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Unsere Themen heute:
Olaf Scholz sucht nach einer Lösung für die Gefahr aus Russland - und könnte sie in Israel finden.
NRW-Regierungschef Hendrik Wüst hat mehrere ehemalige Beraterinnen und Berater von Angela Merkel für seinen Wahlkampfteam nominiert.
Die Ost-SPD hat in einer internen Sitzung über ihre Strategie für die Zukunft beraten. Die Genossen wollen sichtbarer werden. Wir wissen, wie.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) fliegt für eine Reise in die USA, aber im Bundestag wartet Ärger auf sie wegen der Geheimnistuerei um deutsche Waffen im Kriegsgebiet. Unser Reporter recherchierte die Hintergründe.
Aus der FDP kommt der Vorschlag einer internationalen Luftbrücke der Vereinten Nationen für die Ukraine.
Mission Arrow 3
Wenn es nach Kanzler Olaf Scholz geht, dann soll schon bald eine Entscheidung fallen. Der israelische Premierminister Naftali Bennett ist persönlich involviert in die Gespräche mit der Bundesregierung und ihren Emissären.
Es sind sensible Verhandlungen um das Raketenabwehrsystem Arrow-3. Für Deutschland, weil wir mitten in Europa in Anbetracht der Bedrohung aus Russland plötzlich ungeschützt dastehen. Aber auch für Israel, das mit dem Raketensystem sensible Daten mitliefern muss.
Doch klar ist: Eine umfassende Raketenabwehr steht weit oben auf der Prioritätenliste des Kanzleramts. Am Sonntagabend sprach Anne Will Scholz auf das Thema an. Der sagte, Raketenabwehr gehöre "ganz sicher zu den Dingen, die wir beraten – aus gutem Grund".
Abwehrsystem Patriot © dpaGrundsätzlich unterscheidet man in drei verschiedene Kategorien:
Der Nahbereich: Hier geht es um Schutz gegen Mörserbeschuss, etwa den Typ Kassam, oder Minidrohnen. Gegen diese Art von Beschuss hilft der israelische Iron Dome - in Israel sind diese Arten von Angriffen durch palästinensische Terroristen an der Tagesordnung. Zwar ist ein solcher Fall seltener in Deutschland, doch Minidrohnen wachsen in ihrer Bedeutung.
Für den Beschuss aus mittlerer Distanz vertraut Deutschland seinen 12 Patriotstaffeln, die grundsätzlich funktional sind und gegen Cruise Missiles wirksam sind.
Nicht geschützt wäre Deutschland aktuell gegen russische Angriffe mit Iskander-Raketen, die hoch ins All fliegen und je nach Ausfertigung eine Reichweite von 500 bis 2000 Kilometern haben und damit von Kaliningrad oder Belarus aus locker Deutschland erreichen. Dieses Problem drängt am meisten - die Lösung soll Arrow 3 aus Israel bringen.
Die Hoffnung: Das System wäre verhältnismäßig schnell verfügbar - unsere Quellen sprechen von dem Jahr 2025 oder früher - und es wäre mit rund zwei Milliarden Euro bezahlbar. Zum Vergleich: Die Neuentwicklung TLVS der Bundeswehr, die Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Amtszeit stoppte, würde Jahre länger dauern und wahrscheinlich mindestens fünfmal so teuer sein.
Eine Alternative, die aktuell geprüft wird, könnte das US-System THAAD sein, das Südkorea nutzt.
Drei THAAD-Einheiten könnten den Raum der Bundesrepublik abdecken. Sollte tatsächlich Arrow 3 bevorzugt werden, würde wohl gleich über einen europäischen Schutzschirm diskutiert, der über Deutschland hinausginge. Die Rede ist von drei Radarstationen und zehn Launchern.
Eine Grundsatzfrage ging bislang etwa unter: Will Deutschland einen nationalen Vorstoß bei der Raketenabwehr? Maxime bislang war, dass diese multinational geregelt wird. Sara Nanni, sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, sagte uns: "Flugabwehr kann nur koordiniert mit der Nato ablaufen, auch das Schließen deutscher Fähigkeitslücken."
Rüdiger Lucassen (AfD) warnt vor rüstungspolitischen Schnellschüssen: "Fehlinvestitionen müssen durch gründliche Planung ausgeschlossen werden."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag. © ImagoDie Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), meint:
Es gibt viele unterschiedliche Optionen, die wir besprechen müssen. Allerdings nicht Industrie-getrieben, sondern militärisch begründet.
Fest steht: Gegen moderne russische Hyperschallraketen wäre Deutschland in den kommenden Jahren schutzlos – auch Arrow 3 oder THAAD helfen da nicht.
Hendrik Wüst holt Merkel-Berater ins Wahlkampfteam
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst hat eine Beraterrunde für den Landtagswahlkampf gegründet, in der einige frühere Beraterinnen und Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel wirken.
Nach unseren Informationen hat Wüst eine informelle Beraterrunde installiert, in der die frühere Medienberaterin Merkels, Eva Christiansen, der frühere Bundesgeschäftsführer der CDU, Klaus Schüler, und der frühere Planungschef Merkels, Joachim Koschnicke, sitzen.
Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft im November auf den neuen NRW-Regierungschef Hendrik Wüst. © dpaRegelmäßig lässt sich Wüst von der Runde, zu der unter anderem auch sein Düsseldorfer Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski und der neue Wahlkampfleiter Thomas Breuer gehören, neue Perspektiven auf aktuelle politische Themen geben.
Hier geht es zu der ganzen Geschichte.
Geheime Waffen: Kritik an der Verteidigungsministerin
Christine Lambrecht (SPD) setzt in der Ukraine-Politik immer stärker auf Geheimhaltung. Das zeigt sich bei den deutschen Waffenlieferungen. Die Bundesregierung hat umfassendes Material zur Verteidigung zugesagt – die Wahrheit sieht in der fünften Kriegswoche trist aus.
Kaum etwas wurde geliefert, und wenn, dann aus alten Beständen der Bundeswehr. Inzwischen kauft die Ukraine selbst ein, direkt bei deutschen Herstellern.
Unser Investigativreporter Christian Schweppe hat recherchiert, wie die Ministerin derzeit mit vorenthaltenen Lieferzahlen das Parlament gegen sich aufbringt.
Lambrecht selbst ist inzwischen zu einer Reise in die USA aufgebrochen. Dort wird sie ihren Amtskollegen Lloyd Austin treffen und am Mittwoch von Washington D.C. weiter nach New York fliegen, wo Gespräche mit UN-Vertretern folgen.
Anstehende Rüstungsprojekte wie der F-35-Kampfjet, auf den sich Lambrecht festgelegt hat, dürften in den USA weiter besprochen werden. Ebenfalls der Schwere Transporthubschrauber, bei dem man sich noch auf ein Modell festlegen muss.
Zur Auswahl stehen das Modell CH-47F (Chinook) von Boeing und Airbus sowie die neue CH-53K von Lockheed Martin. Für diese spricht die Fähigkeit zur Luftbetankung.
Die deutsche Ministerin gab zuletzt der New York Times ein Interview, dessen Veröffentlichung noch aussteht – in Berlin wird es nun mit Spannung erwartet.
Ukraine: FDP bringt UN-Luftbrücke ins Spiel
Wie können Menschen, die derzeit weiter in den Großstädten der Ukraine unter schwerem Beschuss Russlands festsitzen, in Sicherheit gebracht werden? Diese Frage beschäftigt inzwischen Mitglieder des deutschen Bundestags. Vor allem in Mariupol (Süden) und Tschernihiw (Norden) sind in der Ukraine weiter Zivilisten ohne Wasser und Nahrung eingeschlossen – die humanitäre Katastrophe ist längst da.
Was also tun?
Alexander Müller, Verteidigungspolitiker der FDP, bringt eine internationale Rettungsaktion ins Spiel.
Er sagt: „Wir müssen in der UN-Generalversammlung eine Resolution verabschieden, die humanitäre Unterstützung für die Ukraine durchsetzen kann. Es muss dabei um eine Luftbrücke gehen, mit der Lebensmittel und Medikamente in die eingeschlossenen und ausgebombten Städte gebracht werden können."
So wie im Kalten Krieg die Rosinenbomber das eingeschlossene Berlin versorgt hatten und die sowjetische Belagerung durchbrochen haben, so könne eine Luftbrücke auch heute die Not und das Leiden der Zivilbevölkerung in der Ukraine lindern, so Müller.
"Ein Beschluss der UN würde die Luftbrücke völkerrechtlich legitimieren, so dass Russland nichts gegen die Luftbrücke unternehmen dürfte. Je nach Reaktion Russlands müssten die Hilfsflüge möglicherweise anfangs geschützt durchgeführt werden. Wenn wir den Krieg schon nicht beenden können, dann müssen wir alles unternehmen, um humanitäre Hilfe zu leisten, ohne eine aktive Beteiligung am Krieg zu riskieren."
Mit dem Plan würden wir der notleidenden Bevölkerung lebenswichtige Hilfe zukommen lassen.
Unions-Länder diskutieren Kosten des Entlastungspakets
Die Unionsgeführten Bundesländer fürchten neue Kosten durch das von der Ampel beschlossene Entlastungspaket in Sachen Energiekosten. In einer internen Runde äußerten mehrere Länder die Befürchtung, die Kosten des Regierungsprojekts würden auch an den Ländern hängenbleiben.
Allerdings dürfte die Debatte nicht so weit gehen, dass man im Bundesrat das Projekt blockiere, hören wir aus Bayern. Nun wollen die B-Länder die erwarteten Kosten berechnen und dann wieder beraten.
SPD möchte im Osten stärker sichtbar sein
Klara Geywitz © ThePioneerDie SPD will im Osten der Republik mehr Präsenz zeigen. „Wir haben es in der Hand, ein sozialdemokratisches Jahrzehnt in Ostdeutschland einzuläuten“, heißt es in einem Papier von SPD-Vize Klara Geywitz und Martin Dulig, dem Ostbeauftragten der Partei.
Die Analyse liegt unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vor und wurde am Sonntag bei einer Klausur in Berlin beraten.
„Zu lang dominierte ein West-Blick die Partei“, schreiben Geywitz und Dulig.
Wähler insbesondere der mittleren und älteren Jahrgänge hätten der SPD nun im Osten eine „zweite Chance“ gegeben: „Ob sich dieser Vorschuss zu einer dauerhaften Vertrauensbeziehung entwickelt, wird davon abhängen, wie man unsere Regierungsleistung bewertet und unsere Fähigkeit, den Osten sichtbar zu machen.“
Ostdeutsche Abgeordnete seien die zweitgrößte Abgeordnetengruppe in der SPD-Bundestagsfraktion. Selbstbewusst heißt es in dem Papier:
Wir sehen uns als wiedererstarkten Machtfaktor innerhalb der SPD.
In einem zweiten Impulspapier heißt es, die Ost-SPD müsse progressive Unternehmer einbinden sowie Netzwerke zu Gewerkschaften, Sozialverbänden und Sportvereinen ausbauen. Gemeinsam mit dem Willy-Brand-Haus soll sich nun eine Arbeitsgruppe bis Ende Mai daran machen, „Lösungen für die organisationale Stärkung der Ost-SPD zu entwickeln“.
NRW-CDU holt Marketingreferent aus Adenauer-Haus
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst holt den Marketingexperten und "Fachreferenten für Veranstaltungsdramaturgie", Sidney Pfannstiel, aus dem Konrad-Adenauer-Haus nach Düsseldorf in sein Wahlkampfteam.
Pfannstiel ist Kölner und unter anderem Gesellschafter eines Kölsch-Restaurants in Berlin. Er wird künftig im Team des neuen Leiters für die Landtagswahl, Thomas Breuer, wirken.
Kabinett will am 27. April Flüchtlings-Haushalt beschließen
Bis zum 31. März haben die Ressorts der Bundesregierung Zeit, ihre flüchtlingsrelevanten Kosten für den Ergänzungshaushalt bei Bundesfinanzminister Christian Lindner anzumelden. Am 7. April ist das Treffen des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten geplant, bei dem es auch um die Verteilung der Kosten für die Flüchtlinge geht.
Im Bundeskabinett soll der Ergänzungshaushalt am 27. April beschlossen werden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schont die deutschen Brauereien bei der Besteuerung von Biermischgetränken wie Alsterwasser oder Radler. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, den wir erhalten haben und der am Mittwoch vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden soll.
© ImagoDemnach sollen bei Biermischgetränken künftig „auch die Zutaten von Bier, die nach Abschluss der Gärung hinzugefügt wurden, bei der Steuerbemessung berücksichtigt werden“ - allerdings erst ab dem 1. Januar 2031. Damit schöpft Lindner die von der EU vorgegebene Umsetzungsfrist voll aus - und entlastet so die Brauereien.
Auf - Julian Lange ist der Name des Mannes, der künftig im Saarland die Regierungsgeschäfte kommunizieren soll. Lange war bereits Sprecher von Anke Rehlinger im Wirtschaftsministerium und ist bereits durch ein Stahlbad besonderer Art gegangen: Als junger Pressereferent im Willy-Brandt-Haus hatte er die zweifelhafte Ehre, auf der Europareise des damaligen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück 2013 dessen urlaubenden Sprecher Michael Donnermeyer zu ersetzen, während Steinbrück sich Abend für Abend bei Gin Tonic an den Hotelbars um Kopf und Kragen redete. Wir sagen: Lange hat alles gesehen. Aufsteiger.
Ab - Daniel Günther, CDU-Regierungschef in Schleswig-Holstein, ist nun sicher gewarnt. Wie schnell ein amtierender Ministerpräsident abgewählt sein kann, hat sich gerade eben im Saarland gezeigt. Günther sollte sich - obwohl er anders als sein gescheiterter Parteifreund Tobias Hans an der Saar tatsächlich über einen Amtsbonus verfügt - jedenfalls nicht zu sicher sein. Im hohen Norden gibt es zurzeit in den Umfragen eine Ampel-Mehrheit gegen ihn. Absteiger!
„Der Vizekanzler will Wirtschaftshilfen in großem Stil auflegen“, schreibt Kollege Julian Olk im Handelsblatt. „Ein Brief an den Finanzminister zeigt, was Habeck plant.“ Es geht um den WSF. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds war zu Beginn der Corona-Krise eingerichtet worden - zunächst mit einem Volumen von 600 Milliarden Euro, zuletzt waren es noch 150 Milliarden Euro. Nun sollen mit den Mitteln die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Wirtschaft abgemildert werden. Lesenswert!
„Wenn das RKI da jetzt einen Rechenfehler hätte, dann wäre das eine Katastrophe“, sagt Karl Lauterbach am Telefon auf dem Rücksitz seiner Limousine ernst. „Das darf dem RKI nicht in die Hose gehen.“ Man kommt dem Gesundheitsminister in diesem 59-Minuten-Film von Markus Feldenkirchen sehr nahe. Mehrere Monate hat der Spiegel-Journalist den SPD-Mann begleitet. Entstanden ist dabei ein nachdenklich-reflektierender Road-Movie, zwischen Pandemie und Politik. Sehenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Mathias Wagner (Die Grünen), Fraktionsvorsitzender im Hessischen Landtag, 48
Die Linken-Co-Chefin äußert sich hier zur jüngsten Wahlniederlage im Saarland und zu den fortwährenden internen Querelen in der Partei.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre