Potsdamer Treffen

„Geheimtreffen“ sorgt für Protest an der CDU-Basis

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Guten Morgen,

unsere Themen heute:

  • Deutschland ist schlecht auf Krisen vorbereitet. Nur die Hälfte der Bundesländer hält für den Notfall Masken vor.

  • Innenministerin Nancy Faeser sagte im Oktober eine Veranstaltung ab. Wir wissen, was das den Steuerzahler kostet.

  • Die FDP stößt in der Ampel eine Diskussion um die Reform des Bürgergelds an.

  • Im Fertigbau droht eine Kostenexplosion für Unternehmen.

  • Für die Ukraine sind Munition und Ersatzteile gerade wichtiger als der Taurus.

  • Die Union kritisiert ein de facto Verbrenner-Aus bei LKWs durch die neue EU-Flottenregulierung.

Unmut an der CDU-Basis über Ausschlussverfahren

Die CDU-Spitze um Friedrich Merz fordert ein konsequentes Vorgehen gegen Parteimitglieder, die an dem Potsdamer Treffen teilnahmen, bei dem über die Abschiebung von nicht-assimilierten Staatsbürgern fabuliert wurde.

Doch an der CDU-Basis regt sich Unmut über zu viel Härte gegenüber den betroffenen Mitgliedern. Das erfuhr unser Kollege Jan Schroeder von Berliner und Brandenburger Mitgliedern der Partei.

In den Berliner CDU-Kreisvorständen in Potsdam und in Pankow/Prenzlauer Berg hat die Diskussion um geplante Parteiausschlussverfahren gegen zwei CDU-Mitglieder Protest hervorgerufen.

Zwar hat der Potsdamer CDU-Kreisvorstand am Montag für ein Parteiausschlussverfahren gegen Wilhelm Wilderink votiert, der an dem Treffen teilgenommen hatte. Dies sei aber erst nach einer „hitzigen Diskussion“ und einer Kampfabstimmung mit einigen Gegenstimmen erfolgt, erfuhren wir aus Parteikreisen.

Gegen Ulrich Vosgerau (CDU), der ebenfalls an dem Treffen teilgenommen hatte, wurde entgegen einiger Medienberichte offenbar noch kein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.

Vosgerau ist eigenen Angaben zufolge nur zu einer schriftlichen Anhörung aufgefordert worden. Dem widersprach der Kreisvorstand Pankow/Prenzlauer Berg uns gegenüber nicht.

Der zuständige Kreisvorstand habe noch nicht entschieden, ob er überhaupt ein Parteiausschluss vor einem Schiedsgericht beantragen will.

Dirk Stettner (CDU) © imago

Der Kreisvorsitzende Dirk Stettner sagt uns:

Der Kreisvorstand wird sich mit den Angaben des Mitgliedes beschäftigen und dann weitere Schritte beraten.

Vosgerau selbst sagt unserem Kollegen:

Es wird aller Voraussicht nach kein Parteiausschlussverfahren gegen mich geben.

Er sei überzeugt, seine Teilnahme an dem Treffen begründe kein parteischädigendes Verhalten. Das Treffen sei ein rein privates Treffen von Unternehmern gewesen, behauptet Vosgerau.

Die CDU wollte sich auf Anfrage nicht zu den Vorgängen äußern. Parteiordnungsverfahren seien grundsätzlich vertraulich und Sache der Kreisverbände.

Von den insgesamt drei bekannten CDU-Teilnehmern am Potsdamer Treffen hat nur in einem Fall der zuständige Kreisvorstand in Köln einstimmig auf Parteiausschluss von Simone Baum entschieden.

Allerdings ähneln Parteiausschlussverfahren Gerichtsverfahren und dauern laut dem Parteienrechtsexperten Sebastian Roßner in den meisten Fällen mindestens ein Jahr.

In diesem Fall wird sich das Verfahren jedoch erübrigen, da Baum eigenen Angaben zufolge der neuen Partei Werteunion beitreten wird. Ulrich Vosgerau und Wilhelm Wilderink wollen beide jedoch in der CDU bleiben.

Fazit: Die CDU-Brandmauer ist stellenweise etwas porös. Merz und die CDU-Spitze müssen noch ordentlich spachteln, um die Risse zu schließen.

Djir-Sarai: „Amerikanische Regierungen werden sich immer weniger für Europa interessieren“

Die Amerikaner hätten für sich eine Grundsatzentscheidung getroffen, sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im neuen Hauptstadt-Podcast. „Künftige amerikanische Regierungen werden sich immer weniger für Europa interessieren. Die werden sich übrigens auch immer weniger für den Nahen und Mittleren Osten interessieren und weniger für Afrika.“

Bijan Djir-Sarai © Anne Hufnagl

Die USA würden verstärkt Richtung Asien, insbesondere China schauen, sagt Djir-Sarai.

Mit Blick auf die sicherheitspolitische Lage wie zum Beispiel den Ukraine-Krieg vor der eigenen Haustür fragt Djir-Sarai:

„Was ist, wenn wir irgendwann mal demnächst mit dieser großen Herausforderung alleine gelassen werden in Europa?“

Die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, die oft in Sonntagsreden betont würde, müsse eine ernste Dimension bekommen, sagt der FDP-Politiker. Er warnt:

Es werden Veränderungsprozesse auf uns in Europa zukommen, allein haushalts- und finanzpolitische Debatten, die wir uns derzeit absolut nicht vorstellen können.

Das ganze Interview hören Sie im Hauptstadt-Podcast. Außerdem besprechen The Pioneer-Chefkorrespondentin Politik, Karina Mößbauer, und Jörg Thadeusz:

  • die Aussichten für Schwarz-Grün und warum CDU-Chef Friedrich Merz die Diskussion 18 Monate vor der Bundestagswahl eröffnet sowie den Besuch von Kanzler Olaf Scholz (SPD) bei US-Präsident Joe Biden.

  • Im Zwischenruf erklärt Hans-Ulrich Jörges, wie er die Anti-Rechts-Demonstrationen findet.

  • Im kürzesten Interview der Berliner Republik: Nikolas Busse, verantwortet die Außenpolitik bei der FAZ.

Hauptstadt – Das Briefing: Deutsch-amerikanische Bündnisse und mögliche neue Koalitionen im Bundestag

Scholz trifft Biden, Deutschlands Rolle in Kriegszeiten und mögliche Koalitionspartner für Merz

Podcast hören

Veröffentlicht in Hauptstadt – Das Briefing von Jörg ThadeuszKarina Mößbauer.

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Hauptstadt – Das Briefing

Wiederholungswahl in Berlin: „140 Prozent der benötigten Stimmzettel bestellt“

Wahllokal © dpa

Berlin geht besser vorbereitet in die Wiederholung der Bundestagswahl: Bereits jetzt seien die Bezirkswahlämter „mit allen erforderlichen Unterlagen und Materialien zur Durchführung der Wahl ausgestattet worden“, sagt die Landeswahlleitung Berlin unserem Kollegen Michael Bassewitz.

Um weitere Pannen zu verhindern, wurden außerdem „140 Prozent der benötigten Stimmzettel bestellt“, so die Wahlleitung. Um die Wahl besser koordinieren zu können, seien von den Bezirkswahlämtern für Sonntag 8000 bis 9000 Wahlhelfer eingeplant, schätzt die Wahlleitung.

Das ist auch wichtig, weil in die Wahllokale möglicherweise mehr Vor-Ort-Wähler kommen könnten. Denn der Anteil der Briefwähler ist bei dieser Wahl stark zurückgegangen. Nur etwa 150.000 Wähler und somit 27,5 Prozent der Wahlberechtigten haben bis zu diesem Mittwoch Briefwahlunterlagen beantragt. Zur Bundestagswahl 2021 waren es in Berlin noch 35,3 Prozent der Wahlberechtigten bis zu dem Zeitpunkt vor der Wahl.

Jüdische Studierendenunion unterstützt Forderung nach Antisemitismusbeauftragten für Hochschulen

Die Jüdische Studierendenunion hält den Vorschlag des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein für richtig, Antisemitismusbeauftragte für alle Hochschulen einzusetzen. Ihre Präsidentin Hanna Veiler sagte unserer Kollegin Phillipka von Kleist:

An den Universitäten in Deutschland gibt es kaum Ansprechpersonen für jüdische Studierende, die Antisemitismus erleben. Antisemitismusbeauftragte zu ernennen, wäre ein notwendiger erster Schritt.

Die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands (JSUD) Hanna Veiler bei einer Fridays-for-Israel-Demonstration vor der Freien Universität in Berlin im Dezember 2023. © imago

Dafür müsse aber sichergestellt werden, „dass die Beauftragten die notwendige Kompetenz mitbringen, um dem aktuellen Antisemitismus begegnen zu können“, sagt Veiler. Etwa Menschen, die im Umgang mit Betroffenen geschult seien.

Außerdem sollte ein Antisemitismusbeauftragter in enger Zusammenarbeit mit jüdischen Institutionen, Einrichtungen und Verbänden stehen.

Vergangene Woche wurde ein jüdischer Student in Berlin angegriffen. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte daraufhin gefordert, an allen Hochschulen Amtskollegen zu ernennen.

FDP: Neuverhandlung bei Lkw-Grenzwerten unausweichlich

Das FDP-geführte Verkehrsministerium unter Volker Wissing pocht auch nach dem gestrigen virtuellen Krisentreffen des Kanzleramtes mit Vertretern der Automobilbranche auf eine Anpassung der geplanten EU-Verordnung zu Flottengrenzwerten bei schweren Lastwagen.

Der Verordnung ohne einer Berücksichtigung von alternativen Kraftstoffen zuzustimmen, käme einem Lkw-Verbrennerverbot gleich. Das wolle das BMDV unbedingt vermeiden, hört unsere Kollegin Claudia Scholz aus Regierungskreisen.

Beim Krisentreffen des Kanzleramtes schalteten sich etwa 20 Vertreter von Regierung und Automobilbranche zusammen, darunter das federführende Umweltministerium mit Steffi Lemke (Grüne).

Unterschiedlicher Meinung bei Lkw-Flottengrenzwerten: Volker Wissing und Steffi Lemke © dpa

Die Runde ging ohne offizielles Ergebnis auseinander, hören wir von Teilnehmern. Vom Kanzleramt gab es keine Aussage hinsichtlich Deutschlands Haltung. Doch eine Enthaltung aufgrund der weiterhin bestehenden Blockade der FDP ist sicher.

Auch Italien bleibt bei seiner Ablehnung. Aus EU-Kreisen heißt es, dass auch eine nochmalige Verschiebung der für diesen Freitag geplanten Abstimmung in Erwägung gezogen wird.

Am Donnerstagnachmittag trafen sich in einer anderen Videoschalte, die Oliver Luksic, parlamentarischer Staatssekretär im BMDV, einberufen hatte, rund 25 Vertreter der Zulieferer-, Kraftstoff- und Logistikbranche. Die Speditionen waren zuvor vom Kanzleramt nicht eingeladen worden.

Teilnehmer wiesen darauf hin, dass die Klimaziele nur mit Technologieoffenheit und Kraftstofflösungen zu erreichen seien. Es gelte, die Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen.

Staatssekretär Oliver Luksic ließ die Logistikbranche zu Wort kommen. © Oliver Luksic

Noch nie fielen Immobilienpreise so schnell so stark – das zeigt der neue German Real Estate Index (GREIX), der seit den 60er-Jahren erhoben wird.

Auf das Gesamtjahr gesehen fielen die Verkaufspreise 2023 im Vergleich zum Vorjahr bei Eigentumswohnungen um 8,9 Prozent, bei Einfamilienhäusern um 11,3 Prozent und bei Mehrfamilienhäusern um 20,1 Prozent. Inflationsbereinigt ist der Preisverfall nochmal fünf Prozent höher, heißt es im Bericht, der in Zusammenarbeit mit dem IfW Kiel erstellt wird.

Eine Infografik mit dem Titel: Immobilienpreise im freien Fall

Marktentwicklung pro Marktsegment (Durchschnitt aus 19 Städten), pro Quadratmeter

Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, ordnet ein:

Angesichts des exorbitanten Preisanstiegs seit über 10 Jahren und einem neuen Zinsumfeld ist eine Phase der Preiskorrektur durchaus angebracht und auch im bisherigen Ausmaß gesamtwirtschaftlich nicht besorgniserregend.

Das war am Tag und in der Nacht außerdem los:

  • Aufrüstung: Gestern fand ein symbolischer Spatenstich für den Baubeginn einer Munitionsfabrik von Rheinmetall in Unterlüß, Niedersachsen, statt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen waren anwesend.

Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?

  • Bundesinnenministerin Nancy Faeser will heute Maßnahmen gegen Rechtsextremismus vorstellen. Dazu will die SPD-Politikerin gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, und dem Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, in Berlin vor die Presse treten.

  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) beendet heute seinen zweitägigen Staatsbesuch in der Republik Zypern. Er will sich unter anderem ein Unterbringungszentrum für Asylbewerber anschauen.

Das ist in den nächsten Tagen relevant:

  • Die Münchner Sicherheitskonferenz startet am Freitag mit einer eindrucksvollen Liste von politischen Teilnehmern. Unter ihnen sind Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die Annalena Baerbock (Außen, Grüne), Robert Habeck (Wirtschaft, Grüne), Karl Lauterbach (Gesundheit, SPD), Christian Lindner (Finanzen, FDP), Boris Pistorius (Verteidigung, SPD), Svenja Schulze (Entwicklung, SPD) und Bettina Stark-Watzinger (Bildung, FDP). Auf internationaler Ebene sind US-Vizepräsidentin Kamala Harris, der israelische Staatspräsident Izchak Herzog und der chinesische Außenminister Wang Yi vertreten. Insgesamt sollen 180 Regierungsvertreter an der Konferenz teilnehmen.

Nikki Haley, republikanische Präsidentschaftskandidatin  © imago

In der neuen Folge „Race to the White House“ blicken unsere Kollegen Chelsea Spieker und Julius van de Laar, Wahlkampfberater und Teil der Obama-Kampagne 2008 und 2012, auf eine turbulente Woche in den USA zurück:

Nikki Haley verlor haushoch in der Nevada-Vorwahl und überraschte mit einem Auftritt bei Saturday Night Live. Ein parteiübergreifend ausgehandeltes Gesetzespaket, das Geld für die Sicherung der US-Grenze zu Mexiko vorsah, scheiterte an der fehlenden Zustimmung der Republikaner und erlaubt Donald Trump, das Chaos an der Grenze weiterhin für seinen Wahlkampf zu instrumentalisieren. Jetzt reinhören!

Der Klick auf die Kachel führt Sie zum Podcast. © The Pioneer

Auf – Armin Laschet (CDU). Hohe Ehre für den Bundestagsabgeordneten und früheren Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Er bekam jetzt die Ehrendoktorwürde der liberalen türkischen TED-Universität in Ankara. Der Grund: sein Einsatz gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung sowie sein Beitrag zur Verwirklichung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Summa cum Laude!

Ab – Bettina Stark-Watzinger (FDP). Deutschland bekommt wieder schlecht Noten. Diesmal: Nach den derzeit aktuellsten Zahlen brechen hierzulande 12,2 Prozent der Schüler die Schule ab – in der EU waren es insgesamt 9,6 Prozent. Die vierthöchste Abbrecherquote in Europa. Als Bundesbildungsministerin ist Stark-Watzinger stellvertretend verantwortlich - für eine systematische und bundesweite Bildungsmisere. Für sie und alle Bildungsminister der Länder gilt: setzen, sechs!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Markus Blume (CSU), Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, 49

Marc Brost, Büroleiter der Zeit in Berlin, 53

Uwe Schmidt, SPD-Bundestagsabgeordneter, 58

Ottilie Klein, CDU-Bundestagsabgeordnete, 40

Sven-Christian Kindler, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 39

Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 59

Fabian Mehring (Freie Wähler), Bayerischer Staatsminister für Digitales, 35

Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande, 57

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Leiterin „Hauptstadt – Das Briefing“
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