unsere Themen heute:
Die Schuldenbremse limitiert den Spielraum für staatliche Investitionen. Dabei wäre genug Geld da: etwa bei den Versicherungen.
Katrin Göring-Eckardt spricht im Hauptstadt-Podcast über die Ukraine-Unterstützung.
Die Grünen stellen sich nicht länger gegen ein Bezahlkarten-Bundesgesetz. Unter Bedingungen.
Der Steuerzahlerbund kritisiert steigende Soli-Einnahmen – und fordert die Abschaffung.
Die FDP beklagt das lange Ringen beim Cannabis-Gesetz.
Wirtschaftsweise Veronika Grimm will ihr Amt bei Siemens Energy trotz Kritik annehmen.
Geld ist genug da
Die deutsche Wirtschaft stagniert. Und seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse fehlen dem Bund Mittel für Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Wirtschaft. Ein Problem muss das aber nicht sein.
Denn Deutschland mangelt es weniger an Geld als an Willen.
Hier drei Strategien zur Bekämpfung der Investitionskrise:
#1 Geld für Infrastruktur
Die deutsche Versicherungswirtschaft verwaltet rund 1,9 Billionen Euro. Das Geld steckt in Staats- und Unternehmensanleihen, Immobilien, Aktien oder Pfandbriefen. Auch Investitionen in Infrastruktur sind möglich, aber selten.
Die Versicherungen würden gerne „deutlich mehr als heute in Infrastrukturprojekte investieren“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), unserem Kollegen Christian Schlesiger.
Jedes Jahr werden rund 300 Milliarden Euro in Deutschland neu angelegt. Bis zu zehn Prozent davon könnten in öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) fließen.
Für 30 Milliarden Euro ließen sich etwa Wärme- und Stromnetze, Schulen, Kindergärten oder Brücken bauen. Der Haken: „60 Prozent der Bauinvestitionen werden von Kommunen getätigt", sagt Asmussen. Diese Projekte hätten oft nur ein einstelliges Millionenvolumen. „Die meisten Einzelprojekte sind für die Versicherer zu kleinteilig."
Sein Vorschlag:
Jörg Asmussen © ImagoKommunen könnten ihre Projekte bündeln und über einen Fonds finanzieren lassen, der sich wiederum Geld von den Versicherungen holt.
Dazu müssten sich „die Investitionsbedingungen für privates Kapital verbessern", sagt Asmussen. So sei „die Eigenmittelanforderung von 49 Prozent bei Wärme- und Stromnetzen viel zu hoch.“ Das seien sichere Investments ohne technologische Risiken.
#2 Geld für Start-ups
Erfolgreiche Start-ups, die ihr Geschäftsmodell unter Beweis gestellt haben, gehen häufig in den USA an die Börse. Der Exit ist dort meist lukrativer.
Das Finanzministerium arbeitet nun an einem Konzept, das privates Kapital hebeln soll. Die Idee: Die Gelder etwa von Versicherungen, Banken oder Family-Offices werden gebündelt und jungen Firmen zur Verfügung gestellt.
Finanzminister Christian Lindner © dpaVorbild für Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist Frankreich. 2023 ist dort ein zweiter Fonds mit rund sieben Milliarden Euro aufgelegt worden, der sich aus privatem Kapital großer Versicherer wie AXA, Crédit Agricole und Generali speist. Das Geld wird in Techfirmen investiert – und durch Nachfolgeinvestitionen gehebelt.
#3 Geld für Wachstumsfirmen
Die Börsenplätze in Europa sind fragmentiert. Firmen finanzieren sich deshalb in Europa mehrheitlich über Fremd- und nicht über Eigenkapital. In den USA ist das umgekehrt.
Die gute Nachricht: Die EU will das ändern. Die schlechte: Es dauert.
Auf dem heutigen Vorbereitungstreffen für das am 12. und 13. März stattfindende Ecofin-Treffen der Finanz- und Wirtschaftsminister sei die Kapitalmarktunion „das große Thema”, heißt es aus dem Finanzministerium. Man wolle der nächsten Kommission „ein Pflichtenheft” an die Hand geben, um die Finanzplätze in der EU zu harmonisieren.
Fazit: Die Schuldenbremse macht die Politik schwieriger, aber nicht unmöglich. Geld für Wirtschaftswachstum ist vorhanden. Was fehlt: der Wille zur Umsetzung.
Göring-Eckardt: „Alles tun, um den Freiheitskampf zu unterstützen“
Die Ukraine brauche mehr Munition und auch weit reichende Waffen, um „strategisch wieder mit Russland auf Augenhöhe“ zu sein, mahnt Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) im Hauptstadt-Podcast.
Jeden Tag würden Menschen in der Ukraine sterben, deswegen müsse man möglichst schnell liefern. Weiter:
Wir haben jetzt einen Antrag im Bundestag, der sehr eindeutig ist und zeigt, dass auch weitreichende Waffen geliefert werden sollen.
Göring-Eckard habe schon vor zehn Jahren im Bundestag sehr deutlich gesagt: „Das, was die Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem Maidan machen, das ist ein Freiheitskampf für die Demokratie, wie wir das als Ostdeutsche und als Osteuropäer in den '89er Jahren getan haben.“
Wir müssten alles tun, um diesen Freiheitskampf zu unterstützen.
Göring-Eckardt zu uns:
Putin akzeptiert nicht, dass es die Ukraine gibt als eigenständiges Land, dass es die Ukrainer als eigenständiges Volk, dass es das Ukrainische als eigenständige Kultur und Sprache gibt.
Das Interview hören Sie in der neuen Folge des Hauptstadt-Podcasts. Außerdem sprechen The Pioneer-Chefkorrespondentin Politik, Karina Mößbauer, und Jörg Thadeusz über:
den Streit um das Wachstumschancengesetz und die Legalisierung von Cannabis.
Im Zwischenruf sagt Hans-Ulrich Jörges, warum er Koalitionen unter Grünen-Beteiligung ablehnt.
Im kürzesten Interview der Berliner Republik: Marc Felix Serrao, Chefredakteur der Neuen Zürcher Zeitung in Deutschland.
Bezahlkarte: Grüne lenken ein
Die Grünen scheinen sich für eine bundeseinheitliche Gesetzgebung zur Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber zu öffnen: Sie wären bereit, die Möglichkeit der Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz zu verankern, hört unser Kollege Thorsten Denkler.
Bezahlkarte eines Geflüchteten im Ortenaukreis. © dpa
Sie kämen damit Wünschen aus SPD und FDP nach einer bundesgesetzlichen Regelung entgegen.
Bisher ist die Rechtsauffassung der Grünen, dass es eine solche bundesgesetzliche Regelung nicht braucht. Begründung: Es gebe bereits Bezahlkarten in einigen Kommunen und Ländern oder werden dort vorbereitet.
Hintergrund des Streits ist auch die Sorge der Grünen, dass ein Bundesgesetz alle Länder zu einer restriktiven Bezahlkarte verpflichten könnte. Aus Sicht der Grünen sei es ausreichend, wenn die Bezahlkarte Auslandsüberweisungen verhindere.
Weitergehende Forderungen wie das Knüpfen an eine Postleitzahl-Region, die völlige Unterbindung der Möglichkeit, Bargeld abzuheben oder ein Bann für bestimmte Produktgruppen wie Alkohol, Zigaretten und Glücksspiel lehnen sie ab.
Soli-Einnahmen steigen stark
Die Bundesregierung profitiert von steigenden Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag. Das geht aus den Januar-Zahlen des Bunds der Steuerzahler (BdSt) hervor, die uns exklusiv vorliegen.
So sind die Einnahmen aus dem Soli im ersten Monat gegenüber dem Vorjahr um knapp 19 Prozent auf 0,8 Milliarden Euro gestiegen.
Die Gründe: Der Soli dockt als Zusatzbelastung an zwei zentralen Steuern an, die im Januar stark gestiegen sind. Das Einkommen aus der Körperschaftsteuer im Vorjahresvergleich um 50 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zugelegt. Die Abgeltungssteuer auf Zinserträge hat sich im Januar gegenüber dem Vorjahr auf 2,5 Milliarden Euro mehr als verdreifacht – ein Plus von 212 Prozent.
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler © dpaBdSt-Präsident Reiner Holznagel fordert mit Blick auf die wirtschaftliche Stagnation im Land eine Abschaffung des Soli. „Der Soli muss weg – dieser Schritt wäre ein nachhaltiges Signal für Bürger und Wirtschaft“, sagt er unserem Kollegen Christian Schlesiger. Eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags würde „die Wettbewerbsfähigkeit stärken und die Menschen um einen Milliardenbetrag steuerlich entlasten“.
Im Bundeshaushalt plant die Regierung für das Jahr 2024 Soli-Einnahmen in Höhe von 12,25 Milliarden Euro ein. Laut Holznagel könne der Bundestag ein Soli-Aus zeitnah allein beschließen – „den Bundesrat braucht es dafür nicht“.
FDP beklagt langes Ringen um das Cannabis-Gesetz
Heute soll im Bundestag das Cannabis-Gesetz verabschiedet werden. Unserer Kollegin Phillipka von Kleist sagt die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Kristine Lütke:
Kristine Lütke © ImagoTrotz unserer Hoffnungen auf größere Fortschritte betrachten wir den gefundenen Kompromiss als positiv, obwohl der Prozess deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als gewünscht.
Wenn das Cannabis-Gesetz am Freitag den Bundestag passiert, wird sich der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung am 22. März damit befassen. Weil die Länder sich aber in Teilen noch unzufrieden zeigen und wegen möglichem Mehraufwand für die Justizbehörden mehr Zeit verlangen, gilt es als wahrscheinlich, dass der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Kristin Lütke bleibt dennoch optimistisch:
Es liegt nun in den Händen der SPD, in den Ländern diese unnötige Verzögerung abzuwenden, jedoch bin ich zuversichtlich, dass ein Inkrafttreten zum 1. April möglich ist.
Die wichtigsten Fragen zum Cannabis-Gesetz lesen Sie in unserem FAQ.
Wirtschaftsweise Grimm: „Werde Entscheidung nicht revidieren“
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm bekräftigt nach Rücktrittsforderungen ihren Verbleib im Sachverständigenrat – auch neben dem Aufsichtsratsmandat bei Siemens Energy. Gegenüber Gabor Steingart sagt sie:
Veronika Grimm © imagoDie Entscheidung darüber, ob ich diese beiden Positionen parallel wahrnehme, ist meine Entscheidung und die werde ich jetzt in dieser Situation natürlich auch nicht revidieren.
Grimm möchte das Aufsichtsratsmandat in der nächsten Woche annehmen. Die vier anderen Wirtschaftsweisen wollen das verhindern. Sie forderten Grimm auf, als Wirtschaftsweise zurückzutreten. Grimm gilt als liberale Wirtschaftsexpertin und kritisiert immer wieder die Ampel und speziell die Energiewende.
Sie könne nicht beurteilen, ob die Rücktrittsforderung politisch gewollt ist und sieht es als ihre Aufgabe, „ihre Rolle auch weiterhin gewissenhaft wahrzunehmen und auf Basis von wissenschaftlicher Erkenntnis hier Politikberatung zu betreiben.“
Das Interview hören Sie hier.
Während sich die Anhänger der Linken in ihrer großen Mehrheit selbst deutlich links von der Mitte einstufen und sich die AfD-Anhänger eindeutig als rechts klassifizieren, verteilen sich die potenziellen Wähler des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) fast gleichmäßig über die gesamte Links-Rechts-Skala.
Das zeigt die jüngste Bevölkerungsumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:
Eine Infografik mit dem Titel: Links, Rechts, Mitte – wer verortet sich in der Bevölkerung wo?
So beschreiben AfD-, BSW- und Linkenanhänger ihren politischen Standort selbst, in Prozent
Es zeigt sich, dass das BSW zur neuen Protestpartei wird – und das quer über das politische Spektrum hinweg.
Eine Infografik mit dem Titel: Aus welchen Gründen könnten Sie sich vorstellen, die Partei BSW zu wählen?
Stärken des Bündnis Sahra Wagenknecht in den Augen der Bevölkerung, in Prozent
Das war gestern und in der Nacht außerdem los:
Geldwäsche: Die neue Anti-Geldwäsche-Behörde der EU wird in Frankfurt am Main angesiedelt. Das entschieden die 27 EU-Mitgliedsstaaten zusammen mit dem Europäischen Parlament. Die Anti-Money Laundering Authority (Amla) könnte 450 bis 500 Mitarbeiter beschäftigen.
Warnstreiks: Verdi kündigt neue Streiks für kommende Woche im Bus- und Bahnverkehr an. Die Auswirkungen sollen je nach Bundesland variieren, wobei der 1. März als Hauptstreiktag vorgesehen ist.
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) spricht in New York beim Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) spricht mit seinem polnischen Kollegen Adam Bodnar sowie dem ukrainischen Generalstaatsanwalt Andrij Kostin und US-Regierungsvertretern über mögliche strafrechtliche Folgen des Ukraine-Krieges.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) trifft sich mit dem Deutschen Berufs- und Imker Bund sowie mit Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eröffnet die Fachkonferenz der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in der Bundesrepublik Deutschland.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) besucht die mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis der Bundeswehr.
Inmitten der Wirtschaftskrise stellen Arbeitnehmer immer höhere Anforderungen. Arbeitszeiten und Werte stehen bei vielen im Fokus. Die Geschäftsführerin von BCG BrightHouse, Christina Bösenberg, erklärt im Pioneer Gastbeitrag, wie dennoch ein effizienteres Arbeiten möglich sein kann:
Auf- Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident zeigt sich als „Dancing Queen“. Während seiner Amtsreise in Schweden besucht der CDU-Politiker das ABBA-Museum und überrascht mit einer Performance. Das Internet reagiert gespalten. Zwischen „Wir sind verloren“ und „Markus Söder for ESC!“ schwanken die Kommentare. Sicher ist, die Tanzshow sichert ihm eine Menge Aufmerksamkeit.
Ab - Sahra Wagenknecht. Die Parteigründerin glänzt im Bundestag gerade vor allem mit Abwesenheit. Einer Recherche des Handelsblatts zufolge hat Wagenknecht mehr als die Hälfte der Abstimmungen geschwänzt. Bei 70 von 138 Abstimmungen in dieser Legislaturperiode war sie abwesend. Wie in der Schule gilt im Bundestag für Abgeordnete eigentlich Anwesenheitspflicht. Wir fragen uns: Bleibt Wagenknecht jetzt sitzen?
Heute gratulieren wir herzlich:
Reinhold Beckmann, Fernsehjournalist, 68
Felix Döring, SPD-Bundestagsabgeordneter, 33
Lars Klingbeil, SPD-Parteivorsitzender, 46
Georg Milbradt (CDU), ehemaliger sächsischer Ministerpräsident, 79
Am Samstag gratulieren wir herzlich:
Julian Barlen, SPD-Fraktionsvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern, 44
Lars Castellucci, SPD-Bundestagsabgeordneter, 50
Hans-Werner Fittkau, Phoenix-Moderator, 63
Ines Fröhlich (SPD), Staatssekretärin im Sächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, 60
Markus Herbrand, FDP-Bundestagsabgeordneter, 53
Philipp Rösler (FDP), ehemaliger Vizekanzler und FDP-Vorsitzender, 51
Am Sonntag gratulieren wir herzlich:
Hermann Gröhe, CDU-Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Gesundheitsminister, 63
Holger Mahnicke, deutscher Generalkonsul in Polen, 64
Udo Philipp (Grüne), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, 60
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre