herzlich willkommen zur Sommer-Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.
Unsere Themen heute:
In der Union wächst die Angst vor einer Kanzlerkandidatur Robert Habecks. Der Grünen-Politiker umgarnt mit seinem pragmatischen Politikstil die Wirtschaft - und erntet Lobeshymnen.
Die neuen Ampel-Pläne zur Förderung von E-Autos kommen nicht gut an. Warum der Bundesverband eMobilität darin faktisch den Tod für die E-Auto-Förderung sieht und was die grüne Vize-Fraktionschefin Julia Verlinden zur Verteidigung sagt.
Außenministerin Baerbock setzt sich auf ihrer Griechenland Reise beim europäischen Grenzschutz für eine humane Migrationspolitik ein - wir haben Sie dabei begleitet.
Im Interview: Sven Giegold, beamteter Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, erklärt, warum das 15-Prozent-Gas-Reduktionsziel der EU so außergewöhnlich ist.
Im Selfie-Modus: Die ehemalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zeigt uns, wie und wo sie gerade Urlaub macht und wir sagen, welche Start-ups sie berät.
Die Angst der Union vor Robert Habeck
Die Popularität des Grünen-Wirtschaftsministers macht der Union zu schaffen.
“Unser Gegner wird 2025 nicht die SPD oder Olaf Scholz sein, sondern Robert Habeck”, prognostiziert ein einflussreicher CDU-Bundestagsabgeordneter.
In der Union wird in diesen Tagen schmerzhaft registriert, dass Robert Habeck mit seinem pragmatischen Regierungskurs nicht nur in der Bevölkerung punktet, sondern vor allem in der Wirtschaft und in bürgerlichen Kreisen, der Kernklientel der Union.
Wirtschaftsvertreter loben Habecks Politik inzwischen auch öffentlich.
"Robert Habeck hat sich großen Respekt erarbeitet. Er kann Krise. Und weiß um seine große Verantwortung. Er sucht nach den besten Lösungen und überschreitet dafür auch ideologische Grenzen. Habeck ist Pragmatiker, Zuhörer, Troubleshooter. Dafür schätze ich ihn sehr", sagt Wolfgang Große Entrup, der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI).
Die Branche gehörte früher zu den Lieblingsgegnern der Grünen.
Auch Arndt G. Kirchhoff, Präsident des Unternehmerverbands NRW, Vizepräsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und Vorsitzender des Beirats der Kirchhoff Gruppe, mit mehr als 2 Milliarden Euro Umsatz und 12.500 Mitarbeitern einer der größten Autozulieferer in Deutschland, kommentiert überraschend wohlwollend:
"Tolle Arbeit, erklärt gut und anschaulich. Reaktionsschnell und pragmatisch. Unideologisch und von der Sache geleitet."
Gelobt wird Habeck vor allem für sein Management in der aktuellen Energiekrise und die Bereitschaft, auch urgrüne Positionen zu räumen.
In der Union wird damit gerechnet, dass Habeck auch eine verlängerte Laufzeit bei den drei verbliebenen Kernkraftwerken akzeptieren könnte. "Ich sage Ihnen voraus, dass am Ende des Jahres auch die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängert wird", hatte CDU-Chef Friedrich Merz vergangene Woche im ZDF-Interview gesagt.
Wie Robert Habeck die Wirtschaft bezirzt und welche Strategie in seinem Regierungshandeln zu erkennen ist, lesen Sie in dieser Analyse.
Außenministerin Baerbock verurteilt illegale Pushbacks
Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex in Athen das Zurückdrängen von Geflüchteten aufs offene Meer verurteilt.
Diese so genannten Pushbacks seien in keiner Weise zu akzeptieren, die Menschenrechte müssten gewahrt werden, dafür stehe man in Europa, sagte sie während ihrer Reise nach Griechenland gestern im Hafen von Piräus.
Annalena Baerbock mit dem griechischen Minister für Migration und Asyl, Panagiotis Mitarachi, im Flüchtlingslager Schisto © dpaBaerbock widmete ihren ersten Tag in Griechenland der humanen Migrationspolitik und besuchte nicht nur den europäischen Grenzschutz, sondern auch ein Flüchtlingslager und ein altes NS-Gefängnis. Heute geht es weiter zu Gesprächen in die Türkei, wo sie als Mittlerin zwischen den zerstrittenen Staaten auftreten möchte.
Wir haben Annalena Baerbock auf der Reise begleitet – die ausführlichen Eindrücke lesen Sie hier:
"Das ist faktisch der Tod für die E-Auto-Förderung"
Der Bundesverband eMobilität (BEM) sieht in der von der Bundesregierung geplanten Reform der Förderung von E-Autos einen Frontalangriff auf die Elektro-Mobilität.
BEM-Vorstand Markus Emmert sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler: "Das ist der faktische Tod für die E-Auto-Förderung". Die CO2-Einsparziele im Verkehrssektor seien mit der Neuregelung "nicht erreichbar".
Die Grünen verteidigen den Plan: "Insgesamt wird die Förderung nun an einen erfreulich gut laufenden Markt angepasst", sagte die stellvertretende Fraktionschefin Julia Verlinden.
Und weiter: "Die Klimaziele im Verkehrssektor werden wir ohnehin nicht nur durch Autokaufprämien erreichen, dafür braucht es auch einen attraktiven ÖPNV und gute Fahrradinfrastruktur."
Julia Verlinden, Grüne © dpaDie Vorschläge der Bundesregierung sehen im Einzelnen vor:
Reine E-Autos, die unter 40.000 Euro kosten, werden ab 2023 nur noch mit 4.000 Euro bezuschusst. Bislang schießt der Staat 6.000 Euro dazu.
Für E-Autos, die mehr als 40.000 Euro kosten, soll es nur noch 3.000 Euro geben.
E-Autos, die teurer sind als 65.000 Euro, werden gar nicht mehr gefördert.
Im Laufe des kommenden Jahres soll die Förderschwelle auf einen Nettolistenpreis von 45.000 Euro sinken, mit einer Maximalförderung von 3.000 Euro.
Dienst- oder Handwerkerfahrzeuge sind nach den Plänen ab September 2023 nicht mehr förderfähig.
Wie der Vorschlag zustande kam und warum sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) damit durchgesetzt hat, hat Thorsten Denkler hier zusammengefasst.
Ukraine: Neue Gepard-Panzer im August
Fünf Monate nach dem russischen Angriff soll die Ukraine bis Ende August weitere 25 Flugabwehrpanzer des Typs Gepard aus Deutschland erhalten.
Das erfuhr unser Investigativreporter Christian Schweppe aus Regierungskreisen.
Die ersten fünf Gepard-Panzer sind schon in der Ukraine eingetroffen, in der nächsten Woche folgt Nachschub.
Ende April hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) unter großem Druck auf einer Geberkonferenz in Ramstein zugesagt, Gepard-Panzer aus dem Bestand von Krauss-Maffei Wegmann ausliefern zu lassen.
Lambrecht selbst nannte im Mai dann Details: 30 Panzer insgesamt “ab Mitte Juli".
Flugabwehrpanzer Gepard © dpaWer zuletzt wissen wollte, was aus diesem öffentlichen Versprechen der Bundesregierung geworden ist und offiziell anfragte, der stieß besonders im zuständigen Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) auf Schweigen.
Ein Sprecher fragte unseren Reporter gar, ob er für den russischen Geheimdienst arbeite – dieser sei sicher interessiert an solchen Informationen. Später wurden uns die neuen Lieferungen von anderer Stelle bestätigt.
Das zeigt: Die Regierungslinie ist bei den schweren Waffen weiter konfus und wenig souverän.
Was Ministerin Lambrecht kommentiert, kassiert Minister Habeck ein.
Dabei ist die Gepard-Lieferzusage längst bekannt – öffentlich bestätigt auf einer regierungseigenen Website. Die Ukraine hat zuletzt von sich aus den Erhalt der ersten Panzer bestätigt.
Ampel streitet über Kalte Progression im Steuerrecht
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lehnt eine Korrektur der kalten Progression im Einkommenssteuerrecht weiter ab, wenn nicht zugleich auch bei den Spitzeneinkommen höhere Steuern verlangt würden.
So soll sich Habeck unlängst im Kabinett geäußert haben, erfuhren wir.
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner will dagegen den Tarifverlauf für untere und mittlere Einkommen abflachen, damit bei Lohnerhöhungen und gleichzeitiger Inflation der Fiskus durch den progressiven Verlauf des Tarifs nicht überproportional zugreift.
Andreas Audretsch, Vize-Fraktionschef der grünen Bundestagsfraktion, sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler, es sei zwar möglich, den Mittelstandsbauch abzuschmelzen.
"Dann muss man es aber gerecht tun – das bedeutet auch, dass die Reichsten etwas abgeben müssen, um Entlastung für die breite Masse, für kleine und mittlere Einkommen, zu ermöglichen."
In der Krise dürften "Menschen mit wenig Geld, Menschen in der Grundsicherung, mit kleinen und mittleren Einkommen und Renten" nicht allein gelassen werden.
Ein einfacher Ausgleich der kalten Progression sei "ungeeignet". Das zeige schon ein kurzer Blick auf die Zahlen. Fast die Hälfte des Entlastungsvolumens würde den einkommensreichsten 10 Prozent zukommen, zwei Drittel den obersten 20 Prozent. "Das ist kein Konzept, das der aktuellen Lage gerecht wird", sagte Audretsch.
CDU-Politiker für befristetes Tempolimit
CDU-Chef Friedrich Merz hatte unlängst getwittert, es gebe eine "klare, gemeinsame Haltung" in der Union beim Thema Tempolimit, nämlich eine ablehnende.
Doch führende Vertreter der Klima-Union und der Bundestagsfraktion halten ein Tempolimit auf Autobahnen als Maßnahme für mehr Klimaschutz und Energiesicherheit für sinnvoll.
"Aus der Summe vieler Maßnahmen entsteht Wirkung. Das gilt für den Streckbetrieb der Atomkraftwerke genauso wie für das Tempolimit oder Genehmigungsbefreiungen. Ich bin dafür, alles zu machen, fürs Klima und für die Energiesicherheit", sagte uns Thomas Heilmann, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Klima-Union.
Wiebke Winter, Vorstandsmitglied der CDU und ebenfalls Mitglied der Klima-Union, sieht das ähnlich.
"In Zeiten der Krise darf es keine Denkverbote geben. Jeder eingesparte Liter fossiler Kraftstoff macht uns unabhängiger von Putin und ist gut für das Klima." Sie setzt sich für ein "zeitlich begrenztes Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen" ein.
Andreas Jung, Wiebke Winter, Thomas Heilmann, Armin Laschet (v.l.) © dpaAuch der frühere Gesundheitsminister und stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn hatte sich offen für ein Tempolimit gezeigt.
Laut dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend von Infratest Dimap sind 57 Prozent der Unionsanhänger für ein befristetes Tempolimit auf Autobahnen.
© Infratest Dimap"Europa hat ein starkes Zeichen gesetzt"
Der beamtete Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold, hält das in dieser Woche verabschiedete 15-Prozent-Gas-Sparziel der EU für eine außergewöhnliche Entscheidung.
"Das ist europapolitisch wirklich Neuland", sagte er im Gespräch mit Thorsten Denkler.
Es sei "erstaunlich", dass "sich jetzt Mitgliedsländer verpflichtet haben einzusparen, die gar nicht direkt betroffen sind von den russischen Sanktionen, die sich klüger aufgestellt haben als Deutschland. Dies sei "ein Zeichen, dass Europa zusammenhält".
Der Rat der EU-Energieminister hatte diese Woche in Rekordzeit entschieden, dass die EU-Länder von August bis Ende März 2023 jeweils 15 Prozent ihres Gasverbrauchs einsparen sollen. Zunächst freiwillig. Im Fall einer Gasnotlage auch verpflichtend.
Der CDU-Politiker Andreas Jung hatte uns am Mittwoch gesagt, er hätte es lieber gesehen, wenn mehr bilaterale Beistandsabkommen abgeschlossen worden wären.
Giegold zeigte sich überrascht von der Kritik. Der 15-Prozent-Reduktions-Vorschlag sei von der CDU-Politikerin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gekommen. "Und die hat hier wirklich einen guten Job gemacht."
Gas-Beistandsvereinbarungen seien aber ein gutes Instrument.
"Die wollen wir gerne haben, aber die Verhandlungen sind nicht mit allen Partnern gleichermaßen einfach."
Giegold: "An uns liegt es nicht."
Hören Sie das ganze Interview mit Sven Giegold hier im Pioneer Podcast.
Der deutsche Nato-Gefechtsverband in Litauen erhält einen neuen Kommandeur.
Wie uns das Verteidigungsministerium bestätigte, übernimmt zum 10. August Oberstleutnant Marco Maulbecker das Kommando von Daniel Andrä.
Maulbecker führt die Soldatinnen und Soldaten des Panzerbataillons 203 aus Augustdorf, wo man sich bereits länger mit Übungen an schwerer Artillerie auf die Mission an der Nato-Ostflanke vorbereitet hatte.
Unser Reporter Christian Schweppe hat die Battlegroup kurz nach Beginn des Ukrainekrieges besucht und sich erklären lassen, was der Auftrag der Bundeswehr im Baltikum mit sich bringt.
Hier sehen Sie die Videoreportage unseres Kollegen:
Unter dem Motto "Wirtschaften und Arbeiten in Krisenzeiten" tourt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach überstandener Covid-Erkrankung durch drei Bundesländer und besucht Unternehmen der Energiebranche.
Gestern war der Grünen-Politiker zu Besuch im Energiepark Bad Lauchstädt in Halle an der Saale (Sachsen-Anhalt) und beim Liebensteiner Kartonagewerk, einem Familienunternehmen in der Oberpfalz.
Am Abend diskutierte Habeck mit Bürgern in Bayreuth.
An diesem Freitag geht es weiter zu einer Glasfabrik in Thüringen und zu einem Hersteller von Photovoltaik-Zellen, der Meyer Burger Technology AG, in Bitterfeld.
Auf - Ulrich Mäurer. Bremens Innensenator will konsequent gegen Geldwäsche vorgehen und schließt vorübergehend alle 32 örtlichen Sportwetten-Büros. Sie dürfen erst wieder öffnen, wenn sie offengelegt haben, woher sie das Geld für die Eröffnung ihrer Läden haben. Mit der entsprechenden Änderung des Glücksspielgesetzes erwies sich das Land schon im vergangenen Jahr als Vorreiter. Aufsteiger!
Ab - Katja Kipping. Berlins Integrationssenatorin gehen die Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine aus. Ihr nun in Kraft tretender Notfallplan sieht vor, Neuankömmlinge in Zelten auf dem Flughafen Tegel unterzubringen. Gerade von einer Linken-Politikerin hätte man menschenwürdigere Vorschläge erwartet. Für Kipping geht es bergab.
Die Grünen zeigen in der Debatte um die Verlängerung der Atomkraft Kompromissbereitschaft. Bei Jürgen Trittin löst das Kopfschütteln aus. "Für den Vater des deutschen Atomausstiegs geht es auch um sein politisches Erbe", analysiert Spiegel-Redakteur Serafin Reiber. In seinem Interview kritisiert Trittin sowohl Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt als auch seine Münchener Parteifreunde, die einem Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Isar II über das Jahresende hinaus zugestimmt haben. Die Entscheidung sei "nicht unbedingt von energiepolitischem Sachverstand geprägt". Das vollständige Interview lesen Sie hier.
Während die Politik über den kalten Winter nachdenkt, erlebt Deutschland Waldbrände in bisher unbekanntem Ausmaß. Forscher kündigen ein „Zeitalter des Feuers” an, weil Waldbrände als Folge des Klimawandels zur Normalität werden.
Uns liegt ein Aktionsplan des niedersächsischen SPD-Innenministers Boris Pistorius vor, der Prävention und härtere Strafen beinhaltet. Welche Maßnahmen er konkret fordert, lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Jan Dieren, SPD-Bundestagsabgeordneter, 31
Hansjörg Durz, CSU-Bundestagsabgeordneter, 51
Klaus Töpfer (CDU), Bundesumweltminister a.D., 84
Was aktuell in der Welt, unserer Nachbarschaft und bei uns geschieht, treibt mich wie wohl die meisten Menschen um.
Die frühere SPD-Schatzmeisterin und ehemalige Bundesumweltministerin urlaubt gerade mit Fahrrad und Frau an der Jungen Donau.
Die 70-Jährige Niederrheinerin fordert als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Reformen in der Kirche und setzt sich im Kuratorium des Vereins Aktion Pro Humanität für Hilfsprojekte im Niger ein. Außerdem sitzt sie im Aufsichtsrat des Hamburger Start-ups HH2E, das derzeit die Wasserstoffbranche aufmischt.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre