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Unsere Themen heute:
Arne Schönbohm, entlassener Chef der Cybersicherheits-Behörde BSI, soll Honorarprofessor für Cybersicherheit werden. Und er hofft auf eine Mobbing-Klage gegen seinen alten Arbeitgeber.
An diesem Mittwoch will das Kabinett ein Gesetz auf den Weg bringen, das Rückführungen erleichtern und beschleunigen soll.
Die Linke verliert spätestens im Januar ihren Fraktionsstatus. Für viele Mitarbeiter müssen dann neue Jobs her.
Der Bundestag will sich besser vor Aktivisten und Terroristen schützen. Nun gibt es konkrete Pläne gegen Fassadenkletterei.
Die Deutschen halten sich für marktwirtschaftlicher, als sie eigentlich sind. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.
Die Bundesregierung will neue Regeln für die Kryptobranche einführen. Wir kennen die Details.
Professor Schönbohm klagt gegen ZDF und Faeser
Der frühere Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, arbeitet an seiner Rehabilitation nach der Versetzung durch die SPD-Innenministerin Nancy Faeser vor genau einem Jahr.
Ab Januar soll Schönbohm Honoraprofessor für Cyber-Security an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg in St. Augustin werden.
Entsprechende Überlegungen bestätigte uns die Hochschule gestern.
Hochschule Bonn Rhein-Sieg in St. Augustin. © HBRSZugleich hat Schönbohm eine Klage wegen Rufschädigung gegen das ZDF angestrengt und das Ministerium auf Verletzung der Fürsorgepflicht verklagt.
Dem ZDF droht im Falle einer Verurteilung eine Strafzahlung von bis zu 100.000 Euro, die sich der Sender im Zweifel von Moderator Jan Böhmermann zurückholen könnte.
Hintergrund: Ministerin Faeser hatte den CDU-nahen Behördenchef nach einer Sendung des “ZDF Magazin Royale” rausgeworfen und zum Bundesamt für öffentliche Verwaltung versetzt.
Arne Schönbohm © Peter Gorzo/ThePioneerIn der Sendung hatte Böhmermann über mögliche Verbindungen Schönbohms zu russischen Geheimdiensten geraunt und seine Teilnahme an der Veranstaltung eines Russland-freundlichen Vereins kritisiert.
Die Vorwürfe erwiesen sich später als falsch, die Teilnahme hatte sich Schönbohm sogar von der Ministeriumsleitung genehmigen lassen.
Das Innenministerium musste einräumen, dass es kein fehlerhaftes Verhalten gegeben habe. Eine Grundlage für ein Disziplinarverfahren fand das Ministerium nicht.
Da Schönbohm kein politischer Beamter war, durfte er nicht ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Die Begründung für seine Versetzung wechselte fortan.
Im September dieses Jahres erklärte Faeser im Bundestag die Neubesetzung der Position mit der “Stärkung der Cyber-Sicherheit”. Unmittelbar nach der ZDF-Sendung sprach Faeser von dem fehlenden Vertrauen der Öffentlichkeit in die Amtsführung.
Laut einem internen Vermerk hatte Faeser das Bundesamt für Verfassungsschutz gebeten, Informationen zu Schönbohm zu sammeln. Faeser verteidigte dies später als notwendig.
Noch vor der Bundestagswahl werde das Verwaltungsgericht Köln das Urteil zur Klage Schönbohms gegen das Ministerium fällen, heißt es im Umfeld Schönbohms.
Das ZDF will sich gegen die Klage wehren. Intendant Norbert Himmler hat in einem Schreiben an den Fernsehrat die Vorwürfe zurückgewiesen. Das BSI habe damals Gelegenheit gehabt, Stellung zu nehmen, heißt es in dem Brief, der uns vorliegt.
Die Beurlaubung sei eine Entscheidung des Ministeriums gewesen.
Dieses Abschiebegesetz geht heute durchs Kabinett
Der Gesetzentwurf für das RückführungsverbesserungsgesetzDie Bundesregierung will Abschiebungen erleichtern und beschleunigen. Das geht aus dem Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hervor, der an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden soll.
Unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner liegt das Papier vor.
Geplant ist unter anderem die Verlängerung des sogenannten Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf maximal 28 Tage.
Eine weitere Änderung: Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen anders als bisher „keine aufschiebende Wirkung“ für Abschiebungen mehr haben.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser © imagoAußerdem sollen Schleuser leichter abgeschoben werden können. „Ein schweres Ausweisungsinteresse“ besteht laut Entwurf bereits dann, wenn jemand ein Schleusungsdelikt begangen hat – und nicht wie bisher erst ab einem bestimmten Strafmaß.
Die Regierung präzisiert zudem bestehende Regelungen für Daten, die auf Smartphones oder in Clouds gespeichert sind und benötigt werden, um die Identität oder das Herkunftsland festzustellen, weil es keine Ausweispapiere der jeweiligen Ausländer gibt.
Bei Häftlingen, die ausreisepflichtig sind, sollen Abschiebungen künftig nicht mehr angekündigt werden. Das gleiche gilt bei Ausländern, deren Duldung widerrufen worden ist. Ausgenommen sind hier jedoch Eltern von Kindern unter 12 Jahren.
Dirk Wiese, stellv. SPD-Fraktionsvorsitzender. © imagoSPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte uns, der Entwurf sei eine „entscheidende Grundlage dafür, Migration stärker zu ordnen und sicherzustellen, dass Asylbewerber Deutschland auch tatsächlich wieder verlassen, wenn sie keinen Schutzanspruch haben“. Es gebe eine klare Erwartungshaltung, „dass wir das jetzt lösen“.
Linke verliert spätestens im Januar Fraktionsstatus
Die Linkspartei wird spätestens im Januar mit der Neugründung der Partei von Sahra Wagenknecht ihren Fraktionsstatus verlieren. Dies ist rechtlich anders nicht möglich, vernehmen wir aus Kreisen der Fraktion.
Lediglich bis dahin können die abtrünnigen Abgeordneten in der Linksfraktion bleiben. Für viele der Fraktionsmitarbeiter müssen dann neue Jobs gesucht werden, allerdings können auch in einer dann vorhandenen "Gruppe" Fachmitarbeiter beschäftigt werden.
Alle im Bundestag gewählten Positionen bleiben allerdings auch nach der Liquidierung der Fraktion erhalten. Dies betrifft unter anderem die Position der Vizepräsidentin des Bundestags, Petra Pau.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke). © Imago ImagesBundestag will Hauptportal besser vor Aktivisten und Terroristen schützen
Der Bundestag in Berlin © imagoDer Bundestag will sich besser gegen Aktivisten und Terroristen schützen – mit Anti-Kletter-Vorrichtungen an der Westseite des Reichstagsgebäudes. Das ist unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner in Parlamentskreisen bestätigt worden.
Unterschiedliche Modelle für technische Lösungen, die Unbefugte abwehren und ein Hochklettern an der Fassade verhindern sollen, sind in der vergangenen Woche den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen vorgestellt worden.
Eine Festlegung gab es bei dem Treffen nicht. Es sollten weitere Varianten geprüft werden, heißt es.
Die vorgestellten Modelle hatte die Bundestagsverwaltung zuvor mit dem Büro Foster + Partners abgestimmt.
Die Architekten hatten den Umbau des Reichstagsgebäudes verantwortet. Aus rechtlichen Gründen müssen sie bei Umbauten am Reichstagsgebäude grünes Licht geben, wie ein Sprecher des Bundestages auf Anfrage erklärte.
Zu den Plänen nannte er keine Einzelheiten, bestätigte aber:
Greenpeace-Transparent am Reichstagsgebäude im Juli 2020 © ImagoDer grundsätzlichen Maßnahme hat der Ältestenrat seine Zustimmung erteilt … Die Verbesserung des Grundschutzniveaus des Reichstagsgebäudes ist ein ständiger Prozess.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte zuletzt zusätzliche Maßnahmen für mehr Sicherheit im Parlamentsbetrieb angekündigt und den Entwurf für ein Bundestagspolizeigesetz vorgelegt.
Mit den Plänen gegen Fassadenkletterei am Reichstagsgebäude reagiert der Bundestag auf Vorfälle, wie den aus dem Juli 2020. Damals gelang es Umweltaktivisten, ein Transparent am Westportal des Reichstagsgebäudes anzubringen.
INSM-Barometer: Deutsche halten sich für marktwirtschaftlicher, als sie sind
Die Mehrheit der Deutschen befürwortet in Fragen von Preisen und Einkommen planwirtschaftliche Instrumente. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Unser Kollege Maximilian Stascheit hat die Ergebnisse erhalten.
Knapp 51 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass der Staat Preise, etwa für Strom oder Mieten, regulieren sollte. Nur ein gutes Drittel ist dagegen.
Außerdem gaben 56 Prozent der Befragten an, der Staat solle mehr gegen Einkommensungleichheit tun. Auch für einen staatlich festgelegten Mindestlohn gab es eine deutliche Mehrheit.
Eine Infografik mit dem Titel: Einkommen: reguliert vs. frei
Antworten auf die Frage "Sollte Ihrer Meinung nach der Staat einen Mindestlohn gesetzlich festlegen oder sollte man es Gewerkschaften und Arbeitgebern überlassen, Lohnuntergrenzen auszuhandeln?", in Prozent
Interessant: In derselben Umfrage wurden die Menschen auch nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt, ob sie sich eher ein Wirtschaftssystem mit weitreichender staatlicher Regulierung wünschen oder eher eine Marktwirtschaft ohne staatliche Eingriffe. Hier sprachen sich knapp 52 Prozent für die freie Marktwirtschaft aus; nur rund 20 Prozent wünschen sich hingegen ein System mit weitreichender staatlicher Regulierung.
Eine Infografik mit dem Titel: Selbsteinschätzung zur Sozialen Marktwirtschaft
Antworten auf die Frage "Befürworten Sie eher ein Wirtschaftssystem mit weitreichender staatlicher Regulierung oder eher eine freie Marktwirtschaft ohne staatliche Eingriffe?", in Prozent
Marktwirtschaftliche Lösungen befürworten die Deutschen der Studie zufolge unter anderem bei der Bekämpfung des Klimaschutzes. 44 Prozent der Befragten gaben an, hier auf Innovationen zu setzen, nur 14 Prozent auf staatliche Regulierung. Auch bei der Rettung von insolventen Großunternehmen lehnen 52 Prozent der Befragten einen Einstieg des Staates ab.
Eine Infografik mit dem Titel: Klimaschutz: Regulierung vs. Innovation
Antworten auf die Frage "Kann man dem Klimawandel Ihrer Meinung nach eher durch staatliche Regulierungen oder eher durch Innovationen aus Wirtschaft und Wissenschaft entgegenwirken?", in Prozent
INSM-Geschäftsführer Thorsten Alsleben sieht für die Politik angesichts der Werte Handlungsbedarf. Er sagte:
Thorsten AlslebenWenn Deutschland weiter auf die Soziale Marktwirtschaft als das bestmögliche Modell setzt, muss die Politik mehr für sie werben und auch für wirtschaftliche Bildung sorgen.
Kryptofirmen an die kurze Leine
Die Bundesregierung will neue Regeln für die Kryptobranche einführen. Künftig müssen Anbieter von digitalen Währungen erhöhte Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, wenn sie ihre Produkte in Deutschland anbieten wollen.
Das geht aus dem „Entwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes“ hervor, der uns vorliegt.
Krypto-Währung Bitcoin © imagoDas Bundesfinanzministerium will mit dem Gesetz eine EU-Verordnung in nationales Recht überführen. Ziel sei die „Stärkung des Vertrauens in neue digitale Finanzinfrastrukturen“, um die „digitale Resilienz zu erhöhen und neuen Geldwäscherisiken entgegenzuwirken“. Dies diene auch der Integrität und Stabilität des Finanzsystems.
Zu den Einzelmaßnahmen gehören:
Für die IT-Sicherheit in Unternehmen müssen klare Verantwortliche bestimmt und organisatorische Maßnahmen ergriffen werden.
Schwerwiegende Sicherheitsvorfälle müssen gemeldet werden.
Regelmäßige Penetrationstests sollen Angriffe auf die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ausgewählter Unternehmen simulieren.
Brinkert berät Barley
Er war der Kampagnen-Kopf hinter dem Bundestagswahlsieg von Olaf Scholz, er beriet aber auch die Bayern-SPD im aussichtslosen Wahlkampf gegen die CSU.
Raphael Brinkert © Anne HufnaglNun soll der Hamburger Werbeprofi Raphael Brinkert auch die Europawahl-Kampagne für die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley konzipieren, wie wir aus SPD-Kreisen erfahren haben.
Ein erstes Treffen der beiden fand diese Woche in Hamburg statt.
Kabinett berät zu Georgien und Moldau
Nächste Woche beschäftigt sich die Regierung noch einmal mit dem Gesetzentwurf zur Einstufung Georgiens und Moldaus als sichere Herkunftsstaaten. Konkret geht es um die Antwort des Kabinetts auf die Stellungnahme des Bundesrats zu den Plänen, wie aus der internen Planung hervorgeht.
Durch das Gesetz sollen Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern grundsätzlich als unbegründet angesehen werden. 2022 und im ersten Halbjahr 2023 wurden weniger als 0,1 Prozent der Asylanträge von Staatsangehörigen Georgiens und Moldaus anerkannt, während 10 Prozent aller abgelehnten Asylanträge in Deutschland aus diesen beiden Ländern stammten.
Der Innenausschuss des Bundesrats hat die Bundesregierung auch aufgefordert, Algerien, Armenien, Indien, Marokko und Tunesien in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufzunehmen. Das Ziel bestehe darin, weitere Länder mit niedrigen Anerkennungsquoten von Asylanträgen als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.
Derzeit sind Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien als sichere Herkunftsstaaten eingestuft.
Auf - Ursula von der Leyen. Die EU-Kommission will den Bau von Windkraftanlagen künftig schneller und unbürokratischer genehmigen lassen. Die Maßnahme ist überfällig für den Ausbau der erneuerbaren Energien, entsprechend positiv waren die Reaktionen aus der Branche. Die Kommissionspräsidentin ist unsere Aufsteigerin.
Ab - Nancy Faeser. Die gescheiterte SPD-Spitzenkandidatin erholt sich in diesen Tagen auf Mallorca vom anstrengenden Hessen-Wahlkampf und den Sondierungsgesprächen mit der CDU. Allerdings hat Faeser als Bundesinnenministerin weiterhin ein Spitzenamt, das ihr in diesen Tagen eigentlich keine Ruhe lassen sollte. Die nun grassierenden Mallorca-Fotos dürften den Gegenwind weiter verstärken.
Für den Publizisten Wolfram Weimer zeigen der Bundeskanzler und seine SPD zunehmendes Interesse am „Deutschlandpakt". Man könne so möglicherweise mit den Grünen und der FDP brechen und eine Koalition mit der Union eingehen – für ihn wäre die „Deutschlandpakt-Regierung" eine mögliche Sofort-Alternative zur Ampel-Koalition. Laut Weimer habe man im Kanzleramt über die Deutschlandpakt-Debatte durchaus Freude gezeigt. Für ihn stünde möglicherweise Kanzler Scholz als Handlungssouverän da und wisse, dass etwas passieren müsse. Falls sich die Ampel-Koalition nicht bewegen würde, könnte eine Deutschlandpakt-Regierung möglicherweise seine Regierungszeit und sein Ansehen retten. Hier können Sie seine vollständige Kolumne auf der Website von ntv lesen.
In seinem Gastbeitrag in der NZZ betont der Historiker und ehemalige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder, die Notwendigkeit eines Kurswechsels in Deutschland. Er fordert eine nüchterne Korrektur der Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre, insbesondere in den Bereichen Energie, Migration und Bildungspolitik. Rödder beklagt, dass die Deutschland-Diskussion zunehmend schrille Züge annimmt. Er weist darauf hin, dass die historische Erfahrung gezeigt habe, dass Selbstzufriedenheit über das „Modell Deutschland" ein Zeichen für eine bevorstehende Krise sein könne. Für den Historiker könnte es daher ein neues Generationenprojekt sein, dieses Modell wiederzubeleben und in die Zukunft zu führen. Lesenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Martin Bialecki, Chefredakteur der Zeitschrift Internationale Politik und des Online-Magazins International Politik Quarterly, 56
Sonja Eichwede, SPD-Bundestagsabgeordnete, 36
Wolfgang Kopp, baden-württembergischer Landesvorsitzender der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, 78
Helge Limburg, Grüne-Bundestagsabgeordneter, 41
Carsten Träger, SPD-Bundestagsabgeordneter, 50
Bettina Wulff, Unternehmerin, 50
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre