Die zweite Stufe beim Bürgergeld

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© The Pioneer

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Zum 1. Juli treten beim Bürgergeld zahlreiche Änderungen in Kraft. Arbeitsminister Hubertus Heil erklärt, wie sein Haus sich darauf vorbereitet.

  • Die CDU will im Grundsatzprogramm eine flat tax bei der Erbschaftsteuer vorschlagen, doch der Wirtschaftsflügel sorgt sich um Betriebsvermögen.

  • FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner will am 5. Juli den Haushalt 2024 vorlegen – einen Tag später ist er bei uns auf der Pioneer One.

  • Kann die Türkei nicht ohne Erdoğan? Der türkische Präsident gewinnt erneut die Wahlen und Botschafter a.D. Martin Erdmann analysiert, was das für den Westen bedeutet.

  • Die Pioneer-Chefökonomen Lars Feld und Justus Haucap sehen einen Industriestrompreis kritisch.

Die zweite Stufe beim Bürgergeld

Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales. © imago

Seit fünf Monaten gibt es das neue Bürgergeld. Viel hat sich dadurch noch nicht geändert.

Zum 1. Juli startet nun die zweite Stufe.

Zahlreiche entscheidende Regelungen treten erst dann in Kraft.

Betroffen sind Millionen Menschen. Das Bürgergeld steht vor dem großen Praxistest. Die Frage ist, ob es mit mehr Fördern und weniger Fordern gelingt, mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen als zu Zeiten von Hartz IV.

Die Vorbereitungen in Ministerien und Behörden für die anstehenden Änderungen laufen auf Hochtouren, wie unser Kollege Rasmus Buchsteiner erfahren hat.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte ihm:

Es geht darum, Menschen, die in Not geraten sind, verlässlich zu unterstützen. Es geht um weniger Bürokratie. Aber vor allem geht es darum, Menschen durch Qualifikation das Nachholen eines Berufsabschlusses zu ermöglichen und neue Wege in dauerhafte Beschäftigung zu öffnen.

Schätzungsweise ein Drittel der Mitarbeiter der mehr als 400 Jobcenter in Deutschland müssen geschult werden. Ein Vordruck für die Kooperationspläne, die Langzeitarbeitslose und Amt abschließen sollen, wird gerade abgestimmt.

Spätestens Ende nächster Woche soll das Bundesarbeitsministerium grünes Licht für die letzte Fassung gegeben haben.

Millionen dieser rechtlich am Ende unverbindlichen Vereinbarungen müssen in der zweiten Jahreshälfte getroffen werden.

Arbeitsminister Heil sagt:

Der neue Kooperationsplan macht Schluss mit komplizierten Formulierungen und seitenlangen Rechtsfolgenbelehrungen. Stattdessen konzentriert er sich auf die Punkte, die wichtig für die Integration in den Arbeitsmarkt sind, und hält diese in verständlicher Sprache fest.

Beide Seiten – Jobcenter und Menschen, die Bürgergeld beziehen – wüssten, woran sie sind und was die nächsten Schritte sind, so Heil weiter.

Bei den Neuerungen, die jetzt kommen, geht es nicht nur um die Kooperationspläne.

Neu sind Boni für Weiterbildung, Unterstützung durch Coaching und die Regelungen zu Freibeträgen.

Das Unterstützen rückt in den Vordergrund, Sanktionen sind zwar noch möglich. In der Praxis dürfte ihre Bedeutung jedoch eher ab- als zunehmen.

Jobcenter © imago

Die spürbarste Veränderung bei der Einführung des Bürgergelds zu Jahresbeginn war die Anpassung der Regelsätze. Statt 449 Euro erhalten Alleinstehende nun 502 Euro, die Wohnkosten übernimmt wie bisher das Amt.

Interessant: Anders als vielfach angenommen hat es den großen Run auf das Bürgergeld nicht gegeben. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsbeziehenden, wie es im Behördenjargon heißt, ist nahezu konstant geblieben. Im April lag sie bei 3,91 Millionen.

Lesen Sie hier im Detail, was sich mit der zweiten Stufe des Bürgergeldes alles ändert.

Bürgergeld 2.0 - was sich jetzt noch ändert

Das System wurde zu Jahresbeginn gestartet. Die wichtigsten Neuerungen kommen aber erst jetzt. Von Rasmus Buchsteiner.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Erben: CDU-Wirtschaftsflügel warnt vor Substanzsteuer

Die Vorsitzende der Mittelstandsunion, Gitta Connemann, pocht bei den Plänen zur Reform der Erbschaftsteuer auf Schonung des Betriebsvermögens.

„Betriebe werden dauerhaft nur investieren, wenn eine Aussicht auf Vermögensbildung besteht. Marktwirtschaft funktioniert nur mit Eigentumsschutz. Substanzsteuern jeder Art sind ein Angriff auf das Eigentum. Sie schaden Betrieben, dem Standort und damit der Gesellschaft“, sagte Connemann.

Gitta Connemann © dpa

Damit reagiert die CDU-Wirtschaftspolitikerin auf die Debatte über eine flat tax bei der Erbschaftsteuer, die im neuen CDU-Grundsatzprogramm verankert werden soll.

Details sind allerdings noch offen.

„Das ist für uns das A und O: Die Substanz der Betriebe darf nicht angegriffen werden. Betriebe müssen ohne Substanzverlust vererbt werden können“, sagte Connemann.

Die CDU will im Grundsatzprogramm eine umfassende Steuerreform vorschlagen, die Eckpfeiler wurden bei einer Klausurtagung am Comer See verabredet.

Zusätzlich zur steuerlichen Entlastung der Mittelschicht und der Abschaffung des Soli soll es eine Reform der Erbschaftsteuern geben.

Ein „niedriger, einheitlicher Steuersatz“ für vererbte Vermögen ist geplant, der könnte aber im Zweifel auch bei Firmen zu höheren Steuern führen, viele Ausnahmen sollen entfallen.

Im Sozialflügel wird eine höhere Besteuerung von Erbschaften begrüßt, es gehe um leistungslose Einkommen.

Im Wirtschaftsflügel ist die Sorge groß, dass Firmen nicht vererbt werden, weil es sich für den oder die Nachfolger nicht lohnt, da die Steuer den Gewinn auffrisst.

Heizgesetz: Union warnt Ampel vor Hauruck-Verfahren im Parlament

Heizungsgesetz © The Pioneer

Die Union stellt sich gegen die Verabschiedung des geplanten Heizgesetzes im Hauruck-Verfahren.

„Es ist nicht erkennbar, dass bis zur Sommerpause ein seriöses und inhaltlich angemessenes parlamentarisches Verfahren gewährleistet werden kann“, heißt es in einem Schreiben der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU) und Stefan Müller (CSU).

Der Brief, der an Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Koalitionsfraktionen gerichtet ist, liegt unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vor.

Wörtlich heißt es darin:

Selbst wenn Sie das Gesetzgebungsverfahren im Eiltempo im Bundestag bis Anfang Juli zum Abschluss bringen, wird eine fristgerechte Befassung des Bundesrates am 7. Juli 2023 nicht mehr möglich sein.

Die Union wolle einen Stopp der Heizungspläne und eine Wärmewende, die „technologieoffen sowie sozial verträglich neu starten muss“.

Der Kanzler dränge jedoch zur Eile.

Frei und Müller verlangen „angemessene Beratungsverfahren“. Die Koalition müsse „valide Zeitpläne für alle Gesetzgebungsvorhaben“ vorlegen, die noch vor der Sommerpause in Bundestag und – mit Fristverkürzung – im Bundesrat beschlossen werden sollen.

Umweltminister wollen mehr Geld für Naturschutz

Die Umweltministerinnen und -minister der Länder wollen vom Bund mehr Geld für die Umsetzung der Biodiversitäts- und Naturschutzziele.

Im Dezember 2022 hatte sich die Weltnaturschutzkonferenz zu dem Ziel bekannt, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.

Für das dicht besiedelte Deutschland bedeute das enorme „Herausforderungen“, heißt es in einem Beschluss der Länderminister. Man halte daher „kurzfristige und ambitionierte Maßnahmen gegen das globale Artensterben für dringend geboten“.

Der Bund wird gebeten, die Länder frühzeitig einzubinden und ein eigenständiges Finanzierungsinstrument zu entwickeln.

„Dazu sind entsprechende zusätzliche Mittel auf nationaler und europäischer Ebene bereitzustellen“, heißt es in dem Beschluss. Die Nutzung bestehender EU-Fonds werde bei Weitem nicht ausreichen.

Vor der Umweltministerkonferenz im Herbst soll das Bundesumweltministerium Vorschläge vorlegen.

Bund spart wegen EU-Deal zu Corona-Impfstoffen

Impfstoff-Produktion bei Biontech © picture alliance/dpa | Boris Roessler

Die Einigung der EU-Kommission mit Biontech/Pfizer auf eine Änderung der Lieferverträge für Corona-Impfstoff entlastet den Bund um 500 Millionen Euro.

Das geht aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt.

Die Kommission hat mit den Herstellern vereinbart, die Abnahmemengen zu reduzieren und die Lieferungen zu strecken.

Laut Bericht wird die deutsche Zahlungsverpflichtung gegenüber Biontech/Pfizer von 2,1 Milliarden Euro daher um 0,5 Milliarden Euro gesenkt. Durch die Reduzierung der Mengen um die Hälfte sowie deren Streckung über drei Jahre können zudem auch Entsorgungskosten eingespart werden.

In diesem Jahr fallen die Ausgaben für Corona-Impfstoffe nach Angaben des Ministeriums um insgesamt 1,2 Milliarden Euro geringer aus.

Feld und Haucap sehen Industriestrompreis skeptisch

Die Pioneer-Chefökonomen Lars Feld und Justus Haucap haben sich in der neuen Folge ihres Ökonomie-Podcasts skeptisch gegenüber der Einführung eines Industriestrompreises geäußert.

„Ich hoffe doch sehr darauf, dass es in der Koalition genügend Kräfte sind, um diese unsinnige Maßnahme zu verhindern“, sagte Feld, der 10 Jahre lang dem Rat der Wirtschaftsweisen angehörte und als ehrenamtlicher Berater von Bundesfinanzminister Christian Lindner tätig ist.

Weiter erkläre er:

Wir konterkarieren das, was eigentlich in der Klimapolitik nötig ist. Und vor dem Hintergrund sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, auch nur einen Cent aus dem Haushalt zu mobilisieren.

Prof. Lars Feld  © imago

Er frage sich, welches politische Verständnis dahinter stecke, „wenn die Industrie mit ihrem Lobbying so weit kommt, dass wir hier die Marktkräfte aushebeln“.

Der Düsseldorfer Ökonom Justus Haucap zeigte zwar grundsätzlich Verständnis für das Anliegen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Produktionskosten in Deutschland im Blick zu behalten, fügte jedoch an:

Das alleine über den Industriestrompreis abzuwickeln, der dann ja auch finanziert werden muss, das ist ein nicht ganz ungefährliches Spiel.

Justus Haucap © Uni Düsseldorf

Außerdem diskutieren die beiden Ökonomen in der aktuellen Folge über die revidierten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt und den Streit der Bundesregierung über das Heizungsgesetz.

Hier geht es zum Podcast.

Mordhorst soll für die FDP in den Warburg-Ausschuss

Maximilian Mordhorst © imago

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Maximilian Mordhorst aus Schleswig-Holstein soll seine Fraktion als Obmann in dem Bundestags-Untersuchungsausschuss vertreten, der zur Aufklärung der Steueraffäre um die Warburg Bank eingerichtet werden soll. Das wurde uns in Fraktionskreisen bestätigt.

Unklar ist derzeit neben der Größe des Gremiums auch noch der genaue Untersuchungsauftrag. Über die Details verhandeln gerade die zuständigen Berichterstatter im Geschäftsordnungsausschuss.

Die Ampel-Koalition hatte nach Vorlage erster Entwürfe durch die Union verfassungsrechtliche Zweifel geltend gemacht.

Der Bundeshaushalt 2024 soll am 5. Juli im Bundeskabinett beschlossen werden. Darauf haben sich die Spitzen der Koalition als Ziel geeinigt, erfuhren wir aus Regierungskreisen.

Das Volumen des Haushalts soll bei den ursprünglich geplanten rund 425 Milliarden Euro liegen. Um die Schuldenbremse erstmals nach zwei Jahren wieder einzuhalten, darf der Bund nur rund 13 bis 16 Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen – je nachdem, wie sich die Wirtschaft entwickelt.

Die Etats dürften außer dem Ressort von SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius keine nennenswerten Steigerungen erfahren.

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Auf - Kai Wegner. Der neue CDU-Bürgermeister in Berlin will dem munteren Treiben der Drogendealer in den Parkanlagen der Hauptstadt nicht länger zusehen und kündigt ein härteres Vorgehen an. Auch sollen die Parks sauberer werden. Für die Initiative wird er von Linken und Grünen angefeindet. Dabei ist ein solches Vorgehen doch nur vernünftig. Aufsteiger!

Ab - Klara Geywitz. Die SPD-Bauministerin muss diese Woche die Nachricht verkraften, dass im Vorjahr deutlich weniger als 300.000 neue Wohnungen gebaut wurden. Die Investitionen der Bauwirtschaft stagnieren, die Wohnungsnot in den Großstädten ist alarmierend, doch die SPD-Frau konnte trotz zahlreicher Initiativen im ersten Jahr der Ampel noch keine Kehrtwende hinkriegen.

Wo wird im Bundestag bereits ChatGPT eingesetzt? Diese Frage stellte sich SZ-Volontärin Nadja Tausche und fand überraschende Antworten. Für ihre Reportage sprach sie unter anderem mit dem FDP-Abgeordneten Maximilian Funke-Kaiser, der sich von der Künstlichen Intelligenz Pressemitteilungen zusammenfassen und in LinkedIn-Posts umwandeln lässt, sowie mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Jens Brandenburg (FDP), der das Programm bereits eine Kleine Anfrage der Linksfraktion beantworten ließ. Spannend!

RND-Redakteur Can Merey fordert in seinem Kommentar mehr Mitbestimmungsrechte für in Deutschland lebende Türken. Dass sie in noch größerer Anzahl als in ihrer Heimat für Recep Tayyip Erdoğan votierten, sei auch ein Protest „gegen eine Ausgrenzung in Deutschland“. Da die meisten Deutschtürken keinen Doppelpass hätten, wäre eine Teilhabe bei Kommunalwahlen für den Autor „ein Schritt, dieser Ausgrenzung entgegenzuwirken“. Die nun wieder aufkommende Diskussion um einen EU-Beitritt der Türkei bezeichnet Merey als „populistische Phantomdebatte“, da die Verhandlungen ohnehin auf Eis lägen. Er warnt: „Ein Stopp der Verhandlungen wäre auch ein Schlag gegen weite Teile der Opposition, zu deren zentralen Zielen es gehört, die Türkei wieder stärker an Europa anzubinden.“ Lesenswert!

Recep Tayyip Erdoğan hat die Präsidentschaftswahl gewonnen und das System Erdoğan in der Türkei damit für mindestens fünf weitere Jahre verfestigt.

Was das Wahlergebnis für die EU und die Nato bedeutet, erklärt der ehemalige deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, in einem Gastbeitrag für The Pioneer.

Das Erdoğan-Dilemma - wie weiter mit der Türkei?

Ein Gastbeitrag des ehemaligen deutschen Botschafters in der Türkei, Martin Erdmann.

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Veröffentlicht in The Pioneer Expert von Martin Erdmann.

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Die Ampel auf dem Weg zur Gurkentruppe

Wie das Heizungs-Gesetz SPD, FDP und Grüne in eine massive Koalitionskrise stürzt

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Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Michael Bröcker Gordon Repinski .

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Hauptstadt – Das Briefing

Heute gratulieren wir herzlich:

Anke Erdmann, Grünen-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein, 51

Heribert Faßbender, Sportjournalist, 82

Jürgen Hardt, CDU-Bundestagsabgeordneter, 60

Katharina Slanina, Linken-Landesvorsitzende in Brandenburg, 46

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Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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