Unsere Themen heute:
Der Industriestrompreis heißt jetzt Strompreisbrücke. Eine Einigung in der Koalition lässt die FDP jubeln, doch Habeck will an seinem Plan festhalten.
Bewegung in der Koalition auch beim Thema Alterssicherung: Der Kanzler will die Blockade beim Rentenpaket überwinden und nimmt dafür den grünen Vizekanzler in die Pflicht.
Der „Migrationsweise“, Professor Hans Vorländer, analysiert im Hauptstadt-Podcast die Beschlüsse der MPK in der Flüchtlingspolitik.
Mehrere Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe treten aus dem von Familienministerin Lisa Paus gegründeten Bündnis für die junge Generation aus. In einem Brief machen sie ihren Frust deutlich.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion fordert erhebliche Verbesserungen bei der Ausfuhrkontrolle von sicherheitsrelevanten Exportgütern. Derzeit dauert die Beratung bei der BAFA oft bis zu einem Jahr.
Lindner setzt sich bei Strompreisbremse durch
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich mit der Einigung in der Ampel-Koalition für eine „Strompreisbrücke“ im internen Duell gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck weitgehend durchgesetzt.
Demnach soll die Stromsteuer 2024 und 2025 für das produzierende Gewerbe von Mittelstand bis Industrie auf das EU-Minimum (0,05 Prozent) abgesenkt werden, dies hatte die FDP lange gefordert.
Das entspricht – laut einer internen Mitteilung des Finanzministers an Parteifreunde – einem Entlastungsvolumen von 2,75 Milliarden Euro. 350 Konzerne, die besonders im internationalen Wettbewerb stehen und unter den hohen Strompreisen leiden, sollen zusätzliche Hilfen erhalten.
Lindner weist aber darauf hin, dass im Gegensatz zu dem von Habeck gewünschten Industriestrompreis kein „Eingriff in den am Markt gebildeten Preis erfolgt“. Die Entlastung soll bis 2028 gelten, allerdings muss sie von 2026 bis 2028 im Haushalt finanziert werden.
Das Geld kommt aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), der als Sondervermögen neben dem Bundeshaushalt für die Energiewende gebildet wurde. Außerdem sollen die Netzentgelte reduziert werden.
Die Wirtschaft begrüßte überwiegend die Einigung:
„Das ist ein Sieg der Vernunft. Das Strompreispaket ist gut. Hier zeigt sich, dass auch für kluge Politik gilt: Was lange währt, wird endlich gut“, sagte Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer.
Lindner betont in seiner internen Mitteilung außerdem, dass diese Maßnahme die von der FDP favorisierte gewesen sei.
Er schreibt:
Christian Lindner © Anne HufnaglWir sollten das öffentlich würdigen. Tritte gegen Koalitionspartner brauchen wir dabei nicht, aber unsere Zufriedenheit mit überzeugenden Instrumenten müssen wir nicht verschweigen.
Im grün geführten Wirtschaftsministerium heißt es, damit sei das Projekt Industriestrompreis noch nicht vom Tisch. Man werde die Preisentwicklung beobachten müssen, die eingesetzte Projektgruppe zum Industriestrompreis werde bis Ende Dezember ein konkretes Modell erarbeiten.
Kanzler pocht auf rasche Renten-Einigung in der Ampel
Hubertus Heil, Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner © imagoBundeskanzler Olaf Scholz (SPD) pocht auf eine rasche Einigung der Koalition beim geplanten Rentenpaket.
Scholz habe den Druck erhöht. Er wolle eine Lösung und führe nun Gespräche mit den zuständigen Ministern, wurde unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner in Regierungskreisen bestätigt.
Zunächst hieß es, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) habe die Bedenken seiner Partei gegenüber den Plänen zurückgestellt, die neben der Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent einen milliardenschweren Kapitalstock vorsehen, der in Aktien angelegt werden soll.
Ziel ist es, ab Mitte der 2030er Jahre die Rentenfinanzen zu stabilisieren und größere Beitragserhöhungen zu verhindern. Offiziell eingeleitet war die regierungsinterne Abstimmung über den Entwurf am Abend allerdings noch nicht.
Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © dpaAuch die SPD-Fraktion drängt auf eine rasche Einigung.
Mit dem Rentenpaket werde das Rentenniveau „langfristig“ gesichert. „Die SPD und Kanzler Olaf Scholz haben das im Wahlkampf versprochen“, sagte uns Fraktionsgeschäftsführerin Katja Mast.
Lesen Sie hier die Analyse mit allen Hintergründen.
MIT fordert Radikalkur bei Exportgenehmigungen
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert erhebliche Verbesserungen bei der Ausfuhrkontrolle von sicherheitsrelevanten Exportgütern (dual-use Güter).
In Folge der Sanktionen und der Exportbeschränkungen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sei es im Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu längeren Bearbeitungszeiten gekommen, die ein „erheblicher Nachteil“ für die deutschen Unternehmen im globalen Wettbewerb darstellten, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Sitzung des MIT-Bundesvorstands am 14. November.
Gitta Connemann © dpaDie Bundesregierung wird nun aufgefordert, die Bearbeitung der Anträge zu verkürzen, so dass sie innerhalb von drei Monaten entschieden werden können.
Die MIT schlägt vor:
Erhält das beantragende Unternehmen innerhalb dieser Frist keine Entscheidung, soll die Ausfuhrgenehmigung als erteilt gelten.
Derzeit dauert die Beratung der Anträge oft länger als ein halbes Jahr, in vielen Fällen bis zu einem Jahr. Das Personal bei der BAFA müsse erheblich aufgestockt werden, so die MIT.
Verbände kündigen Mitgliedschaft in Paus-Bündnis
Mehrere Verbände der Kinder- und Jugendhilfe sind aus Protest gegen die Kürzungspläne im Bundeshaushalt 2024 aus dem vor knapp einem Jahr von Familienministerin Lisa Paus gegründeten Bündnis für die junge Generation ausgetreten.
In einem Brief, der unserem Kollegen Maximilian Stascheit vorliegt, informierten sie Paus am Donnerstagabend über ihre Entscheidung.
Darin heißt es:
Auszug aus dem Austrittsbrief an Lisa PausAus unserer Sicht fehlt dem Regierungshandeln eine erkennbar kinder- und jugendpolitische Ausrichtung. Statt Fortschritt nehmen wir einen Rückschritt wahr, der seinen Ausdruck auch in der Haushaltspolitik der Bundesregierung und damit auch Ihres Hauses findet. Dies steht im Widerspruch zu den im Zusammenhang mit dem Bündnis selbstgesteckten Zielen Ihres Hauses.
Zu den 13 Unterzeichnern gehören Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Daniela Broda, Vorsitzende des Bundesjugendrings, und Prof. Dr. Günther Schneider, Präsident des Deutschen Jugendherbergswerks.
Verärgert sind die Akteure über die von Paus geplanten Kürzungen im Kinder- und Jugendplan und bei den Bundesfreiwilligendiensten.
Um die Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner zu erreichen, hat die Familienministerin neben dem Elterngeld auch in diesen Haushaltstiteln den Rotstift angesetzt.
Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte, man bedauere, „dass das Bündnis augenscheinlich Projektionsfläche des berechtigten Interesses an einer auskömmlichen Finanzierung für die Belange von Kindern und Jugendlichen an dieser Stelle geworden ist“.
Ein Zusammenhang „zwischen der wichtigen Arbeit des Bündnisses und den Haushaltskürzungen“ sei für das Ministerium jedoch nicht unmittelbar erkennbar.
Was hinter dem Bündnis für die junge Generation steckt und warum es für die Ministerin nun zum Verhängnis wird, lesen Sie hier:
Hauptstadt-Podcast: Vorländer skeptisch bei MPK-Beschlüssen
Der Vorsitzende des Sachverständigenrates der Bundesregierung für Integration und Migration, der Dresdner Politik-Professor Hans Vorländer, sieht keine realistische Aussicht auf eine schnelle Begrenzung der irregulären Migration.
Hans Vorländer, Migrationsexperte © Imago ImagesEr warnt vor einer Überbewertung der Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz.
„Wir müssen, glaube ich, an unseren Erwartungen ein bisschen arbeiten“, sagte Vorländer in der neuen Ausgabe des Hauptstadt-Podcasts.
Es ist nicht nur eine Frage, gute Formulierungen zu finden, um Maßnahmen anzukündigen, sondern wir brauchen schnelle Umsetzung.
Die angekündigten Grenzkontrollen würden aber beispielsweise nicht dazu führen, dass „eine große Zahl“ an abgelehnten Asylbewerbern auch in die Herkunftsländer zurückgeführt würden.
Man muss einfach sehen, dass Abschiebungen sehr schwierig sind.
Auch die Idee der Union, Asylverfahren außerhalb der EU umzusetzen, sieht er kritisch.
Es sei „rechtlich sehr zweifelhaft“, ob man Asylbewerber, die jetzt „europäischen Boden“ betreten hätten, einfach verlagern könne.
Menschen, die bei uns sind, können allenfalls womöglich in das Land, durch das sie gezogen sind, also ein Transitland oder Herkunftsland, zurückgebracht werden.
Außerdem diskutieren wir in dieser Folge des Podcasts diese Themen:
Bei What's left geht es um die Erwartungen an den Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Bei What's right? diskutieren wir über die mögliche Renaissance von Schwarz-Rot in Hessen und was das für den Bund bedeuten kann.
Bei What's next? kommt zum letzten Mal unser Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner zum Einsatz.
Bei „Ein Satz zu...“, dem kürzesten Interview der Berliner Republik, spricht Florian Festl, Chefredakteur von Focus.de.
Hier geht es zur aktuellen Folge des Podcasts.
Eine Infografik mit dem Titel: Das Politikdashboard 10.11.
Analyse der MdB-Twitterdaten (2. bis 9. November), durchschnittliche Zustimmungswerte der Parteien seit der Bundestagswahl 2021 und Veränderung der Sichtbarkeit ausgewählter Politiker*, in Prozent
Aufsichtsräte für Flughafen-Slot-Behörde neu berufen
Die Flughafenkoordination Deutschland GmbH – kurz: Fluko – ist ein Staatsunternehmen, wenn auch ein ziemlich unbekanntes. Es ist zuständig für die Vergabe der Slots an den internationalen Airports des Landes.
Die Amtszeit des Fluko-Aufsichtsrates läuft Ende des Monats aus. Das Kabinett hat jetzt die bisherigen Bundesvertreter neu bestellt: Aus dem Bundesverkehrsministerium Antje Geese, Abteilungsleiterin Haushalt und Beteiligungen, und Marina Köster aus der Abteilung Luftfahrt. Ebenfalls wieder in dem Gremium ist Wilfried Josef Etmann als Vertreter des Bundesfinanzministeriums.
Neuer General für Pistorius
Verteidigungsminister Boris Pistorius nimmt einen neuen Soldaten in die Generalsränge auf: Oliver Georg Ernst Probst, bisher Oberst, wird zum Brigadegeneral befördert. Er erhält ab sofort die Besoldungsstufe B6 (vergleichbar mit einem Unterabteilungsleiter), wie das Kabinett in dieser Woche bestätigt hat.
Bundestag berät in zweiter und dritter Lesung das Stiftungsfinanzierungsgesetz
Heute soll der Bundestag den Gesetzesentwurf zur Stiftungsfinanzierung in zweiter und dritter Lesung diskutieren. Dieser Antrag der Union und der Ampelfraktionen zielt darauf ab, mehr „Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Förderung der politischen Stiftungen durch den Bund“ zu gewährleisten, so der Gesetzesentwurf.
Dieser sieht vor, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Fördergeldern an Stiftungen genauer geprüft werden und dass öffentliche Mittel nur an Stiftungen vergeben werden dürfen, die den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entsprechen und sich aktiv dafür einsetzen.
Parteinahe politische Stiftungen sollen ihre Aufgaben in der politischen Bildung der Bevölkerung, der Vergabe von Stipendien an Begabte im In- und Ausland sowie der Förderung von Demokratie, Menschenrechten und nachhaltiger Entwicklung erfüllen.
Auf - Nancy Faeser. Ihre Verhandlungsstrategie ging irgendwie doch auf: In der Hauptstadt ist Faeser durch den Migrationsstreit zwischen Merz und Scholz aus der Schusslinie. Und in Hessen zieht die SPD als Koalitionspartner von ihrem Bekannten Boris Rhein in die Regierung ein. Die Innenministerin darf – vorsichtig – aufatmen.
Ab - Tarek Al-Wazir. Als erster Grüner wollte er nach der Landtagswahl in Hessen als Chef in die hessische Staatskanzlei einziehen. Jetzt dürfte er im Falle einer schwarz-gelben Koalition nach neun Jahren sein Ministeramt verlieren und in die Opposition wechseln. Statt nach oben, geht es also nach unten.
Der Welt-Redakteur Thorsten Jungholt erkennt in Boris Pistorius' neuen verteidigungspolitischen Richtlinien Widersprüche und „bemerkenswerte Lücken“. Etwa Führungsprozesse, Handlungsfelder, Modernisierung und Personalentwicklung sollen laut der „wolkigen“ Strategie allesamt angegangen werden – nur wie genau, das bleibe offen. Ob die Richtlinien einen nennenswerten Beitrag zur Vertrauensbildung in Politik und Führung leisten, dürfe bezweifelt werden, so Jungholt. Sein Fazit: „Immerhin dokumententechnisch ist die Bundeswehr nun wieder auf der Höhe der Zeit.“ Hier finden Sie den Kommentar.
Die Redakteurin und Autorin Susanne Gaschke sträubt sich in der NZZ gegen die Generalisierung der Jugend – besonders gegen „Beleidigungen à la 'Generation Jammerlappen'“. Die Nachwendegeneration habe mit objektiven Belastungen zu kämpfen – „aber auch mit eingebildeten Kümmernissen“, schreibt die 56-Jährige. Zwar wäre die aktuelle Weltlage ein Unsicherheitsfaktor und auch das Internet bürge Risiken, vor allem bildungstechnisch. Unsinnig sei die Zukunftsangst der Jüngeren hingegen, wenn man den Arbeitsmarkt betrachte. Noch nie konnten Berufsanfänger so viele Bedingungen geltend machen.
Heute gratulieren wir herzlich:
Philipp Amthor, CDU-Bundestagsabgeordneter, 31
Péter Györkös, Botschafter Ungarns in Deutschland, 60
Barbara Schönig, Staatssekretärin im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, 49
Samstag gratulieren wir herzlich:
Rita Hagl-Kehl, SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin a.D., 53
Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 68
Cornelia Schmalz-Jacobsen, Ausländerbeauftragte der Bundesregierung a.D. und ehemalige Generalsekretärin der FDP, 89
Wolfram Weimer, Verleger und Publizist, 59
Stephan Weinberg (SPD), Staatssekretär im Finanzministerium in Rheinland-Pfalz, 48
Sonntag gratulieren wir herzlich:
Hans Reiter, Ministerialdirektor und Amtschef im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, 63
Anke Schlimm, Botschafterin Deutschlands in Zypern, 61
Frank Schwabe, SPD-Bundestagsabgeordneter und Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, 53
Thomas Silberhorn, CSU-Bundestagsabgeordneter, 55
Jürgen Todenhöfer (Team Todenhöfer), Publizist, 83
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre