Willkommen zurück bei unserer Rangliste der deutschen Politik - direkt von der Pioneer One.
Mehr als 2600 Pioneers haben zwischen dem 16.12 und dem 18.12 ihre Favoriten in der deutschen Politik gewählt, von der Parlamentarischen Staatssekretärin über die Fachpolitiker bis zum Bundesminister.
Im vierten Teil veröffentlichen wir heute die Ergebnisse der Wahl der besten politischen Kommunikatoren. Wer hat Politik verständlich und klar kommuniziert? Wer hat überzeugt bei den Sprechern der Bundesregierung und der Ministerien, wer war besonders gut in den Fraktionen und Parteizentralen?
Los geht's:
© Anne HufnaglEs war das Jahr der Exekutive und der Bundeskanzlerin. Und damit auch das Jahr von Regierungssprecher Steffen Seibert. Der 60 Jahre alte Chef des Bundespresseamts und damit oberste Kommunikator der Bundesregierung musste in der Pandemie besonders viele kritische Fragen beantworten, besonders viel erklären und war angesichts der historischen Dimension der Krise und der Unsicherheit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besonders unter Druck.
Nach Meinung unserer Pioneers hat der frühere ZDF-Journalist, der seit zehn Jahren für Angela Merkel arbeitet, dies besonders gut gemacht. Mit 27 Prozent der abgegebenen Stimmen liegt er bei den Sprechern der Regierung deutlich vorne.
Steffen Seibert an Bord der Pioneer One - im Hintergrund das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus mit Büros der Bundestagsabgeordneten. © Anne HufnaglVielleicht auch, weil man Seibert selbst das Gewicht der Krise selten anmerkte. In den Pressekonferenzen der Regierung erklärte er unermüdlich die historischen Einschränkungen, mahnte und warnte, plädierte für Vernunft und Innehalten, warb für Milliardenhilfen und räumte auch manche Unsicherheit und Widersprüchlichkeit ein, die in der Regierungspolitik gerade in der Anfangsphase der Pandemie zu erkennen war.
Eine umstrittene Kampagne hat funktioniert
Zugleich ist seine Handschrift erkennbar. Er riet der Kanzlerin kurz vor dem Höhepunkt der ersten Welle im März, sich mit einer Fernsehansprache direkt ans Volk zu wenden. Er ließ eine millionenschwere Werbekampagne ausarbeiten, die junge Leute zu Kontaktbeschränkungen anhält.
Sie war umstritten und wurde heftig diskutiert, und hatte alleine damit ein zentrales Ziel erreicht: Bekanntheit.
Mitte August feierte Steffen Seibert - wie es sich für ihn gehört - dezent im Hintergrund sein zehnjähriges Dienstjubiläum. Unser Porträt des Regierungssprechers können Sie hier nochmal nachlesen.
Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen als erstes ein?
Steffen Seibert: Ich denke oft an den Tag im März zurück, als drei Wissenschaftler in der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten ganz ruhig und dabei eindringlich die Pandemielage erklärten. Der Dialog von Politik und Wissenschaft hat dieses Jahr ausgemacht.
Was war Ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gerne anders gemacht?
Seibert: In meinem Beruf sind Erfolge immer Mannschaftserfolge. Und ich denke, die BPA-Mannschaft hat hat einiges dazu beigetragen, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Pandemie gut informiert sind.
Wo steht Steffen Seibert am Ende des nächsten Jahres?
Seibert: Vor der Herausforderung, offen zu sein für etwas Neues, das sich mir zeigen wird.
Jens Spahn war im Frühjahr 2018 erst ein paar Tage Gesundheitsminister, da holte er sich Hanno Kautz als neuen Kommunikationschef. Beide stammen aus dem Münsterland: Spahn aus Ahaus, sein Sprecher aus Burgsteinfurt. Kennengelernt haben sie sich aber in Berlin.
Der 1968 geborene Kautz startete seine journalistische Karriere mit einem Volontariat bei den Westfälischen Nachrichten, arbeitete später für die Ärzte Zeitung, schließlich berichtete er für die Bild-Zeitung insbesondere über die Grünen, die Bundeswehr und über Gesundheitspolitik.
Für den Sprecher des Bundesgesundheitsministers geht es im Augenblick vor allem um gute Corona-Kommunikation - die Pandemie verlangt das Äußerste, und das 24/7. Sein Wissen in Gesundheitsfragen und das dichte Netzwerk in der Branche hilft ihm jetzt.
Kautz überlässt kaum etwas dem Zufall, plant so detailliert es geht, will nichts dem Zufall überlassen und geht damit manchen Journalisten auf die Nerven, etwa, wenn er auch jede Fotosituation für den Minister vorab wissen will. Er inszeniert Spahn als Macher - und hat deshalb auch seinen Anteil daran, dass der CDU-Mann jetzt in der Corona-Krise zum beliebtesten Politiker Deutschlands geworden ist.
Der dritte Platz unter den Sprecherinnen und Sprechern der Regierung geht an die Sozialdemokratie, nämlich an Steffen Rülke, den Sprecher von Außenminister Heiko Maas. Während sich mancher SPD-Berichterstatter über die Jahre bei eher robust auftretenden Sprechern schon mal bei einfachen Terminanfragen eine blutige Nase abholen konnte, vertritt Rülke von jeher einen anderen Stil: verbindlich, freundlich, jovial.
Man könnte meinen, Rülkes Stil musste ihn irgendwann ins Außenministerium führen, dabei war der Weg eher zufällig. Zunächst war er lange in der Fraktion Sprecher von Thomas Oppermann, mit Heiko Maas wechselte er zunächst ins Justizministerium, dann ins Auswärtige Amt.
Die Pioneers mögen Rülke und wählen ihn auf den dritten Platz.
Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Regierungssprecher
Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmungen von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent
Angela Merkels Sprecher vor Jens Spahns, dann die Chefkommunikatoren von Heiko Maas und Olaf Scholz: Die Pioneers wählten vor allem diejenigen auf die vorderen Plätze, die in diesem Jahr wegen der Bedeutung ihrer Vorgesetzten besonders gefordert waren.
Auffällig ist der enorme Vorsprung von Steffen Seibert - längst ist der @RegSprecher, wie er auf Twitter heißt, eine Marke für sich geworden. Mit Seibert gewinnt der am längsten amtierende Sprecher und zugleich derjenige im politischen Berlin mit den meisten Followern auf Twitter. Fast eine Million folgen ihm - er ist damit einsame Spitze.
Erwähnen wollen wir auch noch den guten fünften Platz für Ulla Fiebig, die noch relativ neue Sprecherin von Familienministerin Franziska Giffey - Fiebig ist auf Anhieb die am besten platzierte Frau in der Regierungssprecherwelt.
Nils Droste © ImagoNils Droste war in diesem Jahr besonders als Krisen-Kommunikator gefragt. Denn sein Produkt war nicht nur zeitweise besonders schwer zu verkaufen, sondern auch Gegenstand von scharfen Angriffen: die FDP und ihr Vorsitzender Christian Lindner.
Der Leiter der Pressestelle der FDP im Bundestag musste zum Thüringen-Desaster Stellung nehmen und manche Äußerung seines Vorsitzenden zur Ablösung von Generalsekretärin Linda Teuteberg gerade rücken. Zwischendurch musste Droste die schwächelnden Umfragen für die FDP als "Momentaufnahmen" abmoderieren, die Kommunikationstruppe bei Laune halten und die Oppositionsfraktion im Jahr der Exekutive in die Medien bringen. Ein Herkulesjob.
Nach Ansicht der Pioneers hat das Nils Droste offenbar ordentlich gemacht. Platz zwei in unserer Rangliste.
Bei Journalisten gilt der 38-jährige Berliner, der in Mannheim Politik und Öffentliches Recht studiert hat, als verlässlich, fair und stets erreichbar.
In der Fraktion hat er seine Eigenständigkeit bewahrt. Er ist loyal zu Lindner, gehört aber nicht zu dessen engsten Vertrauten. Lindner hat einen persönlichen Sprecher. Droste war Mitglied des Parteivorstands der Julis, dann Büroleiter bei Johannes Vogel, von 2012 bis 2017 erst Vize-Sprecher und später Sprecher der Partei, wo er 2017 mit der Agentur Heimat die viel gelobte Bundestagskampagne der FDP umsetzte.
Nach seinem Wechsel in die Bundestagsfraktion rückt er nun vor allem auch die Abgeordneten jenseits von Christian Lindner ins öffentliche Licht und modernisiert die Kommunikationsarbeit.
Bülend Ürük war eine personelle Überraschung, als Generalsekretär Paul Ziemiak den ehemaligen Kress-Chefredakteur im Mai 2019 ins Konrad-Adenauer-Haus holte. (Partei)-politische Erfahrung hatte Ürük, der zuvor sechs Jahre in Istanbul lebte, nicht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten - der Kulturwechsel vom Medienjournalisten zum Ansprechpartner für Medien war groß - hat sich Üruk mit Charme und Chuzpe in die Mechanismen der Berliner Republik eingearbeitet.
Nach einem Jahr als Vize-Sprecher der CDU wechselte der 42-Jährige als Chefsprecher und Leiter der Kommunikationsabteilung in die Unionsfraktion zum Vorsitzenden Ralph Brinkhaus. Auch weil nicht sicher war, ob sein bisheriger Chef Ziemiak im Amt bleiben würde bei einem Wechsel an der CDU-Spitze.
Ürük vermarktet seither den Finanzexperten Brinkhaus als resoluten Manager, der sich Klartext in der Partei zutraut und sich mit den eigenen Ministerpräsidenten anlegt. Dass Brinkhaus in manchen Medien als möglicher vierter Kandidat für den Vorsitz gehandelt wird, führt zwar bei hochrangigen CDU-Politikern zu Kopfschütteln, aber die Berichte helfen Brinkhaus. Auch ein neuer CDU-Chef wird an dem selbstbewussten Fraktionsvorsitzenden nicht vorbeikommen. Auch das ein Verdienst Ürüks. Die Pioneers wählen ihn zum zweitbesten Sprecher.
Nach einigen Kommunikationspannen und misslungenen Auftritten heuerte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer im November 2019 den TV-Journalisten Hero Warrings als neuen Sprecher für die CDU Deutschlands an.
Warrings studierte Volkswirtschaftslehre in Münster, volontierte bei der Holtzbrinck-Journalistenschule und war später fast 15 Jahre bei RTL, zuletzt als Chef vom Dienst der Politikredaktion im Hauptstadtstudio. Vor allem bei öffentlichen Auftritten der Politikerin ist Warrings ein erfahrener Ratgeber. Der 50-Jährige nahm die missliche Lage souverän an, dass seine Chefin schon wenige Monate nach seiner Amtsübernahme schon wieder den Abschied ankündigte. Warrings kommunizierte hochloyal und gelegentlich etwas sehr euphemistisch, was die angeblichen Ideen und Initiativen der Vorsitzenden in den Koalitionsrunden betrifft. Mit einem neuen CDU-Chef dürfte Warrings seinen Posten verlieren. Die Pioneers wählen ihn dennoch auf einen guten Platz drei.
Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen ein?
Droste Besonders einprägsam waren ohne Frage die Bilder aus Bergamo und New York. Sie haben uns die Dramatik der Corona-Krise vor Augen geführt. Umso unverständlicher sind Corona-Leugner und Impfgegner.
Was war Ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gerne anders gemacht?
Droste Die Corona-Pandemie stellt alles andere in den Schatten. Persönlich bin ich stolz auf die Aufbauarbeit, die wir in der FDP-Fraktion geleistet haben.
Wo steht Nils Droste am Ende des nächsten Jahres?
Droste Ich bin guter Hoffnung, dass unser Land besser durch die Krise kommt und die Freien Demokraten in Regierungsverantwortung.
Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Partei- und Fraktionssprecher
Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmungen von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent
Mit Nils Droste gewinnt die Kategorie der Partei- und Fraktionssprecher ein Überraschungskandidat. Droste überzeugte als echter Krisenkommunikator einer FDP, die nach dem Jamaika-Aus eine komplizierte Legislaturperiode durchlebt. Dahinter wählen die Pioneers die Chef-Kommunikatoren der CDU in Partei und Fraktion.
Ein Auge sollte man dennoch auch auf die Plätze vier bis sechs werfen. Dort folgt zunächst Sebastian Hille, ein Mann, der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt professionell vertritt. Auf fünf und sechs folgen die Sprecherinnen und Sprecher der Grünen in Partei und Fraktion: Nicola Kabel und Andreas Kappler. Mit Markus Gallander wählen die Pioneers den ersten SPD-Sprecher auf den siebten Platz.
Am Mittwoch, 30.12, geht es an dieser Stelle um die Nachwuchsstars in der Politik und die Außenpolitiker.
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