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Unsere Themen heute:
Schwere Waffen für die Ukraine? Olaf Scholz gibt zwei Milliarden Euro frei und macht genau das jetzt möglich - über einen Umweg.
Ab Mai müssen sich die großen Gasversorger in einer zentralen Plattform mit ihren Versorgungsstrukturen und Füllständen registrieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck bereitet den Notfall eines Gas-Stopps aus Russland vor.
Hat das Verteidigungsministerium die Rüstungsindustrie gebeten, Klagen gegen das staatliche Beschaffungsamt zurückzuziehen? Wir haben Details.
Mehr Geld für Studierende: Die von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachte Bafög-Reform soll 2,4 Milliarden Euro kosten.
Der PR-Chef der erfolgreichen SPD-Wahlkampfagentur soll nun die Olympischen Spiele nach Deutschland holen. Wir sagen, was dahinter steckt.
Deutschlands Milliarden für die ukrainische Armee
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich nach Tagen der scharfen öffentlichen Kritik nun doch entschlossen, der Ukraine schwere Waffen zu liefern.
Allerdings geht er dabei einen Umweg, denn das Kanzleramt will sicherstellen, dass das Material auch tatsächlich rasch einsetzbar ist und Deutschland nicht direkt Waffen liefert.
Nach unseren Informationen hatte sich der Kanzler in der vergangenen Woche in mehreren Gesprächen mit den Mitgliedern des Sicherheitskabinetts und seinen Vizekanzlern Robert Habeck und Christian Lindner auf eine finanzielle Direkthilfe für den Kauf von Waffen durch die Ukraine eingelassen.
An Karfreitag stand das Paket schließlich.
Kanzler Olaf Scholz trifft Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj im Februar dieses Jahres. © dpaDemnach soll die sogenannte Ertüchtigungshilfe - eine Art Sonderfonds zur Stärkung der Sicherheit ausländischer Partner - auf zwei Milliarden Euro angehoben werden.
Dabei sollen etwa 1,2 Milliarden Euro für die Ukraine zur Verfügung stehen.
Das Geld sei sofort abrufbar und werde im Ergänzungshaushalt als eine Art außerplanmäßige Ausgabe abgesichert, hieß es in Koalitionskreisen.
Bei der Ertüchtigungshilfe handelt es sich um eine Initiative der Bundesregierung, die Partnerländer bei internationalen Sicherheitsfragen unterstützt, etwa Marokko mit 400 Millionen Euro für Grenzsicherung.
Nun soll die Ukraine mit dem Geld auch schwere Waffen kaufen können.
Im Gespräch sind Flugabwehrsysteme oder Artilleriegeschütze, die in westlichen Nato-Staaten bereits im Einsatz sind und sofort genutzt werden können, etwa die US-amerikanischen Patriot-Abwehrsysteme.
"Die Ukraine kann mit dem Geld ihre Wünsche erfüllen", sagt ein ranghoher Koalitionär.
Dabei gehe es aber nicht um die Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr, die derzeit in Litauen an der Nato-Ostflanke unverzichtbar seien, hieß es.
Auch könne das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall wohl keine Marder aus ihrem Bestand liefern, da die Instandsetzung zu lange dauern würde.
"Es geht jetzt um schnell verfügbare und einsatzfähige Waffen aus Nato-Ländern, mit denen sich die ukrainische Armee auskennt", erklärte uns gestern ein Regierungsmitglied.
Man sei darüber vor allem mit den USA in engem Austausch.
Gas-Inventur in Deutschland
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Netzagentur wollen die Gasversorger ab dem 2. Mai verpflichten, sich in einer Sicherheitsplattform Gas zu registrieren, um im Fall einer Mangellage schnell die verfügbaren Gasmengen in Deutschland koordinieren zu können.
Das geht aus einem internen Papier der Bundesnetzagentur vom 14. April hervor, das uns vorliegt.
Demnach müsste die Agentur bei Ausrufen der 3. Stufe des Notfallplans Gas zunächst die Gasversorgung der „geschützten Kunden“ sicherstellen - das sind etwa private Haushalte, aber auch Kliniken, Pflegeheime, Feuerwehr und Polizei.
© dpaSodann würden die Gasmengen an bestimmte Industriebereiche und Wirtschaftsbranchen verteilt. Die Bundesnetzagentur würde zur Verteilstelle von Gas und müsste entscheiden, welche Branchen Gas bekommen und welche nicht.
Eine industriepolitische Gas-Triage.
Ziel des staatlichen Portals soll es nun sein, dafür tagesaktuelle Daten zu Gasverbrauch und Gasverfügbarkeit zur Verfügung zu stellen.
Außerdem soll sie:
mögliche Gasmengen zur Beschaffung oder zur freiwilligen Reduzierung zügig identifizieren können.
aktuelle Informationen über die Verbrauchslage sowie Empfehlungen der Netzbetreiber enthalten, in welchen Regionen Lastreduzierungen die Ziele erreichen würden.
als Kommunikationstool zwischen den beteiligten Akteuren dienen.
Entwickelt wird die nicht öffentliche Sicherheitsplattform vom Wirtschaftsressort, der Bundesnetzagentur und der Gesellschaft Trading Hub Europe, die das 40.000 Kilometer lange Gasnetz betreut.
Die Inbetriebnahme der fertigen Plattform ist zum 1. Oktober 2022 geplant.
Die Ampel-Koalition lehnt bisher ein Gas-Embargo gegen Russland als Sanktion ab, da sie erhebliche Verwerfungen der heimischen Wirtschaft fürchtet.
Eine aktuelle Greenpeace-Studie hat errechnet, dass deutsche Gas-Kunden im laufenden Jahr etwa 32 Milliarden Euro für russisches Öl und Gas zahlen werden - so viel wie seit Jahren nicht.
Bafög-Reform kostet rund 2,4 Milliarden Euro bis 2026
Die von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachte Bafög-Reform wird bis einschließlich 2026 rund 2,4 Milliarden Euro kosten. Das geht aus der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Unionsfraktion hervor, die wir erhalten haben.
Vorgesehen sind unter anderem die Anhebung der Bedarfssätze um fünf Prozent, des Zuschlags für auswärtig Wohnende um elf Prozent sowie der Freibeträge um 20 Prozent.
CSU-Expertin Katrin Staffler sagte uns, der von der Regierung angekündigte große Wurf sei die Reform nicht: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen muss mehr für die Studierenden getan werden, gerade auch weil die Studierenden beim kommenden Entlastungspaket leer ausgehen."
Katrin Staffler, CSU-Bundestagsabgeordnete. © dpaDer heikle Aufruf des Abteilungsleiters
Einer der entscheidenden Posten derzeit im Verteidigungsministerium ist der des Abteilungsleiters Ausrüstung – immerhin soll die Bundeswehr jetzt rasch vollausgestattet werden. Carsten Stawitzki ist an einer der wichtigen Schaltstellen dabei.
Seine Abteilung nimmt Planung, Steuerung und Kontrolle der Rüstungsaktivitäten wahr. Es gibt wegen Putins Angriff auf die Ukraine viel zu tun – vielleicht etwas zu viel.
So jedenfalls kann man einen Anruf verstehen, den Stawitzki neulich aus dem Ministerium heraus getätigt hat: Kurz nach Ankündigung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr setzte er eine Videokonferenz mit der Rüstungsindustrie auf.
Sturmgewehr CR223 – Haenel und Heckler & Koch stritten erbittert um den Auftrag der Truppe © dpaWie unser Reporter Christian Schweppe herausfand, soll Stawitzki darin eine heikle Bitte platziert haben: Die Rüstungsfirmen sollten Klagen und Rügen gegen das Beschaffungsamt der Bundeswehr zurückziehen, bei vielen Rüstungsprojekten gab es zuletzt juristischen Ärger zwischen den Unternehmen und dem Ministerium.
Das will jetzt offenbar die Gunst der Stunde nutzen und zumindest einige der Verfahren abräumen – immerhin hoffen die Firmen derzeit stark auf ihren Anteil am Sondervermögen.
Stawitzkis offizielle Version lautet natürlich etwas anders: Es gehe bloß darum, dem Beschaffungsamt mehr Konzentration für den aktuellen Ausrüstungsturbo zu verschaffen. Der Abteilungsleiter selbst ließ seinen Aufruf auf Nachfrage unkommentiert.
Wirbel um Regierungskommission für Klinikreform
Demonstration gegen Krankenhaus-Schließungen vor dem Bundesgesundheitsministerium in Berlin © ImagoEine Kommission soll im Auftrag der Regierung die Blaupause für eine grundlegende Reform des Krankenhaussektors erarbeiten - nun aber gibt es Wirbel um deren Besetzung.
Mit dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft fürchten nun zwei große Akteure, bei der Vorbereitung der Reform außen vor zu bleiben.
Beide wenden sich nun an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
„Ein großes Reformvorhaben im Gesundheitswesen erfordert eine umfassende und gründliche Problemanalyse“, heißt es in einem Brief, der unserem Kollegen Rasmus Buchsteiner vorliegt.
„Eine rein akademische Diskussion“ werde nicht ausreichen.
Krankenhausgesellschaft und Kassen-Spitzenverband nicht bei der Ausarbeitung zu beteiligen, berge die Gefahr, „wesentliche ordnungspolitische Mechanismen im Bereich der Krankenhausversorgung nicht ausreichend zu reflektieren“.
Der bisherige PR- und Kommunikationschef der SPD-Wahlkampfagentur BrinkertLück, Stephan Brause, wird neuer Leiter des Exekutivbüros beim Deutschen Olympischen Sportbund.
Brause soll mithelfen, nach einigen verpatzten Bewerbungen deutscher Städte um die Ausrichtung der Olympischen Spiele, eine erfolgreiche Bewerbung für nachhaltige Spiele in Deutschland zu organisieren.
PR-Chef Stephan Brause, DFB-Vize Ronny Zimmermann und DFB-Projektleiter Videobeweis Lutz Michael Fröhlich bei einer Pressekonferenz 2017. © dpaBrause war von 2012 bis 2020 in verschiedenen Leitungsfunktionen (u. a. Marketing, Kommunikation) für den Deutschen Fußball-Bund tätig, zuletzt war er zuständig für die kommunikative Begleitung der erfolgreichen deutschen EM-Bewerbung Euro 2024.
Nächste Woche tagt der Bundestag wieder.
Am Mittwoch, 27. April 2022, wird Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) den Abgeordneten in der Fragestunde des Bundestages Rede und Antwort stehen.
Auch sonst stehen die Beratungen im Zeichen der Außen- und Sicherheitspolitik.
Unter anderem soll es um die Grundgesetzänderung für das geplante Bundeswehr-Sondervermögen gehen, um die Verlängerung des Auslandseinsatzes vor Libyens Küste und den Jahresbericht der Wehrbeauftragten.
Auf - Hans-Christian Ströbele. Der Altlinke und grüne Friedensaktivist empfindet den Ukraine-Krieg offenbar auch als eine Art Realitätsschock. Er betont in einem bemerkenswerten Interview in der NZZ, dass Pazifismus neu definiert werden sollte und nicht Naivität bedeuten muss. Er sagt: "Ich meine, mit Kanonen und Waffen soll man nicht die Politik gestalten, aber in ganz seltenen Fällen bin ich auch dafür, bewaffnet Widerstand zu leisten". Respekt für diese Wende. Unser Aufsteiger!
Ab - Aydan Özoğuz. Von der Bundestagsvizepräsidentin war eigentlich seit dem Überfall der Ukraine wenig zu hören. Umso bemerkenswerter, dass die SPD-Politikerin jetzt nichts Besseres zu tun hat, als den ukrainischen Botschafter wegen seiner - zugegebenermaßen wenig diplomatischen - Kritik an der zögerlichen Waffenpolitik Deutschlands zu attackieren. Lieber sollte sie sich Gedanken machen, wie Deutschland international in die Rolle des Bremsers und Zauderers kommen konnte. Die SPD ist daran nicht unbeteiligt.
Der frühere SPD-Außenminister Sigmar Gabriel nennt in einem Spiegel-Gastbeitrag die Ausladung des Bundespräsidenten in der Ukraine beispiellos und irritierend, zeigt aber Verständnis für den Unmut und den Frust der ukrainischen Regierungsvertreter. Dennoch verwahrt sich Gabriel gegen die Erzählung, die Bundesregierung habe nach 2014 die Sanktionen gegen Russland vorbehaltlos beseitigen wollen. "Tatsache ist, dass dies an die Einhaltung des Waffenstillstands durch Russland und den Rückzug seiner schweren Waffen aus der Ostukraine sowie die Zustimmung zu Uno-Friedenstruppen in der gesamten Ostukraine gebunden war." Interessante Einblicke in die frühere Russland-Politik.
Es wird kryptisch bei The Pioneer. Unsere New Yorker Korrespondentin Anne Schwedt erklärt Ihnen in den kommenden Wochen in einer neuen Podcast-Serie den Hype um die Krypto-Währungen. In der ersten Ausgabe geht es um die Bitcoins und Anne diskutiert dazu mit Katharina Gehra, Co-Founder und CEO von Immutable Insight. Die Bitcoin-Expertin bietet Einblicke in neue Technologien und Anlagemöglichkeiten. Hörenswert!
Heute gratulieren wir herzlich:
Dorothee Bär, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 44
Kristian Klinck, SPD-Bundestagsabgeordneter, 43
Max Lucks, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 25
Heidi Reichinnek, Linken-Bundestagsabgeordnete, 34
Benedict Pöttering, Director Public Affairs DocMorris, 39
Gesundheitsminister Karl Lauterbach äußerte sich in einem Spiegel-Interview besorgt über die persönlichen Drohungen gegen ihn und die Sicherheitsvorkehrungen, die er dafür treffen muss. Für seine Kinder sei das eine belastende Situation, so der Kölner SPD-Politiker.
Wir wünschen Ihnen einen elanvollen Start in diesen Donnerstag!
Herzlichst,
Ihre