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Unsere Themen heute:
Zwar fließen die Mittel besser ab als gedacht, doch der Digitalpakt Schule hat ein anderes Problem: Die Bildungsungleichheit wird verschärft.
Ende August soll in Berlin ein Treffen von Friedrich Merz mit dem konservativen US-Republikaner Lindsey Graham stattfinden. Warum das die Grünen in Erklärungsnot bringt.
Die CDU möchte ein „Gesellschaftsjahr" einführen und hat dafür zwei Varianten entwickelt. Uns liegen die genauen Pläne vor.
FDP und Grüne sind sich mal einig, beide wollen keine neuen AKW in Deutschland. Warum Unionsfraktionsvize Jens Spahn dennoch fordert, endlich mit den Streitereien aufzuhören.
Das Selfie kommt von einem ehemaligen stellvertretenden Regierungssprecher, der heute als Unterabteilungsleiter im Familienministerium tätig ist.
Digitalpakt Schule: Der Mittelabfluss ist nicht das Problem
Das Zwischenfazit von Jens Brandenburg (FDP) überrascht: Knapp die Hälfte der 5 Milliarden Euro aus dem sogenannten Basis-Digitalpakt seien bis Ende des vergangenen Jahres bereits bewilligt worden.
„Das ist die Marke, die man sich zu Beginn des Digitalpakts vorgenommen hatte", bestätigte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium gegenüber unserem Kollegen Maximilian Stascheit.
Dr. Jens Brandenburg (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung © imagoBislang kursierte in den Medien lediglich der Stand, dass erst ein Fünftel der zur Verfügung stehenden Mittel abgeflossen sei. Die Zahl ist zwar nicht falsch, zeigt aber nicht das ganze Bild. Denn der Grund für den langsamen Mittelabfluss liegt vor allem in dem komplizierten und langwierigen Beantragungsverfahren.
Um Tablets anzuschaffen und WLAN-Netze auszubauen, müssen zunächst Konzepte erarbeitet und genehmigt werden und die Kommunen in Vorleistung treten. Erst wenn alle Rechnungen vorliegen, fließt das Geld durch den Bund ab.
© dpaDoch die Probleme des Digitalpakts liegen an anderen Stellen.
Das Antragsverfahren ist besonders für kleine Schulen und Schulträger zu kompliziert.
„Die Schulen müssen sich mit endlos langen Fragebögen und Projektbeschreibungen auseinandersetzen, um die Mittel beantragen zu können. Und diese Anträge werden dann auf regionaler Ebene von Stellen begutachtet, die oft größte Mühe haben, diese Projekte sachverständig zu beurteilen", kritisiert Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom.
Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer Bitkom e.V. © dpaDas hat zur Folge, dass vor allem ohnehin privilegierte Schulen vom Digitalpakt profitieren. Denn digitale Endgeräte können nur dort eingesetzt werden, wo bereits ein WLAN-Netz vorhanden ist. Und ob die sogenannten Medienentwicklungspläne geschrieben und Anträge gestellt werden, hängt oftmals vom Engagement einzelner Lehrkräfte ab.
Der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, sieht darin eine große Gefahr: „Wenn eine Schule die Möglichkeit hat, die Schülerinnen und Schüler durch den Einsatz digitaler Geräte zu fördern, während eine andere Schule das nicht hat, verschärft sich dadurch die Bildungsungerechtigkeit weiter", sagte er uns.
Udo Beckmann, Bundesvorsitzender Verband Bildung & Erziehung (VBE) © dpaWie unsere Recherchen zeigen, brauchen die Schulen vor allem mehr Expertise bei der digitalen Aufrüstung und finanzielle Planungssicherheit, damit sich in einigen Jahren nicht der Elektroschrott stapelt. Den ausführlichen Bericht des Kollegen lesen Sie hier.
Treffen von Merz und Graham bringt Grüne in Bedrängnis
Ein Treffen von Friedrich Merz (CDU) mit dem konservativen US-Republikaner Lindsey Graham Ende August in Berlin bringt die Grünen in Erklärungsnot. Die beiden Politiker treffen in einer Diskussionsrunde aufeinander, die auch vom rechtskonservativen Medium The Republic organisiert wird.
Außerdem kommen der umstrittene Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der Publizist Henryk Broder und der US-Trump-Unterstützer Grover Norquist zu Wort.
Für die Grünen ist der Ort der Veranstaltung problematisch. Sie soll in der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Berlin stattfinden.
Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Martina Renner, sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler, es sei „politisch bizarr“, dass die grün geführte Landesregierung „einer Veranstaltung Raum gibt, die mit einem fanatischen Abtreibungsgegner und einem homophoben Republikaner bestückt ist".
Dem „Vormarsch der autoritären Rechten ist nur zu begegnen, wenn man dazu auch eine Haltung hat“, sagt sie.
Martina Renner © dpaDer baden-württembergische Bevollmächtigte beim Bund, Rudi Hoogvliet, verteidigt das Vorgehen seines Hauses. Hoogvliet sagte uns, dass die Landesvertretung „freizügig sei“, wen sie ins Haus lasse:
Grundsätzlich gilt, wir befürworten, wenn unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen.
Der baden-württembergische Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz lenkt den Blick lieber auf Merz: Der CDU-Chef müsse gegenüber Graham „für eine liberale, demokratische und fortschrittliche Gesellschaft" eintreten und dürfe „nicht die rhetorische Umarmung mit Reaktionären" suchen.
Merz trifft Graham © screenshotCDU: Gesellschaftsjahr soll Integration verstärken
Die Befürworter eines Gesellschaftsjahrs für Schulabgängerinnen und -abgänger in der CDU argumentieren mit einem erheblichen Beitrag eines solchen Dienstes für die Integration der Zuwanderer.
„Insbesondere mit Blick auf Menschen mit Migrationsgeschichte sehen wir das Gesellschaftsjahr als eine Einladung zu gegenseitiger Solidarität von Eingewanderten und Aufnahmegesellschaft", heißt es in dem Entwurf für einen Initiativantrag zum Bundesparteitag.
Der Antrag mit dem Titel „Gesellschaftsjahr: Ein Dienst für den Einzelnen und für Deutschland" wird unter anderem von CDU-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, dem rheinland-pfälzischen CDU-Chef Christian Baldauf, den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Silvia Breher und Carsten Linnemann, den Bundestagsabgeordneten Serap Güler, Tilman Kuban, Roderich Kiesewetter, Mario Voigt und Philipp Amthor eingebracht.
Dem Parteitag sollen zwei Varianten zur Abstimmung vorgelegt werden.
Ein „verpflichtendes Gesellschaftsjahr", das direkt nach Schule oder Ausbildung und dem Vollzug des 18. Lebensjahres beginnen soll und für das eine Verfassungsänderung angestrebt wird. Der Dienst kann bei Bundeswehr oder THW, Rettungs- und Sozialdiensten, Natur- und Kulturverbänden, im Sport oder bei Hilfseinrichtungen im Ausland abgeleistet werden.
Ein freiwilliges Gesellschaftsjahr, für das der Staat einen Rechtsanspruch formuliert und mit den Trägern ein breites Angebot organisiert. Der Dienst wird vergütet, es soll finanzielle Vorteile etwa bei der Studienvergabe geben.
Grüne und FDP sagen Nein zu neuen AKW
Trotz aller Unterschiede in Atomfragen scheinen sich Grüne und FDP einig zu sein, keine neuen AKW in Deutschland zulassen zu wollen.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte unserem Kollegen Thorsten Denkler, es sei eine „schlechte Idee", mit „veralteter, überteuerter Technologie die Zukunft gestalten zu wollen". Atomkraft "schwächt uns auch im internationalen Wettbewerb". Die Zukunftsfähigkeit des Landes entscheide sich mit dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren, „nicht in Phantomdebatten der Vergangenheit“.
Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse sagte uns, der Weiterbetrieb der deutschen AKW sei zwar „aus Gründen der Versorgungssicherheit unumgänglich". Außerdem sollte der Rückbau der drei Ende 2021 vom Netz gegangenen AKW gestoppt werden, um weitere Kapazitäten in Reserve zu halten. Zusammen aber würde das „die Grundlast ausreichend stützen, bis genügend Erneuerbare zur Verfügung stehen“.
Am Wochenende hatte sich der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, für den Bau neuer AKW ausgesprochen.
Wir müssen aber auch eine Debatte über den Bau von neuen Atomkraftwerken führen.
Union-Fraktionsvize Jens Spahn fordert ein Ende des grün-gelben Atom-Streits. „Jeden Tag neuer Streit, nur Entscheidungen gibt es keine", sagte uns Spahn. „Der Wirtschaftsminister sollte seine AKW-Blockade aufgeben. Denn der Finanzminister hat Recht: Wir brauchen den Strom im Winter dringend. Das weiter zu leugnen ist fahrlässig."
Baerbock lädt zum Gegenbesuch
Nach dem Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in der Türkei ist trotz bestehender Spannungen ein Gegenbesuch geplant. Dies erfuhren wir aus dem Hause der Ministerin. Mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu war es bei der Pressekonferenz am Samstag in Istanbul zu einem offen ausgetragenen Streit über zahlreiche politische Themen gekommen.
In der internen Besprechung hatte Çavuşoğlu Baerbock unter anderem eine Liste mit einer zweistelligen Anzahl an Personen überreicht, die in seiner Wahrnehmung kurdische Terroristen seien, erfuhren wir. Auch Fotos von Demonstrationen aus deutschen Städten waren dokumentiert.
Mehr über den ersten Teil der Reise lesen Sie hier:
Bundeswehr übernimmt Luftraumkontrolle im Baltikum
Deutsches Kampfflugzeug vom Typ Eurofighter © dpaDeutschland übernimmt ab heute den Auftrag des Air Policings für das Baltikum in Estland. Hierzu sind am Standort im estnischen Ämari derzeit 129 Soldatinnen und Soldaten in Vorbereitung, wie wir einem aktuellen Bundeswehrbericht entnehmen können, der uns vorliegt.
Die Mission des Nato Baltic Air Policing gewährleistet den Schutz des gesamten baltischen Luftraums. Estland, Lettland und Litauen verfügen selbst bisher nicht über die Mittel, die Integrität des Luftraums über ihren Territorien sicherzustellen.
Julia Berndt ist neue MIT-Sprecherin
Zum 1. August hat Juliane Berndt (46) die Leitung der Kommunikation der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) übernommen.
Sie ist zugleich Chefin vom Dienst beim Mittelstandsmagazin.
Die promovierte Historikerin war zuletzt Pressesprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und startete ihre journalistische Karriere bei der BZ. Sie folgt auf Hubertus Struck (33), der in das Bundestagsbüro des früheren MIT-Bundesvorsitzenden Carsten Linnemann wechselt.
Unmittelbar nach ihrem Sommerurlaub in Südfrankreich startet Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) heute ihre Sommertour. Im Mittelpunkt der geplanten Firmenbesuche und Gespräche sollen die Themen Wirtschaftsentwicklung, Energie und Digitalisierung stehen.
Auf ihrer ersten Etappe besucht die Regierungschefin am Montag zwei strukturbestimmende Firmen im Landkreis Ludwigslust-Parchim, die Metallbauunternehmen Dockweiler AG in Neustadt-Glewe und die Hydraulik Nord Technologies GmbH in Parchim. Beide Betriebe könnten nach Meinung Schwesigs künftig eine noch größere Rolle beim Ausbau der Wasserstofftechnologie und der Anwendung neuer Antriebssysteme spielen.
Auf - Andrea Nahles. Die ehemalige Arbeitsministerin und SPD-Vorsitzende ist ab heute offiziell zurück auf der politischen Bühne und übernimmt den Vorstandsvorsitz der Bundesagentur für Arbeit. Zuletzt hatte sie als Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation einen, naja, eher Versorgungsposten inne. Nun kehrt sie zurück ins Rampenlicht. Unsere Aufsteigerin!
Ab - Mevlüt Çavuşoğlu. Da hatte Außenministerin Annalena Baerbock einen wunden Punkt erwischt: Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem türkischen Amtskollegen sprach sie unter anderem die Inhaftierung des Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala an: Çavuşoğlu reagierte dünnhäutig, verdrehte Fakten und warf Baerbock Instrumentalisierung vor. Absteiger!
„Es wird nicht gratis für uns alle sein, die Freiheit zu verteidigen", schreibt Welt-Chefredakteurin Jennifer Wilton in ihrem Kommentar. Wladimir Putin wisse genau, dass er den Krieg nicht nur mit Soldaten und Bomben, sondern auch mit Rohstoffen führen könne. Die spontane Anteilnahme und die Forderungen nach einem kompletten Gas-Embargo in den ersten Tagen des Krieges seien „gratis" gewesen. Dabei werde es jedoch nicht bleiben. „Womöglich wird man die schon sprichwörtlichen Pullover bereithalten müssen und mehr", schreibt sie. Das alles aber bleibe wenig „verglichen mit dem, was Menschen in der Ukraine erleiden – und mit dem, was vielen weiteren droht, wenn wir jetzt klein beigeben." Lesenswert!
Die neue Anti-Fragmentierungs-Politik der Europäischen Zentralbank soll den überschuldeten Südländern helfen, gefährdet aber vor allem die Stabilität in der Eurozone. Die EZB rutscht immer mehr in die Fiskalpolitik. Pioneer-Chefökonom Prof. Lars Feld kritisiert dies in der neuen Folge des Podcasts Feld & Haucap.
Heute gratulieren wir herzlich:
Reinhard Brandl, CSU-Bundestagsabgeordneter, 45
Jens Teschke, Senior Berater SKM Consultants, 54
Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister, 45
Rena Lehmann, Hauptstadt-Korrespondentin der NOZ, 45
Johannes Wagner, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 31
Nicolas Zippelius, CDU-Bundestagsabgeordneter, 35
Die massive Unkultur, sich politisch wie privat immer härter und kompromissloser über das falsche Leben oder die falsche Haltung der anderen zu empören, treibt mich um.
Christoph Steegmans, 51, war über viele Jahre tätig in politischen Sprecherfunktionen, unter anderem 2009 bis 2011 als stellvertretender Regierungssprecher mit Zuordnung zum damaligen FDP-Vizekanzler Guido Westerwelle. Steegmans, der heute Unterabteilungsleiter im Familienministerium ist, sagt, er habe „unser politisches System immer sehr gemocht und will nicht, dass wir in den USA vorbesichtigen können, wie wir in fünf Jahren sein werden."
Vielleicht sehen wir ihn sogar bald wieder auf der Berliner Bühne. Steegmans: „Womöglich deshalb juckt‘s mich, noch mal richtig mitzumischen.“
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre