Markus Söder ist der Ministerpräsident des Jahres

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© ThePioneer

Guten Morgen,

Willkommen zurück bei unserer Rangliste der deutschen Politik - direkt von der Pioneer One.

Mehr als 2600 Pioneers haben zwischen dem 16.12 und dem 18.12 ihre politischen Favoriten des Jahres gewählt. Von der Parlamentarischen Staatssekretärin über die Fachpolitiker bis zum Bundesminister hatten wir die Abstimmung in zwölf Kategorien unterteilt. Ein großer Dank für die exzellente Koordination und Umsetzung gilt unserer Chefin vom Dienst, Adriana Gießler!

Heute veröffentlichen wir die Ergebnisse der Wahl der besten Länderchefs und der überzeugendsten Parteimanager. Zwei Unionspolitiker liegen vorne, aber drei prominente Grüne und eine führende Sozialdemokratin sind auf dem Treppchen.

Selten hat sich ein deutscher Politiker in so kurzer Zeit so sehr neu erfunden, selten war die Metamorphose so erfolgreich. Und sie könnte im Herbst 2021 im Bundeskanzleramt ihren vorübergehenden Höhepunkt erreichen.

Markus Söder, 53-jähriger Maurersohn aus Nürnberg, wurde von unseren Pioneers zum Ministerpräsidenten des Jahres gewählt. Bayerns Regierungschef war einer der wichtigsten Protagonisten der Pandemie-Bekämpfung. Von Anfang an im Team der Hardliner, die das Virus ernster nehmen als andere und die Einschränkungen härter ausfallen lassen wollen. Kanzlerin Angela Merkel hatte ihre wahre Freude an dem CSU-Chef, der sonst so anders ist als sie.

Vor wenigen Jahren waren die Attribute, die man Söder andichtete, eher diese: machtgierig, schamlos, ruchlos. Söder war als CSU-Generalsekretär und später als Landesminister der Schärfste in der Truppe der Scharfmacher.

„In Bayern gilt das Grundgesetz, nicht die Scharia“, tönte er in der Diskussion um den Islam. Im Asylstreit bezeichnete er neue Restriktionen bei der Zuwanderung als Endspiel um die Glaubwürdigkeit. Den Streit mit der CDU sieht Söder heute als großen Fehler.

Seither ist alles anders. Der CSU-Chef umarmt Bäume und rettet Bienen. Er lobt die Grünen und die Zuwanderung. Man kann das Populist nennen. Oder clever.

Markus Söder versucht weniger zu polarisieren und mehr zu begeistern.

Hinzu kommt: Kaum einer verknüpft Bilder so geschickt mit Botschaften. Die Begabung des früheren Rundfunk-Journalisten, komplizierte politische Ergebnisse in prägnante Sätze zu verpacken, erkennen auch Gegner an. Er sei jemand, der auch die Leberkäse-Etage im Bierzelt erreiche, also die hinteren Reihen, haben Söders Biografen, die SZ-Journalisten Roman Deininger und Uwe Ritzer mal geschrieben.

© dpa

Selbst Horst Seehofer schaffte es über Jahre nicht, den Aufstieg seines Intimfeindes zu verhindern. Heute steht Markus Söder so unangefochten an der Spitze der CSU wie Edmund Stoiber oder Franz Josef Strauß es taten.

Seine Fans verzeihen ihm auch, dass die Verpackung manchmal wichtiger ist als der Inhalt. Die Leistungsbilanz in der Pandemie passt nicht immer zur kraftmeierischen Rhetorik. Aber die Bürger fühlen sich bei ihm wohl, offenbar auch viele Pioneers.

Politik und Provokation hieß 2018 die erste Version der Söder-Biografie. Die Neuauflage heißt nun Der Schattenkanzler. Damit ist alles gesagt.

Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen als erstes ein?

Söder Die täglichen Meldungen über die Corona-Infektionen. Besonders die Todesfälle sind immer ein kleiner Stich ins Herz. Was war ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gerne anders gemacht?

Söder Wir sind mitten in der zweiten Corona-Welle. Nur das zählt.

Wo steht Markus Söder am Ende des nächsten Jahres?

Söder Hoffentlich mit allem anderen vor einer deutlich entspannteren Situation.

Winfried Kretschmann © dpa

Wenn man sich es einfach machen will, sagt man: Winfried Kretschmann hat wenig mit den Grünen zu tun. Er verteidigt den Autostandort Baden-Württemberg und widerspricht dabei diametral und fast mit schelmischer Freude der Grünen-Parteilinie.

Der Ministerpräsident ist ein Konservativer im ökologischen Sinne von Natur und Schöpfung - aber eben auch einer, auf den diejenigen im Ländle zählen, die sich früher bei der CDU zuhause gefühlt haben.

Die CDU im Südwesten ist im Schatten des Landesvaters auf Nebenrollengröße geschrumpft. Zuerst hat Kretschmann sie in die Opposition geschickt, dann in die Rolle des Juniorpartners.

Im März wird gewählt in Baden-Württemberg und wieder sieht es so aus, als könne Kretschmann auch weit jenseits der 70 sein Amt verteidigen.

Die grüne Revolution im Südwesten kennt keine Altersgrenze, sie kennt auch nicht die Schwankungen in den Umfragen wie es die Bundesgrünen erleben. Und auch die Pioneers erkennen die Rolle Kretschmanns offenbar an. Sie wählen ihn auf den zweiten Platz hinter Markus Söder.

Stimme der Ost-SPD: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. © dpa

Über Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig gibt es verschiedene Ansichten, von sehr positiv bis sehr skeptisch. Schwesig sei eine unglaublich hartnäckige Kämpferin für ihre Sache, sagen die Einen anerkennend. Sie sei schlicht nervig, sagen ihre Gegner - und womöglich schwingt auch da Respekt mit.

2020 hat sich Schwesig zunächst unbemerkt, dann immer sichtbarer zu einer der bedeutendsten politischen Stimmen in Deutschland in der Corona-Politik vorgearbeitet. Dabei war es oft gar nicht ein kerniges Zitat oder eine Forderung, die ihr Aufmerksamkeit brachten.

Es war der schlichte Fakt, dass über viele Monate kein Bundesland die Corona-Pandemie besser im Griff halten konnte, als Schwesig Mecklenburg-Vorpommern.

Dank einer Mischung aus harten Einreisebestimmungen und liberaler Öffnungspolitik gelang es Mecklenburg-Vorpommern, selbst in der Urlaubssaison kaum unter einem Plus an Infektionen leiden zu müssen - zugleich wurde die Wirtschaft bestmöglich am Laufen gehalten.

Kein Bundesland hatte bessere Zahlen und weniger Infektionen. Dabei spielte freilich nicht nur politisches Können eine Rolle - kein Bundesland ist so dünn besiedelt und zugleich von so viel Küste umgeben wie "MV"im Nordosten.

In unserer Rangliste schaffte es Ministerpräsidentin Schwesig auf den dritten Platz.

Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Ministerpräsidenten

Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmung von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder auf dem ersten Platz - damit war nach einem derartigen Jahr zu rechnen. Söder dominierte die Debatte wie kein anderer. Und welche Bedeutung die Corona-Politik hatte, lässt sich auch an den guten Platzierungen von Manuela Schwesig (3. Platz) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (4. Platz) ablesen.

Auffällig ist erneut das schlechte Abschneiden von Nordrhein-Westfalens Armin Laschet (8. Platz). Laschet fehlt es auch in dieser Wahl an Begeisterungsfähigkeit - und sein Konkurrent in der Corona-Politik und auch in der Frage der Führungsrolle in der Union - Markus Söder - hängt ihn in der Beliebtheit ab.

© ThePioneer / Peter Gorzo

In das Amt als Generalsekretär startete Paul Ziemiak mit Haken und Ösen. Noch am Abend der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen CDU-Vorsitzenden im Dezember 2018 hatte sich Ziemiak auf Vermittlung von Armin Laschet zum Generalsekretär der neuen Vorsitzenden nominieren lassen. Man wollte die Flügel einen. Jung und Alt. Konservativ und liberal. Ziemiak war als JU-Chef eher im Lager von Jens Spahn verortet.

Den geschmeidigen Wechsel ins neue Amt nahmen ihm einige übel, die bösartigen Lästereien über den Studienabbrecher, der alles für die Karriere tut, machten die Runde. Das Ergebnis von schmalen 62 Prozent bei der Wahl zum Generalsekretär auf dem Parteitag waren Ausdruck dieser Skepsis. Doch Ziemiak nahm die Kritik als Ansporn.

Der im September 1985 im polnischen Szczecin als Pawel Ziemiak geborene CDU-Politiker arbeitete sich fleißig und ohne großes Aufsehen in die Parteistrukturen ein, modernisierte und digitalisierte das Konrad-Adenauer-Haus und tingelte durch die Basis. Sein Ansehen stieg, die Pannen der Parteivorsitzenden perlten an ihm ab. Er blieb auf kritischer Distanz zur Vorsitzenden, aber loyal.

Angela Merkel und Paul Ziemiak im Dezember 2019.  © dpa

Und Paul Ziemiak arbeitete an seinem Auftreten, holte sich bei Ex-Bild-Chef Kai Diekmann Rat und beauftragte die renommierte Agentur Serviceplan für ein neues Parteidesign und eine Strategie für den Digitalparteitag. Es hat funktioniert. Einen „fantastischen Job“ habe Ziemiak gemacht, lobte neulich der kaum zu Überschwang neigende CDU-Vize Volker Bouffier im Interview mit ThePioneer.

Die drei Kandidaten für den Bundesvorsitz, Merz, Laschet und Röttgen, bezeichnen Ziemiaks Moderatoren-Rolle im Wettstreit als fair und wollen entgegen früherer Aussagen an ihm als Generalsekretär festhalten. Das muss man erstmal hinbekommen.

Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen als erstes ein?

Ziemiak Politisch gesehen war mein Treffen mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja im August dieses Jahres in Litauen ein prägender Moment. Als erster westlicher Politiker persönlich zu erleben, wie diese starke, junge und mutige Frau eine Revolution gegen die Diktatur in ihrem Land anführt, hat uns im Westen noch einmal gezeigt, worauf es ankommt: Freiheit ist kein Privileg, sondern eine Aufgabe. Der Kampf von Frau Tichanowskaja erinnert uns daran, dass auch unsere Freiheit in diesem Land nicht immer selbstverständlich war. Und, dass wir sie nie für selbstverständlich halten dürfen.

© Media Pioneer

Was war ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gern anders gemacht

Ziemiak Gemeinsam mit meinem Team im Konrad-Adenauer-Haus bin ich stolz darauf, dass wir die CDU digitaler, schneller und schlagfertiger gemacht haben. Wir sind eine digitale Partei, die auch in Corona-Zeiten voll handlungsfähig ist, bis in den kleinsten Ortsverband hinein. Und wir haben die Partei topfit für den Wahlkampf aufgestellt. Heute kann ich sagen, das Wahljahr kann kommen und ich freue mich sehr darauf. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Wir arbeiten mit Agenturen intensiv an kreativen Kampagnen, wir konzipieren einen datenbasierten Wahlkampf, bauen ein Freiwilligenteam zur Mobilisierung auf und wir entwickeln Zukunftsideen für die programmatische Aufstellung der Partei. Mein Anspruch ist es, dass unsere Parteizentrale und die gesamte CDU im Wahljahr eine moderne und digitale Kampagnenmaschine ist.

Wo steht Paul Ziemiak am Ende des nächsten Jahres?

Ziemiak Mein Ziel ist es, dass die CDU als mit Abstand stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen ist, gegen uns keine Regierung gebildet werden kann und wir deshalb gerade in den letzten Zügen von Koalitionsverhandlungen sind. Deshalb setze ich all meine Kraft dafür ein, dass 2021 für die CDU ein erfolgreiches Wahljahr wird und die CDU weiter im Kanzleramt Deutschlands Geschicke bestimmt.

© Anne Hufnagl

Wer Annalena Baerbocks Aufstieg in einen rechten Maßstab setzen will, der muss sich nur daran zurückerinnern, wo die Potsdamerin zu Beginn der Legislaturperiode stand. Damals war sie als eher unbekannte Bundestagsabgeordnete gemeinsam mit Robert Habeck Grünen-Chefin geworden. Und obgleich Baerbock als Fachpolitikerin einen glänzenden Ruf genoss, war sie doch zunächst in der öffentlichen Wahrnehmung auch die klare Nummer zwei hinter Habeck.

Am Ende des Jahres 2020 hat sich diese Wahrnehmung nicht nur in den Augen der Pioneers geändert.

Annalena Baerbock ist in den Talkshows präsenter als Habeck, faktensicherer und manche sagen, schlicht ein wenig professioneller.

Nicht wenige sehen Baerbock schon jetzt in der Position, die Entscheidung über die bedeutendste personelle Frage des kommenden Jahres selbst in der Hand zu halten: die der möglichen Kanzlerkandidatur.

Wenn das Jahr vor einer solchen Entscheidung den Weg dahin ebnen sollte - bei Annalena Baerbock ist genau das der Fall gewesen.

Grünen-Chef Robert Habeck. © Anne Hufnagl

Die Liste der Assoziationen ist lang, die man mit Grünen-Chef Robert Habeck bringen kann. Für manche ist er der Sonnyboy der Politik, der deutsche Macron, einfach ein cooler Typ oder mal einer, der anders spricht als andere Politiker.

Seine Kritiker sehen in ihm jemanden, der sich nicht ausreichend in Sachverhalte einarbeitet, Interviews verpatzt, sich in seine eigenen Wortschöpfungen verliebt und dessen lässiges Sorry-gerade-aufgestanden-Erscheinungsbild inszenierter ist, als er vorgibt.

Der wahre Robert Habeck ist wohl eine Mischung aus beidem. Wie kein anderer hat er das Talent, Menschen für Politik zu begeistern, die vom durchschnittlichen Politikertypus die Nase vollhaben.

Aber Habeck ist auch sensibel und angreifbar, wenn die Mechanismen um ihn herum wirken - so, wie es eben in der Spitzenpolitik der Fall ist. Dann gibt es Kritik, Worte werden gewägt - und es wird schmerzhaft.

Kann Robert Habeck auch ein guter Kanzlerkandidat sein? Es ist eine der kompliziertesten Fragen dieser Zeit. Die einfache Antwort: Läuft es gut, kann er die Grünen womöglich auf höhere Ergebnisse führen als andere. Aber läuft es nicht, dann kann auch der Absturz folgen.

Die Pioneers mögen ihn und wählen ihn auf Platz drei der besten Parteimanager.

Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Parteimanager

Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmungen von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent

Paul Ziemiak ist ein Krisengewinnler. Lange hatte man erwartet, dass er mit dem neuen Parteichef würde seinen Posten räumen müssen. Doch er biss sich fest, wird wohl bleiben - und kommt bei unseren Lesern besser an als mancher gedacht haben mag.

Auf dem vierten Platz erreicht der neue FDP-Generalsekretär Volker Wissing ein starkes Ergebnis. Der Wunsch nach einer starken liberalen Partei - vielleicht mit Wissing in führender Rolle - mag Ursache dieses guten Ergebnisses sein.

Nicht überzeugen können die Sozialdemokraten in dieser Kategorie. Auf Platz sechs steht Generalsekretär Lars Klingbeil noch mit Abstand am besten da. Miserabel ist das Ergebnis für die beiden Parteichefs Norbert Walter-Borjans (9. Platz) und Saskia Esken (10. Platz). Der Regierungs-SPD trauen die Pioneers viel zu, der Partei (und ihrem Führungspersonal) selbst offenbar nicht.

Morgen lesen Sie an dieser Stelle, wer hinter den Bundesministern die beste Arbeit geleistet hat. Die Pioneers küren die besten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre der Berliner Republik.

Starten Sie gut in den Tag!

Herzlichst,

Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

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