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Unsere Themen heute:
Der neue CDU-Chef Armin Laschet betont in seinen ersten Gremiensitzungen die Nähe zu den USA und er will sich stärker um Ostdeutschland kümmern.
Die Kritik an der Ostseepipeline Nord Stream 2 wächst. Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger fordert den Stopp und scharfe Sanktionen gegen Putins Freunde.
Missbrauch beim Kurzarbeitergeld: Die Bundesagentur für Arbeit ist Tausenden Verdachtsfällen auf der Spur. Wir wissen mehr.
Laschets Agenda: Westbindung, Ostpolitik
Der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat seinen ersten Auftritt in den Parteigremien genutzt, um den Verdacht zu zerstreuen, er sei zu freundlich gegenüber Russland gesinnt. Man müsse nun alles tun, um einen Neustart in den transatlantischen Beziehungen zu ermöglichen, sagte Laschet Teilnehmern zufolge in seiner ersten Präsidiumssitzung als Chef. Er lobt den neuen US-Präsidenten Joe Biden und dessen Entscheidung den Truppenabzug aus Deutschland zu stoppen.
An seiner Verortung im westlichen Bündnis könne es keinen Zweifel geben. Ein entsprechender Beschluss für einen Neustart für das Bündnis mit den USA wird gefasst. Die Proteste in Russland und die Festnahme von Alexei Nawalny kritisiert Laschet dagegen in der Sitzung.
Allerdings: Ein Stopp der deutsch-russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 lehnt der neue CDU-Chef als Sanktionsmaßnahme im Laufe der Diskussion ab.
“Meine Meinung dazu ist ja bekannt”, sagt Laschet Teilnehmern zufolge. So wie es die SPD-Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, mache, die sich vom Nord-Stream-2-Konsortium eine Stiftung finanzieren lasse, dürfe man es aber auch nicht machen.
Laschets Strategie: für den Weiterbau des Wirtschaftsprojekts Nord Stream 2 werben, aber möglichst unauffällig.
Der Außenpolitiker Norbert Röttgen, der im Wahlkampf gegen Laschet um den CDU-Vorsitz angetreten war und den Baustopp von Nord Stream 2 gefordert hatte, äußerte sich in der Sitzung dazu nicht, berichten mehrere Teilnehmer.
Das Verhältnis zwischen den beiden gilt als angespannt, nachdem Röttgen für das Präsidium kandidierte, obwohl Laschet die frühere Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und deren Kandidatur unterstützen wollte.
Der Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist umstritten © dpaIn der anschließenden Vorstandssitzung gab es viel Zustimmung für Laschet, der betonte, dass er alle Interessen in der Partei einbeziehen wolle. Das wird auch als Angebot an die Unterstützer von Friedrich Merz verstanden. Generalsekretär Paul Ziemiak bestätigt, dass es in den letzten Tagen zwar 250 Parteiaustritte, aber auch 350 Eintritte gegeben habe. Darunter auch Unternehmer aus Baden-Württemberg, dem Kernland der Merz-Fans.
Konkret diskutierten die Teilnehmer über die Corona-Maßnahmen, die Öffnungsstrategien und die schleppend ausgezahlten Hilfen für die Wirtschaft.
Laschet betonte, dass noch nicht die Zeit für Öffnungen sei. Er richtete seine Kritik an SPD-Finanzminister Olaf Scholz, der bei der Auszahlung der Wirtschaftshilfen vorankommen müsse. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier sei bei dem Thema ja “sehr bemüht”, betonte Laschet. Das wiederum empfanden Teilnehmer nicht gerade als kraftvolle Unterstützung für den Saarländer.
Armin Laschet an Bord der Pioneer One. © Marco Urban
Laschet habe die Sitzung stringent geführt und schneller beendet als unter Vorgängerin Kramp-Karrenbauer, hieß es.
CDU-Chef startet Konferenz zur Ostpolitik
Noch vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni will der neue Bundesvorsitzende zu einer Konferenz einladen, bei der es nur um Ostdeutschland gehen soll.
„Wir müssen uns mit der besonderen politischen Situation im Osten auseinandersetzen“, sagte uns ein CDU-Vorstandsmitglied aus einem ostdeutschen Bundesland.
Unser Hauptgegner ist hier die AfD, die Grünen sind es nicht.
Im Sommer 2020 hatte Laschet bereits seine Kontakte in den Osten vertieft und mehrere Tage die Amtskollegen in Dresden und Magdeburg, Michael Kretschmer und Reiner Haseloff, besucht. Daran will er nun anknüpfen.
In vier von sechs ostdeutschen Bundesländern wird dieses Jahr gewählt. Nach Sachsen-Anhalt sind noch Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Berlin an der Reihe - gewählt wird jeweils am 26. September, parallel zur Bundestagswahl.
1. Mitarbeiter der Abgeordneten sollen auf Clubhouse verzichten
Die neue Social-Audio-App Clubhouse ist derzeit der Tummelplatz für die Protagonisten der Berliner Republik. In digitalen Konferenzräumen debattieren Politiker, Lobbyisten, Abgeordnete, Journalisten und Medienmenschen über die Themen des Tages. Wer die Apple-App vollumfänglich nutzen und installieren will, muss auch zustimmen, dass die eigenen Kontakte hochgeladen werden. Datenschützer kritisieren das.
Die Führung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat den Mitarbeitern nun in einer E-Mail verboten, die App auf den Diensthandys zu installieren.
© David FischerDie “Datenschutzkonformität” sei sehr fragwürdig, heißt es in der Mail. Deshalb werde in Absprache mit der Datenschutzbeauftragten der Fraktion die “Installation und Nutzung” auf allen Apple-Diensthandys verweigert. Nutzer, die die App bereits installiert haben, werden gebeten sie zu deinstallieren.
2. Verdacht auf tausendfachen Missbrauch bei Kurzarbeit
© The PioneerDer Bundesagentur für Arbeit geht aktuell rund 3.800 Hinweisen auf möglichen Leistungsmissbrauch beim Kurzarbeitergeld nach. Das geht aus einem Bericht der Nürnberger Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor.
Das Dokument liegt ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vor.
Am häufigsten ist der Vorwurf, dass Manipulationen bei der Arbeitszeit erfolgt sind: Kurzarbeit wird angemeldet, die Betroffenen arbeiten jedoch „unverändert bzw. sogar mehr“ als zuvor. Bis Ende Dezember 2020 sind laut Bericht 37 Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaften abgegeben worden, 271 weitere Fälle an die Hauptzollämter.
Kurzarbeit kostete 2020 rund 22 Milliarden Euro
Im Jahr 2020 hatte die Bundesagentur für Arbeit rund 22,1 Milliarden Euro für Kurzarbeitergeld und die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt. Für das laufende Jahr geht die Agentur von 700.000 Kurzarbeitern aus.
Hubertus Heil (SPD) © dpaLaut einem weiteren Bericht an den Haushaltsausschuss, der uns vorliegt, wird die Bundesagentur erst 2023 aus der Defizitzone herauskommen. Für 2021 wird noch ein Minus von 9,3 Milliarden Euro erwartet, 2022 soll das Defizit nur noch 100 Millionen Euro betragen.
Für 2023 ist nach aktueller Rechtslage eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung vorgesehen - von aktuell 2,4 auf dann 2,6 Prozent. Die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass sie auf dieser Grundlage ein Plus von 2,6 Milliarden Euro erreichen kann.
3. Schulze plant nationales Zentrum für Biodiversität
Umweltministerin Svenja Schulze © Anne HufnaglBundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will ein nationales Zentrum zur Biodiversität aufbauen. Das geht aus einem „Grobkonzept“ der Umweltministerin hervor, das uns vorliegt und an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll.
„Um dem Verlust der biologischen Vielfalt wirksam entgegenzutreten, bedarf es belastbarer Daten zum Zustand und zur Veränderung von Natur und Landschaft sowie zu wichtigen Einflussgrößen“, heißt es in der Vorlage.
Das Zentrum hatten Union und SPD bereits 2018 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Laut Umweltministerium soll es innerhalb der nächsten zwei Jahre am Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Leipzig aufgebaut werden. Ziel sei eine Datengrundlage, die „fundierte Analysen zu Ursachen von Biodiversitätsveränderungen sowie das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten zu Förderung, Schutz und nachhaltiger Nutzung ermöglicht“, heißt es.
4. Druck auf Regierung wegen Nord Stream 2 wächst
Nach den russlandweiten Protesten für die Freilassung des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny werden die Rufe nach schärferen Sanktionen der Europäischen Union (EU) gegen Russland und eines Stopps des deutsch-russischen Gas-Pipeline Projekts Nord Stream 2 lauter.
“Die Liste der gewichtigen Gegenargumente gegen das deutsch-russische Prestigeprojekt wird mit jedem Tag immer länger”, sagte uns die Grünen-Außenpolitik-Expertin Agnieszka Brugger. “Nord Stream 2 ist nicht nur eine Wette gegen den Klimaschutz und ein Affront gegenüber unseren europäischen Partnern. Auch mit Blick auf die Menschenrechte und unser Sicherheitsinteresse ist es ein hoch problematisches Signal.”
Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger. © ImagoAußerdem forderte Brugger personenbezogene Sanktionen gegen die Spitzenleute rund um Präsident Putin. Dies hatten vergangene Woche auch im Ausland lebende Oppositionelle wie der frühere Oligarch Michail Chodorkowski und der Ex-Schach-Weltmeister Garri Kasparow gefordert.
Ausriss aus dem Jahreswirtschaftsbericht © ThePioneerIn ihrem neuen Jahreswirtschaftsbericht, der an diesem Mittwoch im Kabinett beraten wird und uns vorliegt, zieht die Regierung eine Bilanz der Maßnahmen zur Rettung von Unternehmen in der Corona-Krise.
Die Hilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) summieren sich auf inzwischen 7,87 Milliarden Euro.
Davon entfallen 5,84 Milliarden Euro auf das Engagement des Staats bei der Deutschen Lufthansa. Auf 485 Millionen Euro belaufen sich inzwischen die Hilfen für den Touristikkonzern FTI, bei der TUI waren es rund 1,25 Milliarden Euro.
Die MV Werften Holding Ltd. aus Mecklenburg-Vorpommern und der Marineschiff-Produzent German Naval Yards in Kiel erhielten Hilfen von 193 beziehungsweise 35 Millionen Euro. Der Zulieferer Schlote wurde mit 25,5 Millionen Euro unterstützt, der Hotelkonzern NOVUM Hospitality mit 45 Millionen Euro.
Wegen der Corona-Pandemie haben sich die Listenaufstellungen für die Bundestagswahl bei den meisten Parteien und in vielen Landesverbänden verschoben.
Die SPD in Hamburg will "vermutlich Ende Mai" entscheiden, wen sie in den Bundestag schickt, teilte uns die Partei mit. "Wenn es die gesetzlichen Rahmenbedingungen zulassen, wird die Veranstaltung digital mit anschließender Urnen/Briefwahl durchgeführt."
Auch bei der CDU im Norden steht der Termin noch nicht fest. "Die Landesdelegiertenvertretung zur Aufstellung unserer Bundestagsliste ist Corona-bedingt noch nicht final terminiert", hieß es auf Anfrage in der schleswig-holsteinischen CDU. "Aussagen zu den Maßnahmen zur Einhaltung der dann geltenden Beschränkungen können wir zum heutigen Zeitpunkt daher noch nicht treffen."
© ThePioneerAuf - Von Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagen nicht wenige, sie bringe sich gerade in Stellung als mögliche Außenministerin der nächsten Bundesregierung. Die Kunst der Diplomatie hat ja oft viel mit einer klugen Idee zu tun - und mit dem richtigen Zeitpunkt. Baerbock und Co-Parteichef Robert Habeck haben über die Zukunft des transatlantischen Verhältnisses nachgedacht. Und sie setzen darauf, das bei den Grünen lange ungeliebte Thema Freihandel mit der Klimaschutz-Frage zu verbinden. Eine klimaneutrale Handelszone, vereinbart zwischen Brüssel und Washington - das wäre doch was! Kluge Idee. Für Baerbock geht es bergauf.
Ab - NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann war zu Beginn der Pandemie vor allem eines: Ein Krisenmanager, mitunter hemdsärmelig, fähig zur Empathie und stets gut für einen originellen Spruch. Zuletzt musste der Westfale häufiger die Rolle des Überbringers schlechter Nachrichten übernehmen. Dass der Corona-Impfstart verstolpert worden ist, zeigte sich eben auch an Rhein und Ruhr. Zu Lieferproblemen der Hersteller kommt nun auch Chaos. Überlastete Webseiten, unerreichbare Hotline - bei der Terminvergabe herrschte am Montag in Nordrhein-Westfalen Chaos.
Kontaktverbote, Ausgangssperren, Schließungen: Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wurden die Grundrechte der Bürger immer wieder massiv eingeschränkt. Doch darf ein demokratisch verfasster Staat das alles überhaupt? Oder hat Deutschland bereits autoritäre Züge angenommen? Und ist es eigentlich nicht unverhältnismässig, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit höher zu gewichten als alle Freiheitsrechte? Solche und weitere spannende Fragen beantwortet der Staatsrechtler Matthias Herdegen im Interview mit der NZZ. Ein erhellender Artikel.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler und bayerischer Wirtschaftsminister, 50
Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, 55
Reinhard Bütikofer, Grünen-Abgeordneter im Europäischen Parlament, 68
Die hessischen Grünen gehen mit Bettina Hoffmann aus dem Schwalm-Eder-Kreis auf Listenplatz eins in den Bundestagswahlkampf. Außen- und Verteidigungspolitiker Omid Nouripour übernimmt den zweiten Listenplatz. Auf den weiteren Plätzen landeten Kordula Schulz-Asche, Wolfgang Strengmann-Kuhn, Anna Lührmann, Philip Krämer und Deborah Düring. Dies beschloss die Landespartei am Wochenende.
© ThePioneerIhre Informationen für uns © Media PioneerSie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.
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