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Unsere Themen heute:
Kanzleramtschef Helge Braun irritiert mit einem Vorstoß zur Schuldenbremse. Die Empörung ist groß, CDU-Chef Armin Laschet wusste von nichts.
Mehr Datensouveränität als Datenschutz. Die neue Datenstrategie der Bundesregierung betont die Chancen einer vernetzten Gesellschaft.
Die Bundesregierung tritt einem Abkommen gegen Piraterie in Asien bei. Wir sagen, worum es geht.
Helge Brauns einsamer Vorstoß
Der Chef des Bundeskanzleramts, der CDU-Politiker Helge Braun, hat mit seinem Vorstoß für ein längeres Aussetzen der Schuldenregel und einer Grundgesetzänderung die eigene Partei und den neuen Vorsitzenden gegen sich aufgebracht.
Lob gab es dagegen von den Grünen-Spitzenpolitikern Toni Hofreiter und Robert Habeck. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nannte die Ideen "interessant".
In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt hatte Braun sich für Überlegungen offen gezeigt, die Schuldenbremse bis 2023 auszusetzen. Eine Erholungsstrategie für die Wirtschaft müsse mit einer Grundgesetzänderung verbunden werden, die "begrenzt für die kommenden Jahre einen verlässlichen degressiven Korridor für die Neuverschuldung vorsieht", hatte Braun argumentiert. Die Sozialbeiträge könnten so (also durch neue Schulden) stabilisiert werden, die Investitionen weiter steigen.
Das wäre eine finanzpolitische Kehrtwende für die Union, die solide Finanzen als Kern ihrer Überzeugungen sieht und eine rasche Rückkehr zur Schuldenregel verspricht.
In der Partei wurde der Beitrag als "Affront gegen den neuen Parteichef" gesehen. Nach unseren Informationen war CDU-Chef Armin Laschet nicht vorab informiert. Auch in der Vorstandssitzung am Montag hatte Braun kein Wort in die Richtung gesagt.
Die Kanzlerin war ebenfalls nicht eingeweiht, hieß es. Ein Regierungssprecher betonte, dies sei ein "persönlicher Meinungsbeitrag" gewesen.
Laschet war am vergangenen Freitag als neuer Vorsitzender bestätigt worden. Der NRW-Ministerpräsident wird im Wirtschaftsflügel als zu liberal beäugt, eine solche Initiative aus dem Kanzleramt hilft da nicht.
In der Fraktionssitzung im Bundestag, zu der Laschet als Gast eingeladen war, stellte Laschet dann aber rasch klar:
Die Schuldenbremse ist eine der großen Errungenschaften, die uns jetzt in der Krise das Handeln ermöglicht hat.
Die Union sei immer die Partei "solider öffentlicher Haushalte" gewesen. "Deshalb lehnen wir Steuererhöhungen ab und deshalb muss die Schuldenbremse erhalten bleiben.“ Zusätzlich zu den aktuellen Wirtschaftshilfen forderte Laschet ein Bürokratieabbauprogramm zur Entlastung der Unternehmen.
© dpaDirekt an Helge Braun gerichtet, betonte der CDU-Vorsitzende: „Sollten Regierungsmitglieder es für erforderlich halten, die Verfassung zu ändern, sollten sie das künftig vorher mit Partei und Fraktion abstimmen.“
Rückendeckung bekam Laschet von den Wirtschaftspolitikern:
„Die Schuldenbremse war eine der wegweisendsten und nachhaltigsten Entscheidungen der Politik, um die Ausgabenwut des Staates zu begrenzen“, sagte der Bundesvorsitzende der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann.
„Diese Schuldenbremse jetzt wieder aus dem Grundgesetz zu streichen, wäre ein Paradigmenwechsel.“
Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Union, Christian von Stetten, betonte:
Die Regierung wird von uns beauftragt werden die grundgesetzliche Schuldenbremse in Zukunft einzuhalten.
Einer fähigen Regierung müsse dies auch ohne Steuererhöhungen gelingen, "sonst kann ich sie nicht unterstützen”, drohte der Parlamentarier.
Fraktionsvize Gitta Connemann ergänzte: „Die Absicht ist richtig und edel: die Wirtschaft soll entlastet werden. Aber dafür ist eine Lockerung der Schuldenbremse das völlig falsche Instrument."
Der Unmut über Helge Braun entlud sich auch in internen Whats-App-Gruppen, in denen sich CDU-Abgeordnete austauschen. Ein Parlamentarier bezeichnete den Kanzleramtschef als "nicht mehr tragbar".
Der Gescholtene reagierte am Nachmittag und betonte in einem Tweet, dass er generell die Schuldenbremse nicht infrage stelle.
1. Union will Stabilitätspakt reformieren, aber halten
Nach der Forderung mancher EU-Mitgliedsländer, den 1997 gegründeten Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) nach der Pandemie flexibler zu gestalten, hat sich die Unionsbundestagsfraktion für eine Beibehaltung ausgesprochen. Eine Reform sei aber möglich, heißt es in einem Entwurf eines Positionspapiers, das uns vorliegt.
"Wir unterstützen das Ziel einer strukturellen Reform des SWP, sehen dessen Mängel aber nicht per se darin, dass die Verschuldensregeln zu streng sind", heißt es.
© ThePioneerZiel müsse sein, dass der SWP bald wieder eingesetzt werde.
Allerdings sollten die komplexen Regeln entschlackt werden und etwa die zahlreichen Ausnahmeregeln bei der Einhaltung der Budgetziele gekürzt werden.
Die Unionsabgeordneten schlagen eine politisch unabhängige Einrichtung vor, die als Kontrollinstanz objektiv die Einhaltung der Vorgaben des SWP durch die Mitgliedstaaten überwacht. Hier könnte der Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ein umfassenderes Entscheidungs- und Initiativrecht zufallen, heißt es in dem Entwurf.
Im SWP ist vorgesehen, dass ein Staatshaushalt in einem Mitgliedsland ein Defizit von nicht mehr als 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) haben darf und die Verschuldung nicht 60 Prozent des BIP übersteigen soll.
Wegen der massiven Wirtschaftshilfen in der Pandemie hatte die EU-Kommission den SWP am 23. März 2020 außer Kraft gesetzt.
2. Regierung stellt neue Datenstrategie vor
Die Bundesregierung will heute eine neue Datenstrategie verabschieden, die die Chancen einer vernetzten Gesellschaft akzentuiert, die Verwaltung digitalisiert und Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft in einer neuen Bildungsplattform zu einer stärkeren Datensouveränität anleitet.
“Die Datenstrategie wird die Datenpolitik der Bundesregierung auf eine neue Grundlage stellen und ein wichtiger Baustein einer europäischen Datenpolitik sein”, heißt es in dem Bericht, der uns vorliegt.
Erarbeitet wurde er im Wesentlichen von Kanzleramtschef Helge Braun.
Ziel sei es, die “innovative Datennutzung in Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu erhöhen".
© dpaIn dem 121-seitigen Dokument wird spürbar, dass Deutschland weg soll von der Angst vor Datenmissbrauch und hin zu einem Land, das vernetzte Daten als Chance sieht.
Mehr als 240 konkrete Maßnahmen werden vorgestellt, die das gesamte Spektrum der Datenpolitik der Bundesregierung abdecken. Dabei wurden im Vorfeld Expertengremien und mehr als 1200 Teilnehmer einer Online-Befragung angehört.
Zu den Maßnahmen gehören nationale Förderprogramme für Mobilität oder Gesundheit, beispielsweise ein bundesweites Krebsregister mit Daten zur Krebsforschung. Die Behörden sollen außerdem mehr öffentliche Daten verfügbar machen und “transparenter und bürgerfreundlicher” arbeiten, heißt es.
Ein Chief Data Scientist soll in jedem Bundesministerium die Datenstrategie überwachen. Schulungsangebote für einen souveränen Umgang mit Daten sollen ab Februar in der Nationalen Digitalen Bildungsoffensive umgesetzt werden und im Forschungsbereich sollen die Datenschutz-Behörden länderübergreifend zusammenarbeiten und gemeinsame Standards entwickeln.
Außerdem soll geprüft werden, ob Bürger durch algorithmenbasierte Entscheidungen diskriminiert werden können, etwa bei Bewerbungsverfahren. Und das Wettbewerbsrecht müsse einer "Datenökonomie" angepasst werden.
Die Bundesregierung setzt sich als Ziel, bei den Hochleistungsrechnern zur Weltspitze aufzusteigen. Denn: Aus dem Land, das 1941 den ersten funktionsfähigen Computer vorstellte (Konrad Zuses Z3), kommt keines der zehn leistungsfähigsten Computersysteme.
3. CDU-Außenpolitiker gegen Nord Stream 2
In der Union mehren sich die kritischen Stimmen zur Ostsee-Pipeline Nord Stream 2.
"Nord Stream 2 ist von Anfang an ein hochpolitisches und kein rein wirtschaftliches Projekt. Deshalb halte ich das Projekt von Anfang an für falsch", sagte uns Außenexperte Roderich Kiesewetter.
Allerdings wandte sich Kiesewetter gegen ein Ende des Baus, da dann Entschädigungen oder Strafzahlungen an das Konsortium gezahlt werden müssten.
Er schlägt vor:
Zu Ende bauen und im Zweifel nicht nutzen, muss die Devise lauten.
Dies solle man abhängig vom russischen Verhalten in politischen Streitfragen machen wie im Krim-Konflikt oder bei der Verhaftung von Alexei Nawalny.
© dpaFraktionsvize Johann Wadephul betonte uns gegenüber, es gebe eine energiepolitische Notwendigkeit, Erdgas zu beziehen, "auch aus Russland". Wadephul stellte sich insbesondere gegen die Kritik aus den USA: „Die USA selbst haben in den letzten beiden Jahren riesige Mengen in Russland gekauft, weil Venezuela ausfiel. Man sollte daher gleiche Maßstäbe bei allen anlegen.“
Bundesregierung auf Distanz zu Nord-Stream-Stiftung
Die Bundesregierung geht derweil auf Distanz zur in Mecklenburg-Vorpommern gegründeten Stiftung zum Weiterbau der Pipeline.
„Wir haben die Entscheidung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Stiftung zu gründen, zur Kenntnis genommen. Sie ist Angelegenheit des Bundeslandes“, heißt es des Bundeswirtschaftsministeriums an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages, das uns vorliegt und als Verschlusssache eingestuft ist.
„Eine Abstimmung zur Gründung der Stiftung mit der Bundesregierung ist nicht erfolgt.“
Zuvor war in Mecklenburg-Vorpommern die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ gegründet worden. Das Land steuert 200.000 Euro zum Stiftungsvermögen bei, die Nord Stream 2 AG 20 Millionen Euro. Zum Stiftungszweck gehört es, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline zu leisten.
4. Industrie warnt vor „Sonderwegen“ bei Umweltschutz
BDI-Präsident Siegfried Russwurm © imagoDer Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnt vor deutschen Sonderwegen in der Umweltpolitik. „In den vergangenen Jahrzehnten hat das europäische Umweltrecht ein äußerst anspruchsvolles Schutzniveau erreicht und dies wird ständig weiterentwickelt“, heißt es in einem BDI-Grundsatzpapier, das uns vorliegt.
„Das deutsche Umweltrecht geht aber oft noch darüber hinaus, zum Beispiel mit wesentlich stringenteren Grenzwerten.“
Sonderwege würden die deutsche Industrie im europäischen und internationalen Wettbewerb benachteiligen. „Rechts- und Planungssicherheit sowie Betriebskosten sind entschei- dende Standortfaktoren“, heißt es in dem Papier. Der BDI beklagt eine „in den letzten Jahren zu beobachtende ‚Flucht ins Verfahren‘ durch immer mehr Öffentlichkeitsbeteiligung, Transparenzanforderungen und Verfahrensschritte“. Diese habe sich bei abnehmender Rechtssicherheit als zeitraubende Investitionsbremse erwiesen und müsste daher revidiert werden.
Aus einer Vorlage des Auswärtigen Amtes © ThePioneerDeutschland tritt Abkommen gegen Piraterie in Asien bei
Die Bundesrepublik tritt einem Abkommen zur Bekämpfung von Piraterie in Asien bei. Das geht aus einer Kabinettsvorlage von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hervor, die uns vorliegt.
Das Kabinett soll einer deutschen Vollmitgliedschaft im "Abkommen über die regionale Zusammenarbeit betreffend die Bekämpfung der Seeräuberei und bewaffneter Raubüberfälle auf Schiffe in Asien (ReCAAP)“ an diesem Mittwoch Zustimmung gegeben haben.
„Ziel des ReCAAP ist es, zur Gewährleistung offener und sicherer Seewege beizutragen“, heißt es in der Vorlage des Außenministers. Das erfolge durch schnelle Berichterstattung bei Vorfällen und Informationsaustausch zwischen den Partnern.
Den Angaben zufolge war die Zahl der Überfälle durch Piraten in Südostasien zuletzt gestiegen. Dem Abkommen gehören unter anderem China, Japan und andere Länder Region sowie die Vereinigten Staaten, die Niederlande und Dänemark an.
Die Bewerber der Parteien für den Bundestag müssen sich in den meisten Landesverbänden auf digitalen Aufstellungsversammlungen präsentieren.
Doch es gibt Ausnahmen: Bei der FDP in Berlin soll die Kandidatenaufstellung am 26. Februar 2021 physisch im Hotel Estrel stattfinden. "Sie wird unter strengsten Hygieneregeln vor Ort stattfinden", hieß es bei der Landespartei.
Die Grünen in Brandenburg stellen am 17. April in Potsdam ihre Kandidaten auf, unter "strengen Abstands-, Kontakt- und Hygienevorschriften", wie die Partei erklärte. Die Veranstaltung soll nach Möglichkeit "unter freiem Himmel" stattfinden.
Die hessischen Linken wollen ihre Kandidaten am 30. Mai in den Messehallen in Gießen nominieren.
© ThePioneerAuf - Zu Wochenbeginn waren es 37,3 in Rostock. Der parteilose Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen wird immer wieder gefragt, warum es in „seiner“ Stadt so gut gelinge, die Corona-Pandemie so gut unter Kontrolle zu halten - mit Inzidenzwerten konstant unter 50. Der Mann mit dem grauen Bart ist ein ungewöhnlicher Oberbürgermeister: Parteilos, Unternehmer - und dänischer Staatsbürger. Er ist zwar Lockdown-Skeptiker, aber er hat in Rostock frühzeitig für eine Maskenpflicht und für zusätzliches Personal im Gesundheitsamt gesorgt. Inzwischen gibt es deutschlandweit viel Anerkennung dafür. Für Madsen geht es bergauf.
Ab - In der Corona-Politik ist Bayerns Landeschef Markus Söder der Meister der akzentuierten Rhetorik. Kurze Sätze, klare Botschaften. Niemand kann das besser. Nur im Klein-Klein der Maßnahmen verheddert sich der CSU-Vorsitzende immer wieder, von den willkürlichen Ausgangssperren im Frühjahr 2020, die Polizisten zu weit auslegten über das Testchaos an den Autobahnen bis hin zur neuesten Schlappe vor Gericht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun das Verbot von touristischen Tagesausflügen über einen Umkreis von 15 Kilometern hinaus in Bayern vorläufig gekippt. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Normenklarheit, entschied das Gericht. Rückschlag für den Corona-Bekämpfer aus München.
Der FAZ-Korrespondent aus Washington, Majid Sattar, hat sich das neue Kabinett von Joe Biden angeschaut. "Das Personaltableau eines amerikanischen Präsidenten ist sein sichtbarstes politisches Signal zu Beginn seiner Amtszeit", schreibt Sattar. Und wenn das so ist, ist die Botschaft des Joe Biden eine der Diversität. Nie war ein US-Kabinett vielfältiger, dies werde zu besseren Ergebnissen führen, ist sich der neue US-Präsident sicher. Wer warum einen Posten bekommen hat und was Joe Biden damit bezweckt, hat Sattar hier zusammengefasst.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Rainer Spiering, SPD-Bundestagsabgeordneter, 65
Martin Neumann, FDP-Bundestagsabgeordneter, 65
Der Pankower SPD-Abgeordnete Klaus Mindrup wird in seinem Wahlkreis auch in diesem Jahr wieder für den Bundestag kandidieren. Die Delegierten wählten den 56-Jährigen im Rahmen ihrer Wahlkreiskonferenz, die unter besonders kreativen Umständen die Corona-Regulierungen erfüllte: Sie fand im Berliner Poststadion unter freiem Himmel statt.
© ThePioneerAngela Merkel sprach bei ihrem wohl letzten Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos, das erstmals digital veranstaltet wurde.
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