Schäuble greift durch

Teilen
Merken
© ThePioneer

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Im Bundestag gilt ab heute eine strenge Maskenpflicht. Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat lange gezögert - nun ist Berlin-Mitte Corona-Risikogebiet und er muss durchgreifen.

  • Corona - das war im Mai der Grund, ein riesiges Hilfspaket für die Bahn zu schnüren. Doch nun schaltet sich der Rechnungshof ein - und warnt davor, die vereinbarten Steuer-Milliarden freizugeben.

  • Erste Details zum Home-Office-Gesetz von Hubertus Heil liegen vor, die Union kündigt Widerstand an.

Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) musste handeln. Und zwar schnell. Der Bundestag liegt im Berliner Bezirk Mitte, der seit Ende vergangener Woche Corona-Risikogebiet ist. Und Laissez-faire beim Infektionsschutz passt nun wirklich nicht zur Vorbildfunktion der Volksvertreter.

Schäuble bat also am Montag die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Bundestagsfraktionen zu sich - für eine wichtige Mitteilung. Ab diesem Dienstag gilt in allen Räumlichkeiten des Bundestages eine allgemeine Maskenpflicht. Auch im Plenarsaal. Befristet ist die Anordnung erst einmal bis zum 17. Januar.

Bislang hatte es Schäuble bei Appellen und Empfehlungen belassen, nun schaltet er um.

Die bisherige dringende Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Bundestag sei "nicht überall beachtet" worden, heißt es in einer Mitteilung des Parlamentspräsidenten. Ausnahmen gelten nur für Hörgeschädigte, zu Identifikationszwecken oder bei Interviews, wenn zugleich der Mindestabstand von 1,50 Meter gewahrt ist.

Bernd Baumann, Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion.  © dpa

Die Verweigerer von der AfD

Er benötige zwar ihre Zustimmung nicht, sagte Schäuble am Montag zu seinen Gästen. Aber ihm war es wichtig, seine Anordnung zu erläutern, die Fraktionsgeschäftsführer noch einmal in die Pflicht zu nehmen. Insbesondere übrigen einen: Bernd Baumann, den AfD-Vertreter in der Runde.

Dessen Fraktion ist dafür bekannt, Abstands- und Hygieneempfehlungen mit Vorliebe zu missachten. Nur am Rednerpult darf die Maske abgelegt werden.

Verstöße können unter anderem mit einem Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro geahndet werden - oder mit einer Geldbuße von 5.000 Euro.

"Auf der Grundlage des Hausrechts des Präsidenten kann eine Person, die gegen diese Anordnung verstößt, auch des Hauses verwiesen und ihr gegebenenfalls auch verboten werden, das Haus zu betreten", lässt Schäuble mitteilen.

Wie es aus Fraktionskreisen zu hören ist, wäre bei Abgeordneten zunächst mit einem Ordnungsgeld zu rechnen. "Es ist gut, dass Wolfgang Schäuble endlich sein Hausrecht durchsetzt", heißt es aus der Unionsfraktion. Er habe auch deshalb so lange gezögert mit seiner Anordnung gezögert, weil er die Bilder von AfD-Abgeordneten scheute, die wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht des Saales verwiesen werden.

1. Rechnungshof: Corona-Milliarden für die Bahn nicht freigeben

Geldregen Deutsche Bahn © The Pioneer / Henning Schmitter

Der Bundesrechnungshof fordert, die geplante Zahlung von Corona-Hilfen in Höhe von fünf Milliarden Euro an die Deutsche Bahn zu stoppen.

„Die vollständige Auszahlung der Eigenkapitalmittel würde zu einer Überkompensation des für das Jahr 2020 prognostizierten Corona-bedingten Schadens führen und die DB AG gegenüber der ursprünglichen Geschäftsplanung finanziell besser stellen“, heißt es in einem Bericht der Bonner Behörde an den Haushaltsausschuss des Bundestages.

Der Bericht liegt ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vor.

Die Bahn war im Mai für das laufende Jahr von einem durch die Pandemie bedingten Umsatzausfall in Höhe von fünf Milliarden Euro ausgegangen. In der ersten Jahreshälfte war der Umsatz des Konzerns um 2,5 Milliarden Euro zurückgegangen.

Die Bundesregierung plant bislang, fünf Milliarden Euro für Eigenkapitalerhöhungen bei der DB AG noch in diesem Jahr vollständig auszuzahlen. Die Mittel sind im zweiten Nachtragshaushalt bereits eingestellt.

Der Rechnungshof verweist auf interne Angaben der Bundesregierung, wonach „der Corona-bedingte Schaden der DB AG für das Gesamtjahr 2020 deutlich niedriger“ ausfällt als noch im Mai 2020 erwartet. Diese Entwicklung könne sich „bis zum Jahresende noch verstärken“.

Die Rechnungsprüfer zeigen sich unzufrieden mit denen von der Bahn eingeleiteten Anti-Krisen-Maßnahmen. Diese würden zu einem „signifikanten Anteil aus Investitionsverschiebungen in die Folgejahre“ bestehen.

Weitere Maßnahmen für die Zeit bis 2024 seien „bisher nicht ausreichend definiert und konkretisiert“, heißt es in dem Bericht. „Auf dieser unvollständigen Grundlage sind die im Bundeshaushalt bereitgestellten 5,0 Mrd. Euro nicht budgetreif.“

2. Apotheken erhalten Extra-Vergütung für Botendienst

Apotheken erhalten auch in Zukunft eine Extra-Vergütung, wenn sie verschreibungspflichtige Medikamente zu den Patienten nach Hause bringen. Für jede Lieferung soll es künftig 2,50 Euro geben.

Das geht aus einem Änderungsantrag von Union und SPD zum Vor-Ort-Apotheken-Gesetz hervor, der uns vorliegt. Das Gesetz soll Ende des Monats vom Bundestag beschlossen werden.

Im April war angesichts der Corona-Pandemie erstmals ein solcher Bonus eingeführt worden. Die Regelung, die eine Vergütung von fünf Euro je Lieferung vorgesehen hatte, war Ende September ausgelaufen.

Im Änderungsantrag heißt es, die Botendienstvergütung sei notwendig, „um insbesondere in Regionen mit geringerer Apothekendichte eine Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherzustellen“.

Das Angebot trage bei dem zunehmenden Anteil der älter werdenden Bevölkerung zu deren Entlastung bei. Sie müssten weniger häufig selbst in die Apotheke kommen.

Thesenpapier des Arbeitsministeriums zu Mobilem Arbeiten.  © ThePioneer

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will einen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten umsetzen und hat dazu nun Kernpositionen aufschreiben lassen. "Wir schaffen einen gesetzlichen Anspruch auf mobile Arbeit bzw. Homeoffice", heißt in einem "Faktenpapier", das uns vorliegt.

Voraussetzung für zwei Tage Homeoffice im Monat ist, dass sich die Tätigkeit "grundsätzlich" eigne und "keine betrieblichen Gründe" zwingend dagegen sprechen.

Der Wirtschaftsflügel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die Fraktionssitzung am heutigen Dienstag allerdings dafür nutzen, den Widerstand zu organisieren. Für sie ist das Gesetz nur ein weiterer Baustein in einer Reihe von Verordnungen und Gesetzen, die von der großen Koalition geplant oder umgesetzt wurden und die Belastungen für die Wirtschaft bedeuten. Der Parlamentskreis Mittelstand und Vertreter der Mittelstandsunion fürchten, dass das Belastungsmoratorium für die Wirtschaft außer Kraft gesetzt werde.

Bei der Fraktionssitzung, bei der auch Kanzlerin Angela Merkel anwesend sein wird, sollen die Belastungen für die Wirtschaft gleich nach dem Bericht des Vorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) als Tagesordnungspunkt 1 angesprochen werden, heißt es beim Wirtschaftsflügel. In einem internen Strategiepapier hatten Wirtschaftspolitiker 55 Gesetzesvorhaben aufgelistet, die negative Konsequenzen für die Wirtschaft haben.

Am kommenden Freitag, 9. Oktober, wählt der Bundesrat ein neues Präsidium. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) tauschen die Posten. Woidke, bislang Präsident, soll Vize werden. Haseloff ist als Präsident vorgesehen, Woidke als Vize.

Beide beherrschen das Teamspiel. Im vergangenen Sommer, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Urlaub war, teilten sie sich die Aufgabe, den ersten Mann im Staate zu vertreten.

© ThePioneer

Auf - Bettina Jarasch will in große Fußstapfen treten. In die von Richard von Weizsäcker, Ernst Reuter, Willy Brandt. Die Grünen-Abgeordnete im Abgeordnetenhaus will für das Amt als Regierende Bürgermeisterin in Berlin kandidieren und dürfte damit gegen Franziska Giffey (SPD) um die Nachfolge von Michael Müller antreten.

Jarasch, wohnhaft in Kreuzberg, setzt auf die klassischen grünen Trend-Themen Ökologie und Mobilität. Sie fordert eine Verkehrswende hin zu ÖPNV und Fahrrad und sie will Wohnen in Berlin günstiger machen. Über die Maßnahmen auf dem Weg dahin lässt sich trefflich streiten. Aber Jarasch betont in ihrem ersten Statement die Vielfalt Berlins als Markenzeichen. "Es ist egal, woher du kommst, es zählt nur, wohin du willst", sagt sie. Dem kann man nicht widersprechen. Deswegen: Aufsteigerin.

Ab - Björn Höcke, Rechtsaußen der AfD, darf höchstrichterlich als Faschist bezeichnet werden. Der Dresdner AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier ist nun offiziell ein Rechtsextremist. Zumindest wird er vom Verfassungsschutz als solcher geführt, wie nun bekannt wurde. Maier gehört der als extremistisch eingestuften AfD-Gruppe Der Flügel an, machte eine Sprecherin der Behörde gegenüber der Bild-Zeitung klar. Maier nannte die Einordnung die "übliche Diffamierungskampagne". Sehen wir anders. Dieser so genannte Flügel ist gefährlich. Deshalb: Absteiger!

Er zögert noch mit der Entscheidung, ob er für den Bundestag kandidiert. Er hält die Schwarze Null, den ausgeglichenen Haushalt, mittelfristig wieder für erreichbar. Und er spielt nach eigenen Angaben nicht auf Sieg, sondern auf Platz. Daniel Delhaes, Jan Hildebrand und Thomas Sigmund vom Handelsblatt haben mit Friedrich Merz gesprochen, dem Bewerber um den CDU-Vorsitz. Ein aufschlussreiches Interview!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Hilde Mattheis, SPD-Bundestagsabgeordnete, 66

Thomas Schmid, Welt-Kolumnist, 75

Patrick Kurth, früherer FDP-Bundestagsabgeordneter und Cheflobbyist Flixbus, 44

Am 23. Oktober soll die Entscheidung fallen, wer für die CDU bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr als Direktkandidat im baden-württembergischen Calw antreten wird und in dieser Rolle Nachfolger von Hans-Joachim Fuchtel wird. Es kandidieren Alessandro Pagella, der Sohn eines italienischen Gastarbeiters aus Haiterbach-Beihingen, und Klaus Mack, Bürgermeister im Schwarzwaldstädtchen Bad Wildbad.

Der inzwischen 68-jährige Fuchtel, zurzeit Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, hatte den Wahlkreis neun Mal in Folge geholt. Seit 2009 hieß seine SPD-Konkurrentin immer Saskia Esken. Drei Mal zog die heutige SPD-Chefin den Kürzeren gegen Fuchtel.

© ThePioneer

Sören Bartol, Fraktionsvize in der SPD und zuständig für Verkehrspolitik, kritisiert die Grünen-Forderung nach einem Stopp von Autobahnneubauten als "doppelzüngig" und "realitätsfern". Die Grünen hätten in zahlreichen Bundesländern Regierungsverantwortung und dort dem Bau neuer Autobahnprojekte zugestimmt. Ein sofortiger Baustopp würde die Staus zementieren. 2019 steckten die Autofahrer alleine im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW laut ADAC in Summe 170.000 Stunden im Stau.

Ihre Informationen für uns © Media Pioneer

Sie sind ein Insider und haben einen vertraulichen Tipp, den Sie mit der Redaktion des Hauptstadt Briefings teilen wollen? Oder eine sensible Neuigkeit? Schicken Sie uns Ihre Informationen! Lesen Sie hier mehr darüber, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen können.

Starten Sie gut in den Tag!

Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
  1. , Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
  2. , Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer

Abonnieren

Abonnieren Sie den Newsletter Hauptstadt – Das Briefing