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Unsere Themen heute:
Grundsicherung, Kinderbonus, Steuervergünstigung, Eurodrohne - und ein Gedichtband von Heinrich Heine: Das passierte beim Koalitionsausschuss.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), zuständig auch für die digitale Infrastruktur, will eine Funkloch-Landkarte. Wir wissen, was sich hinter der Idee verbirgt.
16 der 19 Euro-Staaten reißen die Maastricht-Kriterien. Die Pandemie treibt die Schulden - und laut einem Bundestagsbericht ist vorerst keine Linderung in Sicht.
Die groß(zügig)e Koalition
Es war der erste Koalitionsausschuss des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet, und der Neue hatte ein Einstiegsgeschenk mitgebracht. Er verteilte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gipfels zu Beginn einen Gedichtband von Heinrich Heine.
Das Präsent wirkte. Als "außerordentlich freundlich" und "sehr konstruktiv". beschrieben Koalitionäre die Atmosphäre im Gespräch mit uns im Anschluss.
Die sonst oft konkurrierenden Laschet und Markus Söder (CSU) traten kumpelhaft auf. Selbst Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus verzichtete auf Sticheleien - es war so auffällig, dass Söder Brinkhaus bei einer Debatte gar scherzhaft als "altersmilde" bezeichnete.
Diesen Gedichtband von Heinrich Heine verteilte Armin Laschet zu Beginn. © ThePioneerDas sind die Ergebnisse des Koalitionsausschusses:
Gemeinschaftsprogramm Eurodrohne: Das multinationale Projekt kommt, die Verträge können im März unterzeichnet werden. Die SPD hat darauf bestanden, dass betont wird, dass der Industrievertrag keine Bewaffnung umfasst.
Steuerlicher Verlustrücktrag: Der geltende steuerliche Verlustrücktrag, also die steuermindernde Verrechnung von aktuellen Verlusten mit früheren Gewinnen, wird für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 10 Millionen Euro (beziehungsweise 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung) angehoben.
Corona-Zuschuss: Erwachsene Grundsicherungsempfänger erhalten eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 150 Euro.
Kinderbonus: Pro Kind wird ein einmaliger Kinderzuschuss von 150 Euro gezahlt.
Erleichterter Zugang zur Grundsicherung: Wird verlängert bis Ende des Jahres.
Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie: Weil die Gastronomie wegen des Lockdowns nicht von dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent profitieren kann, wird die Regelung bis zum 31.12.2021 verlängert.
Unterstützung für Kulturschaffende: Zur Unterstützung in der Coronakrise wird eine weitere Milliarde Euro für Kulturschaffende zur Verfügung gestellt.
Streitpunkt bleibt das Thema Lieferketten, das Gesetz, das multinationale Unternehmen zur strikten Beibehaltung der Menschenrechte entlang ihrer weltweiten Lieferkette verpflichtet.
Eine Fünferrunde (Angela Merkel, Olaf Scholz, Peter Altmaier, Hubertus Heil, Gerd Müller) hat sich für Freitag verabredet, um das Problem doch noch zu lösen.
Außenpolitik wurde nicht debattiert
Kein Thema war die Außenpolitik, obwohl dies im Vorfeld für möglich gehalten wurde. Heiko Maas nahm nicht am Koalitionsausschuss teil. Außenpolitische Themen stünden nicht auf der Tagesordnung, hieß es zur Begründung aus dem Auswärtigen Amt.
Dabei ist die Bundesregierung gerade in der Russland-Politik unter Druck. In der „Causa Nord Stream 2“ habe sich die Haltung der Bundesregierung nicht verändert, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch.
„Wir haben immer gesagt, dass Nord Stream 2 ein Unternehmen der Wirtschaft ist, das aber auch eine politische Komponente hat“, so Seibert.
1. Distanzunterricht: Bis zu 350 Euro vom Jobcenter für mobiles Endgerät
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat Kindern von Hartz-IV-Empfängern einmalig bis zu 350 Euro für Laptops oder Tablets in Aussicht gestellt, die für den Distanzunterricht während des Corona-Lockdowns benötigt werden.
Das geht aus einem Brief des SPD-Politikers an Bundestagsabgeordnete hervor, der uns vorliegt. Voraussetzung für die Förderung ist laut Heil, dass kein anderes Gerät bereitsteht, „insbesondere keines vonseiten der Schule“.
Hubertus Heil (SPD) © dpaDie Pandemie darf nicht dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler faktisch vom Unterricht ausgeschlossen sind und sich Armutsrisiken verfestigen“, heißt es in dem Schreiben.
Eltern müssten den Bedarf beim Jobcenter geltend machen, der im Regelfall bis zu 350 Euro betragen kann. Auch für den Kauf von Druckern kann es Unterstützung geben.
Aus der Opposition kommt der Vorwurf an den Minister, viel zu spät reagiert zu haben. „Im Schneckentempo regiert sich Hubertus Heil durch die Krise“, sagte uns Grünen-Sozialpolitiker Sven Lehmann. Die Grünen hätten bereits vor der Krise eine entsprechende „Mehrbedarfsregelung“ gefordert.
2. Scheuer will Funkloch-Landkarte
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will mit einer Karte zur Mobilfunk-Abdeckung in Deutschland einen besseren Netzausbau ermöglichen.
Das geht aus dem Entwurf einer „Mobilfunknetzvorausschauverordnung“ hervor, der uns vorliegt.
Verkehrsminister Andreas Scheuer an Bord der Pioneer One. © Anne HufnaglGeplant ist eine Darstellung der absehbaren Mobilfunknetzabdeckung - bezogen auf den Ausbau in den nächsten 24 Monaten. So soll deutlich werden, in welchen Gebieten in naher Zukunft Versorgungslücken geschlossen werden und wo sie noch bestehen bleiben dürften.
„Auf dieser Basis können behördliche Entscheidungen noch bedarfsorientierter (Förderung, Planung, Ausbau) getroffen werden“, heißt es.
Erstellt werden soll die Karte von der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) des Bundes. Sie soll Informationen über Standorte und Angaben zur künftigen Netzabdeckung regelmäßig bei den Betreibern abfragen.
3. Beschaffung des neuen Sturmgewehrs fraglich
Neue Unklarheit um die Beschaffung des Sturmgewehrs für die Bundeswehr - die auf einen Nachfolger für das G36 wartet. In einer Unterrichtung an den Haushaltsausschuss des Bundestags hatte das Verteidigungsministerium am Mittwoch den Abgeordneten eröffnet, dass im zweiten Quartal des Jahres die 25-Millionen-Vorlage zur Beschaffung der Sturmgewehre eingebracht werden und der Beschaffungsprozess starten soll.
Allerdings muss sich die Thüringer Firma Haenel noch immer mit Vorwürfen der Patentverletzung auseinandersetzen, die fraglich erscheinen lassen, ob das Unternehmen tatsächlich das neue Sturmgewehr liefern kann.
Bewaffnet mit dem Sturmgewehr G36: Ein Bundeswehr-Soldat steht in Mali in der Nähe des Militär-Stützpunktes in Gao. © dpaNach einer Beschwerde des Oberndorfer Konkurrenten Heckler & Koch hatte das Verteidigungsministerium im Oktober 2020 das Verfahren mit der Begründung gestoppt, dass eine Patentrechtsverletzung nicht auszuschließen sei. Aktuell wartet das Ministerium auf eine Stellungnahme von Haenel zu einem dazu angefertigten Gutachten.
Die Entscheidung des Ministeriums wird Mitte des Monats erwartet.
In Fachkreisen wird aktuell eine Lösung für möglich gehalten, mit der Haenel wieder aus dem Rennen wäre: Das Vergabeverfahren könnte aufgehoben werden. Im Verteidigungsausschuss wurde bereits gefragt, ob das aktuelle Gewehr G36 von Heckler & Koch behalten und erneuert werden könnte.
© ThePioneer16 der 19 Euro-Staaten reißen Maastricht-Kriterien
Die EU-Kommission erwartet eine lang anhaltende Verschuldung der Mitgliedsstaaten durch die Pandemie. Für 2020 wird eine Schuldenquote von fast 102 Prozent für den gesamten Euroraum prognostiziert. Das geht aus einem Bericht des EU-Büros im Bundestag an die Abgeordneten hervor.
Für Italien rechnet die EU-Kommission demnach mit einem Schuldenstand von knapp 160 Prozent des BIP für 2020. Damit liegt das Land an zweiter Stelle nach Griechenland (207 Prozent) und vor Portugal (135 Prozent).
Die Kommission erwartet, dass die Staatsverschuldung in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird und nur zwei Drittel der Mitgliedstaaten den Abbau der Staatsverschuldung innerhalb der nächsten zwei Jahre wieder aufnehmen können. Die EU-Kommission rechnet bis 2022 mit einer Staatsverschuldung in Griechenland und Italien von über 150 Prozent, in Portugal und Spanien über 120 Prozent und in Belgien, Zypern und Frankreich von über 100 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung.
Eine Überschreitung der durch den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschriebenen 60 Prozent-Grenze wird für weitere neun Staaten (Kroatien, Österreich, Slowenien, Ungarn, Finnland, Slowakei, Irland, die Niederlande sowie Deutschland) prognostiziert.
Am Freitag in einer Woche, am 12. Februar 2021, kommt der Bundesrat zu seiner 1.000. Sitzung zusammen: Die Festrede wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier halten. Es ist erst das zweite Mal, dass sich ein deutsches Staatsoberhaupt in der Länderkammer die Ehre gibt.
Vorangegangen war ein Termin mit Bundespräsident Joachim Gauck im November 2015. Der Steinmeier-Vorgänger schaute damals ebenfalls zu einem Jubiläum vorbei. Es ging um „25 Jahre - 16 Länder im Bundesrat“. Gauck appellierte an die Länder, „der Versuchung der Bequemlichkeit zu widerstehen und stattdessen stets um die beste Lösung zu ringen“.
© ThePioneerAuf - Vor fünf Jahren kam Tareq Alaows als Geflüchteter nach Deutschland, jetzt will der 31-jährige Syrer in den Bundestag. Die Grünen in Dinslaken und Oberhausen haben ihn zu ihrem Direktkandidaten gewählt. Alaows, der in Syrien Jura studierte und dort Menschenrechtsverletzungen dokumentierte, ist seit Längerem in der Flüchtlingshilfe aktiv. Nun will er nicht mehr nur Aktivist sein, sondern Politiker. „In der Migrations- und Integrationspolitik wird so vieles beschlossen, ohne dass die Betroffenen gefragt werden“, erzählte uns Alaows. „Ich will die Erfahrungen und Perspektiven Geflüchteter einbringen.“ Seine Kandidatur-Ankündigung auf Twitter wurde tausendfach geliked, auch von Spitzengrünen. Um kandidieren zu dürfen, hat Alaows den deutschen Pass beantragt. Er rechnet mit einem baldigen positiven Entscheid. Für so viel Ambition geht es bei uns bergauf.
Ab - Andreas Bovenschulte hatte beim Bund-Länder-Gipfel zu den Impfstoffen Anfang der Woche den undankbaren Auftrag, der Kanzlerin zum Schluss noch die Parteilinie der SPD mit auf den Weg zu geben. Nachdem sich die Kanzlerin geweigert hatte, die mickrigen Ergebnisse als strikten Fahrplan zu mehr Impfstoffen in der Öffentlichkeit zu präsentieren, bat sie der Bremer Bürgermeister laut Teilnehmern doch "wenigstens das Wort Impfplan" bei der Pressekonferenz zu sagen. Schmunzeln bei den Länderchefs. Die SPD hatte im Vorfeld mehrfach einen solchen Plan gefordert. Die Kanzlerin tat dem SPD-Mann den Gefallen und nannte den Impfplan, der eingebettet sei in die beschlossene Impfstrategie der Bundesregierung. Ein typischer Kanzlerinnen-Kompromiss, aber eher peinlich für den SPD-Mann aus dem Norden. Unser Absteiger!
Pflichtlektüre für politische Führungspersönlichkeiten. Handelsblatt-Autor Lazar Backovic hat die wichtigsten Management- und Führungstricks des scheidenden Amazon-CEO Jeff Bezos in diesem lesenswerten Artikel zusammenbringen. Hier geht's zum Text.
Für den neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet ist der Koalitionsausschuss nicht nur ein Termin zum Austarieren politischer Inhalte mit dem Regierungspartner. Es geht laut dem NZZ-Korrespondenten Christoph Prantner für den neuen Mann an der Spitze der CDU darum, zu zeigen, wer Koch und wer Kellner auf CDU-Seite der Koalition ist: Die Kanzlerin oder er? In den ersten Tagen habe Laschet seinen Machtanspruch deutlich gemacht, urteilt Prantner. Interessanter Blick von außen auf die CDU. Hier lesen!
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Marcus Faber, FDP-Bundestagsabgeordneter, 37
Katja Mast, SPD-Bundestagsabgeordnete, 50
Ernst Dieter Rossmann, SPD-Bundestagsabgeordneter, 70
Benjamin Seifert, Leiter des Berliner Büros, Deekeling Arndt/AMO, 37
Corinna Buschow, stellvertretende Vorsitzende der Bundespressekonferenz, 38
Neuer Sprecher für NRW-Innenminister Herbert Reul: Ab 1. März wechselt Patrick Rohmann, bisher Pressesprecher der Jungen Union, in selber Funktion zum NRW-Minister nach Düsseldorf. Dort ersetzt er Martin Beils, langjähriger Journalist bei der dpa und bei der Rheinischen Post, der künftig das neu geschaffene Referat Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums leiten soll.
© ThePioneerBei unserem abendlichen Primetime-Podcast Der 8. Tag denken Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur über den Tag hinaus und sagen, wo aus ihrer Sicht Deutschland neu gedacht werden sollte.
Unsere Gastgeberin Alev Doğan hat heute mit der SZ-Journalistin und Bestseller-Autorin Jagoda Marinić über die Demokratiefähigkeit gesprochen. Sehr empfehlenswert. Hören Sie hier rein!
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