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Unsere Themen heute:
Der Verbrenner soll jetzt doch auch nach 2035 zugelassen werden, wenn er CO2-frei betrieben werden kann. Olaf Scholz schaltete sich in den Streit ein. Im Umweltministerium weiß nur keiner, wie das im bestehenden EU-Recht gehen soll.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) wollen mehr Personal für Flughäfen und Gepäckabfertigung. Wir sagen, wie.
Die FDP treibt SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu Reformen im Gesundheitswesen – die Pandemie sei keine Ausrede für Nichtstun, heißt es.
Die Bundeswehr wollte so viele Hilfskräfte der deutschen Truppen in Afghanistan aus dem Land holen wie möglich, doch der Kontakt zu Hunderten ist abgebrochen.
Der Verbrenner-Streit geht in die Verlängerung
Der Streit trägt Züge des Absurden. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner gegen die grüne Umweltministerin Steffi Lemke.
Er versucht, mit einem Verbrennermotor auf sie einzudreschen. Sie wehrt sich – durchaus erfolgreich – mit einem Ladekabel für E-Autos.
Nun hat es am Montag in der Bundesregierung vorübergehend eine Einigung im Streit um das EU-Aus für Verbrennerautos ab 2035 gegeben. Kanzler Olaf Scholz hatte sich noch aus Elmau eingeschaltet, wie wir hören.
Am Montag trug Lemke den vermeintlichen Kompromiss in der Sitzung des EU-Umweltrates vor.
Danach werde die Kommission Vorschläge machen, wie „Fahrzeuge“ ab 2035 „allein mit CO2-neutralen Kraftstoffen“ und „außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte“ betrieben werden können. Auf dieser Grundlage hat Lemke den EU-Plänen zugestimmt.
Umweltministerin Lemke streitet sich beim Verbrenneraus mit Finanzminister Lindner und Verkehrsminister Wissing © The PioneerWas das bedeutet, darüber gibt es weiter Dissens.
Scholz hatte auf eine Journalistenfrage die Linie Lindners bekräftigt und gesagt, dass auch nach 2035 Pkw „mit CO2-neutralen Technologien, mit E-Fuels“ zugelassen werden dürfen. Von der FDP-Seite hören wir nun, dass der Kompromiss Verbrenner-Pkw einschließe. Alles andere wäre aus FDP-Sicht nicht zustimmungsfähig gewesen.
Aus dem Umweltministerium hören wir das glatte Gegenteil. „Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte“ gebe es nach geltendem EU-Recht nur Sonderfahrzeuge. Also Feuerwehrautos, Krankenwagen und Bagger.
Es bleibe dabei, der Flottengrenzwert, also die durchschnittliche CO2-Emission aller neu zugelassenen PKW eines Herstellers, muss ab 2035 Null betragen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass nur noch batterie-elektrisch betriebene Autos zulassungsfähig wären.
Diese Position unterstützt das BMUV seit Monaten, angeblich mit dem Segen der FDP- Ressorts.
Ein E-Auto an einer Ladestation. © dpaVor einer Woche Lindners Kehrtwende. Plötzlich forderte er, dass auch ab 2035 Pkw mit Verbrennermotoren zulassungsfähig bleiben sollen, wenn sie mit CO2-neutralen Tankstoffen betankt werden. Technologieoffenheit ist sein Ziel. Es müsse egal sein, wie die CO2-Reduktionsziele erreicht werden. Hauptsache, sie werden erreicht.
Das BMUV entgegnet, CO2-neutrale Kraftstoffe würden vor allem in der Luft-, der Schifffahrt und für Lkw gebraucht, für mehr reichten die Kapazitäten nicht.
Außerdem seien E-Fuels in der Entwicklung zu energieintensiv, E-Antriebe seien effizienter.
Der Streit ist also nicht beigelegt.
Die Opposition höhnt: „Der heutige Kompromiss ist eine Bankrotterklärung der deutschen Bundesregierung", sagte Thomas Bareiß, verkehrspolitischer Sprecher der Union.
„Er widerspiegelt die Uneinigkeit der Ampelkoalition und sorgt bei allen Betroffenen für maximale Verwirrung. Das Verbrenner-Verbot ist Beweis für eine Politik gegen Innovation und gegen Technologieoffenheit."
Auch in der Automobilindustrie sind die Reaktionen skeptisch. Man wisse nicht, was jetzt wirklich gelten soll, sagte uns ein ranghoher Vertreter der Industrie.
Chaos an den Flughäfen – Faeser nimmt Airlines in die Pflicht
Die Wartezeiten und Verspätungen an Deutschlands Flughäfen haben die Politik aufgeschreckt.
Das Bundesinnenministerium hat die Bundespolizei angewiesen, kurzfristig Personal zu akquirieren. „Die Bundespolizei hat jetzt weitere Dienstleister beauftragt, die bei der Luftsicherheitskontrolle kurzfristig einspringen werden", sagte uns ein Sprecher.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nehme aber auch Fluggesellschaften und -häfen in die Verantwortung, hieß es. Der Staat habe sie in der Corona-Zeit mit Milliarden gestützt, dennoch hätten es die Unternehmen versäumt, Personal zu halten.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD). © dpaDie Bundespolizei habe in der Pandemie sichergestellt, dass „wenigstens 85 Prozent des Personals" behalten werde und keine betriebsbedingten Kündigungen vorgenommen wurden, hieß es.
Im Verkehrsministerium heißt es, man müsse jetzt für Entlastung sorgen, etwa durch die Öffnung von Fast Lanes für alle Reisenden. Auch sollten die Airlines die Flugpläne entzerren und Belastungsspitzen vermeiden.
Die Regierung hat sich darauf verständigt, befristet 2.000 Gastarbeiter aus der Türkei zu holen, die insbesondere in der Gepäckabfertigung eingesetzt werden sollen.
Diese sollen, so hören wir in der Regierung, nicht als Leiharbeiter sondern befristet festangestellt werden.
Lange Warteschlangen am Düsseldorfer Flughafen © dpaEine Abschwächung der Sicherheitsstandards bei den Mitarbeitenden der Check-In-Schalter und damit eine schnellere Ausbildung der Kräfte lehnt Faeser ab.
„Auch die Hilfskräfte aus dem Ausland durchlaufen dieselbe strenge Zuverlässigkeitsüberprüfung wie alle anderen auch."
Bundeswehr: Kontakt zu hunderten Ortskräften abgerissen
Fast ein Jahr nach Machtübernahme der Taliban in Afghanistan warten hunderte Menschen, die für die Bundesregierung als Ortskräfte gearbeitet hatten, auf ihre Ausreise nach Deutschland. Das bestätigte uns das Einsatzführungskommando der Bundeswehr.
Nach Ende der Luftbrücke zur Evakuierung von Ortskräften und besonders gefährdeten Personen vom Kabuler Flughafen im August 2021 ist vielen demnach noch immer nicht die Flucht gelungen. „Es ist davon auszugehen, dass sich derzeit noch etwa 424 berechtigte ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan oder Nachbarstaaten befinden“, sagte uns ein Sprecher auf Nachfrage.
Insgesamt betreffe die fehlende Ausreise dabei 2.500 Familienangehörige, erfuhr unser Investigativreporter Christian Schweppe. Zu circa 230 ehemaligen Ortskräften hat die Bundeswehr derzeit gar keine Verbindung mehr – ihr Verbleib ist unklar.
Von der Bundeswehr hieß es, es bleibe weiter „erklärtes Ziel, prinzipiell allen anerkannten ehemaligen Ortskräften der Bundeswehr in Afghanistan eine Einreise zu ermöglichen". Seit Mitte Mai 2021 seien mindestens 756 Ortskräfte der Truppe übergesiedelt.
Weil das in noch mehr Fällen nicht genehmigt wurde, beginnt im Bundestag bald ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit. Für die FDP-Fraktion wird Ann-Veruschka Jurisch dort vertreten sein. Sie sagt: „Es wird Zeit, das chaotische Einsatzende aufzuarbeiten. Das liegt in unserer Verantwortung, immerhin hat der Bundestag die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt.“ Auch sei zu klären, was man für künftige Einsätze lernen könne.
Agnieszka Brugger (Grüne), kritisierte im Parlament zuletzt offen das Handeln der Großen Koalition im vergangenen Sommer: „Da gab es Fehler und schlimme Versäumnisse."
Lauterbachs Kassen-Pläne: FDP sieht mehr Reformbedarf
Die FDP sieht die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), mit denen die Finanzlücke von 17 Milliarden Euro im kommenden Jahr geschlossen werden soll, zwar als Schritt in „die richtige Richtung“, sieht aber weiteren Handlungsbedarf.
Andrew Ullmann © Imago„Wir sind als Ampel-Koalition mit dem Ziel gestartet, eine neue Gesundheitspolitik zu gestalten“, sagte uns Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag. „In den vergangenen Jahren gab es keine grundsätzliche Strukturreform im Gesundheitswesen.“ Die letzte grundlegende Reform stamme aus dem Jahr 2011: „Und das ist nun einmal eine Weile her.“
Ullmann sagte, Lauterbach habe vor der schwierigen Aufgabe gestanden, „verantwortungsvoll die Finanzen der Krankenkassen zu stabilisieren, ohne Leistungen zu kürzen und alles durch Steuerzuschüsse zu refinanzieren“. Nun müssten die Vorschläge sorgsam geprüft werden.
Grüne rudern bei Gastronomie-Steuer zurück
Die Grünen haben nun doch Bedenken gegen eine Verlängerung der Reduzierung der Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie. So schrieb der Finanzreferent der Fraktion im Namen der Grünen-Verhandlungsführerin Katharina Beck, dass die Verlängerung entgegen der Aussagen der Parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) nicht geeint sei. Das Schreiben liegt uns vor.
Vielmehr prüfe man derzeit die Formulierungshilfe, schrieb der Fraktionsreferent an Staatssekretärin Hessel, und werde „unsere Einschätzung nach erfolgter interner Abstimmung gern mitteilen".
Insofern stimme man der Formulierung nicht zu und bitte darum "von einer weitergehenden Versendung abzusehen".
Aktuell ist die Mehrwertsteuer in der Gastronomie bis Ende des Jahres auf Speisen reduziert auf 7 Prozent. Dies soll nun verlängert werden, allerdings vor allem auf Wunsch von SPD und FDP.
Kandidiert im Wahlkreis Hamburg-Nord und auf Platz eins der dortigen grünen Landesliste: Katharina Beck. © dpaPatrick Broniewski, Senior Editor bei der Agentur Storymachine, wechselt zur österreichischen Politik-Agentur Campaigning Bureau.
Der CDU-Kommunikationsexperte war Sprecher der Jungen Union und von 2017 bis 2021 Referent im Bereich Kampagne und Marketing in der CDU Parteizentrale.
Patrick Broniewski. © privat
Die Agentur aus Österreich hatte zuletzt die Digitalkampagne von NRW-Spitzenkandidat Hendrik Wüst verantwortet und war zuvor unter anderem für Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer tätig.
Dany Schrader, bisher Leiterin des Newsrooms und Mitglied der Chefredaktion beim Redaktionsnetzwerk Deutschland, wird neue Chefredakteurin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Sie folgt auf Hendrik Brandt, der die HAZ elf Jahre geleitet hat. Brandt kümmert sich fortan um Sonderprojekte.
Die Journalistin Dany Schrader wird Chefredakteurin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung © dpaAn diesem Mittwoch tagt im Verkehrsministerium erstmals die so genannte Beschleunigungskommission Schiene, die schnell wirkende Maßnahmen für einen Ausbau des Bahnnetzes erarbeiten soll.
Geleitet wird das Gremium vom Schienenbeauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP). Die Regierung ist außerdem vertreten mit Verkehrsstaatssekretärin Susanne Henkel und Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Für die Regierungsfraktionen sind die Abgeordneten Matthias Gastel (Grüne), Christian Schreider (SPD) und Valentin Abel (FDP) vertreten.
Für die Bahn sitzen Finanzvorstand Levin Holle, DB-Netz-Vorstand Jens Bergmann und DB-Regio-Chef Jörg Sandvoß mit am Tisch.
Mit von der Partie ist auch Gerald Hörster, der Präsident des Eisenbahn-Bundesamtes. Aus der Verbändeszene stoßen unter anderem Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Bauindustrie und Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene dazu.
Schon wieder kann Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hohen Besuch in seinem Freistaat begrüßen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht am Dienstag, den 5. Juli, mit rund 150 in Deutschland tätigen ausländischen Botschafterinnen und Botschaftern sowie hochrangigen Vertretern internationaler Organisationen die Städte Nürnberg, Erlangen und Bamberg.
Seit 1996 richten die Bundespräsidenten einmal pro Jahr eine Informations- und Begegnungsreise mit den Missionschefs des Diplomatischen Korps und der internationalen Organisationen in einem der 16 Bundesländer aus.
Auf - Hendrik Wüst. Einst als konservativer Hardliner bei den Grünen verhasst, führt der CDU-Politiker aus Rhede ab heute die erste schwarz-grüne Regierung in NRW an. Moderat im Ton, ökologisch modernisiert und als Landesvater erprobt, hat Wüst mit der Wahl zum ersten Ministerpräsidenten einer CDU/Grünen-Regierung in NRW den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Aufsteiger!
Ab - Felix Klein. 2.738 antisemitische Vorfälle wurden laut des neuen Rias-Berichts 2021 erfasst. Auch die Vorfälle auf der documenta, wo ein offensichtlich antisemitisches Bild ausgestellt wurde, zeigen, wie der Antisemitismus noch immer und zunehmender präsent ist. Der Antisemitismus-Beauftragte Klein reagiert mit Forderungen – doch womöglich muss auch er aktiver werden.
„Die Ära des Vertrauens auf die Geltung einer regelbasierten, wertegestützten und normgetriebenen Weltordnung ist zu Ende“, schreibt Prof. Dr. Herfried Münkler, emeritierter Politikprofessor an der Humboldt Universität zu Berlin, in einem Beitrag für den blog politische ökonomie. Normativ aufgeladene Ordnungen, wie etwa auch die europäische Friedensverordnung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, seien hochgradig verwundbar, und sobald es einen notorischen Regelbrecher und Werteverächter gebe, der nicht aus dem Spiel genommen werden könne, seien sie gescheitert. Warum die Europäer die Juniorpartner der USA und die Russen die der Chinesen sein werden, lesen Sie in dieser scharfen Analyse.
Anna Sauerbrey, außenpolitische Korrespondentin bei Zeit Online, blickt auf den G7-Gipfel zurück: „Die großen Aufgaben erzeugen Zielkonflikte, die dieser Gipfel nicht auflösen konnte.“ So sei das Ergebnis stark für die Ukraine, aber schwach beim Klimaschutz. Ihr Fazit: „Übersetzt man das Gipfelpapier dazu aus dem Diplomatischen ins Deutsche, so lautet es allerdings eher: "Prima Idee, aber nein danke."
„Während Olaf Scholz die Bundesrepublik in Elmau als Weltmacht inszeniert, müssen die Bürger dieses Landes an vielen Stellen Staatsversagen erdulden“, kommentiert Welt-Autorin Franziska Zimmerer. Zugfahren sei in diesen Tagen zu einem Mix aus Wettkampf und Glückssache geworden, nur die Preise seien verlässlich höher als die Temperaturen: „Das, was die Punker auf Sylt nicht hinbekommen haben, veranstaltet jetzt die Deutsche Bahn: Anarchie pur.“ Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Fritz Kuhn, ehem. Grünen-Bundes- und Fraktionsvorsitzender im Bundestag, 67
Kristine Lütke, FDP-Bundestagsabgeordnete, 40
Ursula Nonnemacher (B90/Die Grünen), brandenburgische Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, 65
Dieter Althaus (CDU), ehemaliger Ministerpräsident Thüringen, 64
Dieter Stier, CDU-Bundestagsabgeordneter, 58
Die Außenministerin zu der Situation in der spanischen Exklave Melilla, wo am Freitag 2.000 Menschen versucht haben, den Grenzzaun zu überwinden und Dutzende der Fliehenden starben.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre