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Unsere Themen heute:
CDU-Chef Friedrich Merz hat die Gegner der Frauenquote von ihrem Ansinnen abgebracht, eine Mitgliederbefragung durchzusetzen.
FDP-Verkehrsminister Volker Wissing fordert die Abschaffung der Maskenpflicht in Bus und Bahn und warnt vor „logischen Brüchen" in der Argumentation.
Kanzler Olaf Scholz reist in die Ukraine – und die Union fordert von ihm ein klares Signal für eine EU-Perspektive für die Ukraine und mehr Waffenlieferungen.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat einen neuen Politischen Direktor für ihr Haus gefunden. Wir sagen, auf wen die Wahl fiel.
Wirtschaftsminister Robert Habeck bekommt Applaus von Ökonomen für seine Ankündigung für ein verschärftes Kartellrecht. Die Idee geht auf Rainer Brüderle zurück.
Laut Außen-Staatsministerin Katja Keul könnte Algerien eine wichtige Rolle bei der Versorgung Europas mit grünem Wasserstoff spielen. Wir sprachen mit ihr.
CDU-Chef will Basisvotum zu Frauenquote vermeiden
Friedrich Merz will sich nicht verkämpfen.
Schon gar nicht bei der so heiklen Frage einer Frauenquote für die Führungsgremien auf allen Ebenen in der Partei.
Und schon gar nicht will er, dass sich die CDU in der Sommerpause wieder einmal nur mit sich selbst beschäftigt.
Also hat der Parteivorsitzende in den vergangenen Tagen viel mit den Gegnern einer Frauenquote gesprochen, seinen treuen Anhängern.
Und er hat sie von der Idee abgebracht, mit Hilfe einer Mitgliederbefragung das an der Basis laut Umfragen so ungeliebte Thema zu stoppen.
In der Sitzung des Präsidiums und des Vorstands an diesem Mittwoch soll ein Beschluss für ein Mitgliedervotum nicht mehr auf der Tagesordnung stehen.
Das sagten uns gestern mehrere Präsidiums- und Vorstandsmitglieder.
Die Mittelstandsunion und Teile der Jungen Union hatten eine Basisbeteiligung als Möglichkeit gesehen, um die 2020 von einer Kommission vorgeschlagenen verbindlichen Vorgaben für die Besetzung von Führungsgremien und Listen noch einmal auszuhebeln.
Ganz offensichtlich will Merz die Quote nun passieren lassen, die er lange Zeit immer nur als zweitbeste Variante gesehen hatte.
„Er ist einen weiten Weg gegangen, aber er weiß auch, dass alles andere bisher nichts gebracht hat", sagte uns ein Präsidiumsmitglied, das für die Quote ist.
In der CDU sind nur rund ein Viertel der Mitglieder weiblich, nicht viel besser sieht es in der Unionsfraktion aus. Unter den Landesvorsitzenden ist keine Frau.
Der CDU-Vorstand hatte deshalb im Herbst 2020 noch unter der damaligen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer beschlossen, schrittweise eine Quote einzuführen.
Mit mindestens einem Drittel Frauen in den Führungsgremien sollte es sofort losgehen. 2025 dann die 50-Prozent-Marke erreicht sein. Dies soll auch für die Aufstellung von Listen für Landtag und Bundestag gelten.
Nun soll der Parteitag endgültig über den damaligen Vorstandsbeschluss entscheiden.
CDU-Vize Michael Kretschmer sagte uns dazu:
Es braucht dafür keine Mitgliederbefragung.
Auf Anfrage wollten sich nur die wenigsten Mitglieder aus Präsidium und Vorstand in der Sache festlegen.
Karl-Josef Laumann, Chef des Arbeitnehmerflügels, gehört dazu. Er ist für die Quote als eine von mehreren notwendigen Maßnahmen für mehr Vielfalt in der CDU.
Vorstandsmitglied Mechthild Heil sagte uns, es gehe jetzt „um den längst überfälligen Vollzug“ der Entscheidung für die Frauenquote:
„Es fehlt uns nicht an Erkenntnis, sondern am Handeln. Deshalb ist es nun an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen und ins Umsetzen zu kommen."
Die Befürworter einer Mitgliederbefragung müssen sich doch fragen lassen, ob sie diese Art der Beteiligung auch für andere Themen wie etwa den Mindestlohn für angebracht hielten, so Heil.
Ministerin Karin Prien © dpa
Für die Frauenquote ist inzwischen auch die schleswig-holsteinische Bildungsministerin und CDU-Vizin Karin Prien.
„Die Stärke der CDU als moderne Volkspartei entstammt Vielfalt und Geschlossenheit. Bei der Geschlossenheit sind wir in den vergangenen Monaten deutlich weitergekommen. Wenn es jedoch um die Vielfalt geht, dann haben wir noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen", sagte uns Prien.
Die Vorschläge der Kommission seien doch ein guter Kompromiss gewesen.
„Es ist jetzt Zeit zu handeln! Die Quote ist sicher in der Theorie nicht die perfekte Lösung, aber sie ist die richtige Lösung für ein Problem, das wir seit Jahren erfolglos zu lösen versuchen."
Wissing will keine Masken mehr in Flieger und Bahn
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hält eine Maskenpflicht in Flugzeugen und Bahn nicht weiter für angemessen.
„Ich halte eine Maskenpflicht in Bahn und Flieger nicht mehr für vermittelbar. Wenn jemand sagt, wir müssen sie im Luftverkehr behalten, weil wir sie im ÖPNV nicht abschaffen wollen, ist das ein logischer Bruch”, sagte uns Wissing gestern bei einer Veranstaltung der Lufthansa auf der Pioneer One.
ImagoEr bezog sich dabei vor allem auf die unterschiedlichen Regelungen in der EU und die Problematik, dass Flugbegleiter nur in deutschen Airlines die Masken kontrollieren sollen, während in anderen Airlines diese Pflicht nicht mehr gelte.
Man kann sich Grundrechtseingriffe nicht zurecht fühlen. Recht muss vermittelbar sein.
Auch in der Deutschen Bahn, bei der in der kommenden Woche zum ersten Mal in der neuen Besetzung der Aufsichtsrat zusammenkommt, sei die Maskenpflicht nicht weiter nötig.
„Aus meiner Sicht kann die Maskenpflicht auch in der Bahn wegfallen, aber wir benötigen einen grundlegenden Respekt vor denen, die sie weiter tragen wollen“, so der FDP-Minister.
Leider könne er das Thema nicht allein in der Bundesregierung entscheiden, betonte Wissing. Doch er werde die Widersprüche weiter aufzeigen und in der Koalition für ein Ende der Maske werben.
Experten loben Habecks Kartellideen
Der Düsseldorfer Wettbewerbsforscher und frühere Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, hat die Ankündigung eines schärferen Kartellrechts begrüßt und vor allem ein Gesetz zur Entflechtung gefordert, sollte kein milderes Mittel greifen.
„Die staatlich angeordnete Entflechtung kann ein adäquates und effektives Mittel sein, um eine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens zu zerstören, wenn es keinen anderen Weg gibt”, sagte uns Haucap.
Der Vorschlag eines Entflechtungsgesetzes geht auf den früheren Wirtschaftsminister Rainer Brüderle zurück, der 2010 damit allerdings gescheitert war. Brüderle wollte dem Bundeskartellamt größere Mitsprache- und Mitwirkungsrechte einräumen, aber auch das Recht erhalten, marktbeherrschende Konzerne zu zerschlagen.
Voraussetzung müssen aber klare Kriterien wie eine vorherige Sektoruntersuchung und ein nachweisbarer Missbrauch der Marktstellung zulasten der Verbraucher sein.
„Ich sehe da gar nicht zuerst die Mineralölkonzerne, sondern auch die Deutsche Bahn”, so Haucap.
Justus Haucap, Wettbewerbsökonom. © imagoEine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die in der Krise hohe Renditen erwirtschaftet haben, dürfe jedenfalls allein kein Kriterium für Eingriffe sein.
Das müsste dann ja auch für Konzerne wie Siemens oder Biontech gelten, argumentiert Haucap. Eine Abgrenzung, was „gute” oder „schlechte” Gewinne sind, sei unmöglich.
Diplomat Wieck wird Politischer Direktor im Verteidigungsressort
Neuer Politischer Direktor im Verteidigungsministerium wird Jasper Wieck, der bisherige Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan.
Wieck soll Detlef Wächter, der auf eigenen Wunsch als Botschafter in die norwegische Hauptstadt Oslo wechselt, diesen Sommer an der Spitze der einflussreichen Politikabteilung im Verteidigungsressort ablösen, erfuhr unsere Kollegin Marina Kormbaki aus Regierungskreisen.
Seit seinem Eintritt in den diplomatischen Dienst 1994 war Wieck immer wieder mit sicherheitspolitischen Fragen befasst, etwa als Leiter der Politischen Abteilung bei der deutschen Nato-Vertretung Brüssel von 2009 bis 2012 und in der Folge als Leiter des Referats für Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Auswärtigen Amt, wo der studierte Historiker auch maßgeblich an der Erarbeitung des „Weißbuchs 2016“ mitwirkte.
Zuletzt verhandelte Wieck als Afghanistan-Beauftragter der Bundesregierung mit den Taliban über humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung und über die Ausreise von Ortskräften.
Die Bundeswehr kennt Wieck auch aus eigener Erfahrung: 1984 trat er den Wehrdienst in Marburg an.
Mit der Entscheidung für Wieck setzt Ministerin Christine Lambrecht (SPD) eine junge Tradition fort: Vor Detlef Wächter kam auch mit Géza Andreas von Geyr der Politische Direktor des Wehrressorts aus dem Auswärtigen Amt.
CDU fordert von Scholz EU-Perspektive für Ukraine
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, hat den offenbar bevorstehenden Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Ukraine als „längst überfällig" bezeichnet.
Hardt fordert eine klare Aussage des Kanzlers zu einer EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine. „Die Ukrainer erwarten von den drei EU-Regierungschefs zu Recht eine klare Zusage für den EU-Kandidatenstatus der Ukraine." Außerdem müsse der Regierungschef „alle deutschen Bremsen im Bundessicherheitsrat für Waffenlieferungen aus Deutschland und befreundeten Staaten an die Ukraine lösen".
Nur ein militärischer Misserfolg Russlands in der Ukraine werde Putin von weiteren Expansionsgelüsten abbringen, sagte Hardt.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU, Jürgen Hardt. © imago„Dazu braucht die Ukraine jetzt Waffen und Munition. Hätten wir früher mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten begonnen, könnten deutsche Panzerhaubitzen bereits im Einsatz sein.
Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz, der Mitte Mai in Kiew war, will sich erst nach der Reise von Scholz äußern.
Grüner Wasserstoff: Staatsministerin Keul sieht Potenzial in Algerien
Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, wirbt für eine energiepolitische Kooperation mit Algerien.
„Das Potenzial für die Erzeugung und den Export von grünem Wasserstoff ist enorm“, sagte uns die Grünen-Politikerin. „Zudem ist das Interesse an einer Kooperation mit deutschen Unternehmen groß“, so Keul, die sich derzeit in dem nordafrikanischem Land aufhält. Vertreter von Siemens und Wintershall begleiteten die Staatsministerin bei Gesprächen im algerischen Energieministerium.
Katja Keul (Grüne), Staatsministerin im Auswärtigen Amt. © ImagoEinen weiteren Schwerpunkt ihrer Reise bildet Algeriens Einfluss auf die Sicherheitslage im benachbarten Mali, wo rund 1450 Bundeswehrsoldaten stationiert sind.
„Algerien ist sehr nah dran an den Entwicklungen im Norden Malis – es ist ein Schlüsselstaat für die Sicherheit im Sahel, mit dem wir die Zusammenarbeit ausbauen sollten“, so Keul.
Die Grüne warnt davor, angesichts der Konfrontation mit Russland den Nachbarkontinent aus dem Blick zu verlieren.
„Mein Besuch soll auch zeigen: Wir kehren Afrika nicht den Rücken zu“, so Keul. „Wir nehmen die angestrebte Partnerschaft mit Afrika auf Augenhöhe ernst – nicht trotz, sondern gerade wegen der globalen Auswirkungen des Krieges in Europa.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am 4. Juli 2022 mit Spitzenvertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft über mögliche Antworten auf die rasant steigende Inflation beraten. Das wurde unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner bestätigt.
Die Einladungsliste für die Konzertierte Aktion folgt der Formel „8+8+2“. Jeweils acht Teilnehmer kommen von Gewerkschaften und Arbeitgebern, darüber hinaus sind die Bundesbank und die Wirtschaftsweisen mit von der Partie.
Für die Wirtschaft sind Vertreter der vier Spitzenverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH dabei, außerdem die Metall- und Chemiearbeitgeber, der Handelsverband HDE sowie der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Das Arbeitnehmerlager wird von DGB, IG Metall, IG BCE, Verdi, IG Bau, BGG, EVG sowie dem Beamtenbund vertreten.
Die Strategieexpertin und ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium Katrin Suder wird Senior Adviser bei FGS Global. Zuvor beriet Suder 15 Jahre lang bei McKinsey deutsche und internationale Unternehmen der IT-Industrie.
Bei FGS Global baut sie die Strategie- und Kommunikationsberatung mit weiter aus und entwickelt datenbasierte Unternehmensstrategien, bei denen sie auch die Einflussnahme von Politik, Gesellschaft, NGOs, Aktivisten und Influencern stärker berücksichtigen will.
Die Grünen kommen vom 14. bis 16. Oktober zu ihrer nächsten Bundesdelegiertenversammlung zusammen. Der Bundesparteitag findet in diesem Jahr in Bonn statt, erfuhren wir – im World Conference Center im Bundesviertel. Nach aktuellem Planungsstand treffen sich die rund 800 Delegierten in Präsenz.
Auf - Annegret Kramp-Karrenbrauer. Als ehemalige CDU-Chefin setzte sich AKK dafür ein, eine allgemeine Dienstpflicht für Schulabgänger einzuführen. Trotz harter Kritik nicht nur aus der eigenen Partei forcierte sie das Thema. Nun wirbt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für die gleiche Sache. Späte Genugtuung. Dafür geht es bergauf.
Ab - Ursula von der Leyen. Green-Deal, Fit for 55 – an originellen Namen für ihre Klimaschutzpolitik mangelt es bei der EU-Kommissionspräsidentin nicht. Dafür aber an der nötigen Zustimmung. Gestern sprachen sich die Mitglieder des Umwelt- und Wirtschaftsausschusses im Europäischen Parlament gegen den Vorschlag der EU-Kommission aus, dass Investitionen in Gas und Atomkraft als nachhaltig gelten dürfen. Die Taxonomie steht auf der Kippe.
Beim Thema Dienstpflicht haben sich alle schnell eine Meinung gebildet – damit Ihrer die Argumente von allen Seiten kennt und berücksichtigt, haben wir hier verschiedene Perspektiven dazu gesammelt:
Die CDU-Politikerin Elisabeth Motschmann schreibt in ihrer The Pioneer Experts Kolumne, warum eine Dienstpflicht besonders für Frauen alles andere als gerecht sei: Frauen täten bereits einen großen Dienst an und für die Gesellschaft. Dieser begründe sich damit, dass sie noch immer den weitaus größten Teil der Care-Arbeit leisten, etwa in der Kinderbetreuung und Hausarbeit. „Erst wenn Männer und Frauen sich gleichermaßen an Kindererziehung, Pflege und Hausarbeit beteiligen, kann man eine allgemeine Dienstpflicht ins Auge fassen.“ Spannende Perspektive!
Tagesschau.de-Redakteurin Corinna Emundts kommentiert, dass Steinmeier mit seinem Vorstoß zwar seine Aufgabe des Impulsgebers wahrnimmt, dieser aber vom Zeitpunkt her unpassend wirkt und viele Fragen aufwerfe: „Geht es um Jüngere und Ältere? Oder nur junge Menschen? Und welches Bild der Gesellschaft entwirft Steinmeier hier? Eines der Individualisten, die sich kaum um die jeweils anderen scheren?“ – ihre Analyse der Argumente beider Seiten lesen Sie hier.
Heute gratulieren wir herzlich:
Franziska Holzschuh, Reporterin, Nürnberger Nachrichten, 40
Hatice Akyün, Kolumnistin, Publizistin, 53
Ralph Brinkhaus, CDU-Bundestagsabgeordneter, 54
Julian Reichelt, ehemaliger Chefredakteur der Bild-Zeitung, 42
So äußerte sich Christian Linder gestern auf Twitter zu den Forderungen nach einem Tempolimit und Sonntagsfahrverboten. Die hohen Preise sagen seiner Meinung nach nichts über Versorgungsknappheiten aus.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre