Lauterbachs erste Pannen

Lauterbachs erste Pannen

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Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die Union-Länderchefs fühlen sich von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach getäuscht und werfen ihm Falschaussage vor. Hier lesen Sie die Details.

  • Blitzreaktion in der CDU. Alte und neue CDU-Spitze schließt sich zusammen, um den Chef der Werte Union, Max Otte, aus der Partei zu werfen. Wir rekonstruieren den Tag.

  • Die Inflation soll dieses Jahr auf über 3 Prozent steigen. Das geht aus dem Jahreswirtschaftsbericht von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hervor.

  • Die Ampel-Koalition bereitet einen Corona-Bonus für Pflegekräfte vor. Wir haben darüber mit der Pflegebeauftragten der Regierung gesprochen.

  • Die Taliban-Sanktionen des Westens verschärfen die Hungersnot in Afghanistan. Die Welthungerhilfe ruft die Bundesregierung zum Einlenken auf.

Minister in Schwierigkeiten

Die Freude über die Ministerwerdung des Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ist verflogen. Der SPD-Mann steht massiv unter Druck.

Am Dienstag zog er sich mit Experten im Ministerium zu einer internen Klausur zurück. Während die Zahl der Neuinfektionen Tag für Tag höher schnellt, muss Lauterbach nun rasch liefern. Und die Zahl der Kritiker wächst.

Lauterbach will nun Vorgaben für das Freitesten von Personal in Einrichtungen machen, die zur kritischen Infrastruktur zählen. Und er muss die Frage beantworten, wie eine Corona-Infektion künftig nachgewiesen werden kann, wenn dafür keine PCR-Tests mehr zur Verfügung stehen.

Karl Lauterbach  © Anne Hufnagl

Mehr Laborkapazitäten, neue Regeln für die Kontaktnachverfolgung, wie umgehen mit der Teil-Impfpflicht für Kliniken und Heime. Es drohen massive Konflikte.

Zugleich haben handwerkliche Fehler und Kommunikationspannen den Minister in Bedrängnis gebracht.

Unions-Ministerpräsidenten werfen dem SPD-Mann wegen der kurzfristigen Änderung beim Genesenenstatus Falschaussage vor.

Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) soll dem SPD-Minister in der Ministerpräsidentenrunde am Montag zugerufen haben:

Ich fühle mich persönlich von ihnen hintergangen.

Dies berichteten uns gestern mehrere Teilnehmer der Bund-Länder-Konferenz.

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der thüringische Linken-Regierungschef Bodo Ramelow kritisierten die überraschenden Änderungen durch das dem Gesundheitsministerium unterstehende Robert-Koch-Institut.

Man habe Vertrauen in das Ministerium verloren, sagten Haseloff und Ramelow.

Gespräche am Rande der Sondersitzung des Bundesrats zu Pandemiebekämpfung. © dpa

Hintergrund: In der Sondersitzung des Bundesrates am 14. Januar hatte Lauterbach versprochen, man werde neue Hinweise der Behörden vorab mit den Ländern besprechen.

„Wir informieren Sie, sodass Sie sich nicht regelmäßig diese Verweisseiten anschauen und prüfen müssen, ob sich da etwas verändert hat. Selbstverständlich bekommen Sie dann von uns entsprechende Nachricht, und wenn von Ihnen Einwände vorgetragen werden, dann werden die natürlich berücksichtigt“, so Lauterbach.

Kurz nach der Sitzung wurde bekannt, dass das RKI den Status der Genesenen von sechs auf drei Monate verkürzt. Dazu ist die Behörde seit Kurzem befugt.

Söder fragte Lauterbach daraufhin in der Bund-Länder-Sitzung, ob die eigenen Behörden nicht die Rede des Ministers verfolgen würden. Die Korrektur habe zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt. Lauterbach entschuldigte sich für das Verfahren. Er habe zum Zeitpunkt der Bundesrats-Sitzung nichts davon gewusst. Dies halten die CDU-Länderchefs für eine Falschaussage.

Sabine Dittmar  © Imago

Denn tags zuvor hatte Lauterbachs Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) entsprechende Pläne im Bundestag erwähnt, wie aus dem amtlichen Protokoll des Bundestages hervorgeht.

Im Gesundheitsministerium hieß es am Dienstag, man arbeite an einem Verfahren für eine engere Abstimmung mit dem RKI.

„Talkshow kann er. Ein Ministerium zu führen, ist etwas völlig anderes“, so ein Ländergesundheitsminister spöttisch. Lauterbach steht nun unter Beobachtung.

An diesem Mittwoch spricht er erst einmal im Bundestag - in der Orientierungsdebatte zur Impfpflicht.

Regierung will EEG-Umlage ab 1.7 abschaffen

Die Bundesregierung will die EEG-Umlage für Öko-Strom offenbar bereits zum 1. Juli abschaffen. Entsprechende Gespräche zwischen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und dem Bundeskanzleramt würden geführt, erfuhren wir aus Regierungskreisen.

Demnach könnte ein Gesetz noch in den kommenden Wochen ins Kabinett kommen. Die Kosten für das Vorziehen der ursprünglich erst zum 1. Januar 2023 geplanten Maßnahme liegen angeblich bei 10 Milliarden Euro. Das Geld müsse aus dem mit 60 Milliarden Euro Kreditermächtigungen gefüllten Klima- und Transformationsfonds kommen, den FDP-Finanzminister Lindner mit dem Nachtragshaushalt 2021 eingebracht hat.

Eine vierköpfige Familie soll Berechnungen der Regierung zufolge durch die Abschaffung der EEG-Umlage etwa 120 Euro pro Jahr an Stromkosten sparen. Auch die Unternehmen werden durch den Wegfall der Umlage entlastet.

Regierung: Preise steigen 2022 um 3,3 Prozent

© dpa

Die Bundesregierung rechnet für 2022 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um "jahresdurchschnittlich 3,3 Prozent". Das geht aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervor, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt und heute von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgestellt wird.

2021 waren die Verbraucherpreise im Schnitt um 3,1 Prozent gestiegen. Die für 2022 erwartete Kerninflationsrate, bei der die Preise für Nahrungsmittel und Energie nicht berücksichtigt werden, liege bei 2,4 Prozent:

Die Regierung rechnet damit, dass die deutsche Wirtschaft im Laufe des Jahres „nach Stabilisierung der pandemischen Lage“ an Fahrt gewinnt:

„Für das Jahr 2022 erwartet die Bundesregierung eine Zunahme des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“

Die Bundesregierung erwartet eine weitere Zunahme der Erwerbstätigkeit: „Die Arbeitslosenquote wird im Jahr 2022 auf 5,1 Prozent zurückgehen, die Zahl der Erwerbstätigen dürfte durchschnittlich 45,3 Millionen Personen betragen.“

Afghanistan: Helfer pochen auf Lockerung der Taliban-Sanktionen

Angesichts der Hungersnot in Afghanistan appelliert die Welthungerhilfe an die Bundesregierung, sich für die Lockerung der Sanktionen des Westens gegen die Taliban einzusetzen.

"Die Sanktionen sind für unsere Arbeit ein großes Problem", sagte uns Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe.

Mogge fordert:

Die Bundesregierung sollte sich für eine Lockerung der internationalen Sanktionen einsetzen, sodass wir als Hilfsorganisation wieder Geld nach Afghanistan überweisen dürfen, um vor Ort tätig sein zu können.

Rund 25 Millionen Afghaninnen und Afghanen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen - mehr als jeder Zweite im Land.

Unsere Kollegin Marina Kormbaki hat sich bei Mogge nach den extrem schwierigen Arbeitsbedingungen der letztverbliebenen Helfer in Afghanistan erkundigt - und ihn gefragt, weshalb die Welthungerhilfe trotz der Risiken weiterhin auf Ortskräfte setzt. Hier lesen Sie das aufschlussreiche Interview.

"Die Situation ist katastrophal"

Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, über die fast unmögliche Hilfe für Afghanistan.

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Veröffentlicht von Marina Kormbaki .

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Alte und neue CDU-Spitze will Otte aus Partei werfen

Noch vor 8 Uhr am gestrigen Morgen schalteten sich der amtierende CDU-Chef Armin Laschet, Noch-Generalsekretär Paul Ziemiak sowie der künftige CDU-Chef Friedrich Merz und sein Generalsekretär Mario Czaja zusammen, um den Rauswurf des CDU-Mitglieds Dr. Max Otte zu beschließen. Dabei war auch NRW-CDU-Chef Hendrik Wüst. Otte ist Mitglied im Kreisverband Köln.

Die Runde war sich schnell einig.

Aufgrund der bundespolitischen Bedeutung der Kandidatur Ottes für die AfD als Präsidentschaftskandidat könne der CDU-Bundesvorstand den Ausschluss des einfachen Mitglieds Otte beschließen.

Max Otte tritt für die AfD als Bundespräsidentenkandidat an. © dpa

Noch am Abend folgte der noch amtierende CDU-Vorstand dem Wunsch der Parteispitze. Aufgrund der Kandidatur für die AfD gebe es ein "schwer parteischädigendes Verhalten", sagte Ziemiak. Otte würden bis zum rechtskräftigen Urteil alle Mitgliederrechte entzogen. Die CDU habe sich klar gegen "jede Art der Zusammenarbeit mit der AfD" ausgesprochen, so Ziemiak.

Der deutsch-amerikanische Ökonom und Vorsitzende der Werte Union hatte bereits 2017 offiziell bekundet, AfD gewählt zu haben und nach dem Mord eines Rechtsextremen an dem Kommunalpolitiker Walter Lübcke von Hetze gegen Rechts gesprochen.

Regierungsbeauftragte gegen zu enge Beschränkung bei Corona-Bonus

Claudia Moll bei einem Termin mit Olaf Scholz © Imago

Die neue Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD), warnt vor einer zu starken Beschränkung des geplanten Corona-Bonus auf bestimmte Berufsgruppen in der Pflege. „Es ist mir wichtig, dass es zu einer gerechten Lösung kommt“, sagte uns Moll. „Bei aller Diskussion um die Pflege dürfen wir nicht vergessen, dass alle unter Corona leiden.“

Dazu gehöre das Personal an den Intensivbetten genauso wie die Rettungssanitäter, die Mitarbeiter auf den Normalstationen oder die Reinigungsfrau: „Und vor allem ist wichtig, dass wir zu dauerhaften Verbesserungen kommen.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte angekündigt, der Bonus sollte vor allem Pflegekräften bezahlt werden, die in der Corona-Pandemie besonders belastet waren. Die Ampel-Koalition will eine Milliarde Euro bereitstellen.

Moll forderte Pflegekräfte auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen: „Wer es schon nicht macht, um sich selbst zu schützen, sollte bitte an die Patienten und Pflegebedürftigen denken. Nur so kommen wir irgendwann aus der Pandemie heraus.“

"Pflege-Notstand gibt es nicht erst seit Corona"

Claudia Moll war lange selbst Pflegerin. Jetzt ist sie Pflegebeauftragte der Regierung.

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Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

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Carsten Jäger wird Programmchef in der FDP-Zentrale

Der frühere Büroleiter von Ex-Fraktionschef Rainer Brüderle und ehemalige Leiter des Leitungsstabes im Bundeswirtschaftsministerium, Carsten Jäger, wird neuer Leiter Programm und Analyse im Hans-Dietrich-Genscher-Haus.

Der 47-Jährige verstärkt zum 1. Februar das Leitungsteam um Bundesgeschäftsführer Michael Zimmermann und soll sich um programmatische Akzente kümmern. Er ersetzt Fabian Disselbeck, der ins Ministerium von Volker Wissing gewechselt war.

Der bisherige Kommunikationschef von Friedrich Merz, Armin Peter, wird nicht wie gestern irrtümlich berichtet Pressesprecher der CDU, sondern persönlicher Sprecher des CDU-Vorsitzenden. Diesen kleinen, aber feinen Unterschied gilt es zu beachten. Sprecher der CDU ist Hero Warrings.

Genesenenstatus: Sonderlösung für Abgeordnete?

Ende Februar läuft die aktuell geltende Allgemeinverfügung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zu den Corona-Regeln im Parlament aus. Das Dokument sieht, was den Genesenenstatus von Abgeordneten betrifft, keine Kopplung an die geltende Rechtslage vor.

Das führt dazu, dass Bundestagsabgeordnete nach einer Infektion im Gegensatz zur normalen Bevölkerung weiterhin für sechs Monate als genesen gelten - jedenfalls in den Parlamentsgebäuden. Für MdB-Mitarbeiter gelten dagegen die neuen Regeln mit drei Monaten.

Es werde „fortlaufend analysiert, ob Änderungen der Allgemeinverfügung angezeigt sind“, teilte ein Sprecher des Bundestages auf Anfrage mit. In den Fraktionen wird dagegen der Ruf nach rascher Überarbeitung der Regeln laut.

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Auf - Andrea Nahles. Die Leserinnen und Leser dieses Newsletters wussten es schon früher, nun ist es offiziell. Die 51-jährige Ex-SPD-Chefin wird neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit. Ein überraschendes Comeback. Nahles ist nicht nur Vertraute von Kanzler Scholz geblieben, sondern auch bei den Arbeitgebern weiter angesehen. Nun kann sie ihre eigene Idee eines Bürgergelds umsetzen. Aufsteigerin!

Ab - Franziska Giffey ist Regierende Bürgermeisterin von Deutschlands Corona-Hauptstadt. Das Krisenmanagement des Senats könnte schlechter kaum sein. Symptomatisch ist jedenfalls die einsame Entscheidung zur Aufhebung der Präsenzpflicht in den Schulen. Amtsärzte warnen, die soziale Spaltung zwischen den Kindern könnte dadurch verschärft werden. Giffey trägt die Verantwortung. Absteigerin!

"Deutschland ist gerade in eine neue Phase der Pandemie eingetreten", stellt SZ-Gesundheitsexpertin Christina Berndt fest - "und die Politik geht in die Knie". Vom Anspruch, die Infektionen zu erfassen und allen PCR-Tests anzubieten, sei nichts mehr übrig. "Die Politik befindet sich damit in einer ebenso kritischen Phase wie die Pandemie", schreibt Berndt. "Für die Menschen im Land heißt das: Sie sind ganz schön alleingelassen." Treffender Kommentar!

Dass Max Otte mithilfe der AfD zur Wahl des Bundespräsidenten antritt, ist töricht und politisch unbedarft, schreibt Welt-Chefkommentator Jacques Schuster. "Er schadet der eigenen Partei und der Sache der Werte-Union, er fordert den neuen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz heraus, er nützt der AfD", kommentiert Schuster. Pointierte Analyse!

Hubert Aiwanger (Freie Wähler), bayerischer Wirtschaftsminister, 51

Reinhard Bütikofer (Grüne), Europa-Abgeordneter, 69

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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