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Unsere Themen heute:
Die Länder fordern eine rasche Sonder-MPK, um die Vorschläge zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu besprechen. Eine Liste der Länder liegt vor.
Die Kindergrundsicherung sollte an diesem Mittwoch das Kabinett passieren. Dazu kommt es nicht. Wir wissen, warum.
Die deutschen Innenstädte sind öde, schlecht besucht und architektonisch mau. Eine neue Studie gibt den Großstädten schlechte Noten.
Im Klima- und Transformationfonds (KTF) sind nicht mehr genug Mittel, um das von der Ampel-Koalition versprochene Klimageld zur Entlastung der Bürger finanzieren zu können.
Die Südwest-CDU will sich neu aufstellen, doch Landeschef Thomas Strobl zögert.
Ein früherer SPD-Landesminister geht als Pfarrer nach Teneriffa und baut dort eine neue Kirchengemeinde auf.
Der französische Wirtschafts- und Finanzminister ist heute zu Gast bei der Kabinettssitzung.
Länderchefs fordern MPK zu Deutschland-Pakt
Die Länderchefs dringen parteiübergreifend auf eine schelle Ministerpräsidentenkonferenz zu den offenen Themen bei der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.
"Wir sind bereit, der Kanzler kennt unsere Themen seit November 2022", sagte uns einer, der an den Verhandlungen beteiligt ist.
Scholz habe bereits im Frühjahr 2023 eine Sonder-MPK direkt nach der Sommerpause versprochen, diese "müsse jetzt auch kommen".
© The PioneerDie Länder haben sich intern auf eine Liste der Themen verständigt, die sie mit dem Bund umsetzen wollen. Sie liegt uns vor.
Hier eine Übersicht:
Gerichtliche Überprüfungen von längst beschlossenen Projekten werden immer wieder durch vermeintliche Formalien in die Länge gezogen. Das wollen die Länder reformieren. Es muss einen Punkt geben, bei dem das Verfahren als beendet angesehen wird (materielle Präklusion).
Generelle Fristverkürzungen bei Klagen gegen bereits erfolgte Genehmigungen, etwa zum Bau von Infrastrukturprojekten.
Stichtagsprinzip. Das bedeutet, dass nach einem bestimmten Stichtag Projekte so umgesetzt werden dürfen wie zum Stand des Rechts beantragt, auch wenn sich später die Rechtslage verändert hat. Hintergrund: Infrastruktur-Projekte brauchen Planungssicherheit, wurden bisher aber oft im laufenden Verfahren durch neu aufkommende Proteste aufgehalten.
Genehmigungsfiktion. Damit versteht man eine gesetzliche Regelung, die bei Ausbleiben einer Entscheidung der zuständigen Behörde innerhalb einer festgelegten Frist automatisch als positiv beschieden gilt.
Vorzeitiger Maßnahmenbeginn. Große Infrastruktur-Projekte dürfen schon begonnen werden, obwohl nicht alle Einzelmaßnahmen – etwa der Bau einer Lärmschutzwand in einem Teilbereich der Anlage – genehmigt sind. Beispiel ist die Tesla-Fabrik in Brandenburg, wo genau dies möglich war.
Außerdem fordern die Länder eine dauerhafte Übernahme der Flüchtlingskosten und einen staatlich subventionierten Brückenstrompreis zur Unterstützung der energieintensiven Industrien. Kanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt dies bisher ab, hat allerdings auch noch keine Gegenvorschläge gemacht, wie es in Länderkreisen heißt.
In Regierungskreisen hieß es, ein Termin für das Treffen mit den Länderchefs in den kommenden Wochen sei denkbar. Routinemäßig ist die nächste MPK am 6. November.
Eigentlich sollte der Pakt für Planungsbeschleunigung schon 2022 beschlossen werden, doch der Bund verzögerte die Umsetzung.
Kindergrundsicherung doch nicht im Kabinett
Der Gesetzentwurf der Ampel zur Kindergrundsicherung wird nicht wie geplant an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett verschiedet werden. Wie unser Kollege Thorsten Denkler hört, sei der Entwurf zwar weitgehend geeinigt. Es gebe allerdings noch technische Details zu klären.
Familienministerin Lisa Paus © ReutersDer Entwurf, der unserem Kollegen Maximilian Stascheit in einer Fassung vom 11. September vorliegt, dürfte damit womöglich noch kleinere Änderungen erfahren.
Der Gesetzesentwurf aus dem Haus von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ist nach Ansicht des Bündnisses Kindergrundsicherung "enttäuschend".
Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforums Familie, sagt: „Uns liegt bisher keine echte Kindergrundsicherung vor. Der vorgelegte Gesetzentwurf kann allenfalls ein Einstieg in eine längst überfällige Reform des Systems der sozial- und familienpolitischen Leistungen sein."
Es gebe zwar den erkennbaren Versuch, eine erhöhte Inanspruchnahme über teilweise automatisierte Abläufe und den Kindergrundsicherungs-Check zu erzielen.
Insgesamt haben wir es aber mit einem Minimalkonsens zu tun, der das Ergebnis eines politischen Kompromisses ist und der das Ziel, Kinderarmut ernsthaft zu bekämpfen, aus den Augen verloren hat.
In dem Bündnis haben sich 20 Verbände und 13 Wissenschaftler zusammengeschlossen, um eine Kindergrundsicherung in Deutschland umzusetzen.
Zum Download: Der jüngste Gesetzentwurf für eine Kindergrundsicherung
Deutsche unzufrieden mit den Innenstädten
Leerstand, Ödnis, architektonischer Abstieg – die Innenstädte der großen deutschen Städte haben ein Akzeptanz- und Imageproblem.
Jeder dritte deutsche Großstädter sieht eine Verschlechterung der Wohn- und Einzelhandelssituation und der Qualität des öffentlichen Raumes in der eigenen Innenstadt. Auch als Arbeitsort habe die City an Attraktivität verloren, sagt ein Viertel der Befragten.
Das geht aus einer Studie der Düsseldorfer Projektentwickler James Cloppenburg RealEstate mit der TU Darmstadt hervor, die uns vorliegt.
Dabei haben die Forscher erstmals sowohl App-Nutzerdaten der Passanten als auch Haushaltsbefragungen in den Großstädten Frankfurt, Köln, Hamburg, Berlin, Essen, Köln, Leipzig und München ausgewertet.
Ergebnis: Die Kaufkraft der Passanten und der Umsatz des Handels sinken, etwa an der Frankfurter Zeil seit 2019 um 2,2 Prozent (einzelhandelsbedingte Kaufkraft) und 13,6 Prozent (Einzelhandelsumsatz).
Damit die Innenstädte wieder attraktiver werden, wünschen sich die Bürger deutlich mehr Freizeitangebote (54 Prozent), Grün- und Verweilflächen (52 Prozent) sowie attraktive Wohnangebote.
Für jeden zweiten Befragten muss die Qualität des Einzelhandels verbessert werden.
Karstadt-Filiale an der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil. © dpaAls Beispiele für neue Attraktionen werden Open-Air-Kinos oder lokale Kunstaktionen genannt. Auch eine bessere Gastronomie wird genannt.
Die Krisen der Innenstädte rufen die Politik auf den Plan. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) hat eine Attraktivitätssteigerung der Innenstädte zur Chefsache gemacht.
Südwest-CDU: Druck auf Noch-Parteichef Strobl wächst
In der CDU Baden-Württemberg wächst der Druck auf Innenminister Thomas Strobl, auf den Landesvorsitz zu verzichten und den Weg für Fraktionschef Manuel Hagel freizumachen.
„Es wäre verlorene Zeit, wenn sich Thomas Strobl noch einmal wählen lassen würde. Denn alle wissen, dass er bei der nächsten Landtagswahl niemals Spitzenkandidat werden will”, sagt uns ein Mitglied des Landesvorstandes.
Doch Parteichef Strobl zögert, er will den Übergang eigenständig angehen. Bis zum Parteitag im November muss eine Lösung gefunden sein.
Lesen Sie hier unsere Analyse.
Kein Geld mehr für das Klimageld?
Im Klima- und Transformationsfonds (KTF) sind nicht mehr genug Mittel, um das von der Ampel-Koalition versprochene Klimageld zur Entlastung der Bürger finanzieren zu können.
Brigitte Knopf, MCC © MCCZu diesem Schluss kommt Brigitte Knopf, Generalsekretärin des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin und Mitautorin der am Dienstag vom MCC veröffentlichen Studie: "Die Finanzierung der Transformation: Klimafonds, Klimageld und Kernhaushalt."
Knopf sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Die Bundesregierung muss erklären, ob sie eigentlich noch am Klimageld festhalten will. Wenn ja, dann müsste sie im Haushalt umschichten oder sich für einige Ausgaben über eine neue Finanzierungsgrundlage Gedanken machen.
Ihre Studie zeige: "Das Geld ist komplett verplant. Mit den bestehenden Aufgaben ist der KTF ab spätestens 2026 unterfinanziert. Dann sind auch die 60 Milliarden Euro weg, die aus nicht abgerufenen Corona-Hilfen in den Fonds geflossen sind."
Knopf hält es für "sehr problematisch", dass der Fonds "mit immer mehr Aufgaben überfrachtet" werde, für die er eigentlich nicht gemacht sei. "Dass jetzt eine Gesetzesänderung geplant ist, um aus dem KTF auch die Ansiedlung von Chipfabriken zu finanzieren, spricht für sich."
Zum Download: KTF-Studie des Mercator Institutes
Besuch aus Frankreich in der Kabinettssitzung
Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire wird heute Morgen an der Kabinettssitzung im Kanzleramt teilnehmen. Dieser Besuch findet im Rahmen der Vereinbarungen des Aachener Vertrags zwischen Frankreich und Deutschland statt, der vorsieht, dass ein Regierungsmitglied des einen Staates mindestens einmal pro Quartal an einer Kabinettssitzung des anderen Staates teilnimmt.
Bruno Le Maire © dpaEin Sprecher des französischen Wirtschafts- und Finanzministeriums teilte unserem Kollegen Paul Jouen mit, dass Le Maire separate Gespräche mit seinen Amtskollegen Robert Habeck und Christian Lindner über eine Reform des EU-Energiemarktes und Pläne über eine gemeinsame europäische Industriepolitik führen soll. Außerdem sei ein gemeinsames Treffen mit dem BDA-Chef Rainer Dulger und der BDI-Chefin Tanja Gönner geplant.
Le Maire möchte die Gelegenheit nutzen, um die Bundesregierung auf die „Notwendigkeit, sich über eine gemeinsame europäische Industriestrategie festzulegen“, hinzuweisen. Die Strategie solle dazu beitragen, die Wiederindustrialisierung der EU-Wirtschaft zu fördern, um "im Kontext des globalen Wettbewerbes mit China und den USA" mithalten zu können. Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz sowie die Dekarbonisierung der Wirtschaft seien zu berücksichtigen, so sein Ministerium.
Zu Deutschlands Haushaltspolitik und der Einhaltung der Schuldenbremse möchte man sich in Paris nicht äußern.
Schulze befördert drei Beamtinnen
Svenja Schulze © Anne HufnaglEntwicklungsministerin Svenja Schulze will am heutigen Mittwoch drei ihrer Beamtinnen auf höhere Besoldungsstufen befördern. Die beiden Ministerialrätinnen Martina Metz und Johanna Servatius sollen zu Ministerialdirigentinnen mit der Besoldungsstufe B6 befördert werden – dies entspricht einer Position als Unterabteilungsleiterin.
Dazu hebt Schulze eine Regierungsdirektorin auf den Posten einer Ministerialrätin, dies entspricht der Besoldung A16.
Steffen Reiche geht nach Teneriffa
Der frühere Wissenschafts- und Bildungsminister in Brandenburg (1994 bis 2004) und langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Steffen Reiche verlässt Deutschland und baut eine evangelische Kirchengemeinde auf Teneriffa auf.
Die vergangenen Jahre war Reiche Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde in Berlin-Nikolassee, wo der Ex-Minister immer auch mit politischen Aspekten in seinen Predigten für Aufmerksamkeit sorgte.
Steffen Reiche, Ex-Minister und Evangelischer Pfarrer in Nikolassee bei einer Predigt 2017. © dpa
Jährliche Rede zur Lage der Union in Straßburg
Ursula von der Leyen bei ihrer Rede zur Lage der EU 2022 © imagoHeute um 9 Uhr wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im EU-Parlament in Straßburg ihre jährliche Rede zur Lage der Union halten. In dieser Rede wird sie die Prioritäten und die Leitinitiativen der EU für das kommende Jahr beschreiben. Zentrale Themen, die angesprochen werden sollen, sind die Erweiterung der Europäischen Union und der Ukrainekrieg.
Annalena Baerbock zu Besuch in Texas
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, steigt aus der Regierungsmaschine. © dpaAußenministerin Annalena Baerbock setzt heute ihren mehrtägigen Besuch in den USA im Bundesstaat Texas fort. Dort ist geplant, dass sie sich mit dem demokratischen Bürgermeister der Staatshauptstadt Houston, Sylvester Turner, treffen wird. Im Rahmen ihres Besuchs plant sie außerdem, ein deutsches Luftwaffenausbildungskommando zu besuchen.
Auf - Ralph Brinkhaus. Der frühere Fraktionschef der Union hat sich aus der Deckung gewagt. Und in der Sendung Hart aber Fair einen denkwürdigen Auftritt hingelegt. Harte Kritik an der Ampel, aber faktenbasiert und sachbezogen. Politischer Wettbewerb wie er sein sollte. Und immer ernsthaft bereit, wichtige Fragen auch mal gemeinsam zu beschließen. Eine echte Alternative zu Friedrich Merz.
Ab - Nancy Faeser. Neue Vorwürfe in der Causa Schönbohm. Das Innenministerium hatte offenbar entgegen früherer Äußerungen doch Kontakt zur ZDF-Redaktion von Jan Böhmermann. Die Sendung hatte unbewiesene Vorwürfe gegen den damaligen BSI-Chef veröffentlicht und die SPD-Ministerin daraufhin den Top-Beamten versetzt. Die Affäre setzt die Wahlkämpferin weiter unter Druck.
"Sie wollen, tun es aber nicht", titelt der Welt-Redakteur Frédéric Schwilden zum neu erschienenen "Väterreport". Der von der Bundesfamilienministerin Lisa Paus vorgestellte Bericht zeige wenig überraschende Kernaussagen. 63 Prozent der befragten Väter würden gleiche berufliche Chancen für beide Elternteile befürworten, dennoch würden 86 Prozent der Väter Vollzeit arbeiten, hingegen sei Kinderbetreuung und Haushalt überwiegend von den Müttern erledigt. Laut Schwilden habe man zwei Gruppen allerdings vergessen oder in der Studie zu niedrig gegriffen: gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und Patchwork-Familien. Die Nichtberücksichtigung anderer Familienkonzepte zeige für Schwilden, dass Wunsch und Wirklichkeit in einem von einer Grünen geführten Familienministerium auseinandergehen würden. Hier können Sie seinen gesamten Kommentar lesen.
Der Zeit-Redakteur Johannes Ehrmann stellt fest, dass, während sich der urbane Vater gern für die Avantgarde der Elternschaft halte, "der gemütliche Papi aus der Provinz" längst weiter sei. Der "urbane Mitgestalter", der in Großstädten lebt, halte es für ideal, die Hälfte der Kinderbetreuung zu übernehmen. Dennoch habe nicht mal die Hälfte seiner Art schon mal eine Elternzeit genommen oder seine Arbeitszeit reduziert. Umgekehrt würde sich, so Ehrmann, der "zufriedene Pragmatiker", der tendenziell auf dem Land oder in Kleinstädten lebt und keine akademische Laufbahn hinter sich hat, mehr Elternzeit nehmen oder seine Arbeitszeit reduzieren. Seinen vollständigen Kommentar können Sie hier lesen.
Heute gratulieren wir herzlich:
Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender der Grünen in NRW, 30
Tom Bartels, Moderator und Sportreporter, 58
Ulrike Zeitlinger-Haake, österreichische Journalistin, 54
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre