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Unsere Themen heute:
Die Fußball-Liga drängt auf die Öffnung der Stadien, einflussreiche Länderchefs unterstützen dies. Wir sagen, wie es bald aussehen könnte.
Der Wahlkreis-Check führt uns nach Sachsen-Anhalt, wo AfD und Linkspartei stark sind und die CDU ihre Direktmandate verteidigen will.
Die SPD zögert bei der Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr.
Einige Bundesländer, darunter Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Sachsen wollen in der nächsten Schaltkonferenz mit dem Kanzleramt eine begrenzte Wiedereröffnung der Fußball-Stadien ab Oktober diskutieren. Ein Konzept der Deutschen Fußball-Liga und des Deutschen Fußball-Bundes bezeichnete ein Ministerpräsident als "sehr gute Grundlage".
Bund und Länder hatten in ihrer letzten Corona-Telefonkonferenz das Verbot von Großveranstaltungen bis Ende des Jahres verlängert, aber Ausnahmen zugelassen, wenn es vor Ort über sieben Tage ein niedriges Infektionsgeschehen (weniger als 15 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner) gibt und ein Hygienekonzept vorliegt.
In Sachsen kamen am Wochenende 2000 Gäste bei einem Open-Air-Konzert zum 30-jährigen Bestehen des Freistaats zusammen. Die Ausnahmeregelungen wollen die Fußballvereine nun auch für sich nutzen. Manch ein Länderchef mit Bundesliga-Standort will dies unterstützen.
Pappkameraden statt echter Fans. Leere Ränge im Borussia-Park bei einem Spiel in der vergangenen Saison. © dpaEine "verantwortungsvolle Rückkehr von Stadionbesuchern" könne sogar ab dem 1. Spieltag der Rückrunde für die drei Bundesligen (Ligaauftakt der 1. Bundesliga ist der 18. bis 20. September) sowie die Spiele des DFB-Pokals möglich sein, heißt es in den Konzept des Fußball-Bundes und der Deutschen Fußball-Liga.
Aus medizinischer Sicht seien Veranstaltungen im Freien ungefährlicher, da "ein großer Teil des Infektionsgeschehens von SARS-CoV-2 Infektionen auf die Ansteckung über Aerosole zurückgeführt werden kann", argumentieren die Verbände. Im Freien verflüchtigten sich Aerosole aber wesentlich schneller als in geschlossenen Räumen.
Durch die nicht einander zugewandte Sitz- oder Stehposition kommt es außerdem während des Spiels zu geringeren „face to face“-Kontaktzeiten zwischen Personen unterschiedlicher Reihen.
Bei fest zugeordneten Sitz- und Stehplätze sei durch die konstant bleibenden Kontaktpersonen die Zahl ansteckbarer Personen begrenzt, heißt es. "Durch die nicht einander zugewandte Sitz- oder Stehposition kommt es außerdem während des Spiels zu geringeren ,face to face'-Kontaktzeiten zwischen Personen unterschiedlicher Reihen."
"Sukzessive Rückkehr in den Normalbetrieb"
Die Zuschauerzahl bei Heimspielen könne sich an der Infektionsrate orientieren, bei einem hohen Pandemie-Level (mehr als 35 Neuinfektionen pro Woche pro 100.000 Einwohner) würden keine Zuschauer zugelassen, bei einem mittleren Pandemie-Level (5 bis 35 Neuinfektionen) könnten Zuschauer unter Auflagen ins Stadion, bei einem niedrigen Pandemie-Level (unter 5 Neuinfektionen) sollte eine "sukzessive Rückkehr zum Normalbetrieb" in Abstimmung mit den Gesundheitsämtern möglich sein.
Jeder Club müsse eine "individuelle maximale Gesamtkapazität" bestimmen. "Die realistische Gesamtkapazität ist die Anzahl an Personen, die mit dem vorhandenen Platz und in der verfügbaren Zeit unter Einhaltung eines Mindestabstands bewältigt werden kann."
In dem Konzept berechnen DFL und DFB drei Szenarien für eine Auslastung der Stadien von 30 bis 50 Prozent der bisherigen Zuschauer. In der vergangenen Saison kamen im Schnitt 42.000 Zuschauer zu einem Spiel der 1. Bundesliga. Demnach könnten unter Corona-Bedingungen 12.600 bis 21.000 Zuschauer pro Spiel möglich sein.
Markus Söder und Angela Merkel. © dpaMan wolle nun das Gespräch mit den Verbänden suchen und eine einheitliche Linie finden, heißt es bei den Ländern. "Warum sollen wir nicht auch Fußballspiele mit Zuschauern ermöglichen, wenn wir Parteitage oder Freiluft-Konzerte hinbekommen", heißt es etwa in der NRW-Regierung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die private Feiern auf maximal 35 Personen bundesweit begrenzen wollte (es wurden schließlich 50), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatten sich bisher gegen eine zu schnelle Öffnung der Stadien für Zuschauer ausgesprochen.
1. Wahlkreis-Check: Der Kampf um Sachsen-Anhalt
Heike Brehmer (CDU) und Karamba Diaby (SPD), Bundestagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt. © ThePioneerIn Sachsen-Anhalt, dem selbst ernannten Land der Frühaufsteher, will die CDU mit der gleichen Aufstellung in die kommende Bundestagswahl gehen wie 2017. Alle neun Wahlkreise hatten zuletzt CDU-Kandidaten direkt gewonnen.
Der Bundestagsabgeordnete Christoph Bernstiel geht in Halle/Saale wieder an den Start, Dieter Stier im Burgenland und Sepp Müller in Dessau. Eckard Gnodtke (Altmark), Torsten Schweiger (Mansfeld), Tino Sorge (Magdeburg) und Manfred Behrens (Börde) wollen ebenfalls wieder für die CDU antreten. Die Vorsitzende der Landesgruppe im Bundestag, Heike Brehmer, wurde am vergangenen Samstag bereits als Kandidatin für den Wahlkreis Harz nominiert.
Nur der in den Niederlanden geborene und in Anhalt lebende Bundestagsabgeordnete Kees de Vries muss sich in seinem Wahlkreis einer Kampfkandidatur erwehren. Der Junge-Union-Vorsitzende aus dem Kreisverband Salzland, Frank Wyszkowski, fordert den 65-jährigen Mandatsinhaber heraus.
Bei der SPD ist das bekannteste Gesicht Sozialpolitiker Karamba Diaby aus Halle, der seit 2013 im Bundestag sitzt und wieder antritt. Dahinter folgen die ehemalige Landeschefin und -ministerin Katrin Budde sowie Eberhard Brecht, der für den zurückgetretenen Innenexperten Burkhard Lischka nachgerückt ist.
Die FDP im Land setzt auf Neuanfang. Nach der Rückzugsankündigung von Landeschef Frank Sitta, der im Parlament in Berlin bislang Fraktionsvize der Liberalen ist, soll der 36-jährige Politikwissenschaftler Marcus Faber aus Stendal die Wahlliste für die Bundestagswahl anführen. Die Liste soll am 27. September in Wittenberg aufgestellt werden.
Bei der Linkspartei treten der Bundestagsabgeordnete und frühere Wahlkampfchef der Linken, Matthias Höhn (Altmark), die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Petra Sitte und der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte (Anhalt), erneut an. Sie zogen 2017 über die Liste in den Bundestag. Jan Korte soll auf den Spitzenplatz der Liste, Sitte dürfte Platz zwei bekommen. Birke Bull-Bischoff und Matthias Höhn folgen.
Die bisherigen AfD-Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt lassen Anfragen zu ihrer Zukunft unbeantwortet - was auch daran liegen könnte, dass der Landesverband gerade vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Gerade erst ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann wegen Antisemitismus-Vorwürfen aus der Partei ausgeschlossen worden.
In Sachsen-Anhalt wird übrigens im Juni, nur zwei Monate vor der Bundestagswahl, auch ein neuer Landtag gewählt.
2. CDU will härtere Strafen für Angriffe auf Polizei
Die Krawallen von mutmaßlichen Linksextremen in Leipzig haben in der Politik Entsetzen ausgelöst. Politiker fast aller Parteien verurteilten die viertägige Gewalt, bei der Polizisten mit Flaschen und Steinen beworfen wurden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Thorsten Frei, hat sich jetzt für schärfere Strafen bei Angriffen auf Polizisten ausgesprochen.
„Es kann nicht sein, dass unsere Polizisten für Linksextremisten Freiwild sind. Es gehört auch nicht zu ihrem Berufsrisiko, mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen zu werden, wenn sie zu einer Demonstration gerufen werden", sagte Frei.
Randale von Linksextremen in Leipzig am 5. September. © dpaAngesichts der Zunahme von Gewalt gegen Einsatzkräfte sei es an der Zeit, dass die Gesellschaft sich stärker schützend vor ihre Sicherheitskräfte stelle.
"Ein Ausdruck dessen wäre die Erhöhung des Strafmaßes für tätliche Angriffe und Widerstand gegen Polizisten, damit die Täter nicht mehr mit einer Geldstrafe davonkommen können“, sagte Frei. Der Innenausschuss des Bundestages will sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema befassen.
3. SPD-Fraktion bremst bei bewaffneten Drohnen
Die SPD warnt vor einem zu schnellen Vorgehen bei der Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr. Dies geht aus einer internen Arbeitsplanung für Projekte der Fraktion hervor, die uns vorliegt.
"Vor einer möglichen Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen hat eine ausführliche völkerrechtliche, verfassungsrechtliche und ethische Würdigung zu erfolgen", heißt es in dem Papier.
Dies sei im Koalitionsvertrag vereinbart, der Prozess durch das Verteidigungsministerium auch angestoßen worden. Jedoch müsse das Haus dem Bundestag nun einen Bericht vorlegen. "Hierfür muss es klare Kriterien geben", mahnt die SPD in dem Bericht.
Am 5. Oktober soll in einer Anhörung der Bundestag über die Anschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen debattieren. Aus der Union hören wir, dass die Sorge steigt, die SPD werde den Prozess im Vorwahljahr verzögern - das Projekt könne so noch scheitern.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) © dpa© ThePioneerGutverdiener müssen sich im kommenden Jahr auf Mehrbelastungen bei den Sozialabgaben einstellen. Das geht aus dem Entwurf der „Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2021“ des Bundesarbeitsministeriums hervor, der uns vorliegt und nun zwischen den Ressorts der Regierung abgestimmt wird. Demnach sollen die Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherungen angehoben werden.
Die Verordnung soll am 14. Oktober vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden. Die Einzelheiten hat ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner hier für Sie zusammengefasst.
Am 23. September wollen Union und SPD im Bundeskabinett laut einem internen Fahrplan die Honorarregeln für Architekten und Ingenieure ändern. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 muss die Regierung das bisher geltende Gesetz mit festen Honorarsätzen ändern. Im Ergebnis dürften die festen Honorare im Zuge der europäischen Dienstleistungsfreiheit abgeschafft werden.
Ebenfalls an dem Tag will die große Koalition die neue Außenwirtschaftsverordnung beschließen, die die Investitionsprüfung auf Zukunftstechnologien und kritische Infrastruktur ausweiten soll, um einen Ausverkauf dieser Technologien ins außer-europäische Ausland zu verhindern. Im Oktober will die Bundesregierung laut dem internen Fahrplan das Agrarpaket beschließen. Dazu gehört eine Änderung des Insektenschutzgesetzes, die Ausweitung des Biotopenschutzes auf artenreiches Grünland, Streuobstwiesen und Trockenmauern, sowie Neuregelungen zu Bioziden mit Anwendungsverboten in bestimmten Schutzgebieten, die Stärkung der Landschaftsplanung sowie die Vermeidung von Lichtverschmutzung.
Auf und Ab mit Volker Wissing und Katja Leikert © ThePioneerAuf - Er ist erst seit drei Wochen als designierter FDP-Generalsekretär auf der Berliner Bühne unterwegs, doch Volker Wissing hat schon für mehr Aufsehen gesorgt als Vorgängerin Linda Teuteberg in einem halben Jahr. Wissing brachte gleich am ersten Tag die Ampel-Koalition ins Spiel und brachte die Partei damit wieder mit einem Begriff zusammen, den seit der Absage der FDP an die Jamaika-Koalition 2017 kaum einer in den Mund nimmt: Regierungsfähigkeit. Der 50-jährige Vize-Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz zeigt in seinem Bundesland, dass ein Bündnis mit SPD und Grünen geräuschlos agieren kann. Auch seine humorvollen Sticheleien bei Twitter gegen CDU, SPD und Grüne kommen in der Partei gut an. Jüngst warnte er davor, die Corona-Demonstranten in Berlin pauschal als Rechte zu erklären. Recht hat er. Deshalb für uns: Aufsteiger.
Ab - Rückschlag für die Vize-Chefin der Unionsfraktion, Katja Leikert (CDU). Ihr Kreisverband Main-Kinzig wählte die 45-jährige promovierte Politologin nur mit einem mageren Ergebnis von 59,2 Prozent erneut zur Vorsitzenden. Zugleich wurde ihr ein Beschluss für den Kreisparteitag 2021 mit auf den Weg gegeben, in dem sich der Kreisverband klar für Friedrich Merz als neuen Parteivorsitzenden ausspricht. Der Landesverband Hessen und die übrigen Kreisverbände sollen zur Wahl Merz' aufgefordert werden, heißt es. Beinfreiheit für die Vorsitzende sieht anders aus. Die Chefin der Frauen-Union im Kreis gehörte 2018 zum Lager von Annegret Kramp-Karrenbauer. Nun sagt ihr die Basis, wo es langgehen soll. Deshalb geht es heute bergab für die CDU-Politikerin.
In der CDU wagen sich prominente Unterstützer der Kandidaten in das Scheinwerferlicht. Der frühere Hamburger CDU-Bürgermeister Ole von Beust, der 2018 noch am Vorabend des Bundesparteitags eine Wahlparty für Annegret Kramp-Karrenbauer organisierte, sieht nun Markus Söder als Favoriten. "Wenn es Markus Söder werden will, wird er es", sagte von Beust der Welt am Sonntag. Korrespondent Ulrich Exner hat das Gespräch und die Chancen der Kandidaten hier zusammengefasst.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat ein seltenes Kunststück geschafft. Sie hält sich als Parteilose erfolgreich in einem politischen Spitzenamt - seit fünf Jahren regiert die 63-Jährige die rheinische Millionenstadt und wird nun bei der OB-Wahl in wenigen Tagen erneut von CDU und Grünen unterstützt. Sie hat gute Chancen, gewählt zu werden. Für die tageszeitung hat sie Paul Wrusch begleitet. Hier geht's zu dem Beitrag.
Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:
Sylvia Gabelmann, Linken-Bundestagsabgeordnete, 62
Jörg Geerlings, CDU-Landtagsabgeordneter in NRW, 48
Gute Nachrichten für Paul Ziemiak. Im Lager des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet gilt es als wahrscheinlich, dass der ebenfalls aus NRW stammende CDU-General im Amt bleiben kann, sollte Laschet CDU-Vorsitzender werden. Ein Wechsel Anfang 2021 wäre kurz vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg sowie der Bundestagswahl riskant, heißt es. Ein neuer oder eine neue Generalsekretärin hätte kaum Zeit, sich einzuarbeiten. Ziemiak habe bei der digitalen Erneuerung der Partei und den Vorarbeiten für das Grundsatzprogramm gute Arbeit geleistet.
Friedrich Merz hatte nach seiner Kandidatur im März überraschend die hessische Abgeordnete Patricia Lips als Leiterin seines Wahlkampfteams vorgestellt. Die Vize-Chefin der Mittelstandsunion war eine Idee des Merz-Vertrauten Wolfgang Steiger, Generalsekretär des 12.000 Mitglieder starken CDU-Wirtschaftsrates.
Auch Norbert Röttgen hatte erklärt, dass im Falle seiner Wahl die zweite Person in seinem Team eine Frau sein werde.
Letztes Wort Karl Lauterbach © ThePioneerIhre Informationen für uns © Media PioneerSie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.
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