Unsere Themen heute:
Deutschland und Brasilien wollen heute in Berlin ihre Partnerschaft festigen. Wir hören: Präsident Lula wird deutlich fordernder auftreten.
In Koalitionskreisen kursieren drei mögliche Fahrpläne für den Haushalt 2024.
Der Haushalt ist auch Thema im Interview mit Finanzminister Christian Lindner.
Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler will nicht raus aus der Ampel. Uns sagt er, warum.
Eine Studie warnt vor der Dominanz einer kleinen Gruppe globaler Reedereien.
Die Grünen erhöhen den Druck auf Verkehrsminister Volker Wissing.
Lulas Forderungskatalog
Wenn sich Kanzler Olaf Scholz und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva heute in Berlin treffen, dann geht es offiziell um eins: die Festigung der Partnerschaft zwischen den Ländern.
„Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel“, sagte uns der brasilianische Botschafter Roberto Jaguaribe Gomes de Mattos im Vorfeld: „Wir können alle gewinnen.“
Der Botschafter Brasiliens, Roberto Jaguaribe Gomes De Mattos © ImagoDie Regierungskonsultationen sind die ersten seit 2015. Lula reist mit 15 Ministern an, die Bundesregierung präsentiert sich mit neun Fachkollegen. Schon allein diese Zahl deuten Beobachter als Zeichen des neuen brasilianischen Selbstbewusstseins.
Lula bittet nicht, sondern er fordert. Immerhin vertritt er 218 Millionen Einwohner – das größte Land Südamerikas.
Botschafter Jaguaribe sagt:
Brasilien ist der beste Partner, den Deutschland haben kann. Wir haben erneuerbare Energie, Rohstoffe und sind nicht im Wettbewerb mit Deutschland.
Doch hinter den Kulissen hören unsere Kollegen Christian Schlesiger und Paul Jouen auch andere Töne. Etwa:
Außenhandel: Deutschland müsse sein Interesse stärker an Brasilien ausrichten. 2022 haben beide Länder Waren im Wert von rund 22,4 Milliarden gehandelt – kaum mehr als ein Jahrzehnt zuvor. Da gehe sehr viel mehr.
Mercosur: Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur sollte ratifiziert werden. Deutschland als Exportnation habe sonst mehr zu verlieren als Brasilien. Wir brauchen den Zugang zum Südamerikanischen Markt, während Brasilien sich auch an anderen Märkten wie den USA ausrichten könne – so das brasilianische Verständnis.
Umwelt: Die Forderungen, eine sozial- und umweltpolitische Agenda in das EU-Mercosur-Abkommen nachzuverhandeln, lehnt Brasilien ab. Nachhaltigkeit etwa beim Amazonas-Schutz habe dort „oberste Priorität“. Man brauche keine Ermahnung Europas.
Thomas Silberhorn, Vorsitzender der deutsch-brasilianischen Parlamentariergruppe, sagte unserem Kollegen Paul Jouen: „Brasilien ist sehr selbstbewusst und sucht nicht unbedingt Know-how oder Finanzierung aus Deutschland, sondern man braucht uns als Kunden.“ Er höre oft: Wir würden gerne an euch verkaufen, aber können auch nach China oder sonst wohin liefern.
Das ist eine andere Form der Partnerschaft, die über Entwicklungszusammenarbeit hinausreicht.
Fahrplan für Haushalt 2024: drei Varianten
Wann beschließen Bund und Länder den Haushalt für das kommende Jahr? In Koalitionskreisen kursieren derzeit drei Varianten, die das Kanzleramt intern vorgelegt hat.
Christian Lindner, Olaf Scholz und Robert Habeck © PioneerVariante 1: Abschluss noch 2023
Der Haushalt könnte noch in diesem Jahr beschlossen werden. Nötig wären dafür Sondersitzungen des Bundestags und -rats kurz vor Weihnachten. Dafür müsste sich der Koalitionsausschuss bis morgen einigen.
Änderungsanträge im Bundestag bis 8. Dezember
Späteste Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses: 14. Dezember
Start der Haushaltswoche: 19. Dezember
Schlussabstimmung Bundestag und Bundesrat: 22. Dezember
Variante 2: Abschluss Februar 2024
Der Haushaltsabschluss für 2024 wäre bis 2. Februar 2024 möglich. Dazu müsste sich der Koalitionsausschuss bis zum 21. Dezember 2023 politisch einigen.
Änderungsanträge im Bundestag bis 5. Januar 2024
Späteste Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses: 11. Januar 2024
Start der Haushaltswoche: 16. Januar 2024
Schlussabstimmung Bundestag: 19. Januar, Bundesrat: 2. Februar 2024
Variante 3: wie Variante 2, aber kompakter
Der Haushaltsabschluss wäre auch hier bis zum 2. Februar 2024 möglich. Koalitionsausschuss einigt sich bis 15. Januar 2024.
Änderungsanträge im Bundestag bis 18. Januar 2024
Späteste Bereinigungssitzung des Haushaltsauschusses: 25. Januar 2024
Start der Haushaltswoche: 30. Januar 2024
Schlussabstimmung Bundestag und Bundesrat: 2. Februar 2024
Welche Variante es wird, entscheiden Scholz, Habeck und Lindner. SPD und Grüne fordern Tempo, die FDP will es lieber gründlich machen.
Lindner: „Der Staat soll einfach besser mit Geld umgehen.“
Finanzminister Christian Lindner hat mit Gabor Steingart über die aktuellen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 gesprochen. Er erklärt, worin er seinen politischen Auftrag sieht und nennt drei Argumente, warum die „FDP in der Ampel wirkt“.
Christian Lindner © Anne HufnaglIn der Diskussion um die Reformierung der Schuldenbremse zeigt sich Lindner weiter eisern:
Die Erneuerung unserer Wirtschaft und die Rückkehr auf einen Wachstumspfad, das kann man kostenfrei erreichen, indem wir weniger Bürokratie durch Regulierung zulassen, mehr marktwirtschaftlichen Klimaschutz und zusätzliche Anreize für private Investitionen.
Vor allem brauche es keine weiteren Kreditaufnahmen oder Steuererhöhungen. Letzteres hatte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert am Wochenende aber erst wieder ins Spiel gebracht.
Für Lindner weiterhin ein absolutes No-Go:
Ich werde jedenfalls als FDP-Vorsitzender, wenn meine Partei das will, vor die Bürgerinnen und Bürger treten und sagen, wir haben die Steuern gesenkt und erhöhen müssen wir die Steuern auch nicht. Auch nicht nach 2025, weil der Staat soll einfach besser mit Geld umgehen.
Das ganze Interview mit Christian Lindner lesen Sie hier.
Schäffler stellt sich gegen Ausstieg aus der Ampel
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler sieht für die FDP keinen Vorteil, jetzt aus der Ampel-Koalition auszusteigen.
Schäffler sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Meine Empfehlung an die FDP ist, cool zu bleiben. Ein Ausstieg würde uns nicht in die Vorhand bringen.
Schäffler gilt nicht gerade als Freund der Ampel. Dennoch stellt er sich jetzt gegen das Ansinnen einiger FDP-Basis-Mitglieder, die Partei per Mitgliederbefragung zum Ausstieg aus der Ampel zu bewegen.
Frank Schäffler © ImagoBisher hat die Bewegung keine wahrnehmbare Resonanz aus der Bundestagsfraktion bekommen.
Schäffler sieht es jetzt als Aufgabe der FDP an, bestmöglich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt umzugehen.
„Das Verfassungsgerichtsurteil ist eine große Chance für unser Land, Generationengerechtigkeit durch eine solide Haushaltspolitik zu erreichen”, sagt er uns.
Für Klimbim ist jetzt kein Geld mehr da. Das ist gut so.
Big Four: Studie warnt vor Übermacht globaler Reedereien
Das auf internationale Logistik spezialisierte Hamburger Beratungsunternehmen SCI Verkehr warnt in einer noch unveröffentlichten Studie vor der Dominanz global agierender Reedereien wie Maersk und COSCO.
Eine kleine Gruppe weltweit operierender Unternehmen, die „Big Four“, gestalte die europäischen Logistik-Ketten „sukzessive im Sinne ihrer Interessen aus“, heißt es in dem Papier, das unserem Kollegen Christian Schlesiger vorliegt.
Ein Schiff der chinesischen Reederei COSCO am Kai „Tellerort" im Hamburger Hafen. © dpaZu den „Big Four“ gehörten die Reedereien MSC aus der Schweiz, Maersk aus Dänemark, CMA CGM aus Frankreich und COSCO aus China.
Jeder dieser Konzerne halte etwa Anteile an jeweils fünf Häfen. Weitere Beteiligungen seien in „Realisierung“, heißt es in der Studie
MSC etwa steigt mit 49,9 Prozent bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ein. Der chinesische COSCO-Konzern hat 24,9 Prozent am Hamburger Hafenterminal Tollerort übernommen.
Und weiter:
Mit jedem Zugriff auf Häfen, Hinterlandterminals, Schienen- oder zunehmend auch Straßenbetreiber wächst ihr Einfluss.
Die Unternehmen könnten so die „Mengen, Strecken und Kombination der Transportmittel in Europa“ kontrollieren.
Der wachsende Einfluss der „Big Four“ habe „das Potenzial, die Rahmenbedingungen für Wettbewerb in der Bahn- und Logistikbranche neu zu ordnen“. Sie könnten sich „zunehmend politischer Rahmensetzung entziehen“.
Statt Klimaschutz, Mobilität oder der Anbindung von Randregionen stünde „die Kontrolle europäischer Im- und Export-Ströme“ im Fokus.
Grüne erhöhen Druck auf Wissing
Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zum Umgang der Bundesregierung mit dem aktuellen Klimaschutzgesetz erhöht der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar, den Druck auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Grünen-Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar. © ImagoDas Gericht hatte nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe und des BUND geurteilt, dass die Bundesregierung umgehend ein Klimaschutzsofortprogramm vorzulegen habe, das geltendem Recht entspreche. Dies beinhalte CO2-Reduktionspläne für die Sektoren Verkehr und Bauen. Das Gericht hat Revision zugelassen.
Das Programm muss demnach unabhängig davon vorgelegt werden. Bisher hat sich Wissing geweigert, so einen Plan einzubringen.
Gelbhaar sagte dazu unserem Kollegen Thorsten Denkler:
Es ist überfällig, diesen rechtswidrigen Zustand zu beenden.
Gelbhaar sagt weiter: „Der Wille des Gesetzes gilt, ausreichend wirksame und kurzfristig wirkende Maßnahmen sind zu ergreifen.“ Es stehe der Exekutive „nicht frei, diese Rechtspflichten kraft eigener Wassersuppe zu ignorieren“.
Volker Wissing in seinem Amtszimmer © Anne HufnaglDer Sachverständigenrat der Bundesregierung hatte bereits vor mehr als einem Jahr das Verkehrsministerium darauf hingewiesen, dass die von Wissing vorgelegten Pläne nicht dem gesetzlich geforderten Klimaschutzsofortprogramm entsprächen.
Gelbhaar: „Das Gericht hat das nun ein- und ausdrücklich bestätigt.“
In der FDP wird das nach wie vor anders gesehen. Der Zustand des Rechtsbruchs werde erst dann beendet, „wenn das neue Klimaschutzgesetz in Kraft ist“, hören wir.
FDP-Rebellen übergeben Unterschriften
Die FDP-Rebellen, die derzeit Unterschriften für eine Mitgliederbefragung zum Verbleib der FDP in der Ampel-Koalition sammeln, wollen diese Woche ihre Unterschriftenlisten dem Hans-Dietrich-Genscher-Haus übergeben.
Es sei dazu am Donnerstag um 16 Uhr ein Termin mit Bundesgeschäftsführer Michael Zimmermann vereinbart worden. Kurz zuvor will Matthias Nölke, FDP-Kreisvorsitzender aus Kassel und einer der Initiatoren der Mitgliederbefragung, sich vor Ort Fragen der Presse stellen.
FDP-Rebell Matthias Nölke im Mai 2020 im Gespräch mit Parteichef Christian Lindner. © imagoUm eine Mitgliederbefragung zu erzwingen, braucht es nach den Statuten der FDP mindestens 500 Unterschriften. Etwa 1000 Unterschriften seien bisher zusammengekommen, hören wir. Es sollen aber nur so viele Unterschriften der Partei übergeben werden, um sicher über die Marke von 500 zu kommen.
Erfahrungsgemäß schleichen sich immer wieder mal Fehler ein, die dazu führen, dass einzelne Unterschriften verworfen werden müssen.
Auf - Anne Will. Eine Ära geht zu Ende. Nach 16 Jahren und 553 Sendungen hört die Journalistin in der ARD auf. Gestern Abend präsentierte sie die letzte Sendung ihrer gleichnamigen Talkshow. Woche für Woche diskutierte Will mit den bekanntesten Politikern und Wirtschaftsbossen des Landes, hartnäckig und kleinteilig. Besonders die exklusiven Gespräche mit der ewigen Bundeskanzlerin Angela Merkel prägten ihr Format nachhaltig. Und nun? „2024 ist Neustart angesagt!“, teilte Will mit. Wir wünschen alles Gute!
Ab - Kevin Kühnert. Dass sich Politiker in den sozialen Netzwerken äußern, ist ja löblich. Allerdings lieber mit weniger unangenehmen TikTok-Tänzen, als der SPD-Generalsekretär im Video „an alle Klimawandel-Leugner“. Humor will gelernt sein. Tipps gibt es beim 22 Jahre älteren Markus Söder.
Der Ex-Außenminister Joschka Fischer wirbt in einem Interview mit der ZEIT für eine atomare Aufrüstung der EU. „Die Welt hat sich verändert, Putin arbeitet auch mit nuklearer Erpressung“, so der Grünen-Politiker, dessen Partei für eine Welt ohne Atomkraft steht. Zwar gefalle ihm der Gedanke daran „überhaupt nicht“, aber es führe kein Weg daran vorbei: „Wir müssen unsere Abschreckungsfähigkeit wiederherstellen“, so Fischer. Die Atom-Arsenale Frankreichs und Großbritanniens seien nicht ausreichend, Europa brauche eine eigene atomare Abschreckung. Überdies beklagt der ehemalige Vizekanzler den wachsenden Antisemitismus. Deutschland habe es versäumt, bestimmte Werte auch von Einwanderern einzufordern. Das ganze Interview lesen Sie hier.
Auch Atom, aber ein anderer Einsatz: Vor dem Hintergrund der Pläne vieler Staaten, den Atomstrom zu verdreifachen, bezeichnet BILD-Chefredakteur Robert Schneider den deutschen Verzicht auf Atomkraft als „gefährlichen Sonderweg“. Er entfremde uns von unseren wichtigsten Partnern wie den USA und Frankreich und gefährde die Wirtschaft der drittgrößten Industrienation. Er fragt sich, wann der Bundeskanzler akzeptiere, „dass sich Deutschland eine rein ideologisch begründete Fixierung auf erneuerbare Energien als einzigen Weg zur Rettung des Klimas nicht leisten kann“. Hier geht es zum Kommentar.
Heute gratulieren wir herzlich:
Marc Bator, Sat 1-Nachrichtensprecher, 51
Misbah Khan, Grüne-Bundestagsabgeordnete, 34
Anne König, CDU-Bundestagsabgeordnete, 39
Markus Laubenthal, stellvertretender Generalinspekteur der Bundeswehr, 61
Sven Lehmann (Grüne), Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, 44
Christoph Schult, SPIEGEL-Hauptstadtkorrespondent, 52
Christoph de Vries, CDU-Bundestagsabgeordneter, 49
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre