Steuerpolitik

Lindner hat nichts gegen Krisengewinne

Teilen
Merken

Guten Morgen,

herzlich willkommen zur neuen Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Die so genannte Übergewinnsteuer soll Krisengewinne bei Ölkonzernen abschöpfen. Das fordern SPD und Grüne. FDP-Minister Christian Lindner sieht das anders. In einem internen Schreiben begründet sein Ministerium nun, warum.

  • Hessens CDU-Regierungschef Boris Rhein hat sich intern skeptisch zur Einführung einer Frauenquote in der Partei ausgesprochen.

  • Die Bundestagswahl könnte in einigen Wahlkreisen in Berlin wiederholt werden. Die Union hat sich festgelegt, der Wahlleiter drängt. Hier lesen Sie die Hintergründe.

  • Noch vor der Sommerpause bringt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ein migrationspolitisches Gesetzespaket auf den Weg. Wir kennen erste Details.

  • Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk ruft die Ampel dazu auf, seinem Land den Sieg zu wünschen. Wir sagen, worum es geht.

Übergewinnsteuer laut Lindner "systemfremd" und "schwer ermittelbar"

FDP-Finanzminister Christian Lindner lehnt eine Sondersteuer auf Gewinne bei Konzernen, die von den gestiegenen Preisen infolge des Ukraine-Krieges profitieren, ab.

Im Ministerium wird auf einen Brief der Parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) vom 29. März an die Finanzpolitiker der Ampel verwiesen. An der Argumentation habe sich nichts verändert.

Finanzminister Christian Lindner und seine Staatssekretärin Katja Hessel auf der Regierungsbank im Bundestag. © imago

In dem Brief, der uns vorliegt, heißt es, dass die Bemessungsgrundlage für eine solche Steuerlast "schwer ermittelbar" und die Steuer "höchst streitanfällig" wäre. Außerdem würde ein neues "systemfremdes Element im deutschen Steuerrecht" geschaffen.

Dass diese Gewinne "moralisch fragwürdig" seien, will das Ministerium nicht gelten lassen. Eine höhere Ertragsbesteuerung im Inland würde zudem Anreize für die multinational aufgestellten Öl-Konzerne schaffen, Öl in oder über andere Staaten ohne Sondersteuer zu verkaufen.

Für die deutschen Autofahrer und Haushalte wäre das eher kontraproduktiv.

Denn:

Im Extremfall käme es in Deutschland zu einer weiteren Verschärfung der Knappheit, was die Preise weiter erhöhen würde.

Die steuerlichen Mehrbelastungen könnten auf die Kunden überwälzt werden, so Hessel.

Intern hat Lindner nach unseren Informationen auf die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verwiesen, in denen solche Steuern ebenfalls nie umgesetzt worden waren, da nie klar war, wie sich der "schlechte" Übergewinn definieren lässt.

Sein Argument: Auch Windkraftanbieter und Chiphersteller profitieren derzeit von kriegsbedingten Übergewinnen, diese Geschäfte seien aber politisch gewollt.

In den vergangenen Tagen hatten sich sowohl Grünen-Chef Omid Nouripour als auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil für eine Sonderabgabe auf diese windfall profits, also Zufallsgewinne, ausgesprochen.

Die Ampel-Parteichefs: Lars Klingbeil, Ricarda Lang, Christian Lindner © Imago

SPD und Grüne verweisen auf Großbritannien und Italien, die eine solche Steuer bereits eingeführt haben.

Nach unseren Informationen wollen SPD und Grüne über das Thema im nächsten Koalitionsausschuss sprechen.

Der Weg zur Bundestags-Neuwahl in Berlin

Der Plenarsaal im Reichstagsgebäude in Berlin bei einer Sitzung.  © dpa

Fehlende Stimmzettel, Wartezeiten von bis zu zwei Stunden und geöffnete Wahllokale, als es im TV längst die ersten Hochrechnungen zu sehen gab - bei der Bundestagswahl in Berlin gab es erhebliche Missstände.

Im Bundestag wird nun geprüft, ob in der Hauptstadt neu gewählt werden muss. Der Bundeswahlleiter will eine Wiederholungswahl in sechs Wahlkreisen.

„Wir nehmen die Vorwürfe ernst und hoffen, vor der Sommerpause zu einem Ergebnis zu kommen, was die Konsequenzen sein sollen“, sagte Johannes Fechner, Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion, unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner.

Dabei geht es nicht nur um Paragrafen und Artikel, sondern einmal mehr auch um den Ruf der Hauptstadt als failed state mit chronisch dysfunktionaler Verwaltung.

Letztlich ist es eine politische Entscheidung. Es ist davon auszugehen, dass sie von den Mitgliedern des Wahlprüfungsausschusses im Bundestag eng mit ihren Parteispitzen abgestimmt wird.

Denn: Die Sitzverteilung im 20. Deutschen Bundestag könnte sich verschieben.

Der Ausschuss will Ende August seine Empfehlung abgeben. Der Bundestag entscheidet dann Anfang September. Ist die Entscheidung rechtskräftig, muss die Wahl innerhalb der nächsten 60 Tage wiederholt worden.

In dieser Woche werden vom Wahlprüfungsausschuss rechtliche Ausarbeitungen erwartet. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wer bei einer Wiederholungswahl wählen und gewählt werden dürfte.

Daniela Ludwig (CSU), Chefin des Wahlprüfungsausschusses, ist für harte Konsequenzen:

Man kann nicht so tun, als wäre das nicht passiert. So etwas darf sich nicht wiederholen. Die beste Gewähr dafür ist, dass wir hart reagieren. So eine Wahl ist kein Kindergarten.

CDU und CSU fordern eine Neuwahl in jenen sechs Wahlkreisen, in denen der Bundeswahlleiter die Abläufe beanstandet hat.

Lesen Sie hier die Hintergründe zu dem Fall und die Strategien der Parteien.

Wahl-Chaos in Berlin: "Nicht so tun, als wäre das nicht passiert"

In der Hauptstadt könnte die Bundestagswahl wiederholt werden. Die Entscheidung fällt bald.

Artikel lesen

Veröffentlicht von Rasmus Buchsteiner.

Artikel

Anschlag auf die Landesvertretung Sachsens

Die Landesvertretung Sachsen nach dem Vorfall. © privat

Mehrere vermummte Personen haben am frühen Sonntagmorgen mehrere Glasscheiben der sächsischen Landesvertretung in Berlin durch Steinwürfe zerstört und die Fassade mit Farbe beschmiert.

Es gibt Zeugenaussagen und Kamerabilder von der Tat, die Polizei ermittelt Hintergründe. Die Vermummung könnte auf eine politische Motivation hindeuten, allerdings ist dies noch nicht geklärt. Eine spontane Aktion scheint der Vorfall aber nicht gewesen zu sein.

"Vandalismus ist kein Beitrag zur politischen Debatte. Vandalismus ist Sachbeschädigung", sagte uns Conrad Clemens, der Leiter der Landesvertretung Sachsens beim Bund. "Leider ist dies kein Einzelfall in einem zunehmend enthemmten politischen Diskurs."

Neuer CDU-Regierungschef gegen Frauenquote

In der Debatte um die Einführung einer Frauenquote in den Gremien der CDU hat sich der hessische CDU-Ministerpräsident Boris Rhein gegen die Quote ausgesprochen.

Boris Rhein, Ministerpräsident in Hessen.  © imago

Beim Landestag der Jungen Union am vergangenen Wochenende in Hessen soll sich Rhein in der Aussprache entsprechend positioniert haben.

Ein Mitgliederentscheid könne ein geeignetes Mittel sein, um die Frage zu beantworten, so Rhein nach Aussagen von Teilnehmern.

In einer informellen Abstimmung auf dem Landestag positionierte sich eine deutliche Mehrheit gegen eine zunächst 30 Prozent umfassende Frauenquote, die von der Satzungs- und Strukturkommission der Partei 2020 vorgeschlagen wurde und ab 2023 greifen soll.

Die Kennzeichnungspflicht für Tierhaltung kommt

Die CDU hatte sich immer dagegen gesperrt, dass auf dem Stück Fleisch im Kühlregal erkennbar sein muss, wie das Rind, Schwein oder Huhn zu Lebzeiten gehalten wurde. Transparenz sollte es wenn, dann nur freiwillig geben. Damit dürfte es bald vorbei sein. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wird an diesem Dienstag die Eckpunkte für eine gesetzliche Tierhaltungskennzeichnung vorstellen.

Details sind noch nicht bekannt. Wie aber unser Kollege Thorsten Denkler gehört hat, wird es wohl vier Kategorien geben, in die das Fleisch eingeordnet werden muss. Unterschieden werden soll zwischen:

  • der Haltung nach den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Bezeichnung könnte schlicht „Stall“ lauten.

  • Freilandhaltung oder Haltung mit Auslauf.

  • Haltung in klimaoffenen Ställen, in denen die Tiere lediglich vor Wind und Regen geschützt sind.

  • Und schließlich der Haltung nach EU-Bio-Verordnung.

Ein Ranking soll es nicht geben. Ziel sei eine möglichst neutrale Information über die unterschiedlichen Haltungsformen. Auch die Herkunft soll ausgewiesen werden. Die Verbraucher werden also erkennen können, ob sie Billig-Rindfleisch aus den USA vor sich haben. Oder ein artgerecht produziertes Bio-Steak aus einem deutschen Stall.

Sicher dürfte sein, dass mit der neuen Kennzeichnungspflicht zunächst kaum eine Packung Fleisch über die Bezeichnung „Stall“ hinauskommt. Der Bund will deshalb den Landwirten über vier Jahre gut eine Milliarde Euro bereitstellen, damit sie ihre Ställe umbauen können. Experten gehen allerdings von einem Bedarf von mindestens vier Milliarden Euro aus.

Aus der Grünen-Bundestagsfraktion ist zu hören, dass das Gesetz wohl auf keine große Gegenwehr aus der FDP stoßen wird. Allerdings hat die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad jüngst in einem Interview erklärt, dass sie eine eigene Bio-Kategorie für verzichtbar halte. Ein Hinweis darauf, dass womöglich auch Özdemirs Gesetz nicht so aus dem Bundestag herauskommt, wie es hineingehen wird.

Regierung plant "Chancenaufenthaltsrecht"

Die Ampel-Fraktionen wollen noch vor der Sommerpause das so genannte Chancenaufenthaltsrecht beschließen.

Es sieht laut Koalitionsvertrag vor, dass Menschen, die nicht abgeschoben werden können und in einem Duldungsstatus leben, die Möglichkeit zu einer dauerhaften Bleibe erhalten.

Wer demnach zum Stichtag 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland lebt, nicht straffällig geworden ist und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt, soll nach dem Willen von SPD, Grünen und FDP eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen.

„Menschen, die seit Jahren oder sogar Jahrzehnten in Kettenduldung leben - viele von ihnen mit einem Beschäftigungsverbot -, sollen mit dem neuen Chancenaufenthaltsrecht eine Aufenthaltsperspektive erhalten“, sagte Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, unserer Kollegin Marina Kormbaki.

Grünen-Politikerin Filiz Polat. © Imago

„Die Ampel-Regierung bricht mit dem restriktiven Asylrecht der Vergangenheit und leitet einen Paradigmenwechsel ein - hin zu gleichen Chancen für alle hier lebenden Menschen“, so die Integrationspolitikerin.

Das neue Aufenthaltsrecht soll Teil eines ersten migrationspolitischen Gesetzespakets sein, an dem das Haus von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) derzeit arbeitet.

Dieses „Vorpaket“ soll auch Erleichterungen bei der Arbeitskräfteeinwanderung und beim Zugang zu Integrationskursen umfassen. Eine größere Einwanderungsreform soll Teil eines späteren Gesetzespakets sein.

Botschafter Melnyk: Ampel muss der Ukraine den Sieg wünschen

Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland, fordert von Kanzler Olaf Scholz und der SPD ein klares Bekenntnis dazu, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse.

„Es ist schade, dass SPD-Politiker sich mit dieser offensichtlichen These dermaßen schwertun“, sagte Melnyk unserer Kollegin Marina Kormbaki. Mangelnder Glaube in die Siegeschancen der Ukraine könnten ein Grund dafür sein, dass die Lieferung dringend benötigter schwerer Waffen schleppend vorankomme, so Melnyk.

Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland.  © Imago

Im Gegensatz etwa zu Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) vermeiden es Kanzler Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) bisher, Kiew den Sieg zu wünschen.

Melnyk hingegen fordert:

Wir rufen die Ampel auf, sich dieses Motto als Leitmotiv ihres Handels in Bezug auf die Ukraine auf die Fahnen zu schreiben.

Die 2021 ausgeschiedene SPD-Bundestagsabgeordnete Elvan Korkmaz-Emre hat einen neuen Job: Sie ist nun Direktorin bei Gauly Advisors. Korkmaz-Emre zog 2017 in den Bundestag ein und war stellvertretende digitalpolitische Sprecherin. Gauly Advisors beriet unter anderem Friedrich Merz in seiner ersten, mäßig erfolgreichen Kampagne um den CDU-Vorsitz.

Ebenfalls verstärkt hat sich das renommierte Berliner Beratungsunternehmen 365 Sherpas. Christian Krohne, zuvor im Bereich Digital Health selbständig unterwegs, ist nun Associate Director bei den Sherpas.

Am 19. September erscheint das neue Porträtbuch über den CDU-Vorsitzenden und Unionsfraktionschef Friedrich Merz.

In dem Buch Der Unbeugsame - Friedrich Merz und der Kampf um die Macht beschreiben die Journalisten Jutta Falke-Ischinger und Daniel Goffart aber nicht chronologisch den Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg des CDU-Politikers aus Brilon, sondern skizzieren vielschichtig und in einem zeithistorischen Bezug das Bild der Konservativen in Deutschland und ihrer Leitfigur. Vormerken!

© The Pioneer

Auf - Das Ahr-Hochwasser hat im vergangenen Jahr Unglück über Westdeutschland gebracht - noch immer läuft der Wiederaufbau. Der Arbeits- und Digitalminister aus Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer, hat nun mit der Handwerkskammer das Projekt einer freiwilligen Aufbauzeit entwickelt. 16 junge Menschen erhielten Praktikumsplätze - und helfen, wo es wirklich nötig ist. Aufsteiger!

Ab - Annegret Kramp-Karrenbauer. Ihre Amtszeit als CDU-Chefin war kurz, aber nach den Aussagen vieler CDU-Politikerinnen durchaus erfolgreich. Denn Kramp-Karrenbauer ließ den Bundesvorstand im September 2020 die Einführung einer Frauenquote bei den Wahlen zu Vorständen der Parteigliederungen beschließen. Nun droht der Beschluss durch ein mögliches Mitgliedervotum wieder zu kippen. Absteigerin!

Die falschen Themen, die falschen Ressorts und die falschen Personen. Zu dem Ergebnis kommt der frühere Leiter des Planungsstabs im Bundeswirtschaftsministerium und ehemalige Planungschef der FDP-Bundestagsfraktion, Boris Petschulat, in seinem Gastbeitrag für The Pioneer. Die FDP dürfe auch in dieser Krisenphase ihren Markenkern, Wettbewerb und Ordnungspolitik, nicht aufgeben. Die aktuelle Subventionspolitik schade der Partei. Hier lesen Sie den Text.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow wollte nach Serbien reisen – doch es gab keine Flugroute für ihn. Und im Land bröckelt die einst starke Unterstützung für den Kreml, schreibt aus Belgrad für die Frankfurter Allgemeine Zeitung Korrespondent Michael Martens. Hier lesen Sie den Text.

Heute gratulieren wir herzlich:

Alexander Dobrindt, CSU-Bundestagsabgeordneter, 52

Florian Neuhann, ZDF-Hauptstadtkorrespondent, 40

Bettina Müller, SPD-Bundestagsabgeordnete, 63

Volker Redder, FDP-Bundestagsabgeordneter, 63

© The Pioneer

Serbiens Premierminister Aleksandar Vučić mit dramatischen Worten, nachdem am Pfingstwochenende ein Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow in Belgrad gescheitert war - mehrere Staaten Osteuropas hatten Lawrow keine Überflugrechte gestattet.

Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

Abonnieren

Abonnieren Sie den Newsletter Hauptstadt – Das Briefing