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Mehr als 2600 Pioneers haben zwischen dem 16.12 und dem 18.12 ihre politischen Favoriten des Jahres gewählt.
Im dritten von sechs Teilen veröffentlichen wir heute die Ergebnisse der Wahl der besten beamteten und Parlamentarischen Staatssekretäre. Die erste Kategorie wurde zu einem Durchmarsch der Sozialdemokraten. Bei den Parlamentariern an der Ministeriumsspitze gewann einer, der seinen Abschied aus dem Bundestag angekündigt hat.
Staatssekretär im Finanzministerium: Wolfgang Schmidt © dpaEs gibt zwei Sorten von beamteten Staatssekretären: Die Fachleute, die ihren Fachbereich seit Jahren beackern - und die politischen Strategen. Das eine funktioniert freilich auf der höchsten Beamtenebene nicht ohne das andere, aber dennoch trennen sich die Staatssekretäre in den meisten Häusern in die beiden Gruppen.
Der Gewinner in unserer Kategorie "Beste Staatssekretäre", Wolfgang Schmidt, ist ein typisches Beispiel des Politstrategen.
Seit zwei Jahrzehnten an der Seite von Olaf Scholz
Schmidt koordiniert eigentlich vor allem die Regierungsarbeit von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und ist für internationale Finanz- und Währungspolitik zuständig.
Doch zugleich ist er seit fast zwei Jahrzehnten treuster Mitarbeiter an Scholz' Seite. Wie kaum ein anderer war Schmidt seit jeher davon überzeugt, dass sein Chef der beste sozialdemokratische Kanzlerkandidat werden könnte - im vergangenen Sommer hat er dieses Ziel offiziell erreicht.
Der wichtigste Mann für Olaf Scholz: Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt (Bildmitte), bei einer Klausurtagung im August 2019 © dpaIn der Bundesregierung ist er der Verhandlungsführer der A-Seite. Gäbe es das Amt des Vizekanzleramtsministers, es wäre Wolfgang Schmidt.
Wenn es um Konjunkturpakete in der Corona-Krise ging, dann war es Schmidt, bei dem die Fäden zusammen liefen.
Im Wahlkampf muss er sich öffentlich zurückhalten wie er es bisher nicht kannte, zu knifflig ist die Verbindung von Regierungs- und Parteipolitik. Aber im Hintergrund bleibt er der wichtigste Mann des Kandidaten.
Die Pioneers jedenfalls schätzen Schmidts Arbeit und wählen ihn auf den ersten Platz bei den Staatssekretären des Jahres.
Er ist nicht der einzige Sozialdemokrat auf einer Spitzenposition.
Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen als erstes ein?
Wolfgang Schmidt: Das Treffen der Regierungschefinnen und - chefs mit der Kanzlerin und dem Vizekanzler am 12. März als Auftakt einer ganzen Reihe vielstündiger Abstimmungen zwischen den 16 Ländern und dem Bund und das harte Ringen um die richtigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus. Außerdem im Frühjahr die Fahrt ins Ministerium durch eine fast menschenleere Stadt. Da war zu spüren, welche Dimension diese Krise hat.
Was war Ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gerne anders gemacht
Schmidt: Ich hätte gerne mitgeholfen, die zweite Runde der Schließungen und Einschränkungen ab November zu verhindern. Sie ist absolut nötig, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Aber diese Maßnahmen sind gleichzeitig eine unglaubliche Belastung für Beschäftigte, Selbständige, Künstlerinnen und Künstler, Eltern und die vielen alten Menschen. Die Bundesregierung versucht zu helfen, wo es geht. Darum haben auch wir uns im Finanzministerium mit gekümmert. Da haben wir ein tolles Team, die Kolleginnen und Kollegen arbeiten unglaublich und man merkt, wie sehr alle helfen wollen, dass Deutschland, Europa und die Welt so gut es irgendwie geht durch diese Krise kommen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen, aber auch im Kreise der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie mit den Ländern innerhalb kürzester Zeit viele Gesetze und Maßnahmen umgesetzt zu haben gehört zu den positiven Erinnerungen an dieses ansonsten so schwierige Jahr.
Wo steht Wolfgang Schmidt am Ende des nächsten Jahres?
Schmidt: Ach, bin zu lange in der Politik, um langfristig zu planen. Es gilt wie so oft Churchills „a week is a long time in politics“. Vieles wird davon abhängen, wie die Bürgerinnen und Bürger am 26.09. abstimmen.
Auf den zweiten Platz bei den Staatssekretären wählten die Pioneers Juliane Seifert - und damit wiederum eine klassische Politstrategin an der operativen Spitze eines Ministeriums.
Seifert ist seit 2018 Staatssekretärin bei Familienministerin Franziska Giffey (SPD) - der Durchbruch in der Koalition beim Thema Frauenbeteiligung in Dax-Unternehmen ist auch ihr Erfolg.
Bevor die 42-Jährige zu Giffey wechselte, war sie Bundesgeschäftsführerin der SPD - sie kennt den Parteiapparat damit besser als viele andere in Berlin. Ins Willy-Brandt-Haus hatte sie einst die damalige Generalsekretärin Katarina Barley geholt, auch für die SPD-Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, hat Seifert schon gearbeitet.
Seit 2005 verantwortet das SPD-Mitglied Werner Gatzer als Staatssekretär den Bundeshaushalt. Er kennt alle Zahlen und alle Kostenstellen im Etat. Er ist der Spitzenbeamte, mit dem sich Parlamentarier gut stellen, wenn sie Steuerzahlergeld ausgeben wollen.
Nach sechs Jahren ohne neue Schulden - die schwarze Null gilt auch als Erfindung des roten Staatssekretärs - musste Gatzer allerdings in diesem Krisen-Jahr mit knapp 218 Milliarden Euro eine Rekord-Neuverschuldung präsentieren.
Doch dem Optimismus und der guten Laune des Rheinländers tut das keinen Abbruch. Die schwarze Null sei ja kein Selbstzweck gewesen, sondern gerade eben die Voraussetzung dafür, dass der Staat in der Krise nun handlungsfähig sei.
Gatzer ist eine Institution im Finanzministerium, er diente den Finanzministern Theo Waigel (CSU), Oskar Lafontaine, Hans Eichel, Peer Steinbrück (alle SPD), Wolfgang Schäuble (CDU) und nun Olaf Scholz. Alle lobten ihn als verlässlich, seriös, kompetent und umgänglich. Die Pioneers sehen das offenbar ähnlich und wählen Gatzer auf Platz drei.
Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Staatssekretäre
Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmungen von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent
Im Krisenjahr wurde das Finanzministerium zur Bastion der Sozialdemokratie, zur Ideenmaschine für Konjunkturpakete und Wirtschaftshilfen und auch öffentlich spürbar das Nebenkanzleramt.
Davon profitieren in diesem Ranking die wichtigen Olaf-Scholz-Verbündeten Wolfgang Schmidt, der wahre Deputy Minister im Haus und der politisch treuste und fleißigste aller Scholz-Zuarbeiter, und der Haushalts-Profi Werner Gatzer.
Als gut geölte Regierungsmaschine sind die Sozialdemokraten offenbar auch bei den Pioneers bekannt, mit Juliane Seifert und Leonie Gebers rutschen auch die erfahrenen Staatssekretärinnen von Familienministerin Franziska Giffey und Arbeitsminister Hubertus Heil auf den zweiten und vierten Platz.
Den CDU-geführten Ressorts, vor allem dem Bundeswirtschaftsministerium, sollte dies Ergebnis zu denken geben. Der SPD allerdings auch, deren Regierungsarbeit offenbar von vielen geschätzt wird, nur nicht von den eigenen Parteifunktionären.
© ThePioneerWenn man sich in der Bundeswehr umhört, welchen Eindruck die politisch Verantwortlichen auf die Soldaten machen, dann vernimmt man bei einem Namen fast durchgehend Anerkennung, Dankbarkeit und Wertschätzung.
Peter Tauber (CDU) ist in das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium nicht nur hineingewachsen, er hat es geprägt.
Er hat zugehört, diskutiert, verändert und begeistert - und das Herz der Soldatinnen und Soldaten für sich gewonnen. Vor allem hat er etwas geschafft, was im Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs nicht selbstverständlich ist: Er war sichtbar und eigenständig.
© dpaIn seiner Amtszeit hat Tauber zwei überragende politische Projekte angepackt: Zum einen die Umsetzung des Freiwilligendienstes - ein Projekt seiner Chefin im Bendlerblock, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Zum anderen hat er die Beschaffung von Bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr möglich machen wollen.
Im Mai hatte er dabei eine breit angelegte fachliche Debatte im Ministerium geführt, unzählige Gespräche mit Parlamentariern kamen davor und danach dazu, ebenso zahlreiche Veranstaltungen. Tauber, das attestieren ihm selbst Kollegen aus anderen Parteien, hat den Prozess offen und partizipativ geführt - dennoch stimmte die SPD der Beschaffung am Ende nicht zu.
Tauber hat als Staatssekretär Eindruck hinterlassen
Der Hesse aber hat sich eine Menge Respekt erarbeitet. Im kommenden Jahr scheidet er aus dem Bundestag und dem Amt aus. Er hat schon jetzt Eindruck hinterlassen.
Bei den Soldatinnen und Soldaten ohnehin, aber auch bei den Pioneers, die ihn zum Parlamentarischen Staatssekretär des Jahres wählten.
Wenn Sie an 2020 denken, welcher Moment fällt Ihnen als erstes ein?
Peter Tauber: Wenn ich an 2020 denke, dann fällt mir als erstes ein privater Moment ein. Den kann ich nicht teilen. Der bleibt privat.
Was war Ihr persönlich größter Erfolg, was hätten Sie gerne anders gemacht?
Tauber: Mein größter dienstlicher Erfolg ist zweifellos die Umsetzung des Freiwilligen Wehrdienstes im Heimatschutz unter der Überschrift “Dein Jahr für Deutschland”. Das Konzept dafür stammt von der Präsidentin des Personalamtes der Bundeswehr, Frau Grohmann und mir. Ich frage mich auf der anderen Seite, was ich anders hätte machen können, um der SPD das notwendige JA für die Beschaffung einer bewaffneten Drohne für den Schutz der Soldaten im Auslandseinsatz zu erleichtern. Wo steht Peter Tauber am Ende des nächsten Jahres?
Tauber: Ende des nächsten Jahres freue ich mich darüber, dass Johannes Wiegelmann hoffentlich meinen Wahlkreis für die CDU gewonnen hat und ich als normales CDU-Mitglied eine neue berufliche Herausforderung angenommen habe.
Sabine Weiß ist die Stellvertreterin von Bundesgesundheitsministerin Jens Spahn (CDU). Und in dieser Funktion ist die Parlamentarischen Staatssekretärin im Pandemie-Ministerium in diesem Jahr auch eine größere Rolle zugekommen als man denken könnte.
Als der Minister wegen seiner Covid19-Erkrankung ausfiel, musste die Anwältin vom Niederrhein mit der Kanzlerin über die Pflegereform verhandeln und mit den EU-Amtskollegen in englischer Sprache über die Pandemie-Bekämpfung der WHO.
In einem Interview mit der Rheinischen Post gab sie unumwunden zu, wie aufgeregt sie vor den Gesprächen war. Unprätentiös und nahbar ist die CDU-Politikerin, die nach ihrem Jura-Studium Bürgermeisterin der Stadt Dinslaken wurde.
Übrigens gewählt von FDP, Grünen und der CDU. Auch das sagt einiges.
Auch bei den Pioneers ist die 62-Jährige offenbar beliebt. Platz zwei für Sabine Weiß.
Dann und wann sitzt Bettina Hagedorn ganz vorn auf der Regierungsbank im Bundestag - wenn es gilt, ihren Chef Olaf Scholz (SPD) im Parlament zu vertreten. Die 64-jährige Ostholsteinerin ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Allerdings drängt es die SPD-Politikerin nicht ins Rampenlicht.
Dabei tragen viele Vorlagen, die der Haushaltsausschuss des Bundestages aus dem Finanzministerium erhält, Hagedorns Unterschrift - sei es zur Entwicklung einzelner Etatposten, zu Rüstungsprojekten oder zur Umsetzung von Förderprogrammen.
18 Jahre gehört die gelernte Goldschmiedin bereits dem Bundestag an. Sie gilt als faktensicher, fair und fröhlich. Seit 2018 ist sie Parlamentarische Staatssekretärin, plant gemeinsam mit Werner Gatzer den Bundesetat. Geht es nach ihr, will sie das auch nach der Bundestagswahl weiter tun.
Eine Infografik mit dem Titel: Die besten Parlamentarischen Staatssekretäre
Die Rangliste der deutschen Politik, Abstimmungen von 2600 Pioneers, Anteil für Politiker/in in Prozent
Das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs wird in der Berliner Republik gerne spöttisch betrachtet, das sei ein Versorgungsposten für verdiente, aber einflusslose Abgeordnete. Kategorie Grüßaugust. Gerne wird ein altes Bonmot aus Bonner Zeiten zitiert: "Der eine fuhr zur See, der andere wurde Staatssekretär. Von beiden hat man nie wieder etwas gehört."
Doch das Vorurteil trügt, das Ranking zeigt, dass die PSt Einfluss und Autorität genießen können, wenn sie etwas daraus machen. Vor allem Peter Tauber hat im Amt noch zugelegt an Reputation, die Truppe schätzt ihn. Nicht nur im Scheinwerferlicht der politischen Bühnen wird gute Politik gemacht. Manchmal auch dahinter.
Am 28. Dezember veröffentlichen wir hier die besten Kommunikatoren und Sprecher von Regierung, Partei und Fraktion. Seien Sie gespannt!
Wir wünschen Ihnen erholsame und friedliche Weihnachtstage.
Herzlichst,
Ihre