herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.
Unsere Themen heute:
Das Kanzleramt hatte alles akribisch geplant. Doch dann wurde der Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu früh geleakt und jetzt steht alles infrage.
Steht das deutsche Gasnetz vor dem Aus? Geht es nach den Grünen, lautet die Antwort: Ja. In der FDP ist der Widerstand groß.
Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen ist der Durchsetzer im Team von Minister Robert Habeck. Jetzt wird er sich im Wirtschaftsausschuss Fragen nach seiner Verwandtschaft stellen lassen müssen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte das Spitzenkandidatenprinzip bei der nächsten Europawahl in Frage gestellt. Jetzt erhält er demonstrative Unterstützung aus München.
Tumult um den Selenskyj-Besuch
Das Kanzleramt hatte alles akribisch geplant. Mit einem Sonderflug sollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 13. Mai in Deutschland einfliegen, mit planmäßiger Landung auf dem militärischen Teil des Berliner Flughafens BER.
Eine kurze Fahrt in die Stadt, dann würde Selenskyj im Ritz Carlton am Potsdamer Platz einchecken können und danach Kanzler und Bundespräsident besuchen. Schließlich würde es weitergehen nach Aachen, wo er am 14. Mai den Karlspreis überreicht bekommen sollte. Für die Laudatio vorgesehen: Kanzler Olaf Scholz.
Bundeskanzler Scholz und Präsident Selenskyj bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Kiew © dpaEs ist ein Plan für einen Präsidenten, der Deutschland seit Kriegsbeginn noch nicht besucht hat, obwohl die Bundesregierung ihn vielfältig unterstützt. Der Haken an der Sache: Der Plan wurde, mit allen genannten Details, gestern Morgen über zwei Berliner Medien öffentlich.
Und weil Selenskyj zu einer der am meisten gefährdeten und geschützten Personen weltweit gehört, steht nun alles infrage. Aus Kiew vernehmen wir größte Unsicherheit, aus dem Kanzleramt nahezu genauso. "Nichts ist fix", hören wir.
Der Besuch galt ohnehin als wackelig. Auch weil die militärisch-strategische Lage in der Ukraine für die kommenden Wochen überhaupt noch nicht einschätzbar ist. Kann Selenskyj im Westen einen Preis entgegennehmen, wenn unterdessen seine Truppen an der Ostfront ihre Offensive gegen Russland beginnen? Wohl kaum.
Die Zerstörung des Krieges – und Berlin zögert mit Waffenhilfe © imagoMit dem Leak ist der Besuch unwahrscheinlicher geworden. Schuld daran ist offenbar die Berliner Polizei.
Am Vortag hatte die Behörde aus dem Auswärtigen Amt eine Mitteilung erhalten, dass der Besuch unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden würde. Mit den hoch brisanten Informationen ging eine Beamtin aber zu unvorsichtig um, heißt es in Berliner Regierungskreisen. Sie habe darüber gesprochen „wie über einen Besuch von Justin Trudeau“.
Aus Regierungskreisen in Kiew ist zu hören, dass sich die Begeisterung über die Berichterstattung zum möglichen Besuchstermin des Präsidenten, höflich gesagt, in Grenzen hält. Die Verärgerung über das Bekanntwerden der Reisepläne mit mehr als einer Woche Vorlauf ist groß.
CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter sagte uns:
Es ist großartig, dass der ukrainische Präsident Deutschland besuchen wird. Das zeigt das gewachsene wechselseitige Vertrauen. Allerdings wird über den vorzeitig geleakten Termin aus Sicherheitsgründen noch einmal beraten werden müssen.
Keine Drohnen mehr über Mali
Die Bundeswehr muss bei der Erfüllung des Mandats in Mali, Westafrika, nun auf eine weitere Aufklärungsdrohne verzichten. Der Vertrag zwischen den Vereinten Nationen und Deutschland zur Nutzung der Drohne Luna ist planmäßig am 20. April ausgelaufen. Er wurde nicht verlängert, weil unter anderem Fluggenehmigungen der malischen Regierung fehlen.
Dies geht aus einem Bundeswehr-Bericht hervor, aus dem wir hier zitieren. Damit verschlechtert sich die Möglichkeit zur Aufklärung von Gefahren durch Terrorismus für die Truppe weiter. Bereits seit einigen Monaten stellt die malische Regierung keine Fluggenehmigungen mehr für die Drohne Heron 1 aus.
Das Mandat für den Bundeswehr Einsatz in Mali wurde am Mittwoch vom Bundeskabinett planmäßig zum letzten Mal um zwölf Monate verlängert. Bis Ende 2024 will die Truppe mit dem letzten der aktuell mehr als 1000 Soldaten aus dem Land abgezogen sein.
© The PioneerEU: CSU-General zweifelt an Spitzenkandidatur
Martin Huber © imagoCSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der zuletzt das Spitzenkandidaten-Prinzip bei der Europawahl infrage gestellt hatte, erhält dafür nun Unterstützung aus der Parteiführung. „Wir neigen immer dazu, nur die deutsche Perspektive zu sehen“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber im Gespräch mit unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner.
Es stehe Parteien angesichts der Personalisierung in den Medien zwar gut zu Gesicht, Spitzenkandidaten und Listenführer zu nominieren. Doch das Spitzenkandidaten-Prinzip stoße „in der Realität sehr schnell an Grenzen“. Nach der letzten Europawahl seien die Staats- und Regierungschefs schließlich nicht bereit gewesen, den nominierten Spitzenkandidaten zu unterstützen.
Dobrindts Äußerungen vom vergangenen Wochenende waren auf Widerspruch in der CDU gestoßen. Gemutmaßt wurde dabei auch, dass der CSU-Landesgruppenchef von Parteichef Markus Söder vorgeschickt worden sein dürfte. Die Unterstützung des Generalsekretärs kann auch als Fingerzeig in diese Richtung verstanden werden.
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission © imagoHuber machte deutlich, dass die Christsozialen eine zweite Amtszeit für Kommissionschefin Ursula von der Leyen befürworten: „Wir haben als CSU - und auch gemeinsam mit der CDU - deutlich gemacht, dass wir Ursula von der Leyen weiterhin als Präsidentin der Kommission wünschen.“
Graichen vor Wirtschaftsausschuss geladen
Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen soll kommende Woche vor dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags zu seinen familiären Banden Auskunft geben, erfuhren wir.
Patrick Graichen © imagoGraichen ist in die Kritik geraten, weil er seinem Trauzeugen Michael Schäfer zum Chefposten der bundeseigenen Deutschen Energieagentur (dena) verholfen haben soll. Graichen gehörte der dreiköpfigen Findungskommission an, die den dena-Posten zu besetzen hatte.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Fehler inzwischen eingeräumt. Die Personalie wird wohl rückabgewickelt.
Fragen wird sich Graichen auch zu den familiären Verflechtungen zwischen Ministerium und einem Auftragnehmer des BMWK gefallen lassen müssen.
Graichens Schwester, Verena Graichen, ist Forscherin beim renommierten Öko-Institut, das etwa auch für die bayerische Staatsregierung tätig ist. Ihr Mann ist der parlamentarische Staatssekretär im BMWK, Michael Kellner. Kellner und Graichen sind somit verschwägert.
Die verwandtschaftlichen Verhältnisse sind seit Graichens Amtsantritt bekannt. Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass sie zu Interessenkonflikten geführt hätten.
Steht das deutsche Gasnetz vor dem Aus?
Vor dem Beginn der parlamentarischen Beratungen über das umstrittene Gebäudeenergie- oder auch Heizungsgesetz rückt der Fortbestand des deutschen Gasnetzes in den Vordergrund.
© The PioneerDem Gesetzentwurf nach, den das Bundeskabinett kürzlich einstimmig beschlossen hat, wird in der Energiewende ein Großteil des etwa 550.000 Kilometer langen Gasnetzes mit einem geschätzten volkswirtschaftlichen Wert von 270 Milliarden Euro überflüssig.
Das hat mehrere Gründe:
Die Bundesregierung glaubt nicht, dass Erdgas allein durch Wasserstoff und Biomethan ersetzt werden kann.
Ab 2045 wird fossiles Gas ohnehin verboten sein.
Betreiber, die ihr Gasnetz auf Wasserstoff umbauen wollen, müssen dies spätestens bis 2035 tun.
Vor allem das Zeitfenster bis 2035 stört die FDP. Bis dahin sei der Umbau nicht zu schaffen, der Einbau von Wasserstoff-Heizungen werde obsolet gemacht. Michael Kruse, Energieexperte der FDP im Bundestag, sagte uns dazu:
Ein politisches Ende der Gasnetze oder einen vorzeitigen Massentausch von Heizungen durch starre Transformationsregelungen lehnen wir ab. Das wären unverhältnismäßige Eingriffe in die Eigentumsrechte der Bürger.
Ingrid Nestle, energiepolitische Sprecherin der Grünen, hält dagegen:
2035 ist über die Hälfte der Zeit zur Klimaneutralität vergangen. Irgendwann müssen wir einen Punkt setzen und in die Umsetzung kommen.
Unser Kollege Thorsten Denkler hat die Frage nach der Zukunft des Gasnetzes hier umfassend analysiert:
Mit unserem wöchentlichen Hauptstadt Podcast gehen wir für den Publikumspreis in der Kategorie „Nachrichten und Politik“ ins Rennen beim Deutschen Podcastpreis. Danke für die Unterstützung!
Hier können Sie für uns abstimmen:
Kultusministerkonferenz wählt neue Präsidentin
Die Kultusministerkonferenz (KMK) kommt am Freitagmorgen zu einer außerordentlichen digitalen Sitzung zusammen, um Katharina Günther-Wünsch (CDU) zur neuen Präsidentin zu wählen. Zudem wird ihre Ressortkollegin, Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD), ins Präsidium gewählt.
Günther-Wünsch hatte in der vergangenen Woche ihr Amt als Berliner Bildungssenatorin und damit die Nachfolge von Astrid-Sabine Busse (SPD) angetreten.
Ein Porträt über die neue KMK-Präsidentin lesen Sie hier:
Der Bundestag hat über die Pläne für ein Weiterbildungsgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am vergangenen Freitag bereits in erster Lesung beraten. Am 12. Mai steht der Entwurf nun „im ersten Durchgang“ auf der Tagesordnung im Bundesrat.
Geplant ist unter anderem eine Ausbildungsgarantie sowie ein Qualifizierungsgeld für Beschäftigte in Betrieben, die von Strukturwandel und Transformation besonders betroffen sind. Ursprünglich hatte Heil auch eine Bildungszeit nach österreichischem Vorbild vorgesehen, die Pläne dafür aber zunächst zurückgestellt.
Die abschließenden Beratungen im Bundestag sind für den 15. und 16. Juni geplant. Bis dahin müssten mögliche Änderungsanträge vereinbart sein. Am 7. Juli soll das Gesetz noch einmal in den Bundesrat.
Auf - Olaf Scholz kann auch repräsentieren und Bilder produzieren: der Kanzler erst im Kabinett, dann auf dem Balkon mit Ex-US-Präsident Barack Obama, dazu der Redeauftritt beim großen Klimadialog. Manch einer in der Opposition dürfte angesichts der 1a-Termine des Kanzlers geradezu neidisch werden. Scholz ist - miese SPD-Werte hin oder her - unser Aufsteiger.
Ab - Wolfgang Kubicki. Dass der FDP-Chefpolterer mit dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck auf Kriegsfuß steht, ist ja kein Geheimnis. Aber jetzt will der Nordmann angebliche "Lieblingsprojekte" seines Landsmanns im Bund stoppen, weil der angeblich Verkehrsprojekte im Norden stoppt. Fakt ist: Weder kann Habeck das eine, noch Kubicki das andere. Ein bisschen mehr Sachlichkeit, bitte. Unser Absteiger!
"Es ist bezeichnend, dass Markus Söder immer wieder bekräftigen muss, nicht Kanzlerkandidat der Union werden zu wollen, es ihm in der CDU aber kaum einer glaubt", kommentiert Alisha Mendgen vom RND. Dieses Misstrauen habe sich der CSU-Chef selber eingebrockt, immerhin ist er vor allem bekannt dafür, seine Positionen je nach Umfrageergebnissen zu ändern. Auch wenn Söders jüngste Absage ziemlich endgültig klinge, werde diese am Ende von dem Ergebnis der Landtagswahl im Herbst abhängen. Die CDU müsse die sogenannte K-Frage möglichst früh und möglichst geräuschlos klären. Denn: "Eines hat die vergangene Bundestagwahl deutlich gezeigt: Wählerinnen und Wähler stimmen nicht für zerstrittene Parteien." Lesenswert!
Nikolas Busse von der FAZ kommentiert die Entscheidung der CSU gegen das Spitzenkandidaten-Modell bei der Europawahl: "Dass statt Manfred Weber Ursula von der Leyen Kommissionspräsidentin wurde, war nicht nur eine Irritation, wie das Dobrindt jetzt genannt habe, sondern eine Demütigung, und zwar nicht nur für Weber persönlich, sondern auch für die kleinere der deutschen Unionsparteien." Das Grundproblem mit dem Modell der Spitzenkandidaten verschwinde aber auch 2024 nicht: "Die Besetzung des wichtigsten Brüsseler Postens ist ein Aushandlungsprozess, in dem die Staats- und Regierungschefs eine Schlüsselrolle spielen; da geht es nicht nur um das Wahlergebnis. Deshalb birgt die Aufstellung von Spitzenkandidaten vor allem das Risiko, die Wähler zu enttäuschen." Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Werner Faymann, ehem. Bundeskanzler Österreichs, 63
Peter Felten, deutscher Botschafter in Montenegro, 58
Bärbel Höhn, ehem. Grünen-Bundestagsabgeordnete und Landwirtschaftsministerin in NRW, 71
Gunther Krichbaum, CDU-Bundestagsabgeordneter, 59
Werner Sonne, ehem. ARD-Hauptstadtkorrespondent, 76
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre