die erste Eskalationsstufe: Das Rentenpaket II wird verschoben. Wir kennen die Hintergründe.

  • Parteitag: Die CDU will die Wehrpflicht. Und vergleicht Bären mit Löwen.

  • NRWs Minister können gleich doppelt kostenlos Bahnfahren.

  • InfraGo-Aufsichtsrat: Die Grünen haben noch immer keinen Kandidaten.

  • Die Nationale Biomassestrategie verzögert sich weiter.

Heute geht es auf Xi Jinpings Europa-Tour erst nach Serbien und dann weiter nach Ungarn. Noch bis Freitag bleibt der chinesische Staatschef vor Ort. Die Länder-Auswahl sollte „alle anderen EU-Länder alarmieren“, sagt uns Europa-Politiker Anton Hofreiter. Er warnt:

Dass Xi mit Serbien und Ungarn ausgerechnet die Länder, die am meisten stören und Schaden anrichten, besucht, zeigt uns, dass Chinas scheinbare Neutralität und guter Wille nicht gegeben sind.

Doch wie beeinflusst die Xi-Orbán-Achse Europa? Eine Analyse in vier Punkten:

1. China investiert Milliarden in Ungarn

Riesen-Projekt „Neue Seidenstraße“: Die chinesische Infrastrukturoffensive passiert in der EU vor allem im östlichen Einfallstor Ungarn. China investierte dort 2023 insgesamt 4,3 Milliarden Euro etwa in Straßen-, Schienen- und digitale Infrastruktur – deutlich mehr als in allen anderen EU-Ländern.

Eine Infografik mit dem Titel: Chinas Investitionsoffensive in Ungarn

Die fünf EU-Länder mit dem größten Kapitalzufluss aus China 2023, in Milliarden US-Dollar

Riesen-Projekt BYD: Der größte Elektroautohersteller der Welt baut in Ungarn seine erste Fabrik in Europa. „Ich sehe die chinesisch-ungarische Zusammenarbeit als eine Erfolgsgeschichte, die wir fortsetzen müssen“, sagte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó in der chinesischen Staatszeitung Global Times kurz vor Xis Besuch.

2. China nimmt über Ungarn Einfluss auf EU-Prozesse

„Von chinesischer Seite gibt es ähnliche Bemühungen wie von russischer Seite, die EU-Entscheidungen zu beeinflussen, allerdings deutlich subtiler“, sagt Hofreiter.

Anton Hofreiter © dpa

Die Ankündigung der BYD-Fabrik kam kurz nach der EU-Entscheidung, staatliche Subventionen für chinesische Elektroautohersteller zu untersuchen. Durch die Investition in Ungarn kann China mögliche Importzölle der EU umgehen. Heißt: Der Druck aus Brüssel wird in Ungarn entkräftet.

Bisher kam es nicht zu einem Veto Ungarns bei einer EU-Entscheidung, die China betrifft. Aber …

3. Europa ist an Ungarn gebunden

Wie im Falle der Ukraine-Unterstützung könnte Ungarn mit einem Veto EU-Entscheidungen gegen China in Zukunft verhindern. Oder – bei Mehrheitsentscheidungen – zumindest Druck auf die Gemeinschaft ausüben. Das weiß auch Xi Jinping. Außenminister Szijjártó kündigte bereits an:

Wir werden definitiv gegen jede Art von Verfahren sein, die gegen China und die chinesische Elektroautoindustrie eingeleitet werden.

Péter Szijjártó, ungarischer Außenminister © Imago

4. Europa kann Druck ausüben

Deutschland müsse Druck ausüben, „dass Ungarn nicht als Proxy innerhalb der EU für Putin und Xi agiert“, so Hofreiter. Er findet: Es bräuchte dringend eine Reform des Veto-Rechts für zukünftige Szenarien. Und:

Die EU muss bei der Ausgabe der EU-Gelder an Ungarn deutlich genauer hinschauen.

Auch die Europa-Spitzenkandidatin der FDP Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagt unserem Kollegen Marc Saha, es sei „völlig ausgeschlossen“, dass Ungarn Gelder von der Europäischen Union bekomme und „gleichzeitig Staaten unterstützt, in denen es keine Pressefreiheit gibt und wo Menschenrechte nicht akzeptiert werden.“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann © Anne Hufnagl

Fazit: Xis Gastgeschenk kommt in Form eines Keils. Für dessen Anwendung sorgt die EU freundlicherweise selbst.

Lindner zieht erste Eskalationsstufe

Im Haushaltsstreit für 2025 zieht Finanzminister Christian Lindner die erste Eskalationsstufe. Das Rentenpaket II, das heute durch das Kabinett gehen sollte, wird auf später im Mai verschoben. Lindner ließ es von der Tagesordnung streichen.

Bundesminister der Finanzen Christian Lindner mit Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales © dpa
  • Die Gründe: Aus dem Finanzministerium (BMF) heißt es, dass „aktuelle Vorhaben neu in den Gesamtkontext eingeordnet werden müssen“, erfuhr unser Kollege Christian Schlesiger. Heißt: Neuprojekte „on hold“.

  • Der Ärger: Eine „Handvoll Ressorts“ hätten die Etat-Vorgaben „exorbitant“ gerissen, so Lindner schon am Montagabend. Wie wir hören sind das: Auswärtiges, Entwicklungshilfe, Verteidigung, Arbeit und Innen. Also einmal Grüne, viermal SPD.

  • Die Lücke: Im Haushalt 2025 fehlen mindestens 25 Milliarden Euro. Kanzler Olaf Scholz und die Vize-Kanzler Robert Habeck und Lindner hatten sich auf Haushaltsdisziplin geeinigt.

  • Der Ehrgeiz: Kassenwart Lindner will die Schuldenquote von derzeit 64 auf unter 60 Prozent bis 2028 drücken. So könnte der Bund Kredite aus der Corona-Zeit strecken – und ab 2028 mehr ausgeben.

  • Der Fahrplan: Scholz, Habeck und Lindner trafen sich gestern zu einem Haushalts- und Wirtschaftswende-Treffen. Richtig spannend wird es nach dem 16. Mai: Dann kommt die Steuerschätzung.

Parteitag: CDU will Wehrpflicht

Angebot für Wechselwähler: Am Tag zwei des CDU-Parteitags beschloss die Partei nach 17 Jahren das vierte Grundsatzprogramm. Dies solle aber bei Weitem nicht nur die Parteimitglieder abholen, sagte Merz:

An die Wechselwähler ist dieses Grundsatzprogramm in ganz besonderer Weise gerichtet.

Friedrich Merz © dpa

Wehrpflicht-Sieg für JU-Chef Johannes Winkel: Die Delegierten entschieden sich nach leidenschaftlicher Debatte mit großer Mehrheit für ein schrittweises Comeback der Wehrpflicht. Die CDU hatte sich auf ihrem vorigen Parteitag auf ein Gesellschaftsjahr geeinigt.

Neumitglied des Tages: Nach einem Live-Auftritt des Synchronsprechers Engelbert von Nordhausen (Stimme von Schauspieler Samuel L. Jackson und Bill Cosby) verkündete er überraschend seinen Parteibeitritt.

Friedrich Merz und Markus Söder © dpa

K-Frage offen? „Wir werden auf jeden Fall zusammen eine gute Lösung finden“, betonte Söder. Friedrich Merz verglich ihn daraufhin mit dem bayerischen Löwen und sich mit dem Berliner Bären – zwei Raubtiere, die sich mit Blick auf ihr Jagdgebiet nicht in die Quere kämen und mit denen man sich nicht anlegen sollte.

Tanzeinlage: Söder witzelt und bietet seinen Generalsekretär zum Tanzen an. „Rent a GS. Let’s Dance“. Merz erwidert, bei der CDU tanze der Chef selbst. Daraufhin Söder:

Wenn du dann mal im Amt bist, wird es auch weniger. Da musst du dir Mühe geben. (…) Sonst tanzen der Hendrik und der Daniel die ganze Zeit.

Merz fügt hinzu: „… und vor allem aus der Reihe.“

Freie Fahrt für NRW-Minister

Doppelt hält besser? Einige Minister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalens haben gleich zwei BahnCards. Einmal die des Landes und die des Bundesrates. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der SPD-Fraktion NRW hervor, die unserer Kollegin Laura Block vorliegt.

Demnach können Ministerin Mona Neubaur, Minister Karl-Josef Laumann und Ministerin Ina Scharrenbach gleich doppelt kostenlos Bahn fahren.

„Wenn sie gleichzeitig über den Bundesrat auch noch eine Netzkarte für dieselbe Strecke haben, fragt man sich doch unweigerlich, welche Karte sie dann jeweils nutzen“, sagt Jochen Ott, SPD-Fraktionsvorsitzender NRW.

Jochen Ott, SPD-Fraktionsvorsitzender NRW  © Imago

Brisant: Mit der BahnCard des Landes können Abgeordnete und Minister auch nach Berlin kostenlos fahren. Warum also dann noch die zweite Karte genutzt wird, geht aus der Antwort nicht hervor. „Wahrscheinlich glauben sie, sie bräuchten die eine für die Hinfahrt und die andere für die Rückfahrt“, sagt Ott.

Doppelte Nutzung kostet: Der Bundesrechnungshof hat die Wirtschaftlichkeit der BahnCards 100 des Bundesrats in einem Bericht 2023 „in Frage gestellt“. Allein 2024 seien dafür 620.000 Euro vorgesehen.

InfraGo-Aufsichtsrat: Grüne uneins über Kandidat

Während FDP- und SPD-Fraktion bereits vor Wochen ihre Nominierten für den Aufsichtsrat der neu geschaffenen Bahn-Tochter InfraGo bestimmt haben, diskutiert die Grünen-Bundestagsfraktion weiter über einen möglichen Mandatsträger, hört unsere Kollegin Claudia Scholz aus Fraktionskreisen.

Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Grünen einen Haushalts- oder Verkehrspolitiker in das Kontrollgremium entsenden. Ein Verkehrspolitiker in der engeren Auswahl ist Matthias Gastel, der zuvor bereits einen Sitz im Aufsichtsrat der DB Netz innehatte. Die Haushaltspolitiker sähen gerne eine grüne Haushälterin wie Paula Piechotta in dem Gremium.

Grünen-Haushälterin Paula Piechotta © Vincent Villwock

Denn der Haushaltsausschuss hatte das Verkehrsministerium in einem Maßgabebeschluss aufgefordert, künftig sicherzustellen, dass dem InfraGo-Aufsichtsrat drei Mitglieder des eigenen Ausschusses angehören.

Nur die FDP-Fraktion hat sich bisher an diesen Beschluss gehalten und den Haushälter Torsten Herbst nominiert. Die SPD-Fraktion wählte die Verkehrspolitikerin Anja Troff-Schaffarzyk. Die Maßgabe sei kein Gesetz, heißt es aus Kreisen der SPD. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden hätten sich mit den Sprechern für Verkehr und Haushalt abgestimmt.

Verkehrspolitikerin Anja Troff-Schaffarzyk © Büro Anja Troff-Schaffarzyk

Nationale Biomassestrategie verzögert sich weiter

Die federführenden grünen Ministerien für Umwelt (BMUV), Landwirtschaft (BMEL) und Wirtschaft (BMWK) können sich bisher nicht auf eine gemeinsame Linie für eine Nationale Biomassestrategie (kurz: Nabis) einigen, hört unsere Kollegin Claudia Scholz aus Industriekreisen.

Der Zeitplan: Die Strategie sollte laut BMWK im zweiten Halbjahr 2023 verabschiedet sein. In einer Vorhabenliste des BMUV wurde März 2024 als Termin der verabschiedeten Nabis genannt.

Doch einen mit allen Ressorts abgestimmten Entwurf gibt es bis heute nicht und wird auch bis Mitte Juni nicht fertig sein, hören wir. Im Februar wurde eine nicht abgestimmte Fassung geleakt.

Das BMUV schreibt uns: Die Fragen rund um eine nachhaltige Nutzung der Biomasse seien „umfassend und komplex“. Ein solches Projekt benötige Zeit für eine sorgfältige Ausarbeitung. Die Verzögerung käme aber nicht durch Uneinigkeit in den Ministerien zustande.

Gerolf Bücheler, Geschäftsführer des Bundesverbands Bioenergie, hält den bislang bekannten Entwurf der Biomassestrategie für grundsätzlich verfehlt, da viel von „Einschränkungen die Rede“ sei und wenig vom Potenzial der Biomasse.

Wie bei allen erneuerbaren Energien wird auch der Biomassebedarf weiter wachsen, allein schon im Wärmebereich, wo derzeit noch 82 Prozent fossil erzeugt wird.

Biomasse könnte nicht nur bei Gebäudeheizungen eine Rolle spielen, sondern auch beim Ausbau von erneuerbaren Wärmenetzen oder hohen Temperaturen für Industrieprozesse.

Gerolf Bücheler © Bundesverband Bioenergie

Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie, sagt uns:

Die Bundesregierung lässt die Branche weiter im Unklaren über die Zukunft von Biokraftstoffen aus Biomasse. Es wäre fatal, diese vorhandene Option zur CO₂-Minderung im Verkehrssektor auszuschließen.

Zum Download: Geleakter Entwurf der Biomassestrategie

Morgen ist Vatertag! 79 Minuten am Tag verbringen Väter in Deutschland durchschnittlich mit ihren Kindern und damit knapp eine Stunde weniger als die Mütter. Das geht aus den neuesten Daten des Statistikamts aus 2022 hervor.

Besonders beim Füttern und der Körperpflege der Kinder liegen die Väter noch immer weit zurück. Geringer ist der Abstand hingegen bei Spiel und Sport. Immerhin: Seit 2013 ist die Kinderzeit der Väter um fast 30 Minuten gestiegen.

Eine Infografik mit dem Titel: Kinderbetreuung: Mütter vs. Väter

Bereiche der Kinderbetreuung von Müttern und Vätern, in Stunden pro Tag

Das war gestern und in der Nacht außerdem los:

  • Nahost: Die israelische Armee hat die Bodenoffensive in der Stadt Rafah begonnen. Bereits am frühen Dienstagmorgen überquerten Streitkräfte den Grenzübergang nahe der Stadt. Außenministerin Annalena Baerbock warnte auf X:

Eine Million Menschen können sich nicht in Luft auflösen.

  • Universitäten: An Universitäten in Berlin, Leipzig und Amsterdam hat die Polizei propalästinensische Protestbewegungen geräumt. Es kam zu Ausschreitungen und vorläufigen Festnahmen.

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt den finnischen Präsidenten Alexander Stubb. Es geht auch um die euro-atlantische Sicherheit.

  • Finanzminister Christian Lindner spricht auf dem OMR-Festival in Hamburg zum Thema „Neue Dynamik für Deutschland“.

  • Am ersten Tag seiner Reise in die USA und Kanada trifft sich Verteidigungsminister Boris Pistorius mit UN-Generalsekretär António Guterres und hält eine Rede vor dem American Jewish Committee.

  • Umweltministerin Steffi Lemke nimmt am Arctic Circle Berlin Forum teil.

  • Verkehrsminister Volker Wissing besucht in Mannheim das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.

  • Bauministerin Klara Geywitz setzt ihre Nordamerika-Reise fort und trifft sich in Washington D.C. mit der amerikanischen Vize-Bauministerin Adrianne Todman.

Auf – Johannes Volkmann. 26 Jahre ist es her, seitdem Helmut Kohl im Bundesvorstand der CDU war. Jetzt ist ein neuer da! Mit 70 Prozent der Stimmen wählten die Delegierten gestern Kohls Enkel mit dem anderen Nachnamen in den Bundesvorstand. Die Ampel habe seiner Generation nichts zu bieten, „außer vielleicht Cannabis“, stellte er auf dem Parteitag fest und erntete großen Beifall. In große Fußstapfen tritt er allemal. Wir bleiben aufmerksam!

Ab – Alexander Throm. Nach dem Angriff auf Matthias Ecke beklagt der CDU-Innenpolitiker, dass Nancy Faeser vor der Sonder-Innenministerkonferenz nicht auch die Gefahr durch Islamismus und Rechtsextremismus im Alltag von Bürgerinnen und Bürgern hervorheben würde. Das erwecke den Eindruck von „Gewaltopfern erster und zweiter Klasse“ und spalte die Gesellschaft. Prädikat: unangebracht. Der einzige Spalter ist mit diesen Aussagen eher Throm selbst.

Heute gratulieren wir herzlich:

Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und MdB, 47

Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter, 54

Morgen gratulieren wir herzlich:

Carolin Kebekus, Comedian, 44

Ralph Lenkert, Linken-Bundestagsabgeordneter, 57

Terry Reintke, Co-Fraktionsvorsitzender der Grünen im EU-Parlament, 37

Manuela Rottmann, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 52

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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