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Unsere Themen heute:
Auf Bali beginnt heute der G20-Gipfel. Dabei geht es vor allem um Russland und Szenarien für das Kriegsende.
In der Union machen interne Umfragen die Führung nervös. Demnach sind die Kompetenzwerte gerade bei Kernthemen wie Familie und Wirtschaft gesunken.
Der Deutschlandtag der Jungen Union wird zum Schaulaufen der Promis - vor allem Hendrik Wüst und Friedrich Merz stehen im Fokus der Delegierten.
Immer häufiger kommt es in Deutschland zu Unfällen mit E-Scootern. Uns liegt dazu ein alarmierender Bericht aus dem Bundesverkehrsministerium vor.
Die Fußball-WM in Katar ist vor allem auf das Versagen der europäischen Fußballvertreter vor zwölf Jahren zurückzuführen. Ein Video-Kommentar.
G20-Gipfel: Die Russland-Frage
Als Olaf Scholz am späten Montagabend nach Ankunft in Bali vor die Mikrofone trat, verschärfte er seine Warnung an Russland noch einmal: Wladimir Putin müsse wissen, dass mit dem Einsatz von Atomwaffen eine „rote Linie überschritten wird“.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt in seinem Hotel auf Bali in Indonesien für den G20-Gipfel ein Pressestatement ab. Im Hintergrund Pioneer-Vizechefredakteur Gordon Repinski. © dpaDer G20-Gipfel beginnt an diesem Dienstag, doch statt die Klima- und Wirtschaftsfragen der Welt zu verhandeln, wird es in diesem Jahr um das Verhältnis der Welt zu Russland gehen. Mit aller Kraft versuchten die Sherpas bereits in den Vortagen des Gipfels, die Möglichkeiten für eine Abschlusserklärung auszuloten, die sich in der sicherheitspolitischen Frage möglichst klar gegen Russland wendet.
Die Bundesregierung versucht dabei, gerade China mit ins Boot zu holen, indem man sich auf die Ächtung des Einsatzes von Nuklearwaffen fokussiert. Wiederholt sprach der Kanzler das Thema deshalb auf seiner Reise durch Südostasien an, die wir begleiten.
Der Rückzug der russischen Armee aus Cherson gilt strategisch als Erfolg der Ukraine, jedoch auch als kritischer Punkt im Kriegsverlauf. Neben der weiteren Unterstützung der Ukraine müsste nun verhindert werden, dass sich Putin so an den Rand gedrängt fühlt, dass es für ihn keinen Ausweg mehr gibt.
Deswegen, so vernehmen wir, wirken die Bundesregierung und der Westen insgesamt auf die ukrainische Seite ein, damit diese jetzt nicht übermütige Angriffe vollzieht. Kanzler Scholz' Sicherheitsberater Jens Plötner hatte sich zuletzt eng mit seinem amerikanischen Counterpart Jake Sullivan darüber abgestimmt, wie die Optionen in der Auseinandersetzung gesehen werden.
Olaf Scholz mit Jens Plötner, außen- und sicherheitspolitischer Berater im Bundeskanzleramt © dpaEine denkbare Variante ohne Eskalation könnte ein eingefrorener Konflikt an einem bestimmten Punkt sein - den allerdings die Ukraine bestimmt. Bei einem teilweisen Rückzug Putins könnte dies unter Umständen auch bedeuten, dass er seine Position als Präsident aus Sicht der internationalen Gemeinschaft nicht verlieren müsse. Regime Change sei nie ein Ziel gewesen, das hören wir aus verschiedenen Quellen.
Putin selbst wird beim Gipfel auf Bali nicht anwesend sein, sein Außenminister Sergej Lawrow vertritt ihn. Den Gerüchten, dass er bereits am Montag wegen eines Herzproblems ins Krankenhaus eingeliefert worden sei, trat er mit einem Video aus seinem Hotel entgegen. In dem kritisiert er die Unaufrichtigkeit der westlichen Presse. Auf Lawrow schaut die deutsche Seite mit Spannung. Eine bilaterale diplomatische Begegnung mit ihm ist nicht geplant.
CDU: Schlechte Werte bei Familien und Wirtschaft
In einer internen Auswertung aktueller Umfragen, die von der Parteizentrale an den engen Führungskreis verschickt wurde, kommt die CDU besonders bei Familien mit Kindern und Frauen und in der Wirtschaftspolitik schlecht weg, wie aus CDU-Kreisen zu hören ist.
Demnach hat die CDU bei der sogenannten "Kompetenz-Kompetenz", also der allgemeinen Frage, welche Partei löst ein aktuelles Thema am besten, bei der Familienpolitik, beim Krisenmanagement, aber auch in der Wirtschaftspolitik und in der Außen- und Sicherheitspolitik weiter an Zustimmung verloren, im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 und auch zur letzten Bundestagswahl 2021.
Überraschend war, dass die Zustimmungswerte in Familien sinken, sobald Kinder da sind. Eine These im Adenauer-Haus ist, dass die laut Umfragen besonders ökologisch denkenden Kinder und Jugendlichen ihren Eltern von der CDU abraten.
Bei der Wirtschaftspolitik ging die Zustimmung von 47 Prozent auf 31 Prozent zurück. Dass die Parteien der Regierung bei dieser Frage häufiger genannt werden, ist nachvollziehbar, aber der Unterschied verwunderte die CDU-Granden dann doch.
Bei der Kriminalitätsbekämpfung gingen die Werte von 50 auf 35 Prozent zurück.
Konrad-Adenauer-Haus © ImagoBesorgniserregend ist, dass bei jenen, für die der Klimawandel ein besonders wichtiges Anliegen ist, viele glauben, der Klimawandel werde bei der Union geleugnet.
Bei einer Klausurtagung der Fachpolitiker für das neue Grundsatzprogramm waren die Umfragewerte vergangenen Freitag ebenfalls Thema.
Die CDU will mit mehreren Regionalkonferenzen und dem Einbezug von Experten im kommenden Jahr aus den 10 Fachthemen 20 Fragen definieren, über die die Mitglieder der CDU dann abstimmen sollen. Die Ergebnisse sollen in das Grundsatzprogramm einfließen.
COP27: Regierung ohne Zeitplan für den Global Shield
Die Bundesregierung hat für den am Montag gestarteten „Global Shield“, einem weltweiten Rettungsprogramm für die besonders unter dem Klimawandel leidenden Staaten, keinen Zeitplan vor Augen.
Das erfuhr unser Kollegen Thorsten Denkler auf der Klimakonferenz in Ägypten von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).
Schulze hatte am Montag als Vertreterin der G7 den Global Shield gegen Klimaschäden mit Vertretern von Ghana ausgerufen. Ghana führt derzeit die Gruppe der V20 an, wozu heute 58 besonders vom Klimawandel gefährdete arme Staaten gehören.
Svenja Schulze, SPD © Thorsten DenklerScholz hatte angekündigt, dem Programm 170 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Dazu kommen 20 Millionen Euro aus Frankreich, 10 Millionen aus Irland, 7 Millionen aus Kanada und 4,7 Millionen Euro aus Dänemark.
Aus der Zivilgesellschaft kommt Kritik. Teresa Anderson von der NGO ActionAid sagte uns: „Wir sind sehr besorgt, dass der Global Shield uns als das Ende der Geschichte präsentiert wird, als Grund, nicht mehr Geld zu geben“.
Schulze verteidigte das Programm. Das Thema loss and damages sei auch auf der Tagesordnung der COP27. „Aber wir müssen jetzt helfen, schnell helfen. Und das können wir mit dem Global Shield“, sagte sie uns. Zur Umsetzungsgeschwindigkeit sagte sie: „Das Geld ist da, der Rahmen ist da, wir können jetzt sehr schnell starten“.
Wie schnell genau, das hänge von den Partnerländern ab. „Da kann ich jetzt keinen genauen Zeitpunkt nennen.“ Ob es mehr um Monate oder Jahre gehe? „Das ist schwer zu sagen.“
Im Video beantwortet Schulze die Fragen live.
Denkfabrik R21 verteidigt Kongress zu "Wokeness"
Der Vorstand der Denkfabrik R21 hat den in der vergangenen Woche durchgeführten Kongress zu "Wokeness" als Gefahr für die liberale Demokratie verteidigt.
"Wenn der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil Kritiker der Regierungspolitik mit Donald Trump vergleicht und sie damit quasi zur Unperson machen will, belegt das, wie die Praxis der „woken Linken“ Schule macht", heißt es in einer Stellungnahme des Vorstands, zu dem der CDU-nahe Historiker Andreas Rödder, Familienministerin a.D. Kristina Schröder und der Unternehmer Harald Mosler gehören.
Anders Denkende moralisch zu diffamieren und auszugrenzen, sei das "typische, immer wieder praktizierte Vorgehen der ,woken Linken'", heißt es weiter.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie sehr die ,woke Linke' die Meinungsfreiheit (und andere Grundrechte) bedroht – dieser Debattenverlauf liefert ihn.
Auch in der CDU hatte es Kritik gegeben, dass die bürgerliche Denkfabrik einem Randthema zu viel Aufmerksamkeit verschafft.
"Wenn wir die Bedeutung von Wokeness für unsere Demokratie diskutieren, geht es nicht um Nebensächliches, sondern um Grundlegendes."
Prof. Dr. Andreas Rödder © imagoImmer mehr Unfälle mit E-Scootern in Deutschland
© ImagoDie Zahl der Unfälle mit E-Scootern, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden, hat sich zuletzt mehr als verdoppelt. Das geht aus dem neuen Unfallverhütungsbericht hervor, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Freitag dem Bundeskabinett präsentieren wird.
Unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner liegt das Dokument bereits vor.
2020 gab es demnach 2.155 Unfälle mit Personenschaden, an denen sogenannte Elektrokleinstfahrzeuge wie E-Scooter oder Segways beteiligt waren. Im vergangenen Jahr waren es bereits 5.535 Unfälle dieser Art.
In beiden Jahren wurden bei Unfällen mit Elektrokleinstfahrzeugen jeweils fünf Menschen getötet. Etwa jeder Dritte, der 2021 mit E-Scooter oder Segway verunglückte, war zwischen 21 und 29 Jahre alt.
Laut Bericht sind im vergangenen Jahr rund 2,3 Millionen Unfälle polizeilich registriert worden - 14 Prozent weniger als im Vor-Pandemie-Jahr 2019. Die Zahl der Verkehrstoten insgesamt sank im gleichen Zeitraum um 484 auf 2.562.
Bürgergeld: Vermittlungsausschuss soll am 23. November tagen
Der Bundesrat © ImagoDer Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wird sich am Mittwoch kommender Woche, 23. November 2022, mit dem Bürgergeld beschäftigen. Das wurde uns in Unionskreisen bestätigt.
Die Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten am Montag im Bundesrat keine Mehrheit erhalten. Die Bundesregierung rief daraufhin den Vermittlungsausschuss an.
Wie wir hören, soll bereits an diesem Mittwoch eine informelle Arbeitsgruppe mögliche Kompromisse ausloten. Daran werde auch der Bundesarbeitsminister beteiligt sein.
Für die Union sind unter anderem NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (beide CDU) mit von der Partie.
Intern pocht die Bundesagentur für Arbeit auf Klarheit bis Monatsende, um technisch sicherzustellen, dass die Regelsätze pünktlich Anfang Januar erhöht werden können.
Kommentar zur Katar-WM: Europa ist schuld!
An diesem Sonntag beginnt die Fußball-WM in Katar und die Kritik an dem autoritären Regime, das Frauenrechte missachtet und Homosexualität verbietet, ist groß.
Doch ein Boykott 12 Jahre nach der Vergabe ist wohlfeil, kommentiert einer der Autoren dieses Briefings. Denn es waren die europäische Politik und die europäischen Fußballverbände, die umkippten und den (finanziellen) Avancen der Scheichs nachgaben.
Parlamentarier meiden Fußball-WM
Verärgerung beim katarischen Botschafter in Deutschland, S. E. Herr Abdulla Mohammed Al Thani.
Im Gegensatz zu Vertretern des französischen und des spanischen Parlaments fahren aus dem Deutschen Bundestag bisher keine Abgeordneten zur Fußball-WM nach Katar.
Die Parlamentariergruppe „Arabischsprachige Staaten des Nahen und Mittleren Ostens“ des Bundestages schickt keine Mitglieder zur WM, einige Abgeordnete der Gruppe waren Ende Oktober zu Gast in Katar, um sich ein Bild von der politischen Situation zu machen, darunter waren der Vorsitzende der Gruppe, Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß, sowie die Abgeordneten Lamya Kaddor (Grüne) und Joe Weingarten (SPD).
Schaulaufen der CDU-Promis beim Deutschlandtag
Die wichtigsten CDU-Politiker sind an diesem Wochenende zu Gast beim Treffen der Jungen Union, dem sogenannten Deutschlandtag, in Fulda.
Die potenziellen Kanzlerkandidaten 2025, CDU-Chef Friedrich Merz, CSU-Chef Markus Söder und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, werden sprechen.
Merz und Söder reden am Sonntag, Wüst bereits am Freitag. Gewählt werden soll als neuer Vorsitzender der JU der bisherige NRW-Chef Johannes Winkel. Verabschiedet wird Tilman Kuban, der aus Altersgründen den Vorsitz des Jugendverbands abgibt.
Tilman Kuban und Johannes Winkel (v.l.): Der noch amtierende und der künftige JU-Chef. © dpaGroßes Thema wird der Krieg in der Ukraine sein. Zu Gast sind der neue Botschafter der Ukraine, Oleksij Makejew, zugeschaltet werden soll Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.
Auf - Giorgia Meloni. Die neu gewählte italienische Ministerpräsidentin ist unter den 20 wichtigsten Regierungschefs, die sich auf dem G20-Gipfel in Bali treffen, die einzige ChefIN. Lange Zeit waren Angela Merkel und manchmal auch Ursula von der Leyen die einzigen Frauen, die auf den Gruppenbildern solcher Gipfel für einen Funken weibliche Repräsentanz sorgten. Jetzt sind es immerhin wieder zwei. Aufsteigerin!
Ab - Diether Dehm. 2021 schied der ehemalige Unterstützer von Sahra Wagenknecht aus dem Bundestag aus, jetzt soll er auch aus seiner eigenen Partei ausgeschlossen werden. Parteichef Martin Schirdewan stellte sich am Montag hinter einen entsprechenden Antrag, der Dehm parteischädigendes Verhalten vorwirft. Damit nähert sich die nächste Zerreißprobe in der Partei - es geht bergab.
Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, und Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, sprechen sich in einem Zeit Gastbeitrag gegen weitere Strafverschärfungen für radikale Klimaaktivisten aus. "Das Strafrecht hält schon heute alle Instrumente bereit, um die Aktionen, wie die der Letzten Generation, einordnen, erfassen und beantworten zu können." Dass die Union dennoch einmal mehr pauschalen, weiteren Strafrechtsverschärfungen das Wort rede, sei ebenso erwartbar wie offenkundig populistisch. "Auch ist es extrem kurzsichtig und zeugt von einem erschreckenden Demokratie- und Rechtsverständnis." Welche Konsequenzen eine solche Maßnahme auch für Wähler der Union hätte, lesen Sie hier.
"Habeck trat in Singapur als Kämpfer für den Freihandel auf", kommentiert Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin im FAZ-Hauptstadtbüro. Das sei insofern bemerkenswert, weil seine Partei jahrelang irrationale Ängste vor amerikanischen Chlorhühnchen geschürt habe und selbst den Kanadiern am liebsten einen Korb gegeben hätte. "Offenbar ist aber auch bei den Grünen die Erkenntnis gereift, dass Deutschland von freiem Handel mehr zu gewinnen als zu verlieren hat – vor allem, wenn die Regierung zugleich eine kritischere Strategie gegenüber China verfolgt, und das zurecht." Warum die Versprechen aus Singapur trotzdem keine Selbstläufer seien, lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Aminata Touré, Ministerin für Soziales, Familie und Gleichstellung in Schleswig-Holstein, 30
Nicole Gohlke, Linken-Bundestagsabgeordnete, 47
Mareike Lotte Wulf, CDU-Bundestagsabgeordnete, 43
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker, 86
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre