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Unsere Themen heute:
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst besuchte gestern unseren neuen Pioneer-Bus in Düsseldorf - und äußerte sich im Interview zur K-Frage und zum Industriestrompreis.
Einigung bei der Kindergrundsicherung. FDP-Minister Christian Lindner und Familienministerin Lisa Paus finden einen Kompromiss.
Das Heizungsgesetz soll jetzt in der ersten Septemberwoche vom Bundestag verabschiedet werden. Für Thomas Heilmann (CDU) aber bleiben zu viele Fragen offen.
Deutschland will bis Ende des Jahres über 10.000 Soldaten der Ukraine ausbilden - die Ziele wurden verdoppelt.
Die SPD-Fraktion beginnt am heutigen Montag ihre Fraktionsklausur in Wiesbaden - und sie tagt in einem Hotel, in dem (umstrittene) Parteigeschichte geschrieben wurde.
Wüst: Düsseldorf first
Michael Bröcker und Hendrik Wüst © Anne HufnaglWenn es um die Kanzlerkandidatur der Union bei der Bundestagswahl 2021 geht, mischt NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst als Chef des größten CDU-Landesverbandes in jedem Fall mit.
Und er schließt unverändert auch nicht aus, selbst in diese Rolle zu schlüpfen.
Am Sonntagmittag war er in Düsseldorf zu Gast am neuen Klartext-Express von The Pioneer, zum Gespräch mit einem der Autoren dieses Briefings.
Wüst über die Unterscheide zwischen Bundes- und Landespolitik:
Hendrik Wüst auf der Bühne von The Pioneer in Düsseldorf © Anne HufnaglIn Berlin läuft das alles ein bisschen anders. Da ist Politik immer auch mehr Show. Dann sind da nicht zwei Kameras, dann sind 15 Kameras da.
Dass er - wie zuletzt in einem Interview - eine Kanzlerkandidatur nicht ausschließe und seine Aufgabe lediglich „aktuell“ in Nordrhein-Westfalen sehe, begründet Wüst so:
Wenn ich sagen würde ‚für immer' - das glaubt doch alles keiner. Ich versuche einfach ehrlich zu sagen, was ich dazu gerade denke. Und dann fangen die alle an zu deuten wie die Bekloppten.
Für CDU-Chef Friedrich Merz, mit dem er längst nicht immer auf einer Linie liegt, hat der NRW-Regierungschef lobende Worte übrig:
"Friedrich hat auch viele gute neue Ideen.“
Merz sei zupackend, habe einen klaren Kopf.
Und weiter:
Der Klartext-Express von The Pioneer. © Anne HufnaglDer brennt dafür, dass es diesem Land besser geht.
In der Debatte um die Kanzlerkandidatur rechnet Wüst nicht mit Verwerfungen wie 2021:
„CDU und die CSU werden das im Jahr vor der Bundestagswahl schiedlich-friedlich entscheiden.“
Ob Schwarz-Grün auch die richtige Regierungskoalition für den Bund sei?
Er sei „kein Handlungsreisender“ für Schwarz-Grün. Doch müsse die CDU so wie an Rhein und Ruhr mit den Grünen regieren können:
Hendrik Wüst © Anne HufnaglWas heißt denn das sonst? Du gewinnst eine Landtagswahl, dann sagen die anderen: Mit denen darfst du nicht, mit der FDP reicht es nicht, mit der SPD klappt vielleicht auch nicht. Und dann? Dann machen die Wahlverlierer Regierung? Das ist auch Gaga. Politik ist nicht Liebe, nicht jeden Tag großer Spaß.
Wichtigstes politisches Feld ist für den NRW-Landeschef aber aktuell die Wirtschaftspolitik. Auch die Wirtschaftsleistung an Rhein und Ruhr soll dieses Jahr um rund 0,3 Prozent sinken, rechnen Forscher vor.
Wüst will deshalb die energieintensiven Unternehmen gezielt entlasten.
„Die Energiepreise sind zu hoch für einen Wirtschaftsstandort, der sehr energieintensiv ist“, so Wüst. Die Industrie drohe nicht abzuwandern, sie sei bereits dabei, es zu tun.
Anders als Merz, der sich gegen einen staatlich subventionierten Industriepreis ausgesprochen hatte, hält Wüst eine solche Lösung sehr wohl für eine Ultima Ratio.
„Nicht, weil ich das schick finde, nicht, weil ich das richtig finde“, so der CDU-Politiker. Es gehe hier um „einen ordnungspolitischen Irrweg“, den man notfalls mitgehen müsse. Auf jeden Fall sei beim „Brückenstrompreis“ aber eine Befristung erforderlich.
© The PioneerAuf Fortschritte pochte Wüst nicht nur in der Energiepolitik, sondern auch beim Thema Planungsbeschleunigung.
Wir müssen mal diesen Wildwuchs an Dingen, die uns langsam machen, beschneiden.
Für die Performance der Ampel in Berlin hat der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes nur Kopfschütteln übrig.
„Was die Berliner da machen mit ihrer ständigen Streiterei, ist mir zuwider“, sagte er.
Lindner und Paus einigen sich auf Kindergrundsicherung
Späte Einigung nach erneuter Verhandlungsrunde im Kanzleramt.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) haben sich nach unseren Informationen am späten Abend auf die Grundzüge einer Kindergrundsicherung geeinigt, die ab 2025 alle wesentlichen kinderpolitischen Leistungen (u.a. Sofortzuschlag, Teilhabepaket, Kindergeld) zusammenfassen soll.
Eine einfache und zentrale Beantragung soll den Empfängern helfen, das finanzielle Volumen soll sich allerdings nicht auf 12 Milliarden Euro bis 2027 belaufen, wie von Paus ursprünglich geplant, sondern unter 10 Milliarden Euro liegen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bei einer Kabinettssitzung. © imagoEntscheidend für die Grünen sei gewesen, dass ein Systemwechsel stattfinde und eine Anpassung der Leistungen künftig regelmäßig erfolge.
Lindner habe auf den Ausbau der Infrastruktur für Familien und Kinder gedrängt. Beide hätten ihre Punkte machen können, hieß es. Details sollen schon heute vorgestellt werden.
Die Ampel-Koalition hatte bereits im vergangenen Jahr den Sofortzuschlag für arme Familien um 20 Euro pro Monat und Kind erhöht, ab dem 1. Januar 2023 erhalten Eltern für jedes Kind außerdem ein erhöhtes Kindergeld von 250 Euro pro Monat.
Deutschland will 10.000 Ukraine-Soldaten ausbilden
Präsident Selenskyj im April 2023 © imagoDeutschland will alleine in diesem Jahr über 10.000 Soldaten der ukrainischen Streitkräfte ausbilden. Dies geht aus einem internen Bericht der Bundeswehr hervor, in den wir Einblick erhalten haben. Bis zum 22. August betrug die Zahl demnach bereits 6.650 Soldaten.
Die Ausbildung ist Teil einer europäischen Mission, im Rahmen derer bis Ende des Jahres über 30.000 Soldaten ausgebildet werden sollen. Damit wurde wegen der großen Bemühungen das Ziel von 15.000 verdoppelt.
Die Ausbildung findet unter anderem in einem der Hauptquartiere der Mission in Strausberg bei Berlin statt.
Heilmann: Ampel steckt Kopf in den Sand
Vor den in dieser Woche beginnenden Klausurtagungen der Ampel-Fraktionen kritisiert der CDU-Abgeordnete und Chef der Klima-Union, Thomas Heilmann, die aus seiner Sicht fehlende Bereitschaft, offene Fragen der künftigen Wärmeversorgung in Deutschland zu klären.
Thomas Heilmann © imagoHeilmann sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Beim Thema Heizungsumbau versteckt sich die Ampel. Die Zahlen beim Wärmepumpe-Einbau brechen ein, die Bundesregierung gibt schriftlich Auskunft, im Blindflug beim Thema CO2 Reduzierung zu sein, die Bevölkerung ist verunsichert, die Branche stöhnt und die SPD diskutiert die Agenda des nächsten halben Jahres und sagt zu all dem genau: nichts.
Heilmann kritisiert, dass die "vom Verfassungsgericht angeordnete Debatte zum Heizungsgesetz" vor der Ampel verweigert werde.
Nach den Plänen der Ampel soll das Gesetz ohne weitere Änderungen in der von den zuständigen Ausschüssen dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegten Form in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause verabschiedet werden.
Heilmann hatte wegen zu geringer Beratungszeit vor dem Bundesverfassungsgericht kurz vor der Sommerpause eine Verschiebung der finalen Abstimmung erwirkt.
Er sagt:
Mit Kopf in den Sand löst die Ampel weder ihre eigene Krise, noch das Heizungsdebakel, noch die Klimakrise.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) werben unterdessen in einem gemeinsamen Brief an die Mitglieder der Ampel-Fraktionen für das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung, das eng mit dem Heizungsgesetz verknüpft sein wird.
"Wir möchten Sie bitten, dieses wichtige Vorhaben zu unterstützen und freuen uns auf die bewährt gute Zusammenarbeit im parlamentarischen Verfahren", heißt es in dem Schreiben vom 22. August, das uns vorliegt.
Zum Download: Der Brief von Habeck und Geywitz
Am Mittwoch: Hauptstadt Podcast live aus Hannover
Michael Bröcker und Gordon Repinski bei einem „Hauptstadt – Das Briefing Live“ auf der Pioneer One. © Anne HufnaglAm kommenden Mittwochabend, 30. August, sind wir mit dem Hauptstadt Podcast in Hannover zu Gast. In der Heinz-von-Heiden-Arena des Traditionsvereins Hannover 96 (hier hatte einer der Autoren zuvor "Zweitligist" geschrieben) geht es um 19 Uhr los, Interviewgast wird SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sein.
Es gibt noch einige Restkarten, die Sie hier bestellen können:
Klick aufs Bild führt Sie zum Event.Zur aktuellen Folge "Das Selbstbestimmungsgesetz spaltet" geht es hier entlang.
SPD-Fraktion tagt im Ypsilanti-Hotel
Die SPD-Fraktion beginnt am heutigen Montag ihre Fraktionsklausur in Wiesbaden - und sie tagt in einem durchaus besonderen Hotel: Das Dorint Pallas Hotel erlangte vor rund 15 Jahren Berühmtheit, als vier Abweichler die rot-rot-grünen Regierungspläne von Andrea Ypsilanti zu Fall brachten.
Der Vorfall hatte schwerwiegende Folgen, Andrea Ypsilantis Karriere und die "der vier" endeten abrupt, Roland Koch wurde Ministerpräsident und Hessen vom Swing State zum konservativen Stammland.
Ab heute geht es bei der Klausur eher um Strompreise und Wohnen, dazu ist etwa die Professorin Isabella Weber zu Gast. Zum Thema Wandel der Arbeit spricht Johanna Wenckebach von der Hans-Böckler-Stiftung.
Linksfraktion sucht neue Führung
Die Fraktion der Linken kommt Mittwoch und Donnerstag in Räumen des Bundestages zu ihrer Klausur zusammen. Es wird die letzte Klausur unter der Führung von Dietmar Bartsch und seiner Co-Vorsitzenden Amira Mohamed Ali sein. Beide hatten ihren Rückzug erklärt.
Am ersten Klausurtag stehen die "aktuelle politische Lage" sowie die "Entwicklung der Fraktion" auf der Tagesordnung.
Unklar ist, ob die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan bis dahin einen Vorschlag für eine neue Fraktionsführung machen.
Sören Pellmann © imagoSpekuliert wird, dass Wissler und der Abgeordnete Sören Pellmann die Rollen übernehmen könnten.
Ebenso unklar ist, wie lange der Fraktionsstatus noch erhalten bleiben kann, sollte sich um Sahra Wagenknecht eine neue Partei gründen.
Auf - Stefan Seidler. Der einzige SSW-Bundestagsabgeordnete konnte in der aktuellen Namensrechtreform seine geforderten Änderungen durchsetzen. Unter anderem soll es für Angehörige der dänischen Minderheit möglich werden, ihren Kindern Geburtsdoppelnamen mit dänischer Namenstradition zu geben - der Buchstabe Æ zieht quasi in unser Alphabet ein. Rigtig fint!
Ab - Hubert Aiwanger. Der bayerische Wirtschaftsminister und Parteivorsitzende der Freien Wähler hat zwar offenbar das antisemitische Pamphlet in seiner Jugend nicht selbst verfasst, sondern sein Bruder. Aber Kopien des Schriftstücks waren in seinem Besitz. Warum? Die Debatte wird den Wahlerfolg der Freien Wähler schmälern. So oder so.
Gestern stellte sich Christian Lindner den Fragen von Shakuntala Banerjee im ZDF-Sommerinterview. Dabei lag der Fokus des Gesprächs hauptsächlich auf dem Streit um die Kindergrundsicherung in der Ampelkoalition und der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands.
© picture allianceZum Streit über die Kindergrundsicherung meint der Bundesfinanzminister, dass es „sehr rasch“ zu einer grundlegenden Einigung kommen werde. Trotz der Tatsache, dass das gesamte Verfahren noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde, sagt er zuversichtlich:
Ich rechne damit, dass wir sehr kurzfristig eine Einigung über die Eckpunkte haben.
Der FDP-Vorsitzende reagierte auf die Kritik an seinen jüngsten Äußerungen während des Tages der offenen Tür in seinem Ministerium. Dort äußerte er Zweifel am Zweck einer Kindergrundsicherung und betonte, dass vor allem Kinder, die seit 2015 nach Deutschland eingewandert seien, von Armut betroffen seien. Er sehe die Lösung nicht in „höheren Sozialtransfer“, sondern vielmehr darin, dass die Eltern besser in den Arbeitsmarkt integriert und Kitas sowie Schulen verbessert werden.
Ich möchte nicht den Anreiz reduzieren, sich um Arbeit zu bemühen.
Vor dem Hintergrund der hohen Inflationsrate plädierte Lindner für die Einhaltung der Schuldenbremse. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen wäre es unklug, die Steuerlast zu erhöhen, betonte Lindner. Er spreche sich für einen Verzicht von weiteren bürokratischen Gesetzen und für eine Senkung der Stromsteuer aus.
Schluss mit der Politik auf Pump, die es während der Corona-Pandemie gab.
Obwohl es öffentliche Äußerungen seitens der SPD und der Grünen gegen die Schuldenbremse gibt, könne er aber nicht erkennen, dass es ernsthafte Versuche gebe, von den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag abzuweichen.
Heute gratulieren wir herzlich:
Christoph Ahlhaus (CDU), Erster Bürgermeister von Hamburg a.D., 54
Saskia Esken, SPD-Bundesparteivorsitzende und Bundestagsabgeordnete, 62
Matthias Fornoff, ZDF-Journalist und Fernsehmoderator, 60
Robert Schneider, Journalist, 47
Antje Tillmann, CDU-Bundestagsabgeordnete, 59
Morgen gratulieren wir herzlich:
Doris Ahnen (SPD), rheinland-pfälzische Finanzministerin, 59
Robert Dölger, deutscher Botschafter in Marokko, 63
Ye-One Rhie, SPD-Bundestagsabgeordnete, 36
Reinhard Soltau, ehemaliger FDP-Bildungssenator in Hamburg, 82
Cornelie Sonntag-Wolgast, ehemalige SPD-Staatssekretärin im Innenministerium, 81
Lucas Vogelsang, Schriftsteller und Journalist, 38
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre