Unsere Themen heute:
Pharma-Gipfel im Kanzleramt: Wie die Ampel die Branche retten will. Und welche Pläne die FDP-Bundestagsfraktion dafür hat.
Der Koalitionsausschuss geht ohne Ergebnisse auseinander.
Die schlechten SPD-Umfragewerte besorgen den neuen Juso-Vorsitzenden Philipp Türmer.
Die Union glaubt, dass es Klimaschutz auch ohne mehr Schulden geben kann.
Die FDP bereitet sich auf eventuelle Neuwahlen vor.
Der Innenausschuss blamiert sich im Bundestag.
So will die Ampel die Pharma-Industrie retten
Am heutigen Donnerstag kommt die Spitzenpolitik mit der Pharmabranche zu einem vertraulichen Treffen im Kanzleramt zusammen.
Mit dabei sind Bundeskanzler Olaf Scholz, Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, hört unsere Kollegin Phillipka von Kleist. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck plant, zu kommen.
Aus der Industrie anwesend sein werden unter anderem der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), Merck und Boehringer Ingelheim.
Bettina Stark-Watzinger (FDP), Bundesministerin für Bildung und Forschung. © Anne HufnaglIm Fokus soll die von Lauterbach angekündigte und vom Wirtschafts- und Forschungsministerium mitgetragene Pharmastrategie stehen. Die Regierung möchte damit den Zugang zu Gesundheitsdaten erleichtern, bürokratische Hürden abbauen und für bessere Forschungsbedingungen sorgen.
Ein Gesetz, welches darauf abzielt, will Lauterbach morgen in der Runde vorstellen: Das Medizinforschungsgesetz, das klinische Studien vereinfachen soll. Weitere Gesetze sollen folgen.
Robert Habeck © imagoDie FDP erhöht mit einer eigenen „Roadmap für einen Pharmastandort auf internationalem Spitzenniveau“ den Druck auf die Regierung. Das sind die wichtigsten Eckpunkte des uns vorliegenden Strategieentwurfs:
Die FDP fordert politische Verlässlichkeit und stabile Rahmenbedingungen. Etwa durch mehr „erfolgsabhängige Bezahlmodelle“ bei Therapien. Hochmoderne Behandlungen würden nur dann von Seiten der Krankenkassen bezahlt, wenn diese erfolgreich waren. So erhalten möglichst viele Patienten trotzdem Zugang zu teuren „Zukunfts-Therapien“.
Um Deutschland wieder zum „führenden Studienstandort“ zu machen, brauche es mehr Forschung. „Entbürokratisierung, schlankere Prozesse und ein forschungsfreundlicheres Umfeld“ seien dafür zwingend notwendig.
Erreicht werden könne das etwa durch die Einführung einheitlicher Ethik-Standards, einer besseren personellen Ausstattung von Zulassungsbehörden, mehr steuerliche Forschungszulagen und bessere Bedingungen für Wagniskapital.
Die Verwendung digitaler Daten sei unerlässlich. Es brauche Plattformen, auf denen Daten strukturiert gesammelt und nutzbar gemacht werden sowie einheitliche Anforderungen an den Datenschutz bei klinischen Prüfungen.
Die Pharmaindustrie hatte zuletzt Alarm geschlagen: In der aktuellen Lage sei Deutschland als Standort für Pharmafirmen nicht mehr attraktiv – Unternehmen drohten abzuwandern. Wie viel Investitionsspielraum für die Pharmaindustrie in der Haushaltskrise vorhanden ist, bleibt allerdings fraglich.
Koalitionsausschuss geht ohne Ergebnis auseinander
Die Spitzen der Koalition sind am Mittwochabend nach rund eineinhalb Stunden ohne konkrete Verabredungen aus der Sitzung des Koalitionsausschusses im Kanzleramt gekommen.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf dem Weg ins Kanzleramt. © dpaWie unser Kollege Thorsten Denkler aus Teilnehmerkreisen hört, habe es lediglich einen sachlichen Informationsaustausch über die Gespräche gegeben, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Vorfeld miteinander geführt haben. Auch über mögliche Zeitpläne wurde gesprochen.
Es sei aber von Anfang an nicht darum gegangen, jetzt schon Beschlüsse zu fassen. Sondern sich langsam an eine Lösung für die akute Haushaltskrise heranzutasten.
Die Verhandlungen sollen jetzt auf höchster Ebene im Stillen weitergeführt werden.
Es wird vor allem darum gehen, wie die FDP dazu bewegt werden kann, dem Staat mehr finanziellen Spielraum zu geben. Was unter den neuen haushaltsrechtlichen Bedingungen nicht leicht sein wird.
Union will Klimaschutz mit Schuldenbremse
Die Union sieht Wege, die geplanten milliardenschweren Klimainvestitionen der kommenden Jahre auch ohne einen weiteren Nothaushalt oder ein Aufweichen der Schuldenbremse finanzieren zu können.
Die Pläne der Union sehen vor:
Der Emissionshandel wird ausgeweitet, soziale Härten müssten allerdings abgefedert werden.
Staatliche Abgaben werden um einen CO2-Faktor ergänzt. Je mehr CO2 in einem Bereich ausgestoßen wird, desto höher die Abgabe.
Mehr privates Kapital wird mobilisiert und sämtliche Ordnungsregeln der neuen haushaltspolitischen Realität angepasst.
Staatliche Investitionen in den Klimaschutz werden vor allem daran bemessen, welche CO2-Einsparung sie tatsächlich generieren können.
Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler.
Robert Habeck muss jetzt als Vizekanzler die Priorität für Klimaschutz in der Regierung durchsetzen. Der von allen beschworene Vorrang muss sich jetzt auch im Bundeshaushalt abbilden.
Nach der Entscheidung von Karlsruhe müssten haushaltsschonende Klimainstrumente gestärkt werden, sagt Jung.
Unklar ist, ob diese Vorschläge ausreichend sind, um das Loch von 60 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre zu stopfen. Im Klima- und Transformationsfonds fehlen allein für das kommende Jahr etwa 16 bis 27 Milliarden Euro.
FDP gut gerüstet für eventuelle Neuwahlen
Die FDP-Parteizentrale fühlt sich gut gerüstet für einen eventuellen Bundestagswahlkampf.
Wie wir aus dem Hans-Dietrich-Genscher-Haus hören, laufen ohnehin die Vorbereitungen für den Europawahlkampf. Die Kampagnenfähigkeit werde gerade entsprechend hochgefahren. Das mache es leichter, falls nötig, zusätzlich einen Bundestagswahlkampf zu organisieren.
Die Organisation des Europawahlkampfs liegt in den Händen von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
Bijan Djir-Sarai © Anne HufnaglWie wir hören, gibt es in Partei und Fraktion gewisse Unsicherheiten darüber, ob die Koalition die kommenden Auseinandersetzungen über den Bundeshaushalt übersteht. Das Ausrufen einer Haushalts-Notlage auch für 2024 wird von der FDP ebenso strikt abgelehnt wie Steuererhöhungen.
Die Partei sei sich zwar bewusst, dass Kompromisse geschlossen werden müssten, die auch für die FDP nicht einfach zu tragen sein könnten. Es gebe aber ein Restrisiko, dass bestimmte Kompromisse nicht möglich seien.
Juso-Chef Türmer: Es muss „ein Ruck durch die Partei gehen!“
Die Jusos wollen auf dem kommenden Bundesparteitag der SPD den Druck auf die Mutterpartei erhöhen und ihrer Unzufriedenheit mit dem Kurs der Kanzlerpartei Ausdruck verleihen.
Philipp Türmer © imagoDer neue Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer sagte unseren Kollegen Laura Block und Thorsten Denkler angesichts von Umfragewerten, die die Partei zum Teil hinter den Grünen sehen:
Langsam muss angesichts der schlechten Werte mal ein Ruck durch die Partei gehen!
Im Bundestagswahlkampf 2021 sei die SPD stark gewesen, „weil wir eine klar sozialdemokratische Linie vertreten haben“, sagt Türmer.
„Respekt und Gerechtigkeit, damit konnten wir punkten. Auf diesen Kurs muss die SPD jetzt auch in der Ampel einschwenken.“
In der ersten Hälfte der Legislatur sei da zu wenig gekommen. „Fragen der Verteilungsgerechtigkeit in den Vordergrund zu stellen, ist der Schlüssel zum Erfolg.“
Türmer fordert außerdem, die Schuldenbremse aus der Verfassung zu streichen:
Es reicht nicht, die Schuldenbremse irgendwie zu reformieren. Wir müssen sie abschaffen. Zwischen Investitionen und konsumptiven Ausgaben zu unterscheiden, ergibt in den meisten Fällen ökonomisch keinen Sinn.
Die Partei kommt vom 8. bis 10. Dezember in Berlin zu ihrem Parteitag zusammen. Es wird erwartet, dass es zur Schuldenbremse konkurrierende Anträge geben wird. Die Jusos werden die Abschaffung des Instruments fordern, die Parteispitze lediglich seine Reform.
Union wirft Regierung Missachtung des Parlaments vor
Der CDU-Innenpolitiker Michael Breilmann wirft dem Innenministerium „Ahnungslosigkeit“ und eine „klare Missachtung des Parlaments“ in Bezug auf die bundesweiten Steuer-Razzien in Häusern sogenannter Reichsbürger vor.
Das sagte er unserer Kollegin Laura Block.
Rita Schwarzelühr-Sutter, SPD, im Innenausschuss des Deutschen Bundestages. © dpaDie Nachricht von den Razzien ploppte am Mittwoch während der Sitzung des Bundestags-Innenausschusses auf. Zufälligerweise stand dort gerade die Parlamentarische Staatssekretärin im Innenministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), zum Thema Reichsbürger Rede und Antwort.
Auf spontane Nachfragen von Abgeordneten , was es mit den Razzien auf sich habe, habe sie allerdings keine Auskunft geben können.
Schwarzelühr-Sutter räumte ein, davon keinerlei Kenntnis zu haben. Und verwies auf die federführende Staatsanwaltschaft, hören wir.
Beteiligt an den Razzien war auch die dem Innenministerium unterstellte Bundespolizei.
Breilmann sagt, die Mitglieder des Innenausschusses hätten die Information über die Razzien „nicht nur aus den Medien, sondern aus dem tagesaktuellen Bericht der Bundesregierung erhalten müssen“.
Bundesrat-Sondersitzung am 7. Dezember
Damit der Nachtragshaushalt für 2023 noch in diesem Jahr den parlamentarischen Prozess durchlaufen kann, trifft sich der Bundesrat zu einer Sondersitzung am 7. Dezember um 9:30 Uhr. Er soll dort in erster Runde den Nachtragshaushalt 2023 beraten.
Das hat Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), entschieden.
So steht es in einem Schreiben der Direktorin des Bundesrates, Ute Rettler, an die Vertretungen der Länder beim Bund, das unserem Kollegen Christian Schlesiger vorliegt.
Die Bundesregierung hatte zuvor eine Sitzung „mit dem Ziel einer unverzüglichen Beratung“ des Nachtragshaushaltsgesetzes 2023 beantragt. Die Länderkammer kann das Gesetz so am 15. Dezember wie geplant verabschieden.
Der Gesetzesentwurf für den Nachtragshaushalt 2023 des Finanzministeriums ist gestern vom Haushaltsausschuss beraten worden und soll in der nächsten Sitzungswoche vom Bundestag verabschiedet werden.
Auf - Nancy Faeser. Mit dem 7. Oktober hat sich die Terrorgefahr auch in Deutschland erhöht, doch bisher konnte Schlimmeres vermieden werden. Zuletzt konnte die Polizei einen geplanten islamistischen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen verhindern. Der Apparat unter der Innenministerin scheint – zumindest bisher – funktionstüchtig zu sein.
Ab - Karin Prien. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende hatte einst die Entlassung des Hotelmitarbeiters gefordert, dem Gil Ofarim – wie wir heute wissen unbegründet – Antisemitismus vorgeworfen hatte. Ein Verweis auf die Unschuldsvermutung ist hier angebracht. Umso richtiger, dass sie gestern „aufrichtig“ um Entschuldigung bat.
Für den rechtspolitischen Korrespondent des RND, Christian Rath, ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform „ein Ausdruck der Vernunft“ und keineswegs bürgerfeindlich. Es sei völlig ausreichend, wenn der Bürger die Grundzüge des Wahlrechts verstehe und sich nicht mit den Feinheiten auseinandersetzen müsse. Es sei positiv, dass die Mehrheit des Bundesverfassungsgerichts dem „Ruf nach einfachen Lösungen” nicht gefolgt sei. Spannend!
Auf der Klimakonferenz in Dubai kann Olaf Scholz Deutschland nicht als leuchtendes Beispiel präsentieren, findet Zeit-Hauptstadtkorrespondentin Petra Pinzler. Das liege vor allem an seinen eigenen Trugschlüssen: Er schrumpfe die deutsche Klimapolitik auf eine industriepolitische Frage, die es mit „viel staatlichem Fördergeld“ zu beantworten gelte. Dass das so nicht funktioniert, sei allerdings „längst unübersehbar“, so Pinzler. Klimaschutz werde uns alle etwas kosten und könne nach dem Karlsruhe-Urteil auch nicht mehr schuldenfinanziert werden. Hier geht es zum Kommentar.
Heute gratulieren wir herzlich:
Katja Keul (Grüne), Staatsministerin bei der Bundesministerin des Auswärtigen, 54
Adolf Kessel (CDU), Oberbürgermeister der Stadt Worms, 66
Ralph Alexander Lorz (CDU), Hessischer Kultusminister, 58
Wolfgang Niersbach, ehemaliger Journalist und DFB-Präsident a.D., 73
Daniel Sieveke (CDU), Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen, 47
Nadja Zivkovic (CDU), Bezirksbürgermeisterin des Berliner Bezirks Marzahn-Hellersdorf, 45
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre