Rechnungsprüfer kritisieren Merkels Schuldenpolitik

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© ThePioneer/Henning Schmitter

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One. Schön, dass Sie wieder dabei sind!

Unsere Themen heute:

  • Die Regierung bekommt eine kräftige Rüge vom Bundesrechnungshof. Und zwar für das Konjunkturpaket und die hohe Neuverschuldung.

  • Kanzlerin Angela Merkel warnt vor regionalen Corona-Ausbrüchen - und hat besonders die Partyszene in Berlin im Blick.

  • Er bezeichnete die Corona-Krise als "Fehlalarm" und wurde dafür suspendiert. Stephan Kohn war Spitzenbeamter bei Innenminister Horst Seehofer (CSU) und kämpft nun mit einem Anwalt der Linkspartei gegen seinen Rauswurf.

Kritik an Mehrwertsteuersenkung und Rekord-Neuverschuldung

Unmittelbar vor Verabschiedung des Konjunkturprogramms stößt die geplante, befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf scharfen Widerspruch des Bundesrechnungshofes. „Mit der Absenkung des Umsatzsteuersatzes beabsichtigt die Bundesregierung, die Kaufkraft der Verbraucher zu stärken”, heißt es in einer Stellungnahme der Bonner Behörde, die ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt.

„Die Umsatzeinbußen der letzten Monate wurden jedoch nicht allein durch einen Nachfragerückgang, sondern auch durch eine - der Krise geschuldeten - staatlich verordneten Angebotsverkürzung verursacht. Private Haushalte haben also zum Teil ungewollt mehr gespart und dürften - sobald die Pandemielage es zulässt - ohnehin mehr konsumieren.“

Ob die Steuersenkung zu einem spürbar höheren Konsum beitrage, sei deshalb fraglich: „Zudem ist unklar, ob die Steuersenkung von den Unternehmen überhaupt in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben wird.”

Das Papier ist für eine Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestages an diesem Montag bestimmt. Der Rechnungshof argumentiert, die Absenkung trage zwar auch dazu bei, „dass die Unternehmen ihre Gewinne steigern und so die Ausnahmesituation besser überbrücken können".

© dpa

Die Prüfer warnen aber vor Trittbrettfahrern. Der Bund könne die Unternehmen durch direkte Hilfen jedoch zielgenauer und mit weniger Mitteleinsatz unterstützen: „Es werden in starkem Umfang Unternehmenszweige profitieren, die von der Krise nicht betroffen sind oder sogar ihre Umsätze krisenbedingt steigern konnten.” Als Beispiele werden in dem Bericht Internet-Handel, IT-Branche, Großdiscounter, Medizinprodukte, Fahrradhandel genannt. Es drohten „erhebliche Mitnahmeeffekte”. Als indirekte Förderung der Wirtschaft sei die Maßnahme „wenig zielgenau”.

Geht es nach dem Bundesrechnungshof, hätte das Konjunkturpaket, dessen Volumen sich auf 130 Milliarden Euro beläuft, geringer ausfallen können. Laut Bericht wird ein nicht unerheblicher Teil der jetzt „ins Schaufenster gestellten“ investiven Mittel dort zunächst verbleiben. Der für 2020/2021 erhoffte konjunkturelle Effekt kann dann nicht eintreten.

Manches erscheint überdimensioniert

Bundesrechnungshof

Kritisch sieht der Rechnungshof auch die Rekord-Neuverschuldung. „Die Umsetzung des Konjunkturpakets mag in Teilen dazu geeignet sein, die gesamtwirtschaftliche Erholung zu fördern. Allerdings erscheint manches überdimensioniert”, heißt es. Ausdrücklich stellt der Rechnungshof die geplante Nettokreditaufnahme von 218,5 Milliarden Euro in Frage. Eindringlich wird der Bund gewarnt, sich zum jetzigen Zeitpunkt bei der Verschuldung zu übernehmen: „Die Corona-Krise erfordert möglicherweise weitere Hilfs- und Stützungsmaßnahmen."

Der Rechnungshof rät dazu, die Neuverschuldung zu senken. Dies sei "rechtlich angezeigt" und "finanzwirtschaftlich möglich". Die Kreditaufnahme falle deshalb so hoch aus, da die Bundesregierung die aus Überschüssen der Haushalte 2015 bis 2019 angesparte Rücklage von 48,2 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt 2021 „auf Vorrat“ halten möchte.

Laut Bericht wäre sogar ein Verzicht auf einen weiteren Beschluss des Bundestages möglich, mit dem erneut eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt und die Schuldenregel ausgesetzt bleiben würde. Der Bundesrechnungshof nennt hierfür drei Voraussetzungen: Ein Komplett-Abbau der Rücklage, der Verzicht auf "die ökonomisch umstrittene temporäre Absenkung der Umsatzsteuer" sowie eine stärke Beteiligung der Länder an den Kosten des Konjunkturpakets.

1. Corona: Merkel warnt vor Laissez-faire in Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich besorgt über die Lockerheit der Berliner bei den Corona-Kontaktbeschränkungen geäußert. Viele Menschen in der Hauptstadt nähmen das Virus offenbar nicht mehr Ernst, wie die zahlreichen Versammlungen und Gruppen in den Parks zeigten, soll Merkel in einer Runde mit Unionspolitikern vergangene Woche gesagt haben. Manch ein Teilnehmer der Runde erkannte in den Worten der Kanzlerin auch eine Kritik am Berliner Senat, der die Corona-Regeln in der Stadt zu lasch kontrolliere. Die Kanzlerin mahnte ihre Parteifreunde, die Pandemie ernst zu nehmen, die Gefahr sei nicht gebannt.

Angela Merkel bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt nach einer EU-Videokonferenz. © dpa

Die Regierungschefin wandte sich in ähnlichen Worten auch in ihrem Video-Podcast an die Bevölkerung. "Nehmen Sie es ernst, denn es ist ernst", sagte Merkel zum Corona-Virus und erinnerte dabei an ihren Satz vom März. "Wir vergessen es leicht, da wir gut durch die Krise gekommen sind. Das heißt aber nicht, dass wir geschützt sind." Merkel mahnte, dass ein Mund-Nasen-Schutz, regelmäßiges Händewaschen und Mindestabstand weiter wichtig blieben.

Auch im Kanzleramt gelten weiterhin Kontaktbeschränkungen, Besuche lehnen die Referenten und Abteilungsleiter meist ab, wie unlängst ein Gesprächspartner erfahren durfte. Man könne sich aber gerne zu einem "Corona-Spaziergang" treffen, beschied der hochrangige Beamte dem Gast. Die Vorbesprechungen zum Kabinett hält Merkel weiterhin als Videokonferenz ab, nur die vergangene Kabinettssitzung wurde erstmals wieder physisch, aber mit Abstand, durchgeführt.

2. Schienen-Gipfel bei Scheuer: Milliarden-Versprechen für „Deutschland-Takt“

Der Bund plant für die nächsten Jahren eine deutliche Erhöhung der Investitionen in den Neu- und Ausbau von Bahnstrecken. So soll erreicht werden, dass die Zahl der Fahrgäste im Fernverkehr bis zum Ende des Jahrzehnts auf 260 Millionen jährlich steigt, mehr Güter auf der Schiene transportiert werden und der Übergang zum so genanten „Deutschland-Takt“ bis zum Ende des Jahrzehnts gelingt.

Das geht aus dem „Masterplan Schienenverkehr“ hervor, der uns vorliegt. Das Konzept soll bei einem Bahngipfel am Dienstag mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Vertretern von Branche und Industrie unterzeichnet werden.

Andreas Scheuer mit Pioneer-One-Kapitän Manuel und Bootsmann Michael Hollatz. © Anne Hufnagl

Hinter der Zusage verbirgt sich mindestens eine Verdopplung der Investitionen ins Netz. Aktuell stehen gut 1,5 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung. „Ein Hochlauf der Bedarfsplanmittel auf mindestens drei Milliarden Euro pro Jahr mittelfristig, auf vier Milliarden Euro pro Jahr bis Ende des Jahrzehnts und bedarfsgerechte Fortführung des Hochlaufs in den Folgejahren ist erforderlich“, heißt es im Entwurf. Gemessen an den Pro-Kopf-Investitionen lag Deutschland zuletzt in einem von der „Allianz pro Schiene“ erstellten Ranking der zehn führenden Volkswirtschaften Europas auf dem drittletzten Platz.

Der "Deutschland-Takt" kommt

Mit „Deutschland-Takt“ ist ein bundesweit abgestimmter Fahrplan gemeint. Alle 30 Minuten soll auf den wichtigsten Strecken des Fernverkehrsnetzes ein Zug fahren, der Regionalverkehr würde daran angepasst. Das Ziel: Reibungsloses Umsteigen, weniger Frust bei Verspätungen sowie mehr Städte mit Anbindungen an den Fernverkehr. Die Einführung soll voraussichtlich 2022 beginnen.

Unter anderem als Folge der Corona-Krise hatte sich bei der Bahn eine Finanzlücke in zweitstelliger Milliardenhöhe aufgetan. Der Bund hilft als Eigentümer nun mit einer Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro. Dass Verkehrsminister Scheuer nun an den Zielen zum Ausbau des Schienennetzes aus der Vor-Krisen-Zeit festhält und den Anteil der Schiene am Güterverkehr von heute 19 auf 25 Prozent im Jahr 2030 erhöhen will, wird in der Bahn-Branche als Festlegung gewertet, hinter der niemand mehr zurück kann - wer auch immer dem CSU-Mann im Verkehrsressort nachfolgt.

3. Altmaier hilft Verlegern beim Leistungsschutzrecht

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) droht mit einem Veto des Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts, sollten nicht wesentliche Korrekturen zugunsten der Verleger vorgenommen werden. Das geht aus einem Brief des Ministeriums an Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hervor, der uns vorliegt.

Demnach sollen die Urheber, also die Autoren und Journalisten, nicht wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen, mindestens zu einem Drittel an den Einnahmen der Verleger beteiligt werden. "Um die Privatautonomie der Parteien nicht zu beschränken, sollte auf eine Mindestquote verzichtet werden", heißt es in dem Brief. Auch dürfe die Höhe der Verlegerbeteiligung nicht gedeckelt werden, wie im Entwurf vorgesehen. Zugunsten der Selbstverwaltung der Verwertungsgesellschaften (beispielsweise VG Wort, GEMA) solle darauf verzichtet werden. Bei den Punkten handele es sich um "rote Linien", betont das Ministerium in dem Brief.

Presseverlegern stand in Deutschland seit 2013 ein Leistungsschutzrecht zu, um den Zugriff von Suchmaschinen und Online-Dienste auf Inhalte der Verlage zu erschweren. Dagegen machten Digital-Experten, Wissenschaftler und in einer Petition vier Millionen Menschen mobil. Der Europäische Gerichtshof kassierte 2019 das deutsche Gesetz. Nun muss Deutschland die EU-Vorgaben bis Juni 2021 in einer neuen Reform umsetzen.

4. Wirtschaft warnt vor Scheitern von Nord Stream 2

Die deutsche Wirtschaft warnt vor einen Scheitern des umstrittenen Pipeline-Projekts Nord Stream 2. „Getroffen würden letztlich alle deutschen Unternehmen”, heißt es in einer Stellungnahme von Volker Treier, Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Das Papier, das uns vorliegt, soll im Wirtschaftsausschuss des Bundestages am Mittwoch beraten werden. „Ein Scheitern des Projektes wäre nicht nur zum Nachteil der am Projekt beteiligten Firmen.“

Bau der North Stream Pipeline 2010 in der Ostsee © dpa

Laut DIHK ist die Pipeline positiv für die EU und damit für eine sichere und preisgünstige Versorgung der Unternehmen mit Gas. „Europa wird künftig deutlich mehr Gasimporte aus verschiedenen Quellen benötigen. Hintergrund ist, dass die Gasförderung in Europa rapide sinkt, während der Bedarf bei Industrie und Haushalten zumindest mittelfristig stabil bleibt”, heißt es in der Stellungnahme. Gas werde künftig aus Klimaschutzgründen auch für die Versorgungssicherheit im Stromsektor eine zentrale Rolle zukommen.

"Sanktionen könnten Dutzende Unternehmen treffen"

Der DIHK beklagt die Wucht der nun geplanten zusätzlichen US-Sanktionen. Diese könnten "Dutzende von deutschen und europäischen Unternehmen treffen”. Nicht mehr nur die Eigner der am Projekt beteiligten Pipeline- Verlegeschiffe würden nun mit Sanktionen bedroht, sondern alle Unternehmen und Personen, die zur Ausrüstung der Schiffe beitragen oder in irgendeiner anderen Form an Verlegearbeiten beteiligt sind, einschließlich Versicherungsunternehmen, IT-Dienstleistern und Zertifizierern: „Dies ist nur das jüngste Beispiel für Eingriffe der USA in die Souveränität deutscher und europäischer Entscheidungen mittels exterritorialer Sanktionen.

5. Bartels warnt vor Scheitern im Sahel

Der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels, hat mehr Anstrengungen der Politik im Sahel gefordert. "Schon vor einem Jahr hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gemeinsam festgestellt, dass dieser afrikanische Krisenherd zusätzliche europäische Anstrengungen erfordert“, schreibt Bartels in seiner Kolumne Situation Room für The Pioneer. "Aber außer ein paar hundert zusätzlichen europäischen Soldaten und kostenlosen Aufrufen zu ,good governance' und ,local ownership' kam nichts Zusätzliches, das wirksam wäre."

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Bartels warnt vor einem Abdriften der Länder im Sahel: „Alle messbaren Erfolgsindikatoren zeigen eine negative Entwicklung: mehr Anschläge und Überfälle, mehr Tote, mehr Vertriebene, weniger Wirtschaftskraft, weniger Vertrauen in Staat und internationale Helfer, weniger Hoffnung“, so der SPD-Politiker. "Nichts ist wirklich gut durchdacht und koordiniert."

Lesen Sie hier die gesamte Kolumne - und was nun getan werden muss.

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Union und SPD wollen angesichts der Corona-Pandemie Unterstützung für finanzschwächere Sportligen erreichen. Das geht aus einem Antragsentwurf der Sportpolitiker der großen Koalition hervor, der uns vorliegt.

Es geht um Basketball-, Handball-, Eishockey- und Volleyballclubs in der 1. und 2. Liga, deren Einnahmen vor allem auf dem Ticketverkauf beruhen.

"Durch das voraussichtlich noch für viele Monate andauernde Verbot größerer Zuschauer-Veranstaltungen, fällt für diese Vereine die Geschäftsgrundlage - als deren Produkt - vollständig weg", heißt es in dem Antragsentwurf. Die Sportpolitiker der Koalition fordern die Bundesregierung auf, bei den im Zuge des Konjunkturpakets geplanten Überbrückungshilfen klarzustellen, dass diese auch für diese Vereine bestimmt sind. Außerdem müsse es ab September, wenn die Überbrückungshilfen ausgelaufen sind, ein Anschlussprogramm für diese Clubs geben, "da die wirtschaftlichen Probleme für die betroffenen Vereine und Ligen dann noch stärker zum Tragen kommen".

Eine Konferenz zur Zukunft der Marktwirtschaft als Geburtstagsgeschenk. FDP-Partei- und Fraktionschef Christian Lindner lädt an diesem Montagnachmittag um 14 Uhr zu einer prominent besetzten Diskussionsrunde über "ein marktwirtschaftliches und stabiles Europa". Anlass ist der 75. Geburtstag von Bundeswirtschaftsminister a.D. und Ex-FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle.

Dabei sind neben Lindner und Brüderle auch die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Mit Brüderle als Spitzenkandidat und Fraktionschef war die FDP 2013 aus dem Bundestag ausgeschieden. Die Diskussionsrunde wird ab 14 Uhr hier live übertragen.

Auf und Ab mit Buhrow und Schäffler  © ThePioneer

Auf - Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler ist Überzeugungstäter und liegt deshalb gerne mal quer zur Parteilinie. In der Griechenland-Krise 2010 stand er kritisch der eigenen schwarz-gelben Regierungspolitik gegenüber, trat als Obmann im Ausschuss zurück und stimmte gegen die Rettungspakete. Der Liberale aus Ostwestfalen erzwang gegen die Parteiführung einen Mitgliederentscheid zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), den er verlor. Als Finanzexperte ist Schäffler anerkannt, und er legt beim Wirecard-Skandal den Finger in die Wunde. Wie konnten die Bilanztricks den Prüfern der staatlichen Bafin nicht auffallen? Schäffler hat das Thema auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung des Verwaltungsrats gesetzt und will einen Untersuchungsausschuss anregen. Richtig so. Ein Interview mit dem FDP-Politiker können Sie hier im Morning Briefing-Podcast von Gabor Steingart hören.

Ab - Acht Milliarden Euro haben die deutschen Haushalte im vergangenen Jahr an Rundfunkgebühren gezahlt, drei Milliarden Euro wollen die öffentlich-rechtlichen Sender von 2021 bis 2024 insgesamt mehr, um ihren Grundversorgungsauftrag zu erfüllen. Brauchen wir in digitalen Zeiten, wo im Netz alles zu jedem Thema abrufbar ist, 18 Fernseh- und 67 Radioprogramme alleine in der ARD? Ist das wirklich alles unverzichtbar? Tom Buhrow, der neue ARD-Vorsitzende, meint ja. "Die Leute lieben das, was wir machen, und zwar alles", sagte Buhrow nun in einem Interview der Mitteldeutschen Zeitung. Musikantenstadl, Fußball-Bundesliga, Soaps, alles unverzichtbar. Bei so viel Hybris gibt's ein Ab von uns.

Unsere Leseempfehlungen für heute:

Angela Merkel hat seit Beginn der Corona-Pandemie keine Zeitungsinterviews mehr gegeben. Jetzt hat sie Fragen von Daniel Brössler und Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung zum Start der deutschen Ratspräsidentschaft in der EU beantwortet. Die Kanzlerin klingt zurückhaltend. "Der Ton ist international zurzeit rau", sagt sie. Nach der Finanzkrise 2008 hätten die Staats- und Regierungschefs eine sehr geschlossene Antwort gegeben. "Das ist heute nicht der Fall. Heute müssen wir alles daransetzen, nicht in Protektionismus zu verfallen. Wenn Europa gehört werden will, muss es ein gutes Beispiel abgeben." Die Corona-Pandemie stelle die Staaten vor "eine Herausforderung beispiellosen Ausmaßes. Sie ist unverschuldet über alle gekommen", sagt Merkel. "Zum einen reißt sie uns heraus aus einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in allen EU-Mitgliedsstaaten. Zum anderen geht sie einher mit den beiden großen disruptiven Phänomenen unserer Zeit, Klimawandel und Digitalisierung." Lesenswertes Interview!

Die Gewaltausbrüche vieler Jugendlicher in Stuttgart machen fassungslos, Politiker und Wissenschaftler zerbrechen sich seither den Kopf, warum die Lage so eskalieren konnte. Einer, der sich mit Gewalt von jungen Menschen seit Jahrzehnten beschäftigt, ist Ahmet Toprak, Professor für Pädagogik an der Technischen Universität Dortmund. In seinem Gastbeitrag für die Zeit beschreibt er, welche Faktoren Jugendliche gewalttätig werden lassen. Erkenntnisreich!

Wir gratulieren zum Geburtstag:

Ferdinand Dudenhöffer, Auto-Experte, Professor für Verkehrswissenschaften, 69

Fritz Kuhn, Grünen-Politiker, Oberbürgermeister in Stuttgart, 65

Dieter Althaus, früher Ministerpräsident in Thüringen, 62

Hildegard Müller, Chefin des Automobilverbands VDA, 53

Giorgio Napolitano, Von 2006 bis 2015 Italiens Staatspräsident, 95

Der Anfang Mai von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) suspendierte Oberregierungsrat Stephan Kohn will sich juristisch gegen die Freistellung und das angestrengte Disziplinarverfahren wehren. Als Anwalt hat der Beamte den früheren Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi engagiert, erfuhren wir im Innenministerium. Kohn sei zuversichtlich, dass die Suspendierung rechtswidrig gewesen sei.

Hintergrund: Anfang Mai hatte der Beamte ein brisantes Papier verfasst, in dem er das Krisenmanagement der Regierung kritisiert. Die Maßnahmen seien gefährlich für Wirtschaft und Gesellschaft und die Corona-Krise ein "Fehlalarm". Kohn hält die Pandemie für vergleichbar mit einer "normalen Grippewelle". Das über 80-seitige Dokument schickte er an seinen Abteilungsleiter, an den Staatssekretär, das Corona-Kabinett und Vertreter der Länder. Kohn spricht auch mit dem persönlichen Referenten von Horst Seehofer, einen Termin mit dem Minister bekommt er aber nicht. Die Reaktion ist verheerend. Seehofer lässt öffentlich erklären, dass die Position nicht die des Hauses sei und Kohn nicht in offiziellem Auftrag gehandelt habe. Das Ministerium suspendiert den Beamten und strengt ein Disziplinarverfahren gegen ihn wegen der Weitergabe von Informationen an. Nun hat all das ein juristisches Nachspiel.

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Ein bekannter politischer Journalist verlässt die Medienbranche - und heuert als Cheflobbyist beim US-Kommunikationsriesen AT&T an. Michael Kolz, 49 Jahre alt, bisher stellvertretender Programmgeschäftsführer (ZDF) und langjähriger Moderator von Phoenix, wechselt am 1. August als Executive Director auf den neu geschaffenen Posten des Head of External & Regulatory Affairs Germany, Austria and Switzerland. Er koordiniert und verantwortet vorrangig aus Berlin die Regierungsangelegenheiten für alle Geschäftsfelder von AT&T (inklusive WarnerMedia) in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Michael Kolz  © Phoenix

Kolz ist für viele Parteigänger das prominente Gesicht bei Live-Übertragungen von Bundesparteitagen. Nach mehr als 20 Jahren beim Ereignis- und Dokumentationskanal geht der gebürtige Hamburger nun neue berufliche Wege bei dem milliardenschweren US-Konzern, der sein Europageschäft ausbauen will. Den USA ist Kolz seit vielen Jahren eng verbunden, der Journalist war Young Leader der Atlantikbrücke und Stipendiat des deutsch-amerikanischen Arthur F. Burns-Journalistenprogramms.

Katharina Schulze © ThePioneerIhre Informationen für uns © Media Pioneer

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