unsere Themen heute:
Das Bundesverfassungsgericht könnte den Klimafonds KTF kippen. Das hätte auch Folgen für den Haushalt 2024.
In der EU kommt eine Lösung zur Reform der Fiskalregeln schrittweise voran. Schon bald soll es Trilogverhandlungen geben.
In der Union tobt eine Debatte über den Umgang mit den Grünen. Friedrich Merz deklariert sie als Hauptgegner. CDU-Vize Andreas Jung hält dagegen.
Die Linke hat am Dienstag beschlossen, ihre Fraktion aufzulösen. Für die Liquidation haben sie zwei Kollegen bestimmt.
Die Fraktionsauflösung hat außerdem einen Streit um den Vorsitz des Ausschusses für Klima und Energie entbrannt. Zwei Parteien beanspruchen den Platz für sich.
Karlsruhe könnte den Haushaltsplan für 2024 sprengen
Der heutige Tag könnte historisch werden. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet um zehn Uhr über die Rechtmäßigkeit des Klima- und Transformationsfonds, kurz: KTF. Der KTF soll die Energiewende und mehr Klimaschutz finanzieren. Inzwischen liegen im Fonds aber auch sachfremde 60 Milliarden Euro. Die Ampel-Regierung hatte das Geld aus der Coronahilfe umgewidmet, weil es nicht abgerufen wurde. Die Union hat dagegen geklagt, weil es aus ihrer Sicht „gegen die Schuldenbremse des Grundgesetzes verstößt“.
Drei Szenarien sind möglich:
Die Richter winken den KTF durch – und sorgen für Erleichterung in der Ampel.
Die Richter mahnen Änderungen an – und schieben eine Lösung in die Zukunft.
Die Richter kippen den KTF – und lassen den Haushalt für 2024 platzen.
Von der Entscheidung in Karlsruhe hängt viel ab. „Die Zwecke des KTF wurden stark ausgeweitet“, sagte Brigitte Knopf, Generalsekretärin am Berliner Klimaforschungsinstitut MCC, unserem Kollegen Christian Schlesiger. „Projekte wie der Ausbau der Schieneninfrastruktur für knapp zwölf Milliarden Euro oder die Intel-Subvention in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro haben nur indirekt etwas mit Klimaschutz und Energiewende zu tun.“
Brigitte Knopf © imagoSollte Karlsruhe den KTF kippen, „ließen sich bestimmte Projekte 2024 nicht finanzieren und es würde mittelfristig eine größere Finanzierungslücke bei der Transformation entstehen.“
Unter dieser Entscheidung steht auch die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am Donnerstag. Dort wird jeder Ausgabenwunsch der Regierung für 2024 überprüft, durchgewunken oder geändert.
Helge Braun © dpaWie sich die Bundesregierung den Haushalt vorstellt, hat das Finanzministerium in der Vorlage Nr. 350/2023 jetzt an den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses Helge Braun (CDU) verschickt. Das 459-seitige Papier liegt uns vor. Politisch interessant sind folgende Änderungen gegenüber dem Haushaltsentwurf im Sommer 2023:
Der Militärhaushalt soll sich auf acht Milliarden Euro verdoppeln – darin enthalten ist eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von zwei Milliarden Euro.
Die Bahn erhält eine halbe Milliarde Euro mehr als geplant, um Schienenwege auszubauen. Budgetiert sind jetzt 4,5 Milliarden Euro.
Stromintensive Unternehmen erhalten „zum Ausgleich von emissionshandelsbedingten Strompreiserhöhungen“ Zuschüsse von zusätzlich 1,27 Milliarden Euro.
Die „globalen Mindereinnahmen“ liegen laut Vorlage bei 5,19 Milliarden Euro. Damit der Haushalt 2024 am Ende ausgeht, werden die Haushaltsexperten der Ampel-Parteien die Regierungsvorlage bis Donnerstag anpassen. Nach der Vorlage ist vor der Vorlage.
Richter im Bundesverfassungsgericht. © dpaEU-Fiskalpakt soll im Dezember in den Trilog
In der EU kommt eine Lösung zur Reform der Fiskalregeln schrittweise voran. Die spanische Ratspräsidentschaft will auf dem Europäischen Rat für Wirtschaft und Finanzen am 8. Dezember eine „allgemeine Ausrichtung“ für die neuen Schuldenregeln beschließen, wie aus einem Bericht des EU-Verbindungsbüros des Deutschen Bundestages hervorgeht.
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez im Moncloa-Palast in Madrid. Spanien übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft vom 1. Juli bis 31. Dezember 2023. © dpaDemnach könnte das Europäische Parlament „bis Mitte Dezember 2023 seine Position verabschieden, so dass Trilogverhandlungen zeitnah eingeleitet werden können“, heißt es weiter.
Im Mittelpunkt der Diskussionen steht der sogenannte präventive Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der Sanktionen bei Haushaltsdefiziten vorsieht. Konkret wird über die Einführung von Mindestvorgaben für den jährlichen Schuldenabbau und das öffentliche Defizit beraten.
Deutschland will harte Vorgaben. Die Schulden oberhalb der EU-Grenzen sollen bereits nach einer vierjährigen Anpassungsphase innerhalb von zwei Jahren zurückgeführt werden müssen. Die meisten EU-Mitglieder befürworten die Position, dass der Schuldenabbau im Zeitraum von drei Jahren erfolgen darf.
„Informellen Informationen zufolge könnte letzteres am Ende der Kompromiss werden“, heißt es in dem Bericht an den Bundestag.
CDU-Vize Andreas Jung: Keine Sehnsucht nach der Groko
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Andreas Jung, warnt seine Partei davor, ein Ende der Ampel zu fordern oder die Grünen als potenziellen Koalitionspartner auszuschließen.
Jung sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Bei großem Respekt vor der Entscheidung der CDU Hessen für die SPD: Die Erinnerung an die Groko-Jahre im Bund ist noch so wach, dass in Berlin keine übertriebene Sehnsucht nach den Genossen ausbricht.
Jung sagte weiter:
Ziel müsse es sein, so stark zu werden, „dass es ohne uns nicht geht und wir den Partner wählen können – nicht umgekehrt“.
Das sei die „komfortable Situation in Hessen: klar auf Sieg spielen und außer den Extremen rechts und links keine Option ausschließen. Das war das Erfolgsrezept von Boris Rhein.“
Andreas Jung © imagoIn der Union tobt eine Debatte über den Umgang mit den Grünen.
Aus Bayern meldete sich CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder zu Wort, der den umgehenden Bruch mit der Ampel und eine große Koalition mit der SPD fordert.
Der CDU-Bundesvorsitzende und Fraktionschef Friedrich Merz erklärte die Grünen zum Hauptgegner der Union.
Auf X hatte jetzt der rheinland-pfälzische CDU-Abgeordnete Erwin Rüddel erklärt, die Entscheidung von Rhein für die SPD sei eine „gute Entscheidung für Hessen und eine klare Option für Deutschland“.
Und weiter: „Wer CDU/CSU wählt, muss sich sicher sein dürfen – zumindest auf Bundesebene –, dass eine Beteiligung der Grünen in einer Regierung verbindlich ausgeschlossen ist“.
Hobler und Westphal werden Liquidatoren der Linksfraktion
Die Linke hat am Dienstag beschlossen, ihre Fraktion zum 6. Dezember aufzulösen. Damit geht ein langer Konflikt um den Erhalt der Fraktion zu Ende.
Für die Rolle der Liquidatoren der Linksfraktion wurden der Leiter des Büros des Fraktionsvorstandes, Thomas Westphal, und der stellvertretende Fraktionsgeschäftsführer Uwe Hobler bestimmt.
Sahra Wagenknecht © imagoDie Auflösung der Fraktion tritt mit dem 6. Dezember in Kraft. Die Abgeordneten der bisherigen Linksfraktion werden dann so lange Einzel-Abgeordnete sein, bis die Linke beziehungsweise das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) jeweils als Gruppen vom Bundestag anerkannt werden.
Nach bisherigen Überschlagsrechnungen erfüllen sowohl Linke als auch BSW die Grundvoraussetzung, um als Gruppe anerkannt zu werden, erfuhr unser Kollege Thorsten Denkler.
Die Regel lautet, dass eine Gruppe als solche anerkannt werden muss, wenn sie aus eigener Stärke heraus mindestens einen Sitz in einem Ausschuss beanspruchen kann.
Unklar ist, wer die Gruppe der Linken künftig führen soll. Fraktionschef Dietmar Bartsch steht nicht zur Verfügung. Ins Gespräch wird immer wieder die Anwältin Clara Bünger gebracht.
Clara Bünger © The PioneerFür das BSW hat die Rolle bereits Wagenknecht beansprucht.
Sie war in der Fraktionssitzung nicht anwesend. Von den zehn Abtrünnigen waren lediglich drei dabei.
Klima und Energie: Streit um Ausschussvorsitz
Mit der Entscheidung zur Fraktionsauflösung der Linken ist ein Streit um die Nachfolge von Klaus Ernst als Vorsitzender des Ausschusses für Klima und Energie entbrannt.
Sie SPD beansprucht den Platz für sich, hört unser Kollege Thorsten Denkler. Die Union ebenso.
Klaus Ernst © imagoAm Ende dürfte die Ampel-Mehrheit die Frage entscheiden. Voraussichtlich zugunsten der SPD.
Dort werden dem hessischen SPD-Abgeordneten Timon Gremmels die besten Chancen eingeräumt.
Sobald die Linke ihren Fraktionsstatus aufgegeben hat, hat sie automatisch keinen Sitz mehr in dem Ausschuss und kann auch nicht mehr dessen Vorsitzenden stellen.
Timon Gremmels, SPD-Bundestagsabgeordneter © imagoDa es in dem Ausschuss aktuell keinen stellvertretenden Vorsitzenden gibt, wird für eine Übergangszeit der dienstälteste Abgeordnete im Ausschuss das Amt übernehmen. Die Stellvertretung wird der Zweitdienstälteste antreten.
Im ersten Fall ist das der CSU-Abgeordnete und frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich. Stellvertreter wird der Fraktionsvize der Union, Jens Spahn.
Allerdings werden die beiden nach den Plänen der Ampel nur für die kurze Zeit gebraucht, die es dauert, um in der ersten Sitzung des Ausschusses nach dem Ausscheiden von Ernst eine neue Ausschussspitze zu bestimmen.
SPD-Fraktion wählt Parteitagsdelegierte
Die SPD-Fraktion hat ihre Delegierten für den Bundesparteitag im Dezember gewählt. Insgesamt zehn Delegierte nehmen somit auf dem Ticket der Fraktion an der Veranstaltung teil.
Einige Prominente verpassten die Wahl, etwa Ralf Stegner, Wolfgang Hellmich oder Bettina Hagedorn. Sie müssen sich nun anderweitig um ihren Delegiertenstatus bemühen, aber das sollte ja möglich sein.
„Fridays for Israel“ an der Humboldt-Universität
Nach den zahlreichen pro-palästinensischen Demonstrationen in den vergangenen Tagen laden die Junge Union und verschiedene pro-israelische Gruppen erneut zu einer Demonstration unter dem Motto „Fridays for Israel“.
Am Freitag, 17. November, soll es vor der Humboldt-Universität in Berlin-Mitte eine Demonstration zur Solidarität mit Israel geben. Mit-Organisatoren sind Mitglieder der Jungen Union und Mitarbeiter des Konrad-Adenauer-Hauses. Bei der letzten Veranstaltung an der Freien Universität kamen etwa 200 Menschen, darunter der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann und der Publizist Michel Friedman.
SPD trifft sich zum Bundesparteitag
Von Freitag, 8. Dezember, bis Sonntag, 10. Dezember, trifft sich die SPD in Berlin zum Bundesparteitag.
In dem Leitantrag des Bundesvorstands geht es um den klimaneutralen Umbau des Industrielandes, Deutschlands Rolle in der Welt und die Forderung nach einem 100 Milliarden Euro umfassenden Bildungs- und Infrastrukturpaket für Deutschland. Auch will sich die SPD-Führung für eine Lockerung der Schuldenbremse und eine weitere Erhöhung des Mindestlohns aussprechen.
Außerdem werden alle 35 Mitglieder des Bundesvorstands gewählt. Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil treten erneut an.
Auf - Gitta Connemann. Sie ist die Vorsitzende der wirtschaftsliberalsten und konservativsten Vereinigung der CDU, der Mittelstandsunion. Doch bei den Frauen in Spitzenjobs hat die MIT eine Vorbildfunktion, mit der Bundesvorsitzenden und vier weiblichen Landesvorsitzenden ist die MIT in der CDU führend – und das ohne Quote. Gestern Abend verlieh die Vereinigung einen Sonderpreis an die Verlegerin Friede Springer für die unverbrüchliche Solidarität mit Israel. Richtiger Zeitpunkt!
Ab - Gregor Gysi. Er war einer der Mitbegründer der Linkspartei nach der Fusion der WASG mit der SED-Nachfolgepartei PDS. Trotz aller Kritik hielt Gysi viele Jahre die Partei zusammen, von Gewerkschaftsführern bis Altkommunisten. Nun löst sich die Linkspartei-Fraktion auf. Ein bitterer Tag.
Die Chefredakteurin des RND, Eva Quadbeck, kritisiert, dass die Ampel-Regierung bei ihrer Bürgergeldreform einige wichtige Punkte außer Acht gelassen habe. Steige etwa das Bürgergeld um zwölf Prozent zum Jahreswechsel und würden auch weiterhin nur wenig Anforderungen an die Empfänger gestellt werden, „dann könnte sich der Arbeitskräftemangel im Dienstleistungssektor verschärfen“. Gleichzeitig, so Quadbeck, vergrößere sich auch das „Gefühl von Ungerechtigkeit zwischen jenen, die einem geregelten Job nachgehen, und Langzeitarbeitslosen“. Ihr Fazit: Ein Sozialstaat, wie Deutschland, „baut auf die Solidarität der Starken mit den Schwachen“. Um diese Solidarität aufrechtzuerhalten, brauche man nicht nur jede mögliche Arbeitskraft. Der Staat müsse auch entsprechende Bedingungen dafür schaffen. Lesenswert.
Der SZ-Redakteur Markus Balser ist der Meinung, dass sich die Grünen nach ihrem Rauswurf in Wiesbaden mit der Frage auseinandersetzen sollten, warum ihre Partei für viele eine Belastung darstelle. Und zwar nicht nur in Hessen. Zunehmende Probleme seien laut Balser „die mangelnde Selbstkritik und fehlenden Strategien in wichtigen Politikfeldern“. Besonders schwer wiege, dass den Grünen in der Migrationspolitik noch immer eine klare Richtung fehle. Auf dem Bundesparteitag nächste Woche werde das auch einer der entscheidenden Streitpunkte sein. Die Partei brauche, so Balser, jetzt vor allem eines: „klare Beschlüsse“. Hier lesen Sie seinen Kommentar.
Heute gratulieren wir herzlich:
Aminata Touré (Grüne), Ministerin für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung in Schleswig-Holstein, 31
Frank Doods (SPD), Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung, 62
Mareike Lotte Wulf, CDU-Bundestagsabgeordnete, 44
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre