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Unsere Themen heute:
Er ist der Hoffnungsträger des CDU-Wirtschaftsflügels. Doch jetzt kommt Carsten Linnemann Friedrich Merz in die Quere. Wieder einmal.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will auf Klimaschutz setzen - doch führenden Umweltpolitikern seiner Partei reichen die Ziele nicht aus.
Ein interner Bericht der Bundeswehr sieht hohe politische Risiken für Afghanistan durch die Abzugsankündigung der USA.
Vier Männer aus NRW - ein Ziel
Mit der Nominierung von Friedrich Merz als Teil des Wahlkampfteams hat sich CDU-Chef Armin Laschet für manche Parteifreunde ungewöhnlich schnell und eindeutig auf seinen einstigen Widersacher festgelegt.
Drei weitere christdemokratische Politiker aus NRW, MIT-Chef Carsten Linnemann, Gesundheitsminister Jens Spahn und Fraktionschef Ralph Brinkhaus, müssen nun um ihren Platz im Team des Kandidaten bangen. Und um ein mögliches Ministeramt.
Außerdem setzt Laschet auf eine breite Aufstellung und die Parität zwischen den Geschlechtern. Weitere Posten dürften daher eher an Frauen, Vertreter von Sozialverbänden und an die Ost-CDU gehen.
Im Wirtschaftsflügel der CDU führt der Merz-Vorstoß nun zu gemischten Gefühlen.
"Friedrich Merz ist der unbestrittene Kopf des Wirtschaftsflügels", sagt Christian von Stetten, Chef des Parlamentskreises Mittelstand. Mit ihm habe man gerade im Osten des Landes ungeahnte Chancen. Und weiter:
Wenn Armin Laschet Merz nicht einbindet, wird die Bundestagswahl kaum zu gewinnen sein.
Im CDU-nahen Wirtschaftsrat, dessen Vizepräsident Merz ist, ist Ähnliches zu vernehmen. Generalsekretär Wolfgang Steiger ist ein enger Vertrauter von Merz.
Wolfgang Steiger, Generalsekretär Wirtschaftsrat. © dpa
Etwas anders sehen das einige jüngere Bundestagsabgeordnete. Ein Aufbruchssignal sei die Fokussierung auf Merz nicht, sagt ein NRW-Abgeordneter.
Ein Regierungsmitglied hofft, dass Laschet "Merz nur bei Laune halten" will.
Eines hören wir aber bei allen Gesprächen, die wir geführt haben, heraus: Der Wirtschaftsflügel der CDU braucht nach 16 Jahren Ära Angela Merkel eine Revitalisierung. Zu wenig Einfluss, zu wenig inhaltliche Erfolge.
Dass mit Peter Altmaier ein CDU-Politiker Bundeswirtschaftsminister ist, habe nicht geholfen, heißt es. Im Mittelstand und bei den Start-ups ist Altmaier nicht wohl gelitten, der Chef des Verbands der Familienunternehmer nannte den Minister 2019 einen "Totalausfall". Und Friedrich Merz forderte Anfang des Jahres Altmaiers Ablösung. Er wollte selbst das Amt übernehmen.
Dass ausgerechnet Altmaier, ein langjähriger Weggefährte von Laschet, sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur auf die Seite von Markus Söder geschlagen hat, ist im Konrad-Adenauer-Haus auf maximales Unverständnis gestoßen.
Sollte Laschet Kanzler werden, hat Altmaier keine Chancen mehr. "Das war's für mich wohl", soll der Minister selbst neulich zu einem Vertrauten gesagt haben.
Aber ist Friedrich Merz dann die Alternative?
Man dürfe jetzt nicht mit einem Kandidaten kommen, der “kaum jüngere und weibliche Wähler anzieht”, zweifelt eine Bundestagsabgeordnete aus dem Westen über Merz. In der Mittelstandsunion (MIT), dem mit 25.000 Mitgliedern stärksten Wirtschaftsverband in der CDU, genießt Merz großen Rückhalt.
Einige erinnern aber auch daran, dass der 43-jährige MIT-Vorsitzende Carsten Linnemann nun an der Reihe wäre.
Carsten Linnemann, MIT-Bundesvorsitzender © dpa
Linnemann ist als Vorsitzender unangefochten, zuletzt wurde er im Herbst 2019 mit 98 Prozent der Delegierten als Vorsitzender wiedergewählt.
In der CDU hat Linnemann an Autorität gewonnen, beim Bundesparteitag im Januar erzielte der Paderborner bei der Vorstandswahl 89 Prozent der Stimmen, und damit so viel Zustimmung wie der populäre Sozialausschuss-Vorsitzende Karl-Josef Laumann.
Linnemann steht für einen moderaten, besonnenen Kurs. Die Attacke gegen die vermeintlich mittig ausgeprägte Merkel-CDU, wie sie Friedrich Merz gelegentlich zeigte ("grottenschlechte Regierung") liegt ihm nicht.
"Friedrich Merz und Carsten Linnemann gehören für mich beide auf die Bühne", sagte uns der Bundestagsabgeordnete und Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß. "Wenn wir den Anspruch haben, ein Modernisierungsjahrzehnt zu gestalten, dann brauchen wir auch neue Köpfe und frische Impulse im Team des Kanzlerkandidaten."
Jana Schimke, Brandenburger CDU-Abgeordnete und MIT-Vize, sieht ebenfalls Platz für Linnemann, fordert aber vor allem jetzt eine programmatische Offensive.
"Von mir aus sind es dann auch zwei oder drei Personen aus NRW, wenn sie gut sind und Ideen haben."
Jana Schimke, MIT-Vize und Bundestagsabgeordnete. © Anne HufnaglArmin Laschet habe immer damit geworben, teamfähig zu sein und zu integrieren, so Schimke. "Jetzt kann er es beweisen", sagt sie mit Blick auf Linnemann.
Armin Laschet hat ein gutes Verhältnis zu Linnemann, besuchte eine MIT-Vorstandssitzung gleich nach seiner Wahl zum Vorsitzenden und warb dort für "neue Köpfe" in der Wirtschaftspolitik. Teilnehmer verstanden dies als Signal in Richtung des 43-jährigen Volkswirts.
Dass Laschet nun Friedrich Merz ein Angebot für sein Wahlkampfteam macht, und damit auch ein Signal für ein Ministeramt gibt, ist ein Rückschlag für Linnemann.
Aber auch Jens Spahn und Ralph Brinkhaus dürften die Äußerungen Laschets in einer virtuellen Konferenz der Südwest-CDU sorgsam verfolgt haben. Der frühere Finanzpolitiker und jetzige Fraktionschef Brinkhaus würde nach der Bundestagswahl gerne in seiner Position bleiben oder ins Kabinett wechseln (Verkehr, Wirtschaft).
Und Gesundheitsminister Spahn will im neuen Kabinett ebenfalls eine Rolle spielen. Immerhin hatte Spahn Laschet als Erster vor mehr als einem Jahr zunächst bei der Bewerbung für den CDU-Vorsitz und nun auch als Kanzlerkandidat gegen Markus Söder unterstützt.
1. SPD-Klimapolitik: Druck auf Scholz steigt
Vor dem Bundesparteitag der SPD am 9. Mai steigt der Druck auf Kanzlerkandidat Olaf Scholz, in der Klimapolitik ehrgeizigere Ziele anzustreben. Die Initiative #SPDfor1Point5 tritt mit namhaften Sozialdemokraten an Delegierte heran, um sie für ihren Kurs zu gewinnen. Mit dabei sind unter anderem Ex-Umweltministerin Barbara Hendricks und Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker sowie zahlreiche weitere Sozialdemokraten.
"Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit", schreiben die Verfasser in dem Aufruf. "Für die Zukunft unseres Planeten und die Perspektive aller kommenden Generationen sind die nächsten Jahre entscheidend."
Ausriss aus dem SPD-Aufruf © ThePioneerDie Gruppe betont, dass die Klimapolitik "zum Kernbereich sozialdemokratischer Politik gehört", denn die Bewältigung der Klimakrise sei eine Frage der Gerechtigkeit. "Menschen mit geringen Einkommen hier in Europa, aber vor allem Millionen von Menschen im globalen Süden sind die Hauptbetroffenen einer gescheiterten Klimapolitik."
Der aktuelle Entwurf des SPD-Zukunftsprogramms setze bereits wichtige Akzente und stellt den gerechten und entschiedenen Klimaschutz richtigerweise an den Anfang der vier großen Zukunftsmissionen, heißt es.
Aber: "Im Konkreten muss der Entwurf jedoch deutlich mutiger werden!"
SPD-Politikerin Barbara Hendricks 2020 zu Gast auf der Pioneer One. © Anne HufnaglSogar die FDP wolle bis 2050 Klimaneutralität erreichen. “Als progressive Kraft muss die SPD entschlossener sein und dafür sorgen, dass Deutschland bis 2040 klimaneutral wird. Nur auf diesem Weg ist das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.”
Am Montag hatte die Antragskommission der SPD abgelehnt, Klimaneutralität schneller als im Jahr 2050 zu erreichen.
Dies greifen auch die Verfasser des Briefes auf: Viele SPD-Mitglieder hätten Änderungsanträge eingereicht, um diesen starken Programmentwurf noch stärker zu machen. "Wir möchten Euch aufrufen, den Änderungen für eine mutige sozialdemokratische Klimapolitik zuzustimmen."
Die SPD stehe schon immer für eine bessere Zukunft. Heute heiße das: "Sozial. Digital. Klimaneutral.”
2. CDU und CSU wollen Wahlprogramm im Juni vorlegen
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und CSU-Generalsekretär Markus Blume haben angeblich den Auftrag bekommen, einen gemeinsamen Rahmen für das Regierungsprogramm der Union zu entwerfen, das sich auf einen wirtschafts-, digitalpolitischen und bildungspolitischen Aufbruch nach der Pandemie konzentriert.
Die Themen Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, moderne Bildung, innere Sicherheit und ein schlanker, digital vernetzter Staat sollen die zentralen Punkte in einem gemeinsamen Unionsprogramm sein, erfuhren wir von einem, der an dem Prozess beteiligt ist.
Die Vorarbeiten der Bundesfachausschüsse der CDU und die Ideen aus der Beteiligung der Basis und interessierter Bürger (Dein Deutschland. Deine Ideen) sollen in ein möglichst schlankes und verständliches Regierungsprogramm mit den Kernbotschaften fließen, heißt es.
In der zweiten Junihälfte soll das Programm präsentiert werden, erfuhren wir.
3. Bundeswehr sieht Gefahr für Afghanistan
Die Bundeswehr sieht in einem internen Bericht zur Lage in den Einsatzgebieten hohe politische Risiken für Afghanistan durch die Ankündigung der USA, bis September die Truppen aus dem Land abzuziehen. Die Reaktionen in der afghanischen Politik und Zivilgesellschaft seien gemischt, "überwiegend aber besorgt", heißt es.
© Imago"Die Taliban sehen die US-Entscheidung als Bruch ihres Abkommens mit den USA und fordern den Abzug der internationalen Truppen wie darin vereinbart bis zum 1. Mai", heißt es in der Analyse.
"Andernfalls sehen sie sich zu Gegenmaßnahmen berechtigt."
Auch die von der Türkei, Katar und den Vereinten Nationen im Rahmen der US-Initiative zur Beschleunigung des Friedensprozesses geplante hochrangige Konferenz in Istanbul wurde auf einen noch unbestimmten Zeitraum nach dem Ende des Fastenmonats Ramadan verschoben.
Ziel der Konferenz soll eine politische Einigung zwischen den Parteien für den zukünftigen afghanischen Staat sein. Die Taliban hatten sich bis zuletzt nicht offiziell zu ihrer Teilnahme an der Konferenz geäußert.
© ThePioneerDer Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags empfiehlt beim Telekommunikationsgesetz dem Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Bei dem Gesetz geht es um die Umsetzung der europäischen Richtlinie, nach der besonders entlang von Verkehrswegen aber auch darüber hinaus Internet und technische Infrastruktur modernisiert werden soll.
"Die intendierte neue Regelung zielt nur auf die bundesweite Versorgung von Endnutzern ab und definiert detaillierte Umsetzungsziele für diesen Einzelfall", heißt es in der Begründung für die Empfehlung. "Hiermit werden der Bundesnetzagentur jegliche Ermessensspielräume für künftig anstehende Frequenzvergaben genommen."
Der Bundestag hat das Gesetz in der vergangenen Woche beschlossen, der Bundesrat soll sich am 7. Mai damit befassen.
Am kommenden Mittwoch, 5. Mai, wird Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in der Fragestunde des Bundestages Rede und Antwort stehen.
Dabei dürfte es insbesondere um Fragen zum Thema Corona-Krisenmanagement und zu möglichen Lockerungen für Geimpfte gehen.
© ThePioneerAuf - Sabine Bätzing-Lichtenthäler ist Gesundheitsministerin in Rheinland-Pfalz. In der Debatte über Lockerungen für Geimpfte hat die SPD-Politikerin nun eine Gruppe in den Fokus gerückt, über die in diesem Zusammenhang bisher viel zu wenig gesprochen wurde: Pflegeheimbewohner. Bätzing-Lichtenthäler hat ein Stufenmodell vorgelegt, das auf rasche Lockerungen in Pflegeheimen abzielt. Je höher die Impfquote, desto mehr Besucher, so die Philosophie. Und irgendwann können auch die Masken wieder fallen. Die Ministerin ist unsere Aufsteigerin.
Ab - Für DGB-Chef Reiner Hoffmann ist der 1. Mai der wichtigste Tag des Jahres. In normalen Zeiten zumindest. Doch die Pandemie ist noch immer nicht überwunden. Nun fällt schon zum zweiten Mal der „Tag der Arbeit“ der Gewerkschaften mit Kundgebungen und roten Fahnen auf Deutschlands Plätzen aus. Ärgerlich für Hoffmann, für den es deshalb bergab geht. Entmutigen lassen sich die Gewerkschafter aber nicht. Das sieht man zum Beispiel an Michael Vassiliadis. Der Chef der IG BCE, ein leidenschaftlicher Gitarrist, will am 1. Mai einen neuen Song präsentieren - digital natürlich.
Er ist einer der bestinformiertesten politischen Korrespondenten in Berlin und ein Autor der Extraklasse. Welt-Vizechefredakteur Robin Alexander widmet sich in seinem neuen Buch "Machtverfall - Merkels Ende und das Drama der Deutschen Politik" dem Ende der Ära Merkel und dem holprigen Übergang der Macht in der CDU an Armin Laschet.
Das Buch erscheint am 25. Mai im Siedler-Verlag und dürfte wie Alexanders letztes Buch Die Getriebenen über die Flüchtlingskrise Bestseller-Potenzial haben. Vormerken!
100 Tage ist US-Präsident Joe Biden im Amt und in der transatlantischen Community im Deutschen Bundestag herrscht Aufatmen. Keine Provokationen, keine Verschärfungen des Handelskonflikts, und einige sanfte Kurskorrekturen etwa beim Klimaschutz und in der Iran-Frage. Tagesschau.de hat hier die ersten 100 Tage des Präsidenten gut zusammengefasst.
Der frühere SPD-Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel hat die EU aufgefordert, Joe Biden zu helfen und eine gemeinsame Außen- und Entwicklungspolitik im Nahen Osten und in Afrika zu entwickeln sowie in Zentralasien und in Afrika mit Infrastrukturinvestitionen in die Offensive zu gehen. Im Blog Politische Ökonomie des Wirtschaftsforums der SPD schreibt Gabriel etwa: "Wenn wir Europäer ein Interesse daran haben, dass die USA weiter die Aufgabe übernehmen, die Weltordnung und insbesondere China in der Balance zu halten, weil wir selbst uns das zu Recht nicht zutrauen, dann sind wir klug beraten, alles zu tun, um dem amerikanischen Präsidenten den Rücken frei zu halten." Ein kluger Weckruf! Hier lesen.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Reinhard Houben, FDP-Bundestagsabgeordneter, 61
Anja Karliczek, CDU-Politikerin und Bundesbildungsministerin, 50
Johannes Vogel, FDP-Bundestagsabgeordneter, 39
Barbara Hendricks, Bundesumweltministerin a.D., SPD, 69
Detlef Pilger, SPD-Bundestagsabgeordneter, 66
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