unsere Themen heute:
Der China-Skandal der AfD weitet sich rasant aus. Wir haben mit Maximilian Krahs Gegnern und Unterstützern gesprochen.
An einem parteiinternen Soli hält die FDP hartnäckig fest – dagegen gibt es Protest.
Der Auftritt von Daniel Terzenbach im Haushaltsausschuss sorgt für Irritation. Die Details.
Mit KI und Online-Kursen: CDU stimmt über für alle zugängliche Uni-Vorlesungen ab.
Sahra Wagenknecht auf der Pioneer One: Koalition mit den Grünen ist eine „Gruselvorstellung“.
Im Auswärtigen Amt treffen sich 40 Staaten zur Vorbereitung des nächsten Klimagipfels.
In der AfD herrscht seit Montag Krisenmodus. Den Spitzenpolitikern der Partei ist klar: Am Spionagevorwurf gegen den engen Mitarbeiter von Maximilian Krah ist was dran.
„Wer den Parteitag in Magdeburg verfolgt hat, wusste damals schon, was auf uns zukommt“, sagt ein AfD-Spitzenpolitiker unserem Kollegen Jan Schroeder. Die Gerüchte um Krahs Mitarbeiter Jian Guo sind nicht neu.
Schon 2021 berichtete Nicolaus Fest, damaliger AfD-Delegationsleiter im Europaparlament, dem rechten Magazin The European Conservative zu einer China-Reise von Guo:
Niemand weiß, was er tut, niemand hat irgendeinen Kontakt zu ihm, niemand denkt ernsthaft, dass er dort ist, um die Ziele der AfD voranzutreiben.
Schadensbegrenzung? Nach dem Willen des Bundesvorstands um Alice Weidel und Tino Chrupalla soll Krah abtauchen und im Wahlkampf weder auf Plakaten, Veranstaltungen noch Werbeclips zu sehen sein.
AfD leadership duo Alice Weidel and Tino Chrupalla © imagoNein danke: Doch aus hochrangigen Kreisen der AfD-Sachsen, Krahs Heimat – wo er viel Rückhalt genießt –, hören wir schon jetzt:
Wir werden den Spitzenkandidaten nicht in einen Giftschrank wegsperren. Selbstverständlich werden wir mit Max Wahlkampf machen und ihn auch plakatieren.
Dass Krah – wie er behauptet – sich „persönlich kein Fehlverhalten vorzuwerfen“ hat, glauben in seiner eigenen Partei längst nicht alle, wie wir hören. Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Dresden gegen Krah. Dabei gehe es um angebliche „russische" und „chinesische“ Zahlungen.
Seine prononciert pro-chinesische Haltung und seine bereits öffentlich bekannte Lobbytätigkeit für China sprechen für sich. Eine Auswahl:
Taiwan und Tibet? Für Krah „rechtmäßige“ Territorien von China.
Sein Kommentar zur Demokratiebewegung in Hongkong: „Deutsche Arbeitsplätze sind wichtiger als irgendeine NGO in Hongkong.“
Der chinesische Staatskonzern Huawei und die China National Petroleum Corporation (CNPC), ebenso wie mehrere chinesische Stadtverwaltungen, finanzieren Krah 2019 einen sechstägigen Aufenthalt in einem chinesischen Luxushotel.
Als im selben Jahr im EU-Parlament über eine China-Resolution abgestimmt wurde, stellte sich Krah dagegen und verärgerte damit seine eigene Fraktion. Die Ausbeutung und Internierung von Uiguren in Fabriken gebe es nur „angeblich“, so Krah.
Krah lobbyierte in der inzwischen aufgelösten, weil hochumstrittenen „EU-China Friendship Group“ für eine stärkere Zusammenarbeit mit China.
Krah von der Wahlliste zu entfernen, geht zwar rechtlich nicht mehr. Allerdings wäre es sehr wohl möglich, Krah als Spitzenkandidat zu entfernen, sagt uns der Politikwissenschaftler Florian Grotz:
Spitzenkandidat, das Label ist kein wahlrechtlich definierter Begriff. Theoretisch könnte die Partei ihren Wahlkampf auch auf eine Person zentrieren, die auf Listenplatz fünf steht.
Grotz hält den China-Skandal für die „vielleicht kritischste Phase für die AfD seit 2020, als die Partei anfangs nicht wusste, wie sie mit Corona umgehen soll.“
FDP-Soli soll weg
Auf Bundesebene fordert die FDP den Abbau des Solidaritätszuschlags – an einem parteiinternen FDP-Soli hingegen hält sie hartnäckig fest. Ein Antrag aus dem Umfeld des Abgeordneten Frank Schäffler für den Parteitag am Wochenende will die „Sonderumlage der Bundespartei“ nun abschaffen.
Darum geht es: Der Bundesparteitag der FDP hatte 2015 einen Sonderbeitrag von 25 Euro pro Mitglied und Jahr für zunächst zwei Jahre beschlossen, um Kampagnen auf Landes- und Kommunalebene zu finanzieren. Zur Erinnerung: Die FDP war 2013 aus dem Bundestag geflogen, die Kasse war leer.
Frank Schäffler © imagoTrennungsängste: Einmal eingeführt, fällt es dann offenbar auch den Liberalen schwer, sich von der Sonderumlage zu trennen. 2017 wurde sie in „Solidarfonds“ umbenannt und entfristet.
Der Ärger: 2018 erfolgte erneut eine Satzungsänderung. Seitdem werden die Soli-Beiträge (nun 20 Euro pro Mitglied und Jahr) für „die zentrale Kampagnenführung der Gesamtpartei bei Kommunal- und Landtagswahlen – nicht jedoch für bundesweite Wahlen – verwendet“.
Der FDP-Soli stößt vor allem dem Kreisverband Höxter bitter auf. Kommunalpolitiker stellen nun den Änderungsantrag. Bezirksvorsitzender Schäffler sagt unserem Kollegen Christian Schlesiger: „Die Sonderumlage entzieht der FDP in den Regionen notwendige Einnahmen für ihre Wahlkämpfe vor Ort.“ Dies schwäche „die kommunale Basis der FDP“.
Job-Turbo: Bericht ohne Zahlen
Der Auftritt von Daniel Terzenbach im Haushaltsausschuss sorgt für Irritation. Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten stellte gestern einen Zwischenbericht zur Umsetzung des Job-Turbos vor – konkrete Zahlen blieb er schuldig.
Der zehnseitige Bericht, den Terzenbach referierte, ist auf den 27. März 2024 datiert. Wie viele Ukrainer durch die Initiativen der Regierung inzwischen einen Job gefunden haben, steht darin nicht. Neue Daten fehlen ohnehin.
Claudia Raffelhüschen © IMAGO / Future ImageDer Zwischenbericht sei „leider nicht mehr als ein allgemeines Konzeptpapier“, sagt uns FDP-Politikerin Claudia Raffelhüschen.
Dass konkrete Zahlen nun erst im September berichtet werden sollen, halte ich für unzureichend.
Auch CDU-Politikerin Silke Launert hält den Zwischenbericht des Arbeitsministeriums für „völlig unzureichend“. Er enthalte weder konkrete Zahlen noch machten „die Beteiligten den Eindruck“, geflüchtete Arbeitssuchende „mit Nachdruck“ in Arbeit bringen zu wollen.
Rückendeckung für Terzenbach kommt von Kathrin Michel, Berichterstatterin der SPD im Haushaltsausschuss. Trotz steigender Arbeitslosenzahl sei die Beschäftigung unter den Ukrainern „deutlich“ gestiegen. Konkrete Zahlen nennt allerdings auch sie nicht. Sie spricht aber von einem „messbaren Erfolg bereits wenige Monate nach Anlaufen des Job-Turbos.“
Die Sprecherin des Sonderbeauftragten sagt unserem Kollegen Michael Bassewitz zudem, dass der Bericht bereits im März an den Bundestag übergeben wurde. Weil die Daten eine statistische Wartezeit haben, seien die gegebenen Zahlen deshalb „auf dem Stand Februar“.
Zum Download: Zwischenbericht zur Umsetzung des Job-Turbos
Mit KI und Online-Kursen: CDU stimmt über für alle zugängliche Uni-Vorlesungen ab
Öffentliches Gut: Die CDU will darüber abstimmen, Universitätsvorlesungen durch Künstliche Intelligenz und Online-Module für alle zugänglich zu machen. Dies geht aus einem Antrag des Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) zum CDU-Bundesparteitag hervor, der unserem Kollegen Michael Bassewitz vorliegt.
Neue Technik: Die Unis sollen Massive Open Online Courses („MOOCs“) in den Hochschulen etablieren, „um jedem Zugang zur Hochschulbildung zu ermöglichen“ – online erlangte Zertifikate sollen dem Antrag zufolge dann als offizielle Abschlüsse anerkannt werden.
Lukas Honemann © longstoryshortconceptsKI für die bessere Lehre: Studenten und Dozenten sollen, so der Plan des RCDS, Künstliche Intelligenz im Studium „eigenverantwortlich, kritisch und reflektiert“ verwenden – dazu soll es Weiterbildungsformate geben. Lukas Honemann, Bundesvorsitzender des RCDS, sagt uns:
Wenn jeder sich immer kostenfrei neben Ausbildung und Beruf fortbilden kann, beseitigen wir Bildungsungerechtigkeit und das Problem maroder Universitätsgebäude.
Zum Download: KI in der Hochschulbildung RCDS
Wagenknecht: Grünen-Koalition ist „Gruselvorstellung“
Gestern Abend war die BSW-Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht zu Gast auf der Pioneer One. Gabor Steingart hat mit ihr über mögliche Koalitionspartner gesprochen. Die Grünen würde sie „ausschließen“:
Sahra Wagenknecht im Interview auf der Pioneer One © Anne HufnaglDas halte ich wirklich für eine Gruselvorstellung, sich da irgendwie zu verbünden. Ich finde, die Grünen sind wirklich eine der schlimmsten Parteien geworden.
Ähnlich hält es sich mit der AfD. Sie sei „eine Partei, die sich immer stärker in eine bestimmte Richtung radikalisiert“. Eine Koalition auf Bundesebene sowie in Thüringen schließt Wagenknecht aus.
Selbstverständlich können wir mit denen nicht koalieren. Also das verbietet, finde ich, der Anstand.
Dass der russische Präsident Wladimir Putin weitere Länder angreifen könnte, ist für Wagenknecht kein realistisches Szenario. Sie sagt:
Ich weiß nicht, welche Begierden in Putin schlummern. Ich sehe nur ganz realistisch, dass eine Armee, die daran scheitert, Kiew zu erobern, kaum in der Lage sein wird, Polen zu überfallen, geschweige denn morgen vor dem Brandenburger Tor steht.
Ausschnitte des Gesprächs hören Sie heute Morgen im Pioneer Podcast und in voller Länge am Samstag als Sonderpodcast.
Petersberger Klimadialog: Noch keine Bilanz aus Dubai
Im Auswärtigen Amt startet heute der Petersberger Klimadialog – das jährliche Treffen zur Vorbereitung der nächsten Klimakonferenz, in diesem Fall der COP29 in Aserbaidschan im November. 40 Länder nehmen teil, darunter auch die größten CO₂-Emittenten der Welt, China und die USA.
Das Ziel: Aufbauen auf die Beschlüsse aus Dubai aus dem vergangenen November. Konkret: man will konzeptualisieren, wie der damals beschlossene „Übergang weg von fossilen Energieträgern“ umgesetzt und vor allem finanziert werden kann. Es gehe darum, die Transformation „wirtschaftlich“ zu gestalten, hören wir.
Herausfinden möchte man deshalb auch, was die Vertreter der Privatwirtschaft brauchen, um die Transformation umzusetzen.
Weltklimakonferenz COP28 in Dubai © DPABilanz nach Dubai? Wolfgang Obergassel, Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie, sagt, dafür sei es noch zu früh. Er sieht das Ergebnis von Dubai aus dem November eher als „Gradmesser, weniger als Auslöser“ für ein durchaus schon länger stattfindendes Umdenken. Und sagt uns:
Die Wirkungskraft der Entscheidung von Dubai werden wir in den neuen Nationally Determined Contributions (NDC) sehen können. Das ist in den Ländern angelaufen und soll nächstes Jahr vorgelegt werden.
Die NDC wurden im Pariser Klimaabkommen verankert und verpflichten die Vertragsstaaten, nationale Klimaschutzziele auszuarbeiten und regelmäßig zu kommunizieren und zu aktualisieren.
© The PioneerHigh-Level-Event: Auf dem Petersberger Klimadialog sprechen heute und morgen Außenministerin Annalena Baerbock, Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck und Umweltministerin Svenja Schulze.
Zum Koalieren zu wenig, zum Aussteigen zu viel – so könnte man die aktuelle Situation der FDP in der Ampel beschreiben.
Neue forsa-Zahlen zeigen: Von allen im Bundestag vertretenen Parteien wird die FDP für ihre Politik am meisten abgestraft: Nur 29 von 100 FDP-Wähler von 2021 würden der Partei heute bei einer Bundestagswahl wieder ihre Stimme geben. Bei der FDP sollten spätestens jetzt die Alarmglocken angehen.
Eine Infografik mit dem Titel: FDP: Die enttäuschte Wählerschaft
Prozentsatz der Wähler der Bundestagswahl 2021, die die jeweilige Partei wieder wählen würden
Das war gestern und in der Nacht los:
Rente: Das Bundeskabinett beschloss die geplante Erhöhung um 4,57 Prozent. Die jährliche Rentenanpassung liegt damit im dritten Jahr in Folge oberhalb von vier Prozent.
Europäisches Parlament: Zur Bekämpfung der Geldwäsche hat das Europäische Parlament ein Verbot von Barzahlungen in Höhe von mehr als 10.000 Euro beschlossen. Die Regeln sollen für den Handel mit Juwelen, Luxusautos, Privatflugzeugen und Schiffen gelten.
Bundesregierung: Innenministerin Nancy Faeser will Gewalt gegen Frauen bekämpfen. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören Anti-Gewalttrainings für Täter und elektronische Fußfesseln, um Kontakt- und Näherungsverbote konsequenter umsetzen zu können.
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Umweltministerin Steffi Lemke nimmt an der HELCOM-Ministerkonferenz in Riga teil und geht dort zu der 50-Jahrfeier der Helsinki Konvention.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hält in Paris eine Grundsatzrede zur Zukunft Europas.
Kanzler Olaf Scholz spricht bei den Familienunternehmer-Tagen 2024 in Wiesbaden.
Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger begleitet den Spatenstich des neuen Herzzentrums der Charité in Berlin.
Auf – Robert Habeck. Der Minister lebt nach dem Motto: Auch die kleinen Erfolge muss man feiern. Ein Anzeichen für „konjunkturelle Aufhellung“ kristallisiert sich am Horizont, teilte er gestern freudig mit. Die Konjunktur-Aussichten steigen von 0,2 (damals war die Rede von „dramatisch schlecht“) auf satte 0,3 Prozent. Wer nichts zu verlieren hat, hat viel zu gewinnen!
Ab – Olaf Scholz. Der Kanzler und die Erinnerungslücken! Anlässlich des Girls’ Days wollte ein Mädchen vom Kanzler wissen, welches sein Lieblings-MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) gewesen sei. Der antwortete: „Ich hatte Mathe-Leistungskurs“ – und fügte hinzu: „Ich erinnere mich an nichts mehr“. Werbung für die Schulfächer sieht wohl anders aus.
Heute gratulieren wir herzlich:
Ulrike Bahr, SPD-Bundestagsabgeordnete, 60
Anka Feldhusen, deutsche Diplomatin, 58
Ines Jesse, Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern, 53
Georg Maier, SPD-Innenminister in Thüringen, 57
Nico Tippelt, FDP-Bundestagsabgeordneter, 57
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre