Schöne, konservative Welt

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© ThePioneer / Henning Schmitter

Guten Tag,

herzlich willkommen zu unserem Briefing aus der Hauptstadt - direkt von der Pioneer One.

Unsere Themen heute:

  • Demoskopin Renate Köcher erfreute die Union mit ihrer Wahlchancen-Analyse, doch es gibt ein Risiko. Wir zeigen Ihnen, was sie auf der Fraktionsklausur erläutert hat.

  • Schon jetzt fließen jährlich gut 100 Milliarden Euro vom Bundeshaushalt in die Rentenkasse. Der Bundesrechnungshof warnt nun aber davor, dass es noch viel mehr werden könnten. 177 Milliarden Euro kosten die jüngsten Rentenreformen bis 2025.

  • Russlands Präsident Wladimir Putin steht in der Kritik wegen des Giftgasanschlags auf den Oppositionellen Nawalny, und Putin-Freund Gerhard Schröder äußert sich nicht.

Rosig-schwarze Zeiten

Wer wird sich wohl mehr über diesen Auftritt von Allensbach-Chefin Renate Köcher gefreut haben? Angela Merkel? Armin Laschet? Friedrich Merz? Die Lieblings-Demoskopin von CDU und CSU hatte für die Union eine detaillierte Analyse zur Fraktionsklausur in den Berliner Westhafen mitgebracht. In Sichtweite unseres Redaktionsschiffes, in den alten Speichergebäuden, blickte Köcher auf die Perspektiven der Union im Wahljahr 2021. Es war ein selten erfreulicher Auftritt. Danach dachte so mancher Abgeordneter womöglich: Die stille Mehrheit in diesem Land wählt am Ende immer noch uns.

Wir haben uns die Präsentation von Frau Köcher auch anschauen können. Hier die wichtigsten Punkte:

  • Das Wählerpotential der Union liegt derzeit bei über 40 Prozent. Kleiner Haken dabei: Es gibt eine große Überschneidung mit den Grünen (14 Prozent) und mit der SPD (10 Prozent), Verschiebungen sind also möglich

  • Die wichtigsten Themen für die Bürgerinnen und Bürger sind: Pandemiebekämpfung (79 Prozent), Schulen und Kinderbetreuung, Stärkung der Wirtschaft, Innere Sicherheit. Nicht mehr ganz so wichtig: Umwelt- und Klimaschutz. Noch weniger wichtig: Staatsschulden begrenzen (36 Prozent).

  • Die Präferenzen der Bürger spielten der Union in die Hände, sagte Köcher. Zudem liege die Partei im wichtigen Bereich der Zukunftskompetenz wieder weit vorne, anders als vor einem Jahr (da standen die Grünen noch besser da). Die SPD rangiert demnach nur auf Platz drei.

Präsentation von Demoskopin Köcher: Glänzende Wahlaussichten für die Union © The Pioneer

Im Sitzungssaal klopften sich die Abgeordneten fröhlich auf die Oberschenkel, als Köcher die Zahlen zur Krisenkompetenz in Corona-Zeiten vorstellte: 54 Prozent vertrauen der Union, 9 Prozent der SPD, 5 Prozent den Grünen. Gerade jeweils 2 Prozent vertrauen in der Corona-Krise FDP, Linkspartei und AfD (Fehlende Prozente: Unentschieden/weiß nicht).

In der anschließenden Aussprache und zahlreichen Einzelgesprächen ließen sich die Abgeordneten Details der Erhebung erläutern. Darin enthüllte die Demoskopin, dass die Union tatsächlich vor allem noch vor einem politischen Risiko im Wahljahr stehe: vor Streit und Uneinigkeit.

Renate Köchers Analyse: "Jeder kann es gewinnen, Hauptsache die Union ist sich einig"  © dpa

Köcher erklärte auf den Fluren wieder und wieder den wichtigsten Punkt: Es sei egal, wen die Union aufstellt, sie wird die Wahl gewinnen - solange sie sich hinter diesem einen Kandidaten versammelt. Doch gerade das ist doppelt unsicher: Bei der Vorsitzenden-Wahl im Dezember droht dem Gewinner ein knappes Ergebnis, bis März könnten lange Debatten mit der CSU um die Kanzlerkandidatur folgen.

Und auch wenn sich viele in der Partei eine Einigung zwischen den Bewerbern wünschen, in der Fraktionsführung rechnet keiner damit, dass es passiert. Friedrich Merz setze "voll auf Sieg", sagte uns ein ranghoher Unionsmann. Im Herbst will Merz sein neues Buch bei einer "Deutschlandreise" vorstellen und sich so zugleich als Kandidat präsentieren. Und auch das Team Armin Laschet / Jens Spahn werde sich nicht dem Wirtschaftsexperten unterordnen oder verzichten, heißt es.

In der Fraktionsführung setzen manche auf eine Vermittlerrolle von Wolfgang Schäuble oder Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, doch es sind nur vage Hoffnungen.

Fazit: Nach 15 Jahren Kanzlerin Angela Merkel steht die Union so gut da wie selten, der Höhenflug ist auch nicht auf Merkel begrenzt - und dennoch könnten CDU und CSU durch die ungeklärte Führungsfrage im Wahljahr noch vieles verlieren.

1. Rechnungshof: Renten-Reformen überlasten Haushalt

Der Bundesrechnungshof sieht angesichts der Rentenreformen der jüngeren Vergangenheit die Gefahr einer Überforderung des Bundes durch rasant steigende Ausgaben für die gesetzliche Altersvorsorge. Das geht aus einem Bericht der Bonner Behörde hervor, der ThePioneer-Chefkorrespondent Rasmus Buchsteiner vorliegt.

„Derzeit ist das Rentensystem so angelegt, dass zukünftig – wegen entsprechender gesetzlicher Regelungen zur Erhöhung der Zahlungen des Bundes – weitgehend automatisch weiter steigende Mittel des Bundes in die Rentenversicherung fließen“, heißt es in dem Bericht. „Dies birgt beträchtliche Haushaltsrisiken für den Bund.“

Ausdrücklich warnt der Rechnungshof vor steigenden Ausgaben für die Grundrente, die zumindest bis zum Jahr 2025 ausschließlich steuerfinanziert sein soll: „Es besteht die Gefahr, dass der Bund gezwungen ist, die vollständige Finanzierung über Bundeszuschüsse auch über das Jahr 2025 hinaus beizubehalten.“

Die zusätzlichen Ausgaben für Renten-Reformen seit 2014 werden sich bis 2025 auf rund 177 Milliarden Euro summieren, so die Rechnungsprüfer.

Die wichtigsten Einzelheiten zu dem Bericht können Sie hier nachlesen.

2. SPD legt Fahrplan für Rest des Jahres fest

Die SPD-Fraktion hat in einem Eckpunktepapier die Arbeitsschwerpunkte für die zweite Jahreshälfte festgelegt. Bei der Vorlage für die am heutigen Donnerstag beginnende Klausurtagung mit dem Namen. “Die Krise meistern - Zukunft gestalten” legen die Sozialdemokraten neben der Bekämpfung der Pandemie-Folgen einen Schwerpunkt auf Klima- und Sozialpolitik.

"Mit dem im Konjunkturpaket beschlossenen Zukunftsprogramm Krankenhaus in Höhe von insgesamt 4,3 Milliarden Euro machen wir unsere Krankenhäuser krisenfest”, heißt es in dem Papier etwa.

Doch nicht nur im Gesundheits- und Pflegebereich habe man Einiges aufzuholen, “auch für die Familien mit Kita- und Schulkindern waren die vergangenen Monate eine große Belas-tungs- und Bewährungsprobe”.

Die SPD wolle deshalb “der Digitalisierung an Schulen einen kräftigen Schub geben”, schreiben die Autoren.

"Wir stellen 500 Millionen Euro bereit, um Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten auszustatten und wollen zeitnah eine bundesweite Bildungsplattform aufbauen, damit Schule in all seinen Facetten auch digital stattfinden kann.” Im Energiebereich will die SPD besonderen Wert auf die Umsetzung der Wasserstoffstrategie legen und den Emissionshandel voranbringen. Noch in diesem Jahr soll zudem ein Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht werden. Die SPD-Fraktionsklausur findet am Donnerstag und Freitag in Berlin-Kreuzberg statt.

© ThePioneer

Die SPD im Bundestag fordert eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld I bei Älteren. „Anerkennung von Lebensleistung ist für uns auch Maßstab in der Arbeitslosenversicherung“, heißt es in einem Strategiepapier zur Sozialpolitik, das uns vorliegt. „Wer viele Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben und danach nicht sofort das Ersparte offenlegen müssen. Dafür machen wir uns stark.“

Die SPD-Fraktion will das Arbeitslosengeld II außerdem durch ein neues Bürgergeld ersetzen - verbunden mit einem Anspruch auf Absicherung und Teilhabe. „Dazu werden wir als ersten Schritt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und Leistungskürzungen im ALG-II-Bezug von mehr als 30 Prozent ausschließen“, heißt es in dem Papier. „Auch die strengeren Sanktionen für unter 25-Jährige wollen wir abschaffen.“

Die Autoren beklagen den Ruf danach, den Rotstift am Sozialstaat anzusetzen: „Die Forderungen nach einer Kürzung des Mindestlohns, die Diffamierung des Sozialstaats als Kostentreiber und Wachstumshindernis und die massiven Widerstände bei der Grundrente zeigen, dass trotz völlig veränderter Rahmenbedingungen bei vielen kein Umdenken stattgefunden hat.“

Die politische Debatte um die umstrittene Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr wird voraussichtlich am 5. Oktober mit einer Anhörung im Bundestag ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen. Diese Anhörung ist von der SPD gewünscht, die der Anschaffung skeptisch gegenüber steht. In Parlamentskreisen wird erwartet, dass sich dann auch entscheidet, ob diese Bundesregierung die Anschaffung der Drohnen noch vollziehen kann.

Sollte der Prozess dann ohne weitere Verzögerungen vorangehen, ist dennoch nicht mehr in dieser Legislaturperiode mit der Einsatzfähigkeit der Fluggeräte zu rechnen - alleine die Anschaffung der Bewaffnung dauert 12 Monate Vorbereitungszeit.

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Auf - Der Tesla-Gründer und Visionär Elon Musk war der gefeierte Überraschungsgast bei der Vorstandsklausur von CDU und CSU im Berliner Westhafen. Doch es war ein ehemaliger Bürgermeister aus der Eifel, der dafür besonders viel Schulterklopfen einheimste. Fraktionsgeschäftsführer Patrick Schnieder, seit 2009 direkt gewählter Abgeordneter aus Bitburg, hatte den US-Unternehmer zur Klausurtagung nach Berlin gelotst. Teslas Tochterfirma Grohmann stellt in Schnieders Wahlkreis Prüm Maschinen zur vollautomatisierten Impfstoffproduktion her. Schnieder dachte sich, dass Musk bei einer Zukunftsklausur der Union eine ideale Rolle spielen könnte und fragte einfach an. Musk kam. Für diese Idee geht es bei uns steil aufwärts.

Ab - Er ist der oberste Russland-Versteher in der Bundesrepublik Deutschland. Altkanzler Gerhard Schröder nennt Russlands Präsidenten Wladimir Putin seinen persönlichen Freund, er sitzt in zwei Aufsichtsräten russischer Energieunternehmen und er kämpft seit Jahren für eine russlandfreundlichere Politik. Doch nach dem erwiesenen Giftgasanschlag auf den Oppositionellen Alexei Nawalny kommt Schröder in Bedrängnis, die Spuren führen in den Kreml. Mal wieder. Und ein früherer Bundeskanzler müsste jetzt die Gelegenheit nutzen, ein klares Wort zu finden. Auch wenn das seinem Kumpel im Kreml nicht gefällt.

Weiter machen wie bisher ist jetzt keine Option mehr, meint Daniel Brössler, Kommentator der Süddeutschen Zeitung, zum Fall Nawalny und dem Nachweis, dass der russische Oppositionelle Opfer eines Giftanschlags geworden ist.

“Für Deutschland und die Europäische Union bedeutet das nun nicht die erste, aber eine weitere tiefe Zäsur im Verhältnis zu Russland“, beschließt Brössler seine Analyse. „Mit Kritik, auch scharfer, wird es nicht getan sein. Auch nicht mit neuen geringfügigen Sanktionen. Wer von der verbrecherischen Natur des Systems Putin überzeugt ist, wird dort nicht mehr suchen können, was dort nicht zu finden ist: einen Partner.“ Lesenswert!

Heute gratulieren wir herzlich zum Geburtstag:

Volker Kauder, früherer Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 71

Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, 45

Matthias Kerkhoff, CDU-Landtagsabgeordneter in NRW und Vorsitzender des Friedrich-Merz-Kreisverbandes Hochsauerland, 41

Überraschung in der Sachsen-CDU. Der erst 35-jährige Bundestagsabgeordnete Marian Wendt, Vorsitzender des Petitionsausschusses im Parlament, will 2021 nicht wieder antreten. Der Diplom-Verwaltungswirt aus Torgau zieht sich aus privaten Gründen zurück, wie der Abgeordnete in den sozialen Netzwerken erklärte. Atlantikreise. Familienplanung. Ein Leben ohne Politik. Auch das geht.

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Geht es nach SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, soll künftig mehr Steuern bezahlen, wer „ein paar Hunderttausend Euro“ pro Jahr verdient. Dazu äußert sich jetzt Katja Kipping. Die Noch-Vorsitzende der Linken ist überzeugt: Umsetzen lässt sich diese Scholz-Ankündigung nur mit Rot-Rot-Grün.

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Herzlichst, Ihre

Pioneer Editor, Gründungs-Chefredakteur The Pioneer
Pioneer Editor, Ex-Stellvertretender Chefredakteur The Pioneer
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