unsere Themen heute:
Ökonom Clemens Fuest erklärt, wie Robert Habecks Sondervermögen Wirtschaft funktionieren kann.
Boris Rhein spricht im neuen Hauptstadt-Podcast über gute und schlechte Koalitionen.
Verwaltungsrechtsexperte Patrick Heinemann glaubt nicht an ein Disziplinarverfahren gegen Hans-Georg Maaßen.
Der Chef des Jobcenters Berlin-Mitte spricht über den Anstieg der Wohnkosten für Bürgergeldempfänger.
Fuest und Habeck: Brüder im Geiste
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat wieder einen Vorschlag. Auf der Suche nach Geld hat der Vizekanzler gestern im Bundestag ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Firmen ins Spiel gebracht.
Habeck sprach von Steuergutschriften und Abschreibungsmöglichkeiten – und einem „Wachstumschancengesetz mal zehn, vielleicht mal 50, um dieses Land nach vorne zu bringen“.
Da das Wachstumschancengesetz Bund und Länder mindestens drei Milliarden Euro kosten soll, läge Habecks Fonds bei rund 30 Milliarden Euro – nach oben offen.
Und weil er damit die Wirtschaft ankurbeln und Investitionen stimulieren will, soll das Sondervermögen im Grundgesetz verankert werden – im Schulterschluss mit der Union.
Unterstützung bekommt Habeck nun von unerwarteter Seite. Clemens Fuest, Präsident des wirtschaftsliberalen ifo-Instituts in München, unterstützt den Vorstoß des Grünen-Politikers.
Unserem Kollegen Christian Schlesiger sagt der Ökonom:
Grundsätzlich halte ich die Initiative von Herrn Habeck, mit der Union über eine Sonderverschuldung zu sprechen, für richtig.
Allerdings macht Fuest Einschränkungen und fordert „ein Gesamtpaket mit drei Elementen“:
Es dürften nicht einfach nur zusätzliche Schulden gemacht werden, „auch konsumtive Ausgaben im Bundeshaushalt sollten einen Beitrag leisten“.
Es müsse „verhindert werden, dass die investiven Ausgaben im Kernhaushalt sinken, weil man ja jetzt das Sondervermögen hat“.
Es sollte in dem Sondervermögen „nicht nur um beschleunigte Abschreibungen für Unternehmen gehen, sondern auch um öffentliche Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Dekarbonisierung“.
Das Fazit von Fuest:
Ein solches Paket hätte nach meiner Einschätzung die Chance, dass die Union zustimmt.
Bislang ist von Begeisterung in CDU und CSU aber keine Spur. Auf dem gestrigen Wirtschaftsgipfel der Union im Bundestag („Wir hören zu“), eine Art Mitmachveranstaltung für Unternehmer aus ganz Deutschland, lehnten die Fraktionsspitzen Habecks Angebot ab.
Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, sagte auf der Bühne: „Wir sagen Nein. Das Land hat kein Einnahmenproblem.“
Jens Spahn, CDU-Fraktionsvize, sieht das genauso. Er sagte uns: Habecks Vorschlag sei in der Regierung nicht abgestimmt. Das sei „mal wieder ein Schaufenster-Vorschlag“.
Kritik kommt auch vom Koalitionspartner. Markus Herbrand, finanzpolitischer Sprecher der FDP:
Mit seinem Vorschlag entfacht Robert Habeck eine neue Phantomdiskussion.
Schulden-finanzierte Extratöpfe führten nur zu „Mitnahmeeffekten“.
Fazit: Habeck dürfte selbst kaum daran geglaubt haben, die Opposition unmittelbar für eine Grundgesetzänderung zu begeistern. Aber die Debatte ist da – in Berlin und der Ökonomenzunft.
Boris Rhein: „Kein vernünftiger Christdemokrat wird mit denen eine Koalition schließen“
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hält einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem neu gegründeten BSW und einer möglichen Partei Werteunion für unnötig.
„Kein vernünftiger Christdemokrat wird mit denen eine Koalition schließen. Ich wüsste auch gar nicht, auf welcher Grundlage wir thematisch da zusammenkommen sollten“, sagt Rhein im neuen Hauptstadt-Podcast.
Er fordert zudem einen neuen Umgang mit der AfD. Die Union müsste viel intensiver reingehen in die Entzauberung und in die Diskussion über und mit der AfD. Die Union müsse deutlich machen:
Niemand muss eine solche Partei wählen, um am Ende beispielsweise eine ordentliche und klare Migrations- und Sicherheitspolitik zu bekommen.
Die Große Koalition in Hessen hält er für eine gute Option, „weil es ein Bündnis der Mitte ist. Es ist ein Bündnis aus den Volksparteien heraus“.
Über die GroKo in Berlin sagt er:
Es war nicht die schlechteste Verbindung und alles ist besser als das, was wir jetzt haben.
Die Grünen empfindet Rhein – anders als CDU-Chef Friedrich Merz – „nicht als Gegner, sondern sie sind ein Konkurrent“.
Allerdings passe die Politik der Grünen nicht in die Zeit. „Deswegen sehe ich keine oder jedenfalls wenig Chancen, mit ihnen gemeinsam auf – und in dem Fall wirklich im wahrsten Sinne des Wortes – einen grünen Zweig zu kommen.“
Boris Rhein © The PioneerDas ganze Interview hören Sie im Hauptstadt-Podcast. Außerdem besprechen The Pioneer-Chefkorrespondentin Politik, Karina Mößbauer, und Jörg Thadeusz:
den Schlagabtausch von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) im Bundestag und warum die beiden immer noch über den Deutschland-Pakt streiten.
Im Zwischenruf sagt Hans-Ulrich Jörges, warum er für den Wirtschaftsstandort Deutschland schwarz sieht.
Im kürzesten Interview der Berliner Republik: Politologin Julia Reuschenbach.
Disziplinarverfahren gegen Maaßen unwahrscheinlich
Der Verwaltungsrechtsexperte Patrick Heinemann bezweifelt, dass es ein Disziplinarverfahren gegen Hans-Georg Maaßen wegen Verfassungsuntreue geben wird. „Bislang gibt es keine hinreichenden Belege“, sagt Heinemann unserem Kollegen Jan Schroeder.
Als Beamter im Ruhestand habe Maaßen zwar eine besondere Treuepflicht gegenüber der Verfassung. Ihm könnte wegen des Bruchs dieser Pflicht die Pension gekürzt oder gar entzogen werden.
„Dafür braucht es allerdings schwerwiegende Gründe. Das Tuch zwischen dem Dienstherrn und dem Ruhestandsbeamten muss gewissermaßen endgültig zerschnitten sein", sagt Heinemann.
Und weiter:
Das Innenministerium dürfte wohl nur dann ein Verfahren anstreben, wenn es die Gründe dafür hieb- und stichfest belegen kann.
Gegenwärtig belege die Verfassungsschutz-Akte nicht, dass Maaßen gesichert rechtsextrem sei. Der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes werde bisher nur verdächtigt, rechtsextreme Bestrebungen zu verfolgen.
Für den Fall, dass die Verfassungsschutz-Akte von Maaßen nicht noch weiter anschwillt, sei seine Pension daher sicher.
Lamya Kaddor © ImagoPolitiker der Grünen fordern dennoch ein Disziplinarverfahren gegen Maaßen. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, sagt uns:
Ein Disziplinarverfahren gegen Hans-Georg Maaßen ist unvermeidlich.
Sie könne nicht verstehen, wieso „den Vorgesetzten Maaßens seine verfassungsfeindliche beziehungsweise zumindest politisch sehr fragwürdige Einstellung nicht viel eher aufgefallen ist und dienstrechtliche Konsequenzen gezogen wurden“.
Jobcenter-Chef: Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware
Anfang 2023 wurde Hartz IV vom Bürgergeld abgelöst. Seitdem wird über die neue Sozialleistung diskutiert. Unser Kollege Michael Bassewitz spricht mit Lutz Mania, Chef des Jobcenters Berlin-Mitte.
Das Bürgergeld ist jetzt ein Jahr alt – wie ist Ihre Bilanz?
Es ist uns recht gut gelungen, von Hartz IV ins Bürgergeld zu wechseln, wenngleich jedes System und jede Beratung sich nicht von jetzt auf gleich umstellen lässt. Die Anzahl der positiven Rückmeldungen von unseren Kunden nehmen bei einer erfolgreichen Beratung vermehrt zu. Da sehen wir: Wir sind auf dem Weg, aber noch nicht am Ziel.
Die Wohnkosten für Bürgergeldempfänger steigen – auch in Berlin – überdurchschnittlich stark. Woran liegt das?
Der bezahlbare verfügbare Wohnraum ist tatsächlich starke Mangelware – der Senat hebt die Spielräume der Wohnkosten für Bürgergeldempfänger deshalb stark an. Der Mietsatz, den wir übernehmen können, ist deshalb schon entsprechend hoch, und wir können bei Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche bis zu zehn Prozent noch nach oben gehen.
Im Herbst verkündete Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Jobturbo, um Ausländer zu mehr Arbeit zu motivieren. Wie soll das gehen?
Wir fokussieren uns verstärkt auf Sprachkurse für Ausländer, die in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen – diese dauern in der Regel neun Monate. Auf der anderen Seite brauchen wir Unternehmen, die mit uns zusammenarbeiten und auch bereit sind, diese Menschen zu integrieren.
Der Vergleich der Stromerzeugung im Januar 2024 mit Januar 2023 zeigt: Die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien ist deutlich gestiegen. Und hat nicht nur den Wegfall der Atomkraft aufgefangen. Sondern auch fossile Brennstoffe verdrängt.
Eine Infografik mit dem Titel: Anteil Erneuerbarer Energien steigt
Öffentliche Nettostromerzeugung im Januar 2024 und 2023, nach Art der Energieerzeugung
Das war am Tag und in der Nacht außerdem los:
Ukraine-Hilfe: Auf dem gestrigen EU-Sondergipfel hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán seine Blockade gegen das 50 Milliarden Euro schwere Finanzpaket für die Ukraine beendet. Die Hilfe ist beschlossen. Zwar wurde eine Überprüfung in zwei Jahren vereinbart, allerdings kann das Geld nur einstimmig wieder zurückgezogen werden.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte an, nächste Woche seine Pläne zur Rentenreform vorzulegen. Im Zuge dessen machte er erneut deutlich, dass er Forderungen nach einem höheren Renteneintrittsalter ablehnt.
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Die europäische KI-Verordnung wird heute im EU-Rat abgestimmt. Die Bundesregierung plant, zuzustimmen.
Außerdem stimmen Bundestag und Bundesrat final über den Haushalt 2024 ab.
Olaf Scholz empfängt heute Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, zum Antrittsbesuch. Schwesig hat mit dem Jahreswechsel turnusgemäß die Bundesratspräsidentschaft übernommen, das vierthöchste Staatsamt.
Die EU-Außenminister tagen zwei Tage in Brüssel. Gesprächsthemen sind die Beziehungen zwischen der EU und Afrika sowie zur Türkei.
Online-Gigant Amazon träumte bereits 2013 von 500 Millionen Drohnen-Lieferungen pro Jahr. Bis heute hat das Unternehmen zwei Milliarden Dollar ins Drohnengeschäft investiert. Doch die Waren kommen kaum per Drohne angeflogen. Warum diese Realität nicht der Technologie an sich geschuldet ist, analysiert diese Woche das Tech-Briefing-Team.
Auf - Olaf Scholz. Dass Viktor Orbán dem 50 Milliarden Euro schweren Ukraine-Hilfspaket zugestimmt hat, liegt auch am deutschen Bundeskanzler. Er und andere führende EU-Staats- und Regierungschefs hatten mit ihm zuvor in kleiner Runde verhandelt. Nach gut zwei Stunden war der EU-Gipfel dann schon wieder vorbei – neues Geld für Orbán gab es auch nicht. Ist das etwa diese Führungsstärke?
Ab - Janine Wissler. Wenn es nach der Linken-Chefin und ihrer Partei ginge, würde das insolvente Luxus-Kaufhaus KaDeWe verstaatlicht. Ganz nach dem Vorbild der DDR, wo Bürger für 50 Ost-Mark einen Genossenschaftsanteil des DDR Konsum-Markts erhielten. Das KaDeWe solle zudem zur Versorgung von „Alltagsgütern“ verwendet werden. Statt Luxus-Uhren und Champagner könnte es dann wohl nur noch Butter, Mehl und Milch geben – sofern lieferbar. Good old times!
Heute gratulieren wir herzlich:
Mathis Feldhoff, ZDF-Hauptstadtkorrespondent und Vorsitzender der Bundespressekonferenz, 59
Susanne Hoffmann (CDU), Justizministerin in Brandenburg, 64
Anton Hofreiter, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 54
Nadine Ruf, Grünen-Bundestagsabgeordnete, 46
Klaus Zimmermann (CDU), Staatssekretär im Innenministerium von Sachsen-Anhalt, 61
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre