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Unsere Themen heute:
SPD-Chef Lars Klingbeil schließt weitergehende Sanktionen gegen Russland und eine Entlastung der deutschen Verbraucher nicht aus. Klingbeil war zu Gast bei der ersten Live-Aufzeichnung des Hauptstadt Podcasts auf der Pioneer One.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Bayerns Regierungschef Markus Söder fordern ein Entlastungspaket für Verbraucher und Industrie. Die Stromsteuer soll runter, die Mehrwertsteuer temporär abgesenkt werden.
Ralph Brinkhaus, der frühere Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, hat einen neuen Job. Wir sagen, welchen.
Die iPads der Abgeordneten im Bundestag waren zuletzt teuer – wir nennen Zahlen.
Hendrik Streeck und Karl Lauterbach geraten im Expertenbeirat der Bundesregierung aneinander. Der Virologe hätte sich eine intensivere Befassung mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes gewünscht, doch das Ministerium drängte auf ein Votum.
Das Sondervermögen für die Bundeswehr spaltet die Ampel. Grünen-Verteidigungsexpertin Sara Nanni warnt vor Hektik beim Geldausgeben. Wir sagen, worum es geht.
Hauptstadt Podcast Live: Klingbeil offen für neues Konjunkturpaket
© Anne HufnaglDer SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil schließt einen Lieferstopp für Gas und Öl aus Russland nicht aus. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch. Wir brauchen weitere Druckmöglichkeiten“, sagte uns der 44-Jährige bei der ersten Ausgabe des Haupstadt Podcast live auf der Pioneer One.
Klingbeil:
Ich schließe es nicht komplett aus.
Der SPD-Chef betonte jedoch, er sei „sehr skeptisch“, was eine solche Entscheidung angehe.
Zugleich warnte der SPD-Chef vor Verwerfungen im Inland. Ein Verzicht auf Gas und Öl aus Russland könne den Verbrauchern und der Volkswirtschaft insgesamt „einen sehr erheblichen Schaden“ zufügen.
Klingbeil sagte, als Bundestagsabgeordneter erhalte er aktuell mehr besorgte Zuschriften zu den Spritpreisen als zur Lage in der Ukraine.
Der SPD-Vorsitzende deutete Bereitschaft zu Entlastungen an:
Der Druck ist da.
Man werde die wirtschaftliche Entwicklung im Blick behalten. Erst einmal müssten aber die bereits vereinbarten Entlastungen umgesetzt werden.
Die russische Invasion in der Ukraine bezeichnete Klingbeil als „tektonische Verschiebung“, als Zäsur in der Geschichte. „Das hier ist vergleichbar mit 9/11: In der Bedeutung, in der Dramatik, in der Frage, wie wird die Auswirkung auf unser Leben sein“, sagte er. „Es wird diese Legislaturperiode prägen.“
© Anne HufnaglKlingbeil räumt ein, es habe in der Vergangenheit in Deutschland sicherheitspolitische Versäumnisse gegeben: „Wir alle müssen uns selbstkritisch fragen, ob wir genug getan haben für die Ausrüstung der Bundeswehr.“ Der SPD-Chef warnte in diesem Zusammenhang vor parteipolitischen Spielchen.
Selbstverständlich ging es in der Live-Veranstaltung auch um die Rolle von Ex-Kanzler Gerhard Schröder. „Für mich war als Parteivorsitzender wichtig, dass es keinerlei Zweifel gibt, dass wir nicht dulden, wenn man an der Seite Putins steht“, sagte uns Klingbeil.
Schröder sei "komplett isoliert" in der SPD, seine Rolle sei tragisch:
Er zerstört gerade durch dieses Vorgehen sein politisches Lebenswerk.
Eine der größten Taten Schröders sei das Nein zum völkerrechtswidrigen Krieg der Amerikaner im Irak gewesen: „Jetzt hat er sich entschieden, nicht an der Seite des Völkerrechts zu stehen.“
Die gesamte Folge des Hauptstadt Podcast live können Sie hier hören.
Ein Best-of-Video unserer Kollegin Noemi Mihalovici können Sie hier sehen:
Wüst fordert Entlastungspaket für Verbraucher
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst fordert die Bundesregierung angesichts der Rekordpreise bei Öl, Gas und Benzin zu einem massiven Entlastungspaket für Verbraucher und Unternehmen auf.
“Wir müssen über die Senkung der Mehrwertsteuer, die Senkung der Stromsteuer, eine Erhöhung des Wohngelds und eine Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 1. Kilometer jetzt beraten und dann beschließen”, sagte uns Wüst.
Man brauche eine entschlossene Entlastung, auch, um die Akzeptanz für die Sanktionspolitik gegen Russland zu behalten. Wüst dazu:
Hendrik Wüst © dpaDie Sanktionen sollen bei Putin wirken und nicht bei den Pendlerinnen und Pendlern.
Wüst schloss weitere Sanktionen, auch ein Energie-Embargo gegen Russland, nicht aus.
“Alles, was wir tun, muss Putin und seiner Clique weh tun. Russland steht faktisch vor dem Staatsbankrott.” Das Ziel seiner Landesregierung, den Kohleausstieg schon 2030 zu ermöglichen, bleibe aber bestehen, so Wüst.
Allerdings kann sich der CDU-Ministerpräsident vorstellen, dass die drei Atomkraftwerke, die dieses Jahr abgestellt werden sollen, etwas länger laufen.
“Das kann eine der Möglichkeiten sicherlich sein.”
Die Unions-geführten Länder NRW und Bayern bringen heute einen Antrag im Bundesrat ein, der unter anderem die Absenkung der Stromsteuer und einen ermäßigten Umsatzsteuersatz auf Erdgas, Strom und Fernwärme vorsieht.
Der Strompreis ist in Deutschland im europäischen Vergleich Spitze.
Eine Infografik mit dem Titel: So teuer ist Strom in der EU
Die zehn Länder mit den höchsten Strompreisen in der EU 2021, in Ct pro Kilowattstunde
Sondervermögen: Grüne pochen auf internationale Abstimmung
Die Vorbehalte der Grünen gegenüber dem Sondervermögen für die Bundeswehr werden größer.
Sara Nanni, Obfrau im Verteidigungsausschuss, wirft dem federführenden Verteidigungsministerium fehlende Absprache mit internationalen Partnern vor.
Grünen-Verteidigungspolitikerin Sara Nanni. © Imago"Deutschland verteidigt sich nicht alleine. Das Verteidigungsministerium müsste also mit Nato und EU die Absprachen über Fähigkeiten und Interoperabilität aktualisieren, bevor es Einkaufslisten für die Bundeswehr schreibt“, sagte uns Nanni.
"Das sehe ich aber gerade nicht“, beklagt die Sicherheitsexpertin.
Und weiter:
Was ich sehe, ist ein Haus in Hektik. Das kann nur böse enden.
Die Grünen-Politikerin warnt vor einem deutschen Alleingang: "Zeitenwende heißt für mich: endlich aus der deutschen Nabelschau herauskommen. Das Gegenteil passiert aber gerade. Wir drehen uns nur um uns selbst.“
Für kommenden Montag ist eine Unterrichtung der Obleute des Verteidigungsausschusses geplant. Dann will das Ministerium erste Details zur 100-Milliarden-Euro-Investition nennen.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte dort zuletzt die Position ihres Ressorts klar zu Protokoll gegeben: Sie will, dass das Sondervermögen in voller Höhe für die Bundeswehr militärisch nutzbar wird. Wie sie am Rande einer Reise diese Woche sagte, wolle man insgesamt "in den nächsten Tagen auf die Parlamentarier zugehen".
1,4 Millionen für iPads der Abgeordneten
Abgeordnete des Bundestags haben 2021 alleine für iPads mehr als 390.000 Euro aus dem Konto für Sachleistungen erstattet bekommen.
Wie unser Reporter Christian Schweppe erfuhr, lagen die Kosten für die gesamte vergangene Legislaturperiode nur für die iPads bei: 1.405.244,51 Euro.
Abstimmung im Bundestag © dpaIn der Vergangenheit war die Büroausstattung immer wieder kontrovers diskutiert worden: Die Bundestagsabgeordneten erhalten neben der Diät von rund 10.000 Euro pro Monat eine monatliche Bürokostenpauschale von 4.583 Euro, die vor einigen Jahren auch für den Kauf der edlen Schreibfüller der Marke Montblanc genutzt wurde. Immerhin die werden inzwischen nicht mehr mit Steuergeld erstattet.
Die Stifte der Luxusmarke können nur bis zu einem Anschaffungswert von 121,86 Euro brutto erstattet werden – und für diesen Preis bekommt man sie erst gar nicht.
Pflege-Impfpflicht: Regierung verlangt rasche Umsetzung
Corona-Impfungen © dpaKurz vor dem Start der Corona-Impfpflicht für Pflegepersonal nimmt die Regierung die Verantwortlichen vor Ort in die Pflicht. „Die Bundesländer haben zugestimmt. Hier darf es kein Zurück, kein Hin und Her mehr geben“, sagte uns Claudia Moll (SPD), Pflegebeauftragte der Bundesregierung. „Jetzt muss die Impflicht umgesetzt werden – zum Schutz der in den Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen.“
Moll sagte, wenn bis zum Ablauf des 15. März 2022 kein Impfnachweis vorgelegt werde, habe die Leitung der jeweiligen Einrichtung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt darüber zu benachrichtigen. Die Behörde könne dann ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot aussprechen - und ein Bußgeldverfahren einleiten. „Die Maßnahmen sind leider nötig, damit das Leid durch Corona gerade in Pflegeeinrichtungen so weit wie möglich verhindert wird“, so Moll weiter.
Virologe Streeck erklärt Veto im Expertenbeirat
Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hat sich im Expertenbeirat der Bundesregierung gegen das Mehrheitsvotum gestellt, weil er sich eine weitere Diskussion über die Reform des Infektionsschutzgesetzes gewünscht hätte.
Er habe "noch erheblichen Diskussionsbedarf" gesehen, betonte Streeck im Gespräch mit uns. Der zeitliche Druck sei nicht nachvollziehbar gewesen.
Nach unseren Informationen hatte SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach das Gremium informell gebeten, zur Kabinettssitzung am Mittwoch ihre Stellungnahme abzugeben.
Streeck, der auch Mitglied in der Sachverständigengruppe zur Evaluation des Infektionsschutzgesetzes ist, hätte sich eine Flankierung der Evaluation durch den Expertenbeirat zu einem späteren Zeitpunkt gewünscht.
Wegen Ukraine-Krieg: Koalition überarbeitet Pläne für Kurzarbeit
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil © dpaAngesichts der Ukraine-Krise sollen die Pläne der Ampel-Koalition zur Verlängerung der Corona-Sonderregeln bei der Kurzarbeit angepasst werden. Das wurde unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner am Abend in Koalitionskreisen bestätigt.
Anders als bisher geplant sollen auch Leiharbeiter zunächst noch Kurzarbeitergeld erhalten können. Diese Möglichkeit wäre nach den bisherigen Regierungsplänen Ende März ausgelaufen.
Der nun geplante Änderungsantrag soll in der kommenden Woche vom Bundestag beschlossen werden – zusammen mit dem neuen Infektionsschutzgesetz.
Damit reagiert die Koalition auf Lieferkettenprobleme in Folge des Ukraine-Krieges, wie wir hören. Zusätzlich wird erwogen, Unternehmen weiter Sozialbeiträge für Kurzarbeiter zu erstatten. Das Arbeitsministerium soll dafür eine Verordnungsermächtigung erhalten.
Neuer Job für den Ex-Fraktionschef: Der CDU-Politiker Ralph Brinkhaus soll neuer Vorsitzender der deutsch-indischen Parlamentariergruppe im Bundestag werden. Das wurde uns in Fraktionskreisen bestätigt.
Brinkhaus hatte Mitte Februar Platz gemacht für Friedrich Merz der Spitze der Unionsfraktion.
Inzwischen ist der 53-jährige ordentliches Mitglied im Europaausschuss des Bundestages. Brinkhaus hatte bereits in der vorletzten Wahlperiode die deutsch-indische Parlamentariergruppe geführt.
Serkan Agci übernimmt die Berliner Dependance der Kommunikationsberatung Deekeling Arndt/AMO und wird Managing Director. Agci hat zuvor den Bereich Sustainable Strategy & Governance im Beratungsunternehmen von Harald Christ verantwortet und war Sprecher von Martin Schulz.
Serkan Agci, Ex-SPD-Chef Martin Schulz © dpaBundestagspräsidentin lockert Corona-Regeln
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) will die Corona-Regeln für Plenarsaal und Parlamentsgebäude lockern. Das wurde Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner am Donnerstag in Fraktionskreisen bestätigt.
Demnach will Bas eine neue Allgemeinverfügung erlassen, die vom kommenden Montag, 14. März, zunächst bis zur Osterpause gelten soll. Sie sieht 3G überall in den Bundestagsgebäuden vor – für Abgeordnete, Mitarbeiter und Besucher gleichermaßen.
Für den Parlamentsbetrieb ändert sich vor allem eines: Auf der Tribüne werden künftig keine Abgeordneten mehr Platz nehmen. Dorthin hatten zuletzt Parlamentarier ausweichen müssen, die weder geimpft noch genesen waren – zumeist handelte es sich dabei um AfD-Abgeordnete. Sie mussten jedoch einen negativen Test vorweisen.
Weil es diese Pflicht zu Anfang der Pandemie nicht gab, war in diesem Zusammenhang im Bundestagsjargon häufig von „Seuchentribüne“ die Rede gewesen.
Abgeordnete erhalten nun mit 3G-Nachweis Zugang zum Plenum – und werden am Eingang entsprechend kontrolliert. Dagegen sind am Tribüneneingang keine Kontrollen mehr für Besucher und Journalisten vorgesehen. Sie müssen ihren 3G-Nachweis bereits beim Sicherheitscheck an den Parlamentspforten zeigen.
Auf - Volker Wissing hat keinen leichten Job. Der Bundesverkehrsminister muss die chronischen Probleme bei der Bahn lösen, die Digitalisierung des Landes vorantreiben und die marode Straßeninfrastruktur auf Vordermann bringen. Am Donnerstag lud Wissing Experten und Entscheider zum Brückengipfel. Gut so! Der FDP-Mann gilt als politische Allzweckwaffe, geschätzt bei allen Ampel-Partnern. Unser Aufsteiger!
Ab - Franziska Giffey tut gut daran, um Hilfe zur Bewältigung der Lage am Berliner Hauptbahnhof zu bitten, wo täglich Tausende Vertriebene aus der Ukraine ankommen. Aber nach der Bundeswehr zu rufen, war keine so gute Idee der Sozialdemokratin. Mit dem Ukraine-Krieg ist klar, dass sich die Truppe dringend auf ihre Kernaufgaben konzentrieren muss. Amtshilfe, ob in der Flüchtlingshilfe oder bei der Pandemie-Bekämpfung, lenkt davon ab. Dafür braucht es einen gut ausgestatteten Zivilschutz. Daran müsste auch Giffey gelegen sein. Absteigerin.
Der frühere SPD-Innenminister Otto Schily rechnet in einem Gastbeitrag für die Welt scharf mit der Außenpolitik Deutschlands der vergangenen Jahre ab. "Der von Präsident Wladimir Putin entfesselte mörderische Krieg in der Ukraine ist selbstverständlich ohne jede Einschränkung zu verurteilen. Aber der Krieg hat leider eine Vorgeschichte der gravierenden politischen Versäumnisse", schreibt Schily und betont: "Die Diplomatie war ein Totalausfall. Auch die deutsche Außenpolitik hat rundum versagt." Was sei aus deutscher Sicht unternommen worden, um den Konflikt zu entschärfen, fragt Schily. "Statt nach einer tragfähigen Lösung zu suchen, hat man die ukrainische Führung in die Illusion treiben lassen, die Ukraine könne eines Tages Mitglied der Nato werden. Noch im September vergangenen Jahres veranstaltete die Nato gemeinsame Militärübungen auf dem Territorium der Ukraine." Er plädiert dafür, dass die Ukraine sich künftig strikt neutral zwischen den Blöcken verhält. Eine Art osteuropäische Schweiz. Lesenswert!
Der frühere Energiemanager und Oberbürgermeister Düsseldorfs, der SPD-Politiker Thomas Geisel, geht in seinem Gastbeitrag für The Pioneer in eine ähnliche Richtung. Russlands Angriffskrieg sei durch nichts zu rechtfertigen und müsse maximal verurteilt werden. Dennoch bezweifele er, dass die Sanktionen geeignet sind, um das System Putins zu zerstören. Hier geht es zu dem Text!
Heute gratulieren wir herzlich:
Vassili Golod, Podcaster, WDR-Korrespondent, geboren in Charkiw, Ukraine, 29
Alina Fichter, Head of Digital Format, Deutsche Welle, 41
Yannick Bury, CDU-Bundestagsabgeordneter, 32
Martina Renner, stellvertretende Vorsitzende der Linken, MdB, 55
Anja Weisgerber, CSU-Bundestagsabgeordnete, 46
Emily Haber, Botschafterin Deutschlands in den USA, über Berichte, wonach der frühere Kanzler Gerhard Schröder für Vermittlungsgespräche zu Präsident Wladimir Putin nach Moskau gereist ist.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre