Genossen gegen die Drohnen

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Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Innenminister Horst Seehofer wirbt bei den Innenministern der Länder für seine neue Polizeistudie. Sie soll auch Rassismus und Antisemitismus in der Polizei untersuchen.

  • Möglichst rasch soll es Geld für die vom aktuellen Teil-Lockdown besonders betroffenen Firmen geben. Wie wir erfahren haben, pocht der Bund allerdings auf mehr Kontrollen.

  • Jens Spahn macht den Krankenkassen Vorgaben für den Wettbewerb untereinander. Wir wissen, was im neuen Verordnungsentwurf aus dem Gesundheitsministerium steht.

Die Friedensaktivisten

Als die Abgeordnete Nina Scheer sich am Montagabend in der Fraktionssitzung der SPD im Bundestag zu Wort meldete, war noch alles in Ordnung. Scheer wünschte sich eine Fraktionsbeteiligung zur umstrittenen Frage der bewaffneten Drohnen, ihr Fraktionschef Rolf Mützenich sagte ihr das prompt zu: Die Debatte werde es geben, nur noch nicht jetzt.

Am Dienstagmorgen waren alle Pläne von Mützenich dahin - Parteichef Norbert Walter-Borjans hatte der Süddeutschen Zeitung gesagt, das Thema Drohnen müsse genau jetzt neu aufgerollt werden: „Zusammen mit großen Teilen der SPD-Mitgliedschaft und vielen anderen friedenspolitisch engagierten Gruppen in unserer Gesellschaft halte ich die bisherige Debatte über bewaffnete Bundeswehr-Drohnen nicht für ausreichend“, sagte er.

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Die SPD-Verteidigungspolitiker ahnten nichts von dem Vorstoß. Manche, wie der Berliner Fritz Felgentreu, widersprachen gar öffentlich. Der Start in die Debatte war verpatzt.

Dabei folgte alles eigentlich einem gemeinsamen Plan: Die Sozialdemokraten sollten sich in Richtung des Wahljahres als Friedenspartei aufstellen und sogar die Grünen links überholen, die sich bereits auf einen realpolitischen Kurs in einer möglichen Koalition mit der Union einstellen.

In der Fraktionsspitze hatte man sich mehrere Themen zurecht gelegt: Das Rüstungsexport-Embargo nach Saudi-Arabien läuft im Dezember aus, es soll nach Vorstellung von Mützenich im Zweifel auch gegen den Willen der Wirtschaftspolitiker der Union verlängert werden. Bei den Verteidigungsausgaben distanziert sich weite Teile der SPD mittlerweile von dem Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben - auch da will sich die SPD klar positionieren. Und nun die Kampfdrohne - der automatisierte Krieg als Wahlkampfthema.

Nun liegt der Ball bei Olaf Scholz

Eine Schlüsselrolle hierbei kommt nun SPD-Finanzminister Olaf Scholz zu. Bei ihm liegt die 25-Millionen-Vorlage zur Beschaffung für die Drohne. Eigentlich sollte Scholz nur prüfen, ob diese den Haushaltsrichtlinien entspricht und dann abzeichnen - nun wird ein Politikum daraus.

Scholz ist in einer unangenehmen Lage - eigentlich hat er als Pragmatiker nichts dagegen, die Bundeswehr mit dem modernsten Gerät auszustatten - dazu gehören nach dem Verständnis auch bewaffnete Drohnen.

Drohne Heron TP © dpa

Nun dürfte er seiner Fraktions- und Parteispitze den Gefallen tun, die Vorlage noch bis ins neue Jahr in seinem Haus liegen zu lassen - und zu hoffen, dass sich die Debatte bis dahin wieder beruhigt. Denn statt die Union unter Druck zu setzen, spielt sich der Konflikt nun innerhalb der SPD ab.

Die SPD-Fachpolitiker sind genervt: Das Thema Außen sei "kein Wahlkampfschlager", heißt es uns gegenüber, erst recht nicht in Pandemie-Zeiten. Es mobilisiere einfach nicht. "Auf den Ostermärschen sind gerade noch einige hundert Leute unterwegs", sagt uns einer, "damit ist nicht viel zu gewinnen".

1. Mehr Kontrollen bei November- und Dezemberhilfe

Der Bund verlangt von den Ländern bei der Auszahlung der so genannten November- und Dezemberhilfe für vom Teil-Lockdown betroffene Unternehmen, stärker zu kontrollieren als bislang geplant. Das wurde uns am Dienstag in Länderkreisen bestätigt.

Der Bund hatte am Dienstag angekündigt, die geplanten Abschlagszahlungen von bislang 10.000 auf 50.000 Euro zu erhöhen. Die Länder hatten dies gefordert. Der Bund setzt darauf, dass die Zahlungen noch in diesem Jahr wirksam werden.

"Binnen einer Woche"

„Unser IT-Dienstleister hat zugesagt, die Änderung binnen einer Woche für neue Anträge und binnen zwei Wochen für bereits gestellte Anträge in der Programmierung umzusetzen“, heißt es in einem Brief des Bundeswirtschaftsministeriums an die Länder.

Der Bund verlangt „im Gegenzug“ zur Erhöhung der Abschlagszahlungen mehr Kontrollen: Die Prüfquote bei Anträgen oberhalb von 20.000 Euro müsse von derzeit fünf Prozent auf 30 Prozent erhöht werden.

2. Rund 18 Millionen Menschen leben allein

Ausgerechnet in der Pandemie, in der die Bevölkerung soziale Kontakte meiden soll, sind die Zahlen der allein lebenden Menschen auf einem Rekordwert.

Insgesamt 17,6 Millionen Menschen, also mehr als jede fünfte Person, lebte 2019 in Deutschland in einem Einpersonenhaushalt. Darauf weist Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) unter Verweis auf aktuelle Statistiken in seinem Bericht an die Abgeordneten hin. Fast die Hälfte der Alleinlebenden leben in Großstädten ab 100.000 Einwohnern.

Ralph Brinkhaus © imago

Der Anteil der Einpersonenhaushalten an allen Haushalten erhöhte sich innerhalb der letzten drei Jahrzehnte von 34 Prozent auf 42 Prozent. Bei Männern bilden die 20 bis 39-Jährigen die größte Gruppe an Alleinlebenden. Bei Frauen ab 80 Jahren ist die Zahl der Alleinwohnenden fast vier Mal so hoch wie bei Männern der gleichen Altersgruppe.

Gerade während des Lockdowns verlagere sich das Leben verstärkt in die Privathaushalte. Von den Kontaktbeschränkungen außerhalb des eigenen Haushalts seien dementsprechend vor allem Alleinlebende betroffen, heißt es in dem Bericht von Brinkhaus an die Fraktion.

3. Spahn schränkt Krankenkassen-Werbung ein

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will mit einer neuen Verordnung Werbung von Krankenkassen beschränken. Das geht aus dem Entwurf seines Ministeriums für eine „Krankenkassen-Werbemaßnahmen-Verordnung“ hervor, der uns vorliegt.

Unzulässig ist insbesondere die Banden- und Trikotwerbung im Spitzen- und Profisport.

Aus einem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums

Hausbesuche zu Werbezwecken sollen nur bei vorheriger, ausdrücklicher Einwilligung und nach Übermittlung eines konkreten Termins zulässig sein. Zudem dürfen die Kassen jährlich nicht mehr als 4,67 Euro je Mitglied für Werbung ausgeben.

Laut Entwurf wären auch Halte- und Wechselprämien ausdrücklich unzulässig. Werbebotschaften, die sich auf den jeweiligen Zusatzbeitrag einer Kasse beziehen, sind in der Regel nur mit Blick auf das laufende Jahr zulässig, in Ausnahmefällen bei vorangeschrittener Etatplanung auch auf das kommende Jahr.

4. BDA kritisiert Grüne

Annalena Baerbock, Robert Habeck © Imago

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) kritisiert die von den Grünen im Grundsatzprogramm festgelegte Ausweitung der Arbeitslosenversicherung.

"Eine Erweiterung der Arbeitslosenversicherung hin zu einer Arbeitsversicherung wäre der falsche Weg", schreibt die Vereinigung in einer Bewertung vom Dienstag, die uns zugespielt wurde. Lücken im Bereich der Qualifizierung seien aktuell nicht erkennbar. "Ein Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld würde eine Weiterbildung 'ins Blaue hinein' begünstigen", heißt es.

Kritik am bedingungslosen Grundeinkommen

Auch der Ansatz der Grünen, das Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") zu überwinden und durch ein am bedingungslosen Grundeinkommen orientiertes Modell zu ersetzen, kritisiert die BDA. Die bestehende Grundsicherung für Arbeitssuchende sei bereits ein bedürftigkeitsabhängiges Sicherungssystem, das dem Grundgedanken der Solidarität folgend eine Mitwirkungspflicht des Einzelnen enthalte. "Mitwirkungspflichten müssen auch eingefordert werden können", mahnen die Autoren. Die Zulässigkeit von Sanktionen seien zudem vom Verfassungsgericht bestätigt worden.

5. Minister Seehofer beauftragt Polizeistudie

Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) mit einer Studie zum Polizeialltag beauftragt. Neben dem Berufsalltag von Polizistinnen und Polizisten sollen auch die Motivation zur Berufswahl und Gewalterfahrungen im Beruf untersucht werden. Das schreibt Seehofer in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten von Union und SPD, der uns vorliegt.

Mit der Studie sollten auch Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt werden, “die sicherstellen, dass der Grundsatz der Nulltoleranz gegenüber Antisemitismus, Rechtsesxtremismus und Rassismus in und von der Polizei gelebt wird”, schreibt der CSU-Politiker.

Die Forscher in Münster wollen die Daten per Fragebogen, in Interviews und durch teilnehmende Beobachtung erheben. Bei der Innenministerkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin will Seehofer für Unterstützung bei den Länderkollegen werben.

Aus einem internen Bericht der Bundesregierung © ThePioneer

Der Anteil der positiven Corona-Tests ist zuletzt stark gestiegen. Das geht aus einer internen Übersicht der Bundesregierung hervor, die uns vorliegt. Ende Oktober sind demnach 5,5 Prozent der Test positiv gewesen. Ende November waren es 9,3 Prozent.

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind 29.141.172 Tests durchgeführt worden - davon 1.115.228 mit positiven Ergebnissen. Zuletzt gab es knapp zwei Millionen Tests pro Woche.

Im Bundeshaushalt 2021 erfüllen die Koalitionäre dem jüngst verstorbenen Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) einen letzten Wunsch. So schreibt es der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dennis Rohde, in einem Brief an die Abgeordneten.

Der Etat für das Bundeskanzleramt steigt um 900 Millionen Euro auf 3,5 Milliarden Euro. Darin sind vor allem Aufwendungen für den Kulturbereich und ein Zuschuss für die Sanierung und den Umbau des Kulturforums Göttingen.

Der Bund übernimmt nun die Vollfinanzierung der notwendigen Baumaßnahme in der niedersächsischen Heimat von Oppermann. Die Universität Göttingen will das Kulturforum Thomas Oppermann widmen.

Außerdem unterstützt der Bund mit rund 19,5 Millionen Euro die Sanierung des Industriedenkmals Völklinger Hütte, die Umbaumaßnahmen am Theater Urania (42,7 Millionen Euro) und Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beim Berliner Stadtschloss (5 Millionen Euro).

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Auf - Als stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion mit Zuständigkeit für Gesundheit hat Bärbel Bas in der Corona-Pandemie ein besonderes Gewicht. Auch wenn mit Karl Lauterbach ein anderer Genosse die öffentliche Debatte bestimmt: Alle Vorlagen, die Gesundheitsminister Jens Spahn durchs Parlament bringen will, müssen über den Tisch der 52-jährigen. Auf mediale Präsenz legt die gelernte Bürogehilfin und Sozialversicherungsfachangestellte aus dem Ruhrpott indes keinen Wert. Sie macht ihre Arbeit und ist dabei so bescheiden wie einflussreich. Drei Mal hat Bas ihren Bundestagswahlkreis Duisburg I bereits gewonnen. Gerade ist sie neu nominiert worden.

Ab - Marco Wanderwitz, CDU-Politiker aus Sachsen und Ost-Beauftragter der Bundesregierung, hatte am Montag auf den Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor gebeten, um „auf die besonders missliche Lage“ der erzgebirgischen Kunsthandwerker hinzuweisen. „Zudem wird ein lebensgroßer Nussknacker für ein geeignetes Motiv zur Verfügung stehen“, hieß es in der Einladung. Doch die Politiker in Wanderwitz’ sächsischer Heimat haben im Augenblick andere Sorgen als Nussknacker und Fototermine. Keine 24 Stunden später gab die Regierung in Dresden weitere Verschärfungen der Corona-Schutzmaßnahmen bekannt. Misslich für Wanderwitz.

Der Rentenwahlkampf kommt doch - zumindest ein bisschen. SPD-Chefin Saskia Esken hat die von der CDU geplante Individualisierung der Rente abgelehnt. In der Debatte um das künftige Rentenalter erklärte die SPD-Vorsitzende:

"Mit dem Rentenkonzept der CDU werden die Corona-Helden von heute zu Almosenempfängern von morgen", sagte Esken. T-Online fasst hier die Reaktion der Sozialdemokratie zusammen.

Die sachsen-anhaltinische CDU hat SPD und Grüne dazu gebracht, die Erhöhung der Rundfunkgebühren abzulehnen. Viel Lärm also um nichts? Nicht ganz, denn die Sender klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. "Eine Verfassungsbeschwerde ist leider unausweichlich", sagte WDR-Intendant Tom Buhrow. Die FAZ hat hier die Hintergründe.

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Jean-Claude Juncker, früherer Präsident der Europäischen Kommission, 66

Astrid Grotelüschen, CDU-Bundestagsabgeordnete, 56

Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online, 51

Christoph Hoffmann, FDP-Bundestagsabgeordneter, 63

Johann Saathoff, SPD-Bundestagsabgeordneter, 53

Michael Müller, SPD-Politiker und Regierender Bürgermeister von Berlin, 56

Der Fraktionschef der CDU in der Bremer Bürgerschaft, Thomas Röwekamp, will 2021 in den Bundestag wechseln. Nach unseren Informationen soll der 54-Jährige frühere Senator und Bürgermeister Bremens am kommenden Montag vom Landesvorstand auf den Spitzenplatz der Liste für die Bundestagswahl gewählt werden.

Damit wäre für die bisherige Spitzenkandidatin der Bremer CDU, Elisabeth Motschmann, kein aussichtsreicher Platz mehr auf der Liste für den Bundestag. Nur der erste Listenplatz gilt als sicher. Der Direktwahlkreis der Chefin der Bremer Frauen-Union ist seit 1949 eine sichere Bank für die SPD.

Thomas Röwekamp, CDU-Fraktionschef in Bremen.  © dpa© ThePioneerIhre Informationen für uns © Media Pioneer

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