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Unsere Themen heute:
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel haben den Weg zur Frauenquote für ihre Partei geebnet. Die Kandidaten um den Vorsitz müssen reagieren. Für Friedrich Merz ergibt sich eine unverhoffte Chance.
Wegen der verschärften Sanktionen gegen Raser gibt es neuen Ärger. Zahlen des Verkehrsministeriums lassen den Schluss zu, dass sich die Zahl der Fahrverbote verdreifachen könnte.
Im Willy-Brandt-Haus muss SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil eine zentrale Position neu besetzen.
Die konservative Versuchung
Am Mittwoch war Friedrich Merz nicht zu erreichen. Er wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob der eingeschlagene Weg seiner CDU in Sachen Frauenquote der richtige ist. Merz schweigt - für den Moment. Aber was er von der Quote hält, hatte er erst im März unmissverständlich klar gemacht. "Eine verpflichtende Parität halte ich rechtlich für fragwürdig, denn das wäre dann eben nicht nur eine Bevorzugung der Frauen, sondern auch eine Diskriminierung der Männer", sagte er damals Focus Online.
Seine Meinung zu der Frage habe sich nicht geändert, heißt es jetzt uns gegenüber von denen, die es wissen müssen. Aber Merz denkt nach, wägt ab. Macht es Sinn, jetzt in diesen Kulturkampf zu ziehen? Oder nicht? Oder noch nicht?
Die Skepsis bei Mittelstand und JU ist spürbar
Am Montag bekam der ehemalige CDU-Fraktionschef den ersten Entwurf über den Quotenbeschluss zu sehen, telefonierte dann mit mehreren Vertrauten. Ob er sich öffentlich äußern würde, blieb offen. Doch für Merz gilt in der Frage dem Vernehmen nach ein klares Prinzip: Vor der Einführung einer verpflichtenden 50-Prozent-Quote müssten erst einmal mehr Frauen Mitglieder der CDU werden - aktuell ist es gerade jedes vierte Mitglied.
Für Friedrich Merz ist die Debatte die große, konservative Versuchung des Sommers. Denn obwohl sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel mit einer gestaffelten Quote zunächst durchsetzen konnten - ab dem Jahr 2025 soll schließlich die Hälfte aller Ämter und Mandate von Frauen besetzt sein - ist die Skepsis bei den Mittelständlern, in der Jungen Union und manchem Landesverband zu spüren.
Die Frage um die Frauenquote könnte auch das Kandidatenrennen in der CDU beeinflussen © dpaFür Merz könnte es die Chance sein, den Boden zurückzugewinnen, den er in der Corona-Krise verloren hat. Erst im Dezember stehen die Wahlen zum Vorsitz an. Es ist noch eine lange Strecke zu gehen - für alle Bewerber.
Denn Merz' möglicher Vorteil in der Frage ist der Nachteil seiner beiden Konkurrenten Norbert Röttgen und Armin Laschet. Röttgen machte am Mittwoch bei einem Besuch auf der Pioneer One klar, er werde die Quote unterstützen, die Maßnahme werde aber womöglich nicht ausreichen, um Frauen nachhaltig zu fördern. Und Armin Laschet? Er unterstützt die Quote inhaltlich. Aber mit einer klaren Positionierung würde sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident womöglich nur angreifbar machen. Laschet ist momentan im Urlaub - und schweigt.
1. FDP: Mehr als eine Million Fahrverbote zusätzlich wegen neuer Raser-Vorschriften
Die FDP rechnet mit jährlich mehr als einer Million Fahrverbote zusätzlich, sollte es bei den verschärften Raser-Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung bleiben. Die Schätzung beruht auf Zahlen aus der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine FDP-Anfrage, die uns vorliegen.
Ende April waren verschärfte Vorschriften für Raser in Kraft getreten: Bei mindestens 21 Stundenkilometern zu viel innerorts oder 26 zu viel außerhalb geschlossener Ortschaften soll der Führerschein für einen Monat abgegeben werden müssen. Wegen eines Formfehlers in der Verordnung hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Länder aufgefordert, den alten Bußgeldkatalog anzuwenden. Der CSU-Politiker sagte, überzogene Fahrverbote müssten weg.
Scheuer muss jetzt schnell handeln
Laut Ministerium hat es 2019 rund 1,1 Millionen Verkehrsverstöße wegen überhöhter Geschwindigkeit gegeben - entweder mit 21 bis 30 Stundenkilometern zu viel innerhalb von Ortschaften oder mit 26 bis 40 Stundenkilometern zu viel außerhalb. Diese Verstöße würden nach der neuen Regelung zu Fahrverboten führen. Den Angaben zufolge hatte es knapp gut 416 000 einmonatige Fahrverbote gegeben.
„Den Daten der letzten Jahre folgend drohen jährlich über eine Millionen zusätzliche Fahrverbote“, sagte uns Oliver Luksic, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. „Diese Verdreifachung ist absolut unverhältnismäßig. Minister Scheuer muss jetzt schnell handeln und das verursachte Chaos beseitigen.“
2. Drei Prüflinge in NRW positiv auf Corona getestet
Wegen Corona hatten Schüler in mehreren deutschen Bundesländern Petitionen gegen die anstehenden Schulabschlussprüfungen gestartet. Sie hatten die Ansteckungsgefahr in den Klassenzimmern sowie die schlechten Vorbereitungsbedingungen beklagt. Die Petitionen blieben ohne Erfolg, die Abschlussprüfungen fanden in allen Bundesländern statt.
Jetzt stellt sich heraus: Das Risiko war überschaubar, die Schulöffnungen gerechtfertigt – zumindest in Nordrhein-Westfalen. Dort gab es bei 600.000 Abschlussprüfungen lediglich fünf Corona-Verdachtsfälle, davon wurden drei Schüler positiv auf das Virus getestet, wie uns aus dem Schulministerium berichtet wurde. Den drei Schülern geht es heute wieder gut. Aus Berlin und Niedersachsen lagen bis Redaktionsschluss keine Informationen vor. Auch in anderen Bundesländern waren die unter besonderen Hygiene- und Abstandsmaßnahmen durchgeführten Abschlussprüfungen offenbar gerechtfertigt. Die Länder gaben auf Anfrage bekannt, dass keiner der Prüflinge sich mit Corona infizierte.
Ausriss aus einer Statistik des Bundesverkehrsministeriums © ThePioneerDie Fahrgastzahlen in Bussen, Trams und Bahnen sind zuletzt deutlich zurückgegangen. Das geht aus einer Statistik des Bundesverkehrsministeriums hervor, die uns vorliegt. Den Effekt des Corona-Lockdowns geben diese Zahlen allerdings noch nicht voll wieder. Zwischen Januar und März 2020 wurden im Bahn-Fernverkehr 30,3 Millionen Fahrgäste gezählt. Im zweiten Quartal 2019 waren es noch 37,7 Millionen gewesen. Auch im Fernbus-Verkehr gingen die Fahrgastzahlen deutlich zurück - von 5,7 Millionen im zweiten Quartal 2019 auf knapp 3,3 Millionen in der ersten drei Monaten des laufenden Jahres.
Knapp 20 Jahre nach dem Beschluss des letzten und noch immer aktuellen Grundsatzprogramms im Jahr 2002 erarbeiten die Grünen bis Herbst 2020 eine Neufassung. Es soll die entscheidende Etappe auf dem Weg ins Wahljahr sein. Ende Juni hat die Parteispitze um Annalena Baerbock und Robert Habeck den ersten Entwurf vorgestellt. Seitdem können Parteimitglieder unter anderem in Webinaren an der Vorstellung der Inhalte teilnehmen. Bis Ende Juli können auch von Basismitgliedern noch Änderungswünsche eingereicht werden.
Planen ein Grundsatzprogramm: Die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock (r.) und Robert Habeck © dpaIm November bei der Bundesdelegiertenkonferenz in Karlsruhe soll das finale Programm beschlossen werden. Es wird dann auch die Grundlage für das Wahlprogramm der Grünen sein, das die Partei voraussichtlich im Juni des kommenden Jahres beim Nominierungsparteitag in Berlin beschließen wird. Spätestens im Vorfeld muss auch die Frage nach einer Kanzlerkandidatur entschieden sein. Die Grünen geben sich aktuell Mühe, sich nicht treiben zu lassen. Wahrscheinlich fällt die Vorentscheidung deshalb in der ersten Jahreshälfte 2021 - nachdem SPD und Union sich festgelegt haben.
© ThePioneerAuf - Das Bundeskabinett hat der Gleichstellungsstrategie von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) grünes Licht gegeben. Damit ist das Thema Geschlechtergerechtigkeit nicht mehr nur Sache ihres Ministeriums. Die Bundesregierung muss zukünftig bei allen Gesetzen und Förderprogrammen auf Chancengleichheit achten. 67 Maßnahmen umfasst die Strategie, die unter anderem eine Erhöhung des Frauenanteils in den Unternehmensvorständen und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorsieht. Einziger Haken: Missachten die Minister die Vorgaben, drohen keine Sanktionen. Trotzdem: die Ministerin nutzt geschickt auch das Ringen in der Union mit der Frauenquote für ihre Positionierung. Für Franziska Giffey geht es heute bergauf.
Ab - Georg Pazderski, der Landesvorsitzende der AfD in Berlin, verliert Rückhalt in der eigenen Fraktion. Neun der insgesamt 22 Fraktionsmitglieder erklärten in einem Brief, dass in der Fraktion ein Klima des Misstrauens und der Destruktivität herrsche, das jede sachliche Arbeit behindere. Pazderski weist alle Vorwürfe von sich. Doch der Schaden bleibt. Dafür geht es für den AfD-Politiker heute bergab.
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Krisen sind Momente für die Exekutive. So heißt es jedenfalls, und wenn man sich die Zustimmungswerte der Staats- und Regierungschefs weltweit anschaut, gilt das auch. Der Business Insider hat sich das genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass auch frühere US-Präsidenten regelmäßig hohe Zustimmungswerte hatten, etwa George W. Bush nach dem Terroranschlag 9/11 (90 Prozent), John F. Kennedy während der Kuba-Krise (74 Prozent) oder George H. W. Bush während des Kuwait-Einmarsches (89 Prozent). Nur Donald Trump nicht, sein Krisenmanagement ist verheerend. Seine Werte sind auf 49 Prozent Zustimmung geschrumpft. Spannende Analyse!
Dass es um die Digitalisierung in Deutschland nicht gut bestellt ist, sollte kein Geheimnis sein. Selbst mit dem Internet mag es in der Bundesrepublik immer noch nicht überall klappen. Bastian Benrath von der FAZ beleuchtet in seinem Artikel die Nischen des Digitalmarkts, an deren Spitze sich Deutschland noch setzen könnte – und gibt somit Hoffnung für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Wir gratulieren zum Geburtstag:
Tobias Zech, CDU-Bundestagsabgeordneter, 39
Stefan Gelbhaar, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 44
Thorsten Dörting, Blattmacher beim Spiegel, 46
Wechsel in der Büroleitung bei SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: Sein langjähriger Vertrauter Steffen Meyer wird zum dritten Mal Vater und will sich nach einer Elternpause neuen Aufgaben widmen. Eine Nachfolgerin für Meyer hat Klingbeil bereits gefunden: Die bisherige Stellvertreterin Wenke Kant wird im Sommer an die Spitze des Büros aufrücken.
© ThePioneerLinken-Politikerin Sahra Wagenknecht über die Corona-Sonderzahlung von 300 Euro für Post-Mitarbeiter.
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