Europäischer Inflation Reduction Act

Habecks „Europe first“-Strategie

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

  • Robert Habeck schlägt einen neuen Green Deal für Europa vor und will ihn notfalls mit neuen EU-Mitteln finanzieren. Ein internes Strategiepapier gibt Einblicke.

  • Nach dem EU-Westbalkangipfel ist Kanzler Olaf Scholz optimistisch, dass die EU zielstrebig die Erweiterung um die Westbalkan-Staaten umsetzen kann.

  • Bayern und Sachsen-Anhalt heben die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr auf, die anderen Bundesländer halten daran fest. Der Fahrgastverband kritisiert den Flickenteppich der Corona-Regeln.

  • Die Junge Union stellt sich unter dem neuen Chef Johannes Winkel neu auf. Wir kennen die ersten Personalwechsel.

Habeck-Strategiepapier: Neue Öko-Subventionen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will als Antwort auf die massiven US-Subventionen für die heimische Öko-Industrien (Inflation Reduction Act) auch in Deutschland neue Subventionen für „Transformationstechnologien“ umsetzen.

Das geht aus einem vertraulichen Strategiepapier seines Ministeriums hervor, das nun finalisiert wurde und uns vorliegt.

Ausriss aus dem Strategiepapier von Robert Habeck.  © The Pioneer

Habecks Ministerium verlangt in dem Papier eine europäische Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA. Das Gesetz sei ein „starkes Marktsignal“ in Richtung Transformationstechnologie, aber es ziele auch darauf, „Investitionen in die USA umzulenken“.

Darauf müssten die EU und Deutschland klug reagieren, so Habecks Beamte.

Mittel- und langfristig könnten die Effekte in Deutschland „ausbleibende Investitionen“, „sinkende Marktanteile“ und „steigende Abhängigkeiten von den USA“ sein.

Habeck lässt keinen Zweifel, dass die transatlantischen Beziehungen vertrauensvoll und eng bleiben sollten, doch müsste die EU reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Das BMWK nennt konkrete Ansatzpunkte:

  • Die Europäische Plattform für Transformationstechnologien (Clean Tech Europe) müsse als wirksames Bündnis zwischen Industrie und Politik Hindernisse für den Aufbau eigener Produktionskapazitäten identifizieren und neue Regeln erarbeiten.

  • Die EU-Beihilferegeln sollten für Öko-Technologien entschlackt und Förderungen ausgeweitet werden. Als Blaupause soll der European Chips Act dienen.

  • Die EU sollte ein eigenes Programm für die Förderung von Transformationstechnologien auflegen, das über eine Aufstockung des 720 Milliarden Euro umfassenden Corona-Fonds (RRF) oder über die Europäische Investitionsbank (EIB) finanziert wird.

Die folgende Passage dürfte FDP-Finanzminister Christian Lindner nicht erfreuen.

Habecks Beamte regen an, dass auch „neue Töpfe“ und „neue Programme mit frischem Geld“ aufgelegt werden sollten. Dies setze die „Erschließung neuer Finanzierungsquellen auf EU-Ebene voraus“.

Robert Habeck © imago

Ergänzend zu den EU-Maßnahmen müsste aber auch Deutschland „flankierende Maßnahmen“ ergreifen, so das Ministerium.

Dazu gehören neue Subventionen:

  • Ökologische Kriterien wie etwa der CO2-Fußabdruck sollen für öffentliche Ausschreibungen eingeführt werden. Dies könnte einen „Nachfrageimpuls“ für europäische Photovoltaik-Module oder Windkraftkomponenten bringen.

  • Staatliche Garantien und Absicherungen für den Bau von Windkraftanlagen an Land sind notwendig, um den Projektbetreibern zu helfen.

  • Garantien für Industriekonsortien sind denkbar, wenn diese die Abnahme europäischer Produkte sicherstellen.

  • Neue Sonderabschreibungen, Eigenkapitalhilfen und die Lockerung der Risikoprofile bei KfW-Krediten sind laut Ministerium ebenfalls denkbar.

  • Die Beamten schlagen einen „grünen Industriestrompreis“ vor, der die Kostennachteile für die Industrie kompensieren soll. Ein konkreter Vorschlag werde derzeit im Ministerium erarbeitet, heißt es.

  • Eine Wiederbelebung des Industriezollabkommens mit den USA sei zu prüfen. Dies könnte Exporte verbilligen.

Fazit: Das Strategiepapier aus dem Wirtschaftsministerium ist ein Maßnahmenkatalog für eine neue europäische Industriepolitik, eine Art „Europe first“-Strategie. Die Vorschläge dürften auch in der eigenen Koalition eine Kontroverse auslösen.

Scholz hofft auf schnelle EU-Erweiterung

Kanzler Olaf Scholz ist optimistisch, dass die EU zielstrebig die Erweiterung um die Westbalkan-Staaten umsetzen kann. Die Tatsache, dass der EU-Westbalkangipfel am Dienstag in Albanien stattfinden konnte, zeige, „welche Beschleunigung“ passiert sei, sagte Scholz.

Die Regierungschefs stehen beim Familienfoto beim EU-Westbalkangipfel um Edi Rama, Ministerpräsident von Albanien © dpa

Scholz, so vernehmen wir am Rande des Gipfels, strebt dennoch parallel Reformen innerhalb der EU an, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten. So wolle er weiter für das Prinzip von Mehrheitsentscheidungen kämpfen, auch wenn diese aktuell noch umstritten seien.

Auf dem EU-Westbalkangipfel trafen sich am Dienstag 25 Staats- und Regierungschefs der EU mit ihren Pendants aus den Staaten des Westbalkans, die allesamt die Mitgliedschaft in der EU anstreben.

Ampel kürzt Geld für Außenwirtschaftsförderung

Der Verband der deutschen Messewirtschaft AUMA macht auf einen Missstand in der deutschen Außenwirtschaftspolitik aufmerksam.

Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aktuell im südlichen Afrika deutsche Unternehmer präsentiert, hat die Ampel-Koalition mit dem neuen Bundeshaushalt die Außenwirtschaftsförderung gekürzt.

Betroffen sind auch Programme mit dem Schwerpunkt Afrika. Oder ein Programm, das kleinen und mittelständischen Unternehmen hilft, sich an Auslandsmessen zu beteiligen.

Damit werde deutschen Unternehmen die Chance genommen, ihre Produkte in Exportmärkten zu präsentieren, sagt uns AUMA-Geschäftsführer Jörn Holtmeier. „Das ist keine Politik für den exportorientierten deutschen Mittelstand.“ Sondern „widersprüchliche Politik vom Feinsten“.

Nach BMWK-Daten generiert jeder investierte Euro in Messeförderung 216 Euro Exportumsatz und schafft 372 Arbeitsplätze.

Die Kürzungen:

  • Messeförderung: 36,5 Millionen Euro, ein Minus von 20 Prozent gegenüber den Vorjahren.

  • Außenwirtschaftsförderung in Afrika: Statt 20,7 Millionen Euro jetzt 17,2 Millionen Euro.

  • Außenwirtschaftsförderung insgesamt: Von 124 Millionen Euro runter auf 106,3 Millionen Euro.

Die Kürzungen seien „bedauerlich“, erklärte eine Sprecherin des BMWK auf Nachfrage. „Wir müssen damit jetzt arbeiten und die Programme bestmöglich umsetzen.“

Wie Habeck dennoch versuchen will, das südliche Afrika wirtschaftlich stärker an Deutschland und die EU zu binden, analysiert unser Kollege Thorsten Denkler. Er begleitet Habeck auf der Reise hier:

Habecks Reload in Afrika

Wie Habeck versucht, das südliche Afrika wirtschaftlich stärker an Deutschland und EU zu binden.

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Veröffentlicht von Thorsten Denkler.

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Bundesregierung möchte vereinfachten Zugang zu Kurzarbeitergeld verlängern

Die Zugangserleichterungen für Kurzarbeitergeld sollen bis zum 30. Juni 2023 verlängert werden. Dies geht aus einem Entwurf der Bundesregierung hervor, der uns vorliegt. Initial sollte die am 22. Juni 2022 eingeführte Verordnung nur bis Ende des Jahres gelten.

© The Pioneer

Für Betriebe ist es dadurch für die Beantragung von Kurzarbeitergeld ausreichend, wenn mindestens 10 Prozent ihrer Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Regulär ist es mindestens ein Drittel. Leiharbeiter haben außerdem keinen Anspruch auf Vergütung im Fall von Kurzarbeit.

Grund für die Verlängerung ist das weiterhin unsichere wirtschaftliche Umfeld durch Krieg, Inflation und der erwarteten Rezession. Ziel ist die Vermeidung von Insolvenzen und Arbeitslosigkeit sowie die Sicherstellung von Planungssicherheit.

Fahrgastverband kritisiert Flickenteppich bei der Maskenpflicht

Die Bundesländer Bayern und Sachsen-Anhalt kündigten gestern an, die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr abzuschaffen. In Sachsen-Anhalt soll dies am Donnerstag passieren, in Bayern am Samstag. Im Rest Deutschlands bleibt die Maskenpflicht vorerst bestehen.

Hinweis Maskenpflicht im Zug © dpa

Bei der Gesundheitsministerkonferenz am Montag konnte man sich auf keine länderübergreifende Regelung einigen. Dass die beiden Bundesländer nun mit einer Änderung vorpreschen, kritisiert der Fahrgastverband Pro Bahn scharf. Der Vorsitzende des Verbands, Detlef Neuß, sagte unserer Kollegin Luisa Nuhr:

Dieser Flickenteppich ist den Fahrgästen nicht mehr vermittelbar. Wenn einzelne Bundesländer die Maskenpflicht abschaffen, sollten die anderen nachziehen.

Auch der Berliner Senat kritisiert das Vorgehen auf Nachfrage:

Die Vorstöße von Bayern und Sachsen-Anhalt sind insofern irritierend und aus Sicht der Bürger:innen im Sinne einheitlicher Regelungen nicht zielführend.

Eine Auflösung des Flickenteppichs scheint allerdings aktuell nicht in Sicht zu sein. Schleswig-Holstein möchte die Maskenpflicht zum Ende des Jahres abschaffen. Alle anderen Bundesländer halten an der Maskenpflicht fest. Auch für Fernzüge ist die Maskenpflicht bis 7. April 2023 bundesweit gesetzlich festgeschrieben.

Wie hoch der Einfluss der Maskenpflicht auf das tatsächliche Verhalten der Fahrgäste ist, bleibt fraglich. Aus Kreisen der Berliner Verkehrsgenossenschaft heißt es, in den vergangenen Tagen haben nur rund 60 Prozent der Fahrgäste eine Maske getragen.

Neuer JU-Chef holt NRW-Personal nach Berlin

Arvid Hüsgen wird neuer Bundesgeschäftsführer der Jungen Union. Er wurde am Wochenende vom Bundesvorstand der Nachwuchsorganisation gewählt, wie unser Kollege Maximilian Stascheit erfuhr.

Hüsgen war bislang Pressesprecher des JU-Landesverbands NRW, dessen Chef der neue Bundesvorsitzende Johannes Winkel ist.

Er folgt auf Antonia Haufler, die in die freie Wirtschaft wechselt.

Zudem bekommt die Entscheidung, das Mitgliedermagazin der Jungen Union Deutschlands, einen neuen Chefredakteur.

Fabio Crynen, der bislang die Redaktion des Mitgliedermagazins des nordrhein-westfälischen Landesverbandes leitete, löst Tobias Stümges ab.

Herken rückt in GIZ-Vorstand auf

Die Unternehmerin Anna Sophie Herken wird neuer Vorstand bei der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und wird dort indirekt Tanja Gönner ersetzen, die zum BDI wechselte. Dies hat der Aufsichtsrat der GIZ gestern entschieden.

Herken wird im Sommer ihre Aufgabe beginnen. Sie ist seit 2018 Business Division Head bei der Allianz Asset Management GmbH. Zuvor war sie unter anderem Finanzchefin bei der HPC Germany, Geschäftsführerin der Hertie School of Governance in Berlin und arbeitete bei der European Bank for Reconstruction and Development in London sowie für die Weltbank in Washington, DC.

Anna Sophie Herken 

Vorstandssprecher ist bereits der frühere SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel, der in dieser Funktion Tanja Gönner folgte. Herken wiederum schließt die Lücke, die im Vorstand durch den Weggang entstanden ist. Neben den beiden ist auch noch Ingrid Hoven Vorstandsmitglied.

Die Personalie darf als rein fachliche Entscheidung des Aufsichtsrats gesehen werden – obwohl der politische Druck von FDP und Union vorhanden war, den Posten parteipolitisch zu besetzen.

Der Bundestag kommt nächste Woche zu seiner letzten Sitzungswoche in diesem Jahr zusammen. Zum Auftakt wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch, 14. Dezember, eine Regierungserklärung anlässlich des am selben Tag stattfindenden EU-ASEAN-Gipfels und des Europäischen Rats am 15. und 16. Dezember angeben.

Anschließend stellt sich Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) den Fragen der Abgeordneten.

Auf - Svenja Schulze. Die Entwicklungsministerin hat einen Führungswechsel in der für sie besonders wichtigen Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) gemeinsam mit ihrem Staatssekretär Jochen Flasbarth organisiert – und ein exzellentes Ergebnis erzielt. Statt dem Drängen von FDP und Union um die Stelle nachzugeben, hat Schulze eine echte Expertin mit spannendem Lebenslauf geholt. Das Haus gewinnt – Schulze ist die Aufsteigerin.

Ab - Christian Lindner. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der Billigung des europaweiten Corona-Fonds zieht sich die Schlinge um den Hals von Lindner enger. Der FDP-Finanzminister wird seinen Abwehrkampf gegen neue EU-Fonds intensivieren müssen. Das Urteil stärkt die Befürworter gemeinsamer Schulden.

Matthias Kaufmann, Wirtschaftsreporter beim Spiegel, analysiert die gestern von Lauterbach vorgestellte Reform der Krankenhäuser. Sie sei eine „Revolution, die wir unbedingt benötigen“, erklärte dieser. Es gehe um nicht weniger als die Abschaffung der Fallpauschalen, die Lauterbach vor knapp 20 Jahren selbst eingeführt hatte. Kaufmanns Fazit: Die Revolution sei jetzt schon kleiner, als sie werden sollte „und dürfte bis zur Umsetzung noch weiter schrumpfen“. Hier geht es zum Beitrag.

Gibt es eine Renaissance der Psychedelika? Gerade in einer Pandemie – während Covid hat sich die Anzahl der Depressionskranken verdreifacht – könnte die kontrollierte Therapie mit psychedelischen Substanzen, wie LSD oder Cannabis, die Mental Health Industrie transformieren. „Erst durch psychedelische Erfahrungen können wir unsere Traumata entdecken, die unser Körper so lange gespeichert hat“, schreibt Anne Philippi, die ehemalige Silicon-Valley-Korrespondentin der FAZ in einem Gastbeitrag für The Pioneer. Eine spannende, neue Perspektive!

Über eine naive oder visionäre Energiewende und eine pragmatische oder moralisch fundierte Außenpolitik haben gestern Abend im ZDF bei Talkshow-Moderator Markus Lanz der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin, Michael Bröcker, Handelsblatt-Autorin Kathrin Witsch und Militärexperte Sönke Neitzel diskutiert. Die Sendung können Sie hier nachschauen.

1 Jahr Ampel – was war gut, was war schlecht? Darüber diskutierte am Montagabend bei n-tv Moderator Micky Beisenherz mit Grünen-Chefin Ricarda Lang und Gordon Repinski. Hier können Sie die Sendung sehen.

Heute gratulieren wir herzlich:

Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtags, 58

Florian Herrmann (CSU), bayerischer Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, 51

Tabea Rößner, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 56

Rebecca Schamber, SPD-Bundestagsabgeordnete, 47

© The Pioneer

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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