unsere Themen heute:
Der Druck auf Olaf Scholz, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern, wächst. Doch der Kanzler bewegt sich kein Stück.
Zwei Protokollnotizen könnten das Wachstumschancengesetz retten.
Die Union will ein steuerfreies Arbeitseinkommen von 2.000 Euro pro Monat.
Und sie will die Binnenschifffahrt stärken: mehr Geld, mehr Personal.
Die Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes steht – wir kennen die Details.
Zwei SPD-Abgeordnete wollen das Cannabis-Gesetz zu Fall bringen.
Die Ampel will schärfer gegen Bundestags-Pöbler vorgehen.
Scholz, der Taurus-Blockierer
Der Druck auf Kanzler Olaf Scholz (SPD), endlich grünes Licht für die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine zu geben, wächst derzeit stündlich.
1) US-Präsident Joe Biden erwägt wohl die Lieferung neuer Langstreckenraketen an die Ukraine, wie gestern bekannt wurde.
2) Der Anlass für eine Freigabe wäre da: Am Samstag jährt sich zum zweiten Mal der Tag, an dem die völkerrechtswidrige russische Invasion in die Ukraine begann. Am Mittwoch soll es dazu im Bundestag eine Debatte geben.
3) Die Mehrheiten gäbe es auch: Die Marschflugkörper sollen sowohl nach Meinung der Abgeordneten von Grünen, FDP und Teilen der SPD dringend und umgehend an die Ukraine geliefert werden. Also auch von der Union. Die Lieferung könnte umgehend beschlossen werden.
Die Ampel-Fraktionen wollen deshalb einen gemeinsamen Antrag verabschieden. Gerne auch zusammen mit der Union. In einem Entwurf wird der Taurus zwar nicht explizit erwähnt, aber es wird sich ausgesprochen für „die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“.
Taurus-Marschflugkörper auf dem Transportgestell © imagoZum Download: Antrag der Ampel-Fraktionen zur Verteidigung der Ukraine
Um diesen Antrag aber gibt es seit Wochen Streit, der noch immer nicht gelöst ist, erfuhren unsere Kollegen Thorsten Denkler und Christian Schlesiger.
Wie wir hören, waren sich die Verhandler der drei Koalitions-Fraktionen weitgehend einig, „dass der Taurus prominent erwähnt wird in dem Antrag“. Doch SPD-Fraktionsspitze und Kanzleramt sehen das anders.
Aus dem Kanzleramt kommt wohl die klare Ansage, jeden Bezug zu Taurus in dem Antrag zu unterlassen. Seitdem geht es nicht mehr voran.
Manche hatten gehofft, der Kanzler werde sich dazu auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende erklären. Oder in dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vergangenen Freitag in Berlin.
Wolodymyr Selenskyj bei seiner Ansprache bei der Münchner Sicherheitskonferenz © imagoFragen dazu aber blockte Scholz ab. Und verwies lediglich darauf, dass Deutschland ja der größte Netto-Unterstützer der Ukrainer sei. Im Oktober 2023 hatte Scholz argumentiert, dass die Raketen russisches Territorium treffen könnten.
Ukrainische Parlamentarier, die unser Kollege Thorsten Denkler vergangene Woche in Kiew traf, haben für diese Hängepartie kein Verständnis mehr. Von dort hören wir, der Taurus werde umgehend gebraucht, um die Versorgung der russischen Truppen kappen zu können.
Die Russen hätten ihre Munitions- und Versorgungslager inzwischen außerhalb der Reichweite jener Waffen eingerichtet, die der Ukraine aktuell zur Verfügung stünden. Der Taurus könnte hier also ein Gamechanger sein.
Ähnliches hat unsere Kollegin Clara Meyer-Horn auf der Konferenz „Cafe Kyiv 2024“ an diesem Montag in Berlin gehört. Der Ukraine-Kenner und ehemalige Leiter der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks, sprach sich dort ebenso für eine sofortige Taurus-Lieferung aus wie der Politikberater und Sicherheitsexperte Nico Lange.
Ralf Fücks © Anne HufnaglFazit: Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Vor gut einem Jahr lieferte Scholz nach langem Drängen Leopard-2-Panzer. Heute ist die Hoffnung auf einen Sieg der Ukraine leiser geworden. Umso dringender braucht sie unsere Unterstützung.
Dazu passt: In der aktuellen Cover Story analysieren unsere Kollegen die Lage vor Ort:
Protokollnotizen sollen Wachstumsgesetz retten
Am Mittwoch geht das Wachstumschancengesetz in den Vermittlungsausschuss – zwei Protokollnotizen könnten das Konjunkturpaket über die Ziellinie bringen. Die Union drängt auf zwei wesentliche Änderungen, wie unser Kollege Christian Schlesiger erfuhr:
Die geplanten Kürzungen bei den Agrardiesel-Subventionen sollen zurückgenommen werden – verbindlich oder zumindest in Form eines Prüfauftrags. Darauf drängt vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
Die Anzeigenpflicht bei nationalen Steuergestaltungsmodellen soll entfallen – und nicht durch die Hintertür später über andere Gesetze eingeführt werden dürfen.
Wie wir hören, ist der Widerstand bei der zweiten Forderung zur Anzeigenpflicht überschaubar, bei der ersten Forderung zum Agrardiesel noch recht groß. Allenfalls eine teilweise Rücknahme der Subventionskürzungspläne scheint hier möglich.
Das Konjunkturpaket könnte jedenfalls kommen. Als großer Wurf gilt es nicht. Die Regierung wollte die Wirtschaft ursprünglich mit sieben Milliarden Euro entlasten. Übrig bleiben nun drei Milliarden Euro.
Union will 2.000 Euro steuerfreies Arbeitseinkommen
CDU und CSU im Bundestag wollen mit einem Antrag „Wirtschaftswende jetzt: Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft“ ihre wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen.
In dem Antrag, der an diesem Mittwoch im Plenum beraten werden soll und unserem Kollegen Thorsten Denkler vorliegt, fordern die Autoren unter anderem:
eine Begrenzung der Sozialabgaben auf 40 Prozent des Bruttoarbeitslohns,
steuerlich begünstigte Überstunden für Vollzeitbeschäftigte,
ein steuerfreies Arbeitseinkommen von 2.000 Euro pro Monat,
strengere Sanktionen gegen Bürgergeldbezieher, wenn diese die Arbeitsaufnahme verweigern.
Die Vorschläge hatten CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor Kurzem auch als Brief an Kanzler Olaf Scholz geschickt.
Zum Download: Das Unions-Sofortprogramm für die Wirtschaft
Union fordert höhere Investitionen in Wasserstraßen
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will am Mittwoch einen Antrag einbringen, mit dem die deutsche Binnenschifffahrt gestärkt werden soll. Die beiden Oppositionsparteien fordern:
die finanziellen Mittel für Wasserstraßen zu erhöhen.
die Resilienz der Wasserstraßen bei Niedrigwasserereignissen zu stärken.
die Schifffahrtsverwaltung des Bundes personell besser auszustatten.
Die Haushaltsmittel der Ampelkoalition für Baumaßnahmen an Bundeswasserstraßen von 724,7 Millionen Euro seien nicht ausreichend, kritisieren die Unionspolitiker Henning Rehbaum und Christoph Ploß. Der Ersatzinvestitionsbedarf liege bei mindestens 900 Millionen Euro pro Jahr.
Ein Containerschiff auf der Elbe © dpaDie Union habe in der vergangenen Legislaturperiode über 160 Stellen in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung geschaffen, „die jetzt auch besetzt werden müssen“, sagt Rehbaum unserer Kollegin Claudia Scholz. Er ist auch Vorstandsmitglied der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt.
Das Verkehrsministerium entgegnet:
In den letzten Legislaturperioden wurde viel zu wenig getan. Bei den Wasserstraßen hat sich ein massiver Investitionsstau gebildet, den wir nun Stück für Stück abbauen.
Zum Download: Unions-Antrag zur Binnenschifffahrt
Einigung über Gesetz zum Schienenausbau
Die Koalitionspartner haben sich nach monatelangem Streit auf die Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) geeinigt.
Wie unsere Kollegin Claudia Scholz aus Regierungskreisen erfuhr, konnte ein Kompromiss bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) gefunden werden.
Die Grünen forderten immer wieder eine Abschaffung der NKU, Haushälter und Finanzministerium lehnten das als rechtswidrig ab, weil die NKU in der Bundeshaushaltsordnung verankert sei.
Statt einer Aushebelung der Haushaltsordnung wird die NKU nun vereinfacht. Für kleine und mittlere Maßnahmen – wie etwa das Einbauen von Abstell- und Überholgleisen sowie Weichen – soll das Verkehrsministerium eine Methodik für den vereinfachten Wirtschaftlichkeitsnachweis entwickeln.
Unabhängig davon suchen das Verkehrs- und Finanzministerium weiter nach Lösungen zur generellen Vereinfachung der NKU.
Blick auf die Gleise des Magdeburger Hauptbahnhofs © dpaAm Mittwoch geht das Gesetz durch den Verkehrsausschuss, noch diese Woche folgt die zweite und dritte Lesung.
Das BSWAG ist Voraussetzung dafür, dass die neu geschaffene Infrastrukturgesellschaft DB InfraGo ihre Arbeit aufnehmen kann. Ohne die Novelle würde die fehlende Aufwandsfinanzierung für das Jahr 2024 höhere Eigenmittel der Deutschen Bahn AG erfordern, die dann an anderer Stelle fehlen würden, heißt es aus Koalitionskreisen.
SPD-Abgeordnete: Argumente gegen Cannabis-Gesetz
Die SPD-Abgeordneten Sebastian Fiedler und Sebastian Hartmann lehnen das Gesetzesvorhaben zur Cannabis-Legalisierung ab und haben dies ihrer Fraktion jetzt auch per Brief mitgeteilt. Das Schreiben liegt unserem Kollegen Michael Bassewitz vor.
Sebastian Fiedler © imagoDie Autoren kritisieren:
Kontrolllücken: Das Gesetz limitiert den Eigenanbau in Privatwohnungen auf drei Pflanzen und eine Aufbewahrungsmenge von 50 Gramm pro Erwachsenem. Dies sei aber nicht überprüfbar, argumentieren die SPD-Abgeordneten.
Überlastung: Polizei und Justiz würden noch stärker belastet werden als bislang, zitieren die Abgeordneten den Deutschen Richterbund und die Arbeitsgruppe Kripo der Innenministerkonferenz.
Fehlanreize: Konsumverbotszonen um etwa Kindergärten und Spielplätze ließen sich in der Praxis nicht durchführen. Der erlaubte öffentliche Konsum mache Cannabis für Kinder so „erlebbar“.
Klimabelastung: Außerdem könne der CO₂-Ausstoß durch die Benutzung spezieller Lampen steigen, argumentieren die Abgeordneten.
Wie unser Kollege Thorsten Denkler hört, hat das Schreiben im Fraktionsvorstand der SPD am Montag für erheblichen Unmut gesorgt.
Heute soll in der Fraktionssitzung ein Stimmungsbild zu dem Gesetz erstellt werden. Es wird erwartet, dass es klar zugunsten des Gesetzes ausfällt. Das Cannabisgesetz kann dann in der kommenden Sitzungswoche vom Bundestag verabschiedet werden.
Zum Download: Detailregelungen im Cannabisgesetz
Ampel geht schärfer gegen Bundestags-Rüpel vor
Die Ampel-Fraktionen haben sich mit der Union verständigt: Ordnungsrufe sollen teurer werden. Das erfuhr unser Kollege Thorsten Denkler von Verhandlern.
Das Ordnungsgeld soll von jetzt 1.000 Euro auf bis zu 3.000 Euro angehoben werden.
Es soll einen Automatismus geben, ab wann das Ordnungsgeld fällig wird. Im Gespräch: Ab drei Ordnungsrufen an einem Sitzungstag müsse das Ordnungsgeld verhängt werden.
Bisher entscheidet der diensthabende Bundestagsvizepräsident oder die Bundestagspräsidentin allein, ob ein Ordnungsgeld verhängt wird.
Mit den Verschärfungen sollen vor allem die Mitglieder der AfD-Fraktion diszipliniert werden, die nach den Daten der Bundestagsverwaltung für den Großteil der Ordnungsrufe verantwortlich sind.
Die AfD hat seit Beginn der Legislatur 2021 mit rund 50 die mit Abstand meisten Ordnungsrufe bekommen. An der Spitze der Rüpel-Liste stehen ihre Abgeordneten Beatrix von Storch und Stephan Brandner.
Während die Bundesregierung auf elektrisch betriebene und klimaschonende Wärmepumpen setzt, entschieden sich die Verbraucher bei der Erneuerung der Heizung lieber für Öl und Gas.
Der Gesamtmarkt aller Wärmeerzeuger wuchs 2023 um 34 Prozent auf rund 1,31 Millionen Anlagen. Wie der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) am Montag mitteilte, waren mehr als 60 Prozent davon Gasheizungen. Die Zahl der Ölheizungen verdoppelte sich auf fast 113.000 Stück.
Eine Infografik mit dem Titel: Rekordzahl bei Heizungsverkäufen 2023
So viele Heizungen wurden 2023 installiert:
Das war gestern und in der Nacht außerdem los:
Industrial Deal: Rund 60 CEOs, vorwiegend aus der energieintensiven Industrie, verabschieden eine Deklaration. Darin wird ein gemeinsamer Pakt der EU-Kommission und der Regierungen der Mitgliedstaaten gefordert – ein sogenannter europäischer Industrial Deal.
Linke: Sören Pellmann und Heidi Reichinnek bilden die neue Doppelspitze der Linken. Die 28 Abgeordneten der Gruppe wählten Pellmann und Reichinnek als Nachfolger für den langjährigen Fraktionschef Dietmar Bartsch.
Wer befindet sich heute wo und welche Termine sind noch relevant?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Konferenz der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) anlässlich des 60. Geburtstags des BDA-Präsidenten Rainer Dulger teil.
Die estnische Premierministerin Kaja Kallas und Scholz nehmen an der traditionellen Matthiae-Mahlzeit in Hamburg teil.
Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hält eine Eröffnungsrede auf dem Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie.
Auf der Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung, der Initiative Circular Economy des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des WWF hält Steffi Lemke (Grüne) eine Rede.
Cem Özdemir (Grüne) tritt als Redner auf der Mitgliederversammlung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft auf.
Lisa Paus (Grüne) hält eine Ansprache bei der Amtseinführung von Rüdiger Schuch als Präsident der Diakonie.
In London beginnt die vorläufig letzte Runde des Berufsverfahrens zur Auslieferung von Julian Assange in die Vereinigten Staaten.
An der Unions-Klausurtagung der AG Wirtschaft „Lost in Transformation – Wie gelingt die Wirtschaftswende?“ nehmen unter anderem Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat, und Susanne Wiegand, Vorstandsvorsitzende der RENK Group AG, teil.
In seinem Nachruf auf Alexej Nawalny verurteilt der Botschafter a.D. Ulrich A. Sante opportunistische und relativierende Stimmen, „die bereit sind, einen faulen Kompromiss mit dem mörderischen Regime des kaltblütig auf Revisionismus und Wiederherstellung eines imperialen Russlands setzenden Moskaus zu akzeptieren“. Er schreibt:
Es ist nicht nur die Erweiterung des Lebensraums Russlands nach Westen, die Putin und sein Regime anstreben, es ist die Zerstörung der internationalen regelbasierten Ordnung.
Auf – Ursula von der Leyen (CDU). Die EU-Kommissionschefin strebt eine zweite Amtszeit an – und hat dafür die einhellige Unterstützung der Union. Demokratie und Werte in Europa „müssen wir weiter verteidigen gegen die Spaltung von innen und von außen“, kündigte die CDU-Politikerin am Montag in Berlin bei einem gemeinsamen Auftritt mit CDU-Chef Friedrich Merz als wichtigstes Ziel an.
Ab – Robert Habeck (Grüne). Der Wirtschaftsminister hat sein Ziel verfehlt. 2023 sollte eigentlich das Jahr der Wärmepumpen werden. Doch offenbar animierte das Heizungsgesetz des Wirtschaftsministers die Verbraucher eher zum Gas- und Ölheizungskauf. Mehr als doppelt so oft wurden diese Heizungen 2023 im Gegensatz zu Wärmepumpen installiert. Das ging daneben, Herr Habeck!
Heute gratulieren wir herzlich:
Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, 67
Lukas Benner, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 28
Gordon Brown, ehem. britischer Premierminister, 73
Jens Diener, Staatssekretär im saarländischen Justizministerium, 45
Manuel Gava, SPD-Bundestagsabgeordneter, 33
Thomas Kemmerich, FDP-Vorsitzender in Thüringen, 59
Bernd Schlömer (FDP), Staatssekretär im Ministerium für Infrastruktur und Digitales in Sachsen-Anhalt, 53
Rasmus Andresen, Grüne/EFA-Abgeordneter im Europäischen Parlament, 38
Vito Cecere, Deutscher Botschafter in Österreich, 57
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre