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Unsere Themen heute:
Urlaub in Kriegs- und Krisenzeiten? Heikel. Das Kabinett gönnt sich dennoch eine Auszeit. Allerdings sollen die Minister und Ministerinnen in der Nähe bleiben.
Die CDU setzt alles auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und plant eine Präsidiumsklausur mit der CSU in Köln. Wir haben Details.
Die SPD verlängert ihre Zusammenarbeit mit der erfolgreichen Wahlkampf-Agentur BrinkertLück des Hamburger Werbers Raphael Brinkert.
Steffen Seibert war der loyale Sprecher der CDU-Kanzlerin Merkel, jetzt schickt ihn die SPD-geführte Bundesregierung als Botschafter nach Israel.
Am 8. Mai wird in Schleswig-Holstein gewählt. Mehrere Bündnisse sind denkbar. Die FDP nimmt nun Abstand von einer Option. Wir sagen, von welcher.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Afghanistan-Abzug verzögert sich. Wir wissen, warum der Ärger unter Parlamentariern zunimmt.
Nicht zu weit wegfahren, bitte!
Die Frage des Urlaubs für Spitzenpolitiker in Krisenzeiten ist nach den Urlaubs-Affären und den daraus folgenden Rücktritten der Ministerinnen Ursula Heinen-Esser und Anne Spiegel besonders heikel.
Können die Kabinettsmitglieder in Ruhe Urlaub machen, während der Krieg in der Ukraine weiter tobt?
Eine Direktive des Kanzleramts gibt es nicht, jeder Ressortchef handhabt das wie er oder sie möchte. Generell gilt, dass Bundeskanzler und Bundesminister ohnehin immer erreichbar sein müssen.
Dennoch gibt es die informelle Bitte des Kanzleramtes an führende Ministerinnen und Minister, nicht zu weit weg zu sein.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mache selbst keinen Urlaub, teilte sein Regierungssprecher mit.
Allerdings, so hören wir, will der Regierungschef ein paar Tage weitgehend ohne Termine in seiner Wahlheimat Potsdam verbringen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). © ImagoVizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verabschiedet sich vom 18. bis 24. April in den Osterurlaub, wie sein Büro in einer E-Mail an leitende Mitarbeiter erklärt hat. Wichtige Vorlagen, die noch vor Ostern bearbeitet werden sollten, mussten bis zum vergangenen Montag, 12 Uhr, im Ministerbüro angekommen sein, hieß es in der Mail.
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner will in den kommenden Tagen für eine Woche nach Tirol reisen. Aber auch er sei, klar, stets erreichbar, heißt es.
Nach ihrer heutigen Rückkehr aus Westafrika dürfte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) über Ostern ein paar ruhige Stunden gönnen. Für kommende Woche sind schon wieder wichtige Termine geplant.
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) macht in der Woche nach Ostern, in der das Bundeskabinett nicht tagt, ein paar Tage Urlaub mit seiner Familie in Stuttgart. Von dort aus besucht er mit seinen Kindern seine Heimatstadt Bad Urach. Abschließend fährt er mit ihnen für ein paar Tage nach Paris - per Zug.
Die Ampel stellt Ende 2021 ihren Koalitionsvertrag im WECC Kongresszentrum im Westhafen vor - im Hintergrund die Pioneer One. © dpaAuch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wird über Ostern ein paar Tage Urlaub machen.
Nur die Sprecherin von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte auf Anfrage nebulös:
"Gern teile ich mit, dass die Verteidigungsministerin sich stets über den aktuellen Fortgang der Ereignisse informieren und - falls erforderlich - auch persönlich im Ministerium anwesend sein wird."
Auf Nachfrage unseres Kollegen Christian Schweppe, ob sie mitten im Ukrainekrieg nicht im Ministerium sein werde, hieß es nur: "Die Infos, die ich geben konnte, liegen Ihnen vor."
Kubicki schließt Ampel in Schleswig-Holstein aus
Wolfgang Kubicki © Anne HufnaglDer stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki erteilt einer Koalition mit SPD und Grünen in seinem Heimatland Schleswig-Holstein eine Absage.
„Es macht für die Freien Demokraten keinen Sinn, über die Ampel nachzudenken, wenn Jamaika möglich ist“, sagte er uns.
Wenn wir im Parlament sitzen und gebraucht werden, dann wird es keine Ampel geben.
Am 8. Mai 2022 wird in Deutschlands nördlichstem Bundesland gewählt. Seit 2017 regiert dort eine Koalition von CDU, Grünen und FDP, die Kubicki vor seinem Wechsel in die Bundespolitik mit ausgehandelt hatte.
Derzeit führt die CDU mit Ministerpräsident Daniel Günther in den Umfragen mit deutlichem Vorsprung. Dahinter liegen gleichauf SPD und Grüne.
Aktuell hätte nicht nur Jamaika eine Mehrheit, auch eine Koalition von SPD, Grünen und FDP wäre rechnerisch möglich.
„Ich muss Daniel Günther gar nicht beruhigen. Er weiß das auch: Wir würden ihn jetzt nicht vom Thron stoßen“, sagte Kubicki. Die Sozialdemokraten seien in Schleswig-Holstein nicht so regierungsfähig, dass eine Koalition mit ihnen attraktiv wäre.
Pioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner ist für uns nach Schleswig-Holstein gefahren, um sich vom gerade anlaufenden Landtagswahlkampf ein umfassendes Bild zu machen. Seine Beobachtungen können Sie hier nachlesen.
Afghanistan-Ausschuss erst ab Sommer?
Der Untersuchungsausschuss zum Ende des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr verzögert sich.
Dies hat offenbar mit der SPD zu tun: Sie will den Ausschuss zeitgleich zur Enquete-Kommission beginnen lassen, die ebenfalls bald startet.
Auch sie soll das Kapitel Afghanistan untersuchen, allerdings den gesamten Einsatz seit 2001 und besonders die Frage der Lehren für künftige Auslandsmissionen.
Weil die Kommission erhebliche Vorbereitungszeit benötigt, verschiebt sich auch der Untersuchungsausschuss. Der soll klären, was bei der Evakuierungsmission von Kabul im vergangenen August schief lief und wer Verantwortung dafür trägt, dass nur wenige deutsche Ortskräfte vor den Taliban in Sicherheit gebracht werden konnten.
Auch wegen des Krieges in der Ukraine hat die parlamentarische Aufarbeitung noch nicht begonnen. Besonders dem Auswärtigen Amt käme es wohl gelegen, wenn es die Akten, die es dem Bundestag überlassen muss, erst in der Sommerpause zusammenstellen könnte.
FDP-Verteidigungspolitiker Alexander Müller hält dagegen: "Ich erwarte, dass wir vor der Sommerpause starten. Der Untersuchungsauftrag ist seit Februar Konsens."
Vor dem Ausschuss müssen wohl gleich mehrere frühere Kabinettsmitglieder aussagen: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Gerd Müller und Horst Seehofer (beide CSU) und Ex-Außenminister Heiko Maas – was Verzögerungen durch die SPD pikant machen würde.
Im Augenblick jedenfalls sieht es so aus, als begänne wirkliche Aufklärung erst in Monaten.
Westbalkan-Beauftragter lobt Bosnien-Beauftragten
Erstmals hat Christian Schmidt, Hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht und am Dienstag ein im serbischen Landesteil erlassenes Gesetz zur Übernahme staatlichen Immobilienvermögens gestoppt.
Ein weitreichender Schritt, den die Bundesregierung begrüßt.
"Es ist wichtig, dass der Hohe Repräsentant hier Schritte unternimmt, um einer der sezessionistischen Initiativen aus der Republik Srpska einen Riegel vorzuschieben", sagte uns Manuel Sarrazin (Grüne), Westbalkan-Beauftragter der Bundesregierung.
"Wir werden ihn hierbei unterstützen."
Der Grünen-Politiker Manuel Sarrazin. © Stefan KaminskiDie politische Führung des serbischen Landesteils treibt die Abspaltung von Bosnien-Herzegowina trotz internationaler Proteste voran.
Auch deshalb plant Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Wiedereinstieg in die EU-Militärmission Althea vor Ort.
SPD verlängert mit Agentur von Raphael Brinkert
Die SPD hat ihre Zusammenarbeit mit der Hamburger Werbeagentur BrinkertLück verlängert.
Darauf haben sich Agenturgründer Raphael Brinkert und Generalsekretär Kevin Kühnert angeblich geeinigt, erfuhren wir aus Parteikreisen.
Raphael Brinkert © Anne HufnaglDemnach soll heute die weitere vertragliche Kooperation zwischen der Bundes-SPD und der Agentur verkündet werden. Es geht um die generelle strategische Beratung der SPD, digitale Kampagnen und die Entwicklung neuer Social-Media-Formate.
Die Hamburger Agentur hatte mit ihrer Kampagne im Bundestagswahlkampf ("Soziale Politik für Dich") den überraschenden Erfolg der SPD mitverantwortet und war für die frischen Designs und klaren Botschaften in der Branche hochgelobt und ausgezeichnet worden.
Ein Plakat der SPD im Bundestagswahlkampf 2021. © dpaSteffen Seibert wird Botschafter in Israel
Nun ist es amtlich. Der frühere Regierungssprecher von CDU-Kanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert, wird neuer Deutscher Botschafter in Tel Aviv. Das hat das Bundeskabinett gestern in seiner Sitzung beschlossen.
Angela Merkel und Olaf Scholz hatten sich schon im vergangenen Jahr darauf verständigt, dass der langjährige Regierungssprecher auch unter einer SPD-geführten Bundesregierung einen Spitzenjob in der Diplomatie erhalten werde.
Seibert gilt als moderat, verlässlich und integer. Auch Außenministerin Annalena Baerbock stimmte der Personalie zu.
Seibert ist kein gelernter Diplomat, er war ZDF-Journalist, bevor er 2010 Sprecher der Bundesregierung wurde.
Im Juli beginnt Seibert seinen diplomatischen Dienst in Tel Aviv.
Steffen Seibert © Anne HufnaglCDU setzt alles auf NRW
Die Präsidien von CDU und CSU treffen sich am 2. Mai in der Kölner Flora zu einer gemeinsamen Klausurtagung.
Die Details werden derzeit zwischen den Parteizentralen in Berlin, Düsseldorf und München besprochen. Damit will die Union kurz vor der Landtagswahl am 15. Mai ein Zeichen der Unterstützung für NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst setzen.
Eine Kölner Erklärung als politisches Signal zu aktuellen Themen soll beschlossen werden.
Im Konrad-Adenauer-Haus gilt die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland als Weichenstellung für den Erfolg oder Misserfolg der Oppositionsrolle der CDU und als Testwahl für Parteichef Friedrich Merz, der aus NRW stammt. Merz werde in den kommenden Wochen ein halbes Dutzend persönliche Auftritte in NRW einplanen, heißt es.
Auf - Margit Gottstein. Die Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium muss nach dem Rücktritt der Ministerin Spiegel den Laden zusammen und die Truppe bei Laune halten. Nicht die Ministerin, sondern Gottstein hat in einer E-Mail über den Rücktritt informiert, ihr Bedauern ausgedrückt und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz trotz der Turbulenzen gedankt. Eine Geste, die gut ankam im Ministerium, wie wir hören. Schon im Dezember kurz nach der Amtsübernahme hatte sich die frühere Berliner Justiz-Staatssekretärin bei allen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern persönlich vorgestellt. Aufsteigerin!
Ab - Franziska Brandmann. Die Chefin der Jungen Liberalen lästert über den Koalitionspartner SPD und nennt das Verhalten der Sozialdemokraten “ungebührlich”. Gerhard Schröder arbeite weiter für Gazprom, Olaf Scholz mache Wahlkampf statt in die Ukraine zu reisen, kritisiert sie auf Twitter und vergleicht damit, was dann doch nicht zu vergleichen ist. An diesem kleinen Koalitionspartner wird die SPD noch ihre Freude haben.
Anthony Beevor, Bestseller-Autor und britischer Militärhistoriker, gibt im Interview mit dem Spiegel seine Sicht auf den Ukraine-Krieg und die Motive des russischen Präsidenten preis. "Ich möchte behaupten, dass kein Land so sehr ein Gefangener seiner Vergangenheit ist wie Russland. Wladimir Putin pflegt eine verzerrte Sicht auf die Geschichte und ist besessen vom ,Großen Vaterländischen Krieg' gegen Hitlerdeutschland", sagt Beevor. "Das hat tatsächlich eine seltsame Wiederholung von Fehlern der Vergangenheit verursacht." Die Art der Kriegsführung sei irritierend, so Beevor. "Offenkundig hält Putin den Panzer noch immer für ein Symbol und eine Waffe der Stärke wie einst. Dabei haben Einsätze in Libyen und bereits im Bergkarabach-Konflikt seit 1988 gezeigt, wie verwundbar Panzer durch moderne Drohnen und Panzerabwehrwaffen sind. Noch verblüffender ist, dass wichtige Lehren aus den Schlachten von Stalingrad und Berlin vergessen wurden." Spannendes Gespräch!
Lenz Jacobsen von Zeit Online kommentiert den Umstand, dass ein Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kiew nicht erwünscht ist. „Es heißt, Selenskyjs Absage sei - bei allem Verständnis - doch unklug, weil sie die Kritiker und die Zögerlichen in Deutschland stärke“, schreibt der Kollege. Es könne sein, dass sich nun die Mehrheit gegen einen Gaslieferstopp in Deutschland stabilisiere und vergrößere. Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Markus Kurth, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 56
Dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angeblich einen Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kiew ablehnte, ist peinlich für Deutschland. Aber es gibt auch Kritik an der Härte der Ukraine gegenüber dem deutschen Staatsoberhaupt. Axel Schäfer, Bundestagsabgeordneter der SPD, äußerte sich gestern im Spiegel dazu.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre